TE Bvwg Erkenntnis 2020/6/10 W239 2229276-1

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Veröffentlicht am 10.06.2020
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Entscheidungsdatum

10.06.2020

Norm

B-VG Art133 Abs4
FPG §2
FPG §21 Abs1

Spruch

W239 2229276-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Theresa BAUMANN nach Beschwerdevorentscheidung des Österreichischen Generalkonsulats Istanbul vom 31.01.2020, Zl. XXXX , aufgrund des Vorlageantrages von XXXX , geb. XXXX , StA. XXXX , über die Beschwerde gegen den Bescheid des Österreichischen Generalkonsulats Istanbul vom 05.12.2019, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 21 Abs. 1 Z 2 iVm Abs. 2 Z 4 und Abs. 1 Z 3 FPG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige der Türkei, stellte am 13.11.2019 beim Österreichischen Generalkonsulat Istanbul (im Folgenden: ÖGK Istanbul) einen Antrag auf Erteilung eines Visums der Kategorie D. Die Beschwerdeführerin gab an, sie sei verheiratet und der Zweck der Reise sei "Familienzusammenführung". Sie beantrage ein Visum zur mehrfachen Einreise für die Dauer von 120 Tagen. Als geplantes Ankunftsdatum führte sie den 30.11.2019 und als geplantes Abreisedatum den 28.03.2020 an. Als Ehemann namhaft gemacht wurde XXXX , geb. XXXX , StA. Österreich, welcher auch sämtliche Kosten während des Aufenthaltes übernehmen würde.

Dem Antrag lagen folgende Unterlagen bei:

Die Beschwerdeführerin betreffend:

- Kopie des türkischen Reisepasses

- Erklärung zur Erwerbsabsicht; angekreuzt wurde, dass nicht beabsichtigt sei, in Österreich einer Erwerbstätigkeit nachzugehen.

- Flugticket Istanbul-Wien (nur Hinflug, kein Rückflug)

- Reisekrankenversicherung ("International Travel Health Insurance Policy")

- Persönliches Schreiben des Ehemannes vom 06.11.2019

- Schreiben der Beschwerdeführerin vom 13.11.2019, dem sich ebenfalls entnehmen lässt, dass sie in Österreich nicht arbeiten wolle.

- Zwei Schreiben in türkischer Sprache, datiert mit 12.11.2019 (Rentennachweis)

- Auszug aus dem türkischen Geburtseintrag vom 28.10.2019 samt Beglaubigung

- Auszug aus dem türkischen Heiratseintrag vom 28.10.2019 samt Beglaubigung

- Türkischer Strafregisterauszug vom 30.10.2019 (in deutscher Sprache)

- Dokumente in türkischer Sprache ("Nüfus Kayit Örnegi")

Den Ehemann betreffend:

- Kopie des österreichischen Reisepasses

- Mietvertrag, Stadt XXXX , samt Beiblatt zum Mietvertrag

- Meldebestätigung (ZMR-Auszug vom 16.12.2014)

- Zwei Nachweise der Pensionsversicherungsanstalt über die Höhe der monatlichen Leistung (Invaliditätspension zuzüglich Kinderzuschuss für ein Kind abzüglich Krankenversicherungsbeitrag und Lohnsteuer; Anweisungsbetrag: 1192,79 ?) von Jänner und Juni 2019

- Lohn-Gehaltsabrechnungen (Beschäftigung: Kraftfahrer) von August und September 2019 (Auszahlung: jeweils 440,00 ?)

- KSV-Auszug und Schreiben vom 07.11.2019

- Österreichischer Staatsbürgerschaftsnachweis vom 16.11.2001

- Bescheid über die Verleihung der Österreichischen Staatsbürgerschaft vom 16.11.2001

- Bescheinigung der Untauglichkeit zum Wehrdienst vom 03.05.2002

- Dokumente in türkischer Sprache ("Mavi Kart", "Mavi Kartlilar Nüfus Kayit Örnegi")

2. Mit Schreiben vom 15.11.2019, übernommen von der Beschwerdeführerin am 20.11.2019, wurde die Beschwerdeführerin seitens des ÖGK Istanbul zur Stellungnahme aufgefordert. Es wurde ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin den Zweck und die Bedingungen des geplanten Aufenthalts nicht ausreichend begründet habe. Die über den Aufenthalt vorgelegten Informationen seien in sich widersprüchlich. Der Personenstandsauszug des Ehepartners mit allen staatsbürgerschaftsrelevanten Eintragungen "Vatandaslik aciklamli vukuatli nüfüs örnegi" inkl. Übersetzung in die deutsche Sprache sei vorzulegen. Dieser könne problemlos von der Beschwerdeführerin in der Türkei besorgt werden. Eine Anreise des Ehegatten in die Türkei sei hierzu nicht erforderlich. Der Beschwerdeführerin wurde die Gelegenheit gegeben, innerhalb einer Frist von einer Woche ab Zustellung des Schreibens in schriftlicher Form und in deutscher Sprache diese Bedenken zu zerstreuen.

3. Am 25.11.2019 langte beim ÖGK Istanbul ein handschriftlich verfasstes Schreiben der Beschwerdeführerin in türkischer Sprache ein; in deutscher Sprache wurde angeführt: "P.S.: Ich bin mit XXXX verheiratet und möchte mit ihm zusammen in Österreich leben. Anbei erhalten Sie die Dokumente."

Der Stellungnahme beigelegt waren folgende Unterlagen:

- persönliche Schreiben des Ehemannes vom 06.11.2019 (ident mit dem bereits bei Antragstellung vorgelegten Schreiben)

- Zwei Schreiben in türkischer Sprache, datiert mit 20.11.2019 (Rentennachweis der Beschwerdeführerin; ident mit den bereits bei Antragstellung vorgelegten Schreiben)

- Dokument in türkischer Sprache ("Mavi Kartlilar Nüfus Kayit Örnegi") samt deutscher Übersetzung ("Auszugs aus dem Personalregister (Melderegister) für Personen mit blauer Karte") vom 20.11.2019 den Ehegatten betreffend

- Dokument in türkischer Sprache ("Nüfus Kayit Örnegi") samt deutscher Übersetzung ("Auszugs aus dem Personalregister (Melderegister)") vom 14.11.2019 die Beschwerdeführerin betreffend

4. Mit Bescheid des ÖGK Istanbul vom 05.11.2019 wurde die Erteilung des beantragen Visums versagt.

Begründet wurde die Entscheidung damit, dass die in der Aufforderung zur Stellungnahme dargelegten Bedenken nicht entkräftet hätten werden können und sich die zunächst nur vorläufig angenommenen Tatsachen im Rahmen der freien Beweiswürdigung als erwiesen dargestellt hätten. Der Zweck und die Bedingungen des geplanten Aufenthaltes seien nicht ausreichend begründet worden. Die über den Aufenthalt vorgelegten Informationen seien in sich widersprüchlich. Die Belege würden dem angegebenen Zweck nicht entsprechen.

Als nähere Begründung wurde angeführt, der Personenstandsauszug des Ehegatten mit allen staatsbürgerschaftsrelevanten Eintragungen "Vatandaslik aciklamli vukuatli nüfüs örnegi" inkl. Übersetzung in die deutsche Sprache sei nicht vorgelegt worden.

5. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin per E-Mail vom 13.12.2019 Beschwerde und führte aus, dass die fehlenden Unterlagen angefordert und die Mängel behoben worden seien. Bevor die Dokumente allerdings beim ÖGK Istanbul eingetroffen seien, sei ihr Visum bereits abgelehnt worden. Sie versichere, alle gewünschten Unterlagen zur Verfügung zu stellen. Der Ablehnungsbescheid erschüttere die Einheit ihrer Familie zutiefst.

Mit ergänzender Beschwerde vom 17.12.2019 brachte die Beschwerdeführerin durch ihre Vertretung vor, dass die Ausführungen in der Begründung des Bescheides unzutreffend seien. Sämtliche geforderte Urkunden seien von der Beschwerdeführerin über Aufforderung fristgerecht vorgelegt worden, insbesondere der Personenstandsauszug, sowohl in türkischer Sprache als auch in deutscher Sprache. Sollten diese Dokumente in Verlust geraten sein, so würden sie unter einem nochmals vorgelegt. Der abweisende Bescheid sei unrichtig ergangen und beinhalte Verfahrensmängel die allesamt gerügt werden würden. Durch diesen abweisenden Bescheid sei ein angestrebtes gemeinsames Familienleben in Österreich in gesetz- und verfassungswidriger Weise verunmöglicht worden.

Der Beschwerdeergänzung beigelegt waren die bereits vorgelegten Unterlagen betreffend den Ehemann (Dokument in türkischer Sprache ("Mavi Kartlilar Nüfus Kayit Örnegi") samt deutscher Übersetzung ("Auszugs aus dem Personalregister (Melderegister) für Personen mit blauer Karte") vom 20.11.2019).

6. Mit Aufforderung zur Stellungnahme vom 20.12.2019 wurde der Beschwerdeführerin mitgeteilt, dass sie den Zweck und die Bedingungen des geplanten Aufenthaltes nicht ausreichend begründet habe. Die Belege würden nicht dem angegebenen Zweck entsprechen. Als nähere Begründung wurde ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin im Visumantrag selbst zweimal mit Unterschrift hingewiesen habe, dass sie in Österreich keine Erwerbsabsicht habe. Somit sei das Assoziationsabkommen nicht anwendbar. Daher würden der türkische Staatsangehörige bzw. seine Familienangehörigen im Falle der erstmaligen Einreise in einen Mitgliedstaat den jeweiligen für andere Fremde geltenden nationalen Bestimmungen über den Aufenthalt nach der zum jeweiligen Zeitpunkt der Entscheidung gültigen Rechtslage unterliegen. Die Beschwerdeführerin habe keinen Nachweis von Deutschkenntnissen dem Antrag beigelegt, welcher für eine positive Entscheidung im NAG Verfahren notwendig sei, sofern keine Erwerbsabsicht bestehe.

Bezüglich der Wohnung des Ehegatten der Beschwerdeführerin sei auszuführen, dass pro Person weit weniger als die Hälfte der durchschnittlichen Wohnnutzfläche zur Verfügung stehe und daher nicht von einer ortsüblichen Unterkunft ausgegangen werden könne. Nach dem seit Inkrafttreten des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes geltenden § 11 Abs. 2 Z 2 NAG habe der Fremde einen Rechtsanspruch auf eine Unterkunft nachzuweisen, die für eine vergleichbare große Familie als ortsüblich angesehen werde. Es sei somit der Frage der Ortsüblichkeit nach der Intention des Gesetzgebers nicht mehr ein Vergleich der Unterkunft des Fremden miteinander für Inländer ortsüblichen Unterkunft in Österreich zu ziehen, sondern sei darauf abzustellen, ob die Wohnung sich für eine vergleichbare große Familie als ortsüblich darstelle.

Laut Bescheid über die Verleihung der Staatsbürgerschaft vom 16.11.2001 sei der Ehegatte österreichischer Staatsbürger. Jedoch scheine aus dem Auszug des "Mavi Kart"-Registers die erste Eintragung erst ab dem Jahr 2014 auf. Die aktuelle "Mavi Kart" wurde im Jahr 2016 ausgestellt. Ein aktueller Auszug des österreichischen Ehepartners aus dem türkischen Personenstandsregister mit allen staatsbürgerschaftsrelevanten Eintragungen inkl. Übersetzung in die deutsche Sprache sei nicht vorgelegt worden. Der von der Beschwerdeführerin vorgelegte Personenstandsregisterauszug für "Mavi Kart"-Inhaber sei nicht ausreichend.

Es sei nicht der Nachweis erbracht worden, dass die Beschwerdeführerin über ausreichende Mittel sowohl zur Bestreitung ihres Lebensunterhaltes für die Dauer des beabsichtigten Aufenthalts als auch für die Rückkehr in ihren Herkunfts- oder Wohnsitzstaat habe. Die angegebenen Mittel würden nicht ausreichen. Es sei festgestellt worden, dass der Aufenthalt der Beschwerdeführerin zu einer finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen könne. Dem Antrag sei hinsichtlich des Ehegatten eine Pensionsbestätigung mit einer Pensionsleistung von 1.192,79 ? und zwei Gehaltsbestätigungen für die Monate August und September 2019 jeweils in der Höhe von 440,00 ? beigelegt worden. Der Ehegatte beziehe auch in der Pensionsleistung einen Kinderzuschuss für ein Kind in der Höhe von 29,00 ?. Laut Mietvertrag vom Jahr 2014 sei eine Miete in der Höhe von 298,31 ? vereinbart worden. Eine Information über die gesetzliche Mieterhöhung und eine Bestätigung einer Mietzahlung sei nicht vorgelegt worden. Die Richtlinien des ASVG für ein Ehepaar und ein Kind hätten nach Gegenüberstellung der Ein- und Ausgaben nicht erfüllt werden können. Nach Verständnis und Auslegung der einschlägigen Bestimmungen könne dem Aufenthaltstitelantrag vermutlich nicht stattgegeben werden, womit bezüglich Antrags auf ein Visum D daher eine mögliche Wiederausreise als nicht wahrscheinlich gelte.

7. Nach gewährter Fristerstreckung brachte die Beschwerdeführerin durch ihre Vertretung am 15.01.2020 eine Stellungnahme ein.

Ausgeführt wurde, dass die Beschwerdeführerin in Verkennung der österreichischen Rechtslage irrtümlich angegeben habe, in Österreich keiner Beschäftigung nachgehen zu wollen. Sie habe nicht gewusst, dass es auch möglich sei, als Pensionsbezieherin in Österreich einer geringfügigen Beschäftigung nachzugehen. Sie beziehe derzeit eine Pension in der Höhe von 1.642,23 TL monatlich. Das gemeinsame monatliche Einkommen sei somit ausreichend. Die Anmietung der Wohnung sei bereits vor Eheschließung im Jahr 2014 erfolgt. Das Ehepaar sei auch bestrebt, sich eine größere Wohnung anzuschaffen, was jedoch nur gemeinsam erfolgen solle. Derzeit werde ein monatlicher Mietzins von 312,67°? geleistet. Viele österreichische Staatsbürger würden in kleineren Wohnungen leben, da die Mieten oftmals nicht mehr leistbar seien. Der Nachweis von Deutschkenntnissen sei derzeit auch nicht erforderlich, da der Ehegatte seit vielen Jahren österreichischer Staatsbürger sei und somit Art. 8 EMRK Anwendung finde. Die Nichterteilung eines Visums D stelle für die Beschwerdeführerin einen erheblichen Nachteil für Führung eines gemeinsamen Familienlebens dar, was ebenso nicht im Interesse der Europäischen Menschenrechtskonvention sein könne. Die Beschwerdeführerin sei selbstverständlich nach Erteilung des Visums in Österreich bereit, einen entsprechenden Deutschkurs zu absolvieren, um die erforderlichen Kenntnisse der Sprache zu erlangen.

Der Stellungnahme beigelegt waren folgende Unterlagen:

- Türkischer Pensionsnachweis der Beschwerdeführerin (1.642,23 TL)

- Kontoauszug vom 13.01.2020, auf dem der Mietzins ersichtlich ist (312,67°?)

8. Am 31.01.2020 erließ das ÖGK Istanbul eine Beschwerdevorentscheidung, mit welcher die Beschwerde gemäß § 14 Abs. 1 VwGVG als unbegründet abgewiesen wurde.

Als Begründung wurde ausgeführt, dass Fremde grundsätzlich als allgemeine Voraussetzung für die Erteilung eines Visums D gemäß § 21 Abs. 2 Z 4 FPG über ausreichende eigene Mittel für ihren Unterhalt und für die Wiederausreise verfügen müssten. Dies gelte auch bei Visaanträgen von Ehegatten von Österreichern, bei denen die Freizügigkeitsrichtlinie (RL 2004/38/EG) nicht zur Anwendung komme, wie dies im Beschwerdefall unstrittig der Fall sei. Die Beschwerdeführerin selbst könne keine eigenen finanziellen Mittel vorweisen, sie erhalte eine Pension von rund 250,00 ?; auch ihr Ehemann verfüge über keine ausreichenden finanziellen Mittel, er erhalte eine monatliche Pension in der Höhe von 1.192,79 ? und verdiene zusätzlich 440,00 ?, abzüglich der Miete in der Höhe von 298,31 ?. Die Richtlinien des ASVG für ein Ehepaar und Kind konnten nach Gegenüberstellung der Einnahmen und Ausgaben nicht erfüllt werden. Daher war das Visum zu verweigern. Insbesondere sei hier noch anzumerken, dass im Falle der Anmietung einer größeren Wohnung für das Ehepaar in der Folge zukünftig auch höhere Mietkosten anfallen würden. Die Versagungsgründe gemäß § 21 Abs. 2 Z 4 iVm Z 5 FPG würden somit jedenfalls vorliegen.

Weiter sei im gegenständlichen Fall zu überprüfen, ob die Wiederausreise der Beschwerdeführerin gesichert sei, falls der Antrag auf einen Aufenthaltstitel abgewiesen werde bzw. sich der Ausgang des Verfahrens verzögere, da dann die Entscheidung im Ausland abgewartet werden müsse. Bei der Prüfung der Wiederausreiseabsicht seien sowohl die allgemeinen Verhältnisse des Wohnsitzstaates der Beschwerdeführerin als auch ihre persönlichen Umstände - insbesondere ihrer familiären, sozialen und wirtschaftlichen Situation, ihre Bindungen im Wohnsitzstaat und in den Mitgliedstaaten - zu berücksichtigen (vgl. BVwG 28.04.2015, W185 2008127). Eben genannte wirtschaftliche Verwurzelung der Beschwerdeführerin im Heimatland könne nicht ausreichend nachgewiesen werden, da keine Nachweise über ein Konto in der Türkei oder irgendwelche Vermögenswerte (z.B. Eigentum) erbracht worden sei. Es liege bloß eine Bestätigung über eine Rente von rund 250,00 ? vor. Ebenso könne auch keine soziale Verwurzelung erkannt werden, da keine Nachweise dazu vorgelegt worden seien und sei der Lebensmittelpunkt jedenfalls bei ihrem in Österreich lebenden Ehegatten geplant. Es sei somit nicht davon auszugehen, dass im Falle einer negativen Aufenthaltstitelentscheidung - welche aufgrund der fehlenden Deutschkenntnisse der Beschwerdeführerin naheliegend sei - diese auch tatsächlich wieder aus dem Schengener Raum ausreisen werde bzw. falls der Antrag nicht innerhalb des Gültigkeitszeitraumes des Visums entschieden werde, sie die Entscheidung dann auch tatsächlich im Heimatland abwarten werde. Es bestünden somit begründete Zweifel an der Absicht der Beschwerdeführerin, das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten vor Ablauf der Gültigkeit des beantragten Visums zu verlassen.

9. In der Folge stellte die Beschwerdeführerin am 12.02.2020 einen Vorlageantrag an das Bundesverwaltungsgericht. Darin wurde vorgebracht, dass die Beschwerdeführerin ihren familiären Lebensmittelpunkt durch eigene Kinder in der Türkei habe. Auch hinsichtlich der Größe der Unterkunft bestünde in der gewährten Visumsdauer eine Vorsorgeoption für die Anmietung einer größeren Wohnung für den Fall der Gewährung des Aufenthaltstitels.

10. Mit Schreiben des Bundesministeriums für Inneres vom 02.03.2020, eingelangt beim Bundesverwaltungsgericht am 04.03.2020, wurde dem Bundesverwaltungsgericht der Vorlageantrag samt Verwaltungsakt übermittelt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige der Türkei, stellte am 13.11.2019 beim ÖGK Istanbul einen Antrag auf Erteilung eines Visums der Kategorie D für die Dauer des geplanten Aufenthalts von 120 Tagen. Als Zweck der Reise angegeben wurde "Familienzusammenführung". Als Ehemann namhaft gemacht wurde XXXX , geb. XXXX , StA. Österreich. Die Reisekosten und die Lebenshaltungskosten während des Aufenthalts der Beschwerdeführerin würden von andere Seite getragen werden. Als berufliche Tätigkeit gab die Beschwerdeführerin an, Haus- bzw. Ehefrau zu sein.

Die Beschwerdeführerin verfügt über ein monatliches Renteneinkommen in der Höhe von 1612.54 TL (umgerechnet rund 210,00 ?) und brachte keinen Nachweis über sonstige Vermögenswerte ein. Sie geht keiner (regelmäßigen) beruflichen Tätigkeit nach und legte keine Unterlagen betreffend etwaige Familienangehörige im Herkunftsstaat vor.

Der Ehemann der Beschwerdeführerin hat keine Elektronische Verpflichtungserklärung (EVE) bzw. keine sonstige Erklärung, wonach er für die Kosten des Aufenthalts der Beschwerdeführerin aufkommen werde, abgegeben.

Die Mittel für den Unterhalt und für die Wiederausreise der Beschwerdeführerin sind nicht gesichert. Eine wirtschaftliche und/oder familiäre bzw. soziale Verwurzelung der Beschwerdeführerin im Herkunftsstaat ist nicht erkennbar. Die Absicht der Beschwerdeführerin, vor Ablauf des Visums wieder aus dem Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten auszureisen, kann nicht festgestellt werden.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zum Verfahrensgang ergeben sich aus dem Verwaltungsakt des ÖGK Istanbul, insbesondere aus den schriftlichen Eingaben der Beschwerdeführerin sowie aus allen in Vorlage gebrachten Unterlagen.

Die negativen Feststellungen, dass die Mittel für den Unterhalt und für die Wiederausreise der Beschwerdeführerin nicht gesichert sind, eine wirtschaftliche und/oder familiäre bzw. soziale Verwurzelung der Beschwerdeführerin im Herkunftsstaat nicht erkennbar ist und die Absicht der Beschwerdeführerin, vor Ablauf des Visums wieder aus dem Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten auszureisen, nicht festgestellt werden kann, ergeben sich aus den folgenden Überlegungen:

Die Beschwerdeführerin hat weder Belege über finanzielle Mittel im Wohnsitzstaat vorgelegt, die über den Bezug einer Rente hinausgingen (z.B. Eigentum), noch Nachweise für das Bestehen eines etwaigen (aktuell bestehenden) Arbeitsverhältnisses vorgelegt. Es ist daher nicht davon auszugehen, dass sie sich neben dem Bezug der Rente etwas dazuverdient, zumal sie selbst als berufliche Tätigkeit angab, Haus- bzw. Ehefrau zu sein.

Die Vorlage des Rentennachweises alleine, aus dem sich lediglich der regelmäßige Bezug einer Rente in der Höhe von etwa 210,00 ? ergibt, vermag einen Nachweis für das Bestehen einer wirtschaftlichen Bindung zum Herkunftsland bzw. über ausreichende Mittel zur Bestreitung der Kosten während der Dauer ihres Aufenthaltes und der Wiederausreise jedenfalls nicht zu erbringen.

Mag die Beschwerdeführerin auch angegeben haben, dass ihr Ehemann während ihres Aufenthalts für jegliche Kosten aufkommen werde, so ist ihr entgegenzuhalten, dass dieser keine elektronische Verpflichtungserklärung (EVE) abgegeben hat. Davon abgesehen stehen dem Einkommen des Ehemannes in der Höhe von rund 1.831,60 ? (? 1391,60 [? 1192,79 (exkl. Sonderzahlung)] plus 440,00 ? (inkl. Sonderzahlung)) Mietkosten in der Höhe von rund 300,00 ? entgegen. Auch ist davon auszugehen, dass der Ehemann zumindest für ein Kind sorgepflichtig ist, da er für ein Kind Kinderzuschuss erhält. Aufgrund der fehlenden elektronischen Verpflichtungserklärung kann die genaue Liquidität des Ehemannes nicht festgestellt werden, jedenfalls aber kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Ehemann über ausreichend Einkommen für sich, für zumindest ein Kind und zusätzlich noch für die Beschwerdeführerin verfügt.

Ebenso wenig hat die Beschwerdeführerin konkrete Nachweise für die Eingliederung in ihr Herkunftsland vorgelegt. Zu etwaigen familiären bzw. sozialen Bindungen an das Herkunftsland, die Indizien für eine Rückkehr der Beschwerdeführerin dorthin darstellen können, wurde im Laufe des Verfahrens weder ein konkretes Vorbringen erstattet noch wurden entsprechende Belege vorgelegt. Erst im Zuge des Vorlageantrages wurde erstmals vage ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin ihren familiären Lebensmittelpunkt durch eigene Kinder in der Türkei habe. Genauere Angaben dazu wurden jedoch nicht gemacht. Andererseits wurde während des Verfahrens durchgehend darauf verwiesen, dass die Beschwerdeführerin bei ihrem Ehemann in Österreich leben wolle, was klar dafürspricht, dass von ihr die Begründung des Lebensmittelpunktes in Österreich angestrebt wird. Dieser Wunsch steht der Annahme einer Wiederausreiseabsicht vor Ablauf des Visums eindeutig entgegen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesgesetzes über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG) lauten wie folgt:

"§ 2. Soweit die Bundes- oder Landesgesetze nicht die Entscheidung durch den Senat vorsehen, entscheidet das Verwaltungsgericht durch Einzelrichter (Rechtspfleger).

Verfahren vor dem Verwaltungsgericht

Anzuwendendes Recht

§ 17. Soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, sind auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte."

Die maßgeblichen Bestimmungen des Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) idgF lauten:

"Verfahren vor den österreichischen Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten

§ 11. (1) In Verfahren vor österreichischen Vertretungsbehörden haben Antragsteller unter Anleitung der Behörde die für die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes erforderlichen Urkunden und Beweismittel selbst vorzulegen; in Verfahren zur Erteilung eines Visums D ist Art. 19 Visakodex sinngemäß anzuwenden. Der Antragssteller hat über Verlangen der Vertretungsbehörde vor dieser persönlich zu erscheinen, erforderlichenfalls in Begleitung eines Dolmetschers (§ 39a AVG). § 10 Abs. 1 letzter Satz AVG gilt nur für in Österreich zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Personen. Die Vertretungsbehörde hat nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Eine Entscheidung, die dem Standpunkt des Antragstellers nicht vollinhaltlich Rechnung trägt, darf erst ergehen, wenn die Partei Gelegenheit zur Behebung von Formgebrechen und zu einer abschließenden Stellungnahme hatte.

(2) Partei in Verfahren vor der Vertretungsbehörde ist ausschließlich der Antragssteller.

(3) Die Ausfertigung bedarf der Bezeichnung der Behörde, des Datums der Entscheidung und der Unterschrift des Genehmigenden; an die Stelle der Unterschrift kann das Siegel der Republik Österreich gesetzt werden, sofern die Identität des Genehmigenden im Akt nachvollziehbar ist. Die Zustellung hat durch Übergabe in der Vertretungsbehörde oder, soweit die internationale Übung dies zulässt, auf postalischem oder elektronischem Wege zu erfolgen; ist dies nicht möglich, so ist die Zustellung durch Kundmachung an der Amtstafel der Vertretungsbehörde vorzunehmen.

(4) Vollinhaltlich ablehnende Entscheidungen gemäß Abs. 1 betreffend Visa D sind schriftlich in einer Weise auszufertigen, dass der Betroffene deren Inhalt und Wirkung nachvollziehen kann. Dem Betroffenen sind die Gründe der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit, die der ihn betreffenden Entscheidung zugrunde liegen, genau und umfassend mitzuteilen, es sei denn, dass Gründe der Sicherheit der Republik Österreich dieser Mitteilung entgegenstehen. In der schriftlichen Ausfertigung der Begründung ist auch die Rechtsmittelinstanz anzugeben.

(5) Für die Berechnung von Beginn, Lauf und Ende von Fristen (§ 33 AVG) gelten die Wochenend- und Feiertagsregelungen im Empfangsstaat.

(6) Kann dem Antrag auf Erteilung eines Visums D auf Grund zwingender außenpolitischer Rücksichten oder aus Gründen der nationalen Sicherheit nicht stattgegeben werden, so ist die Vertretungsbehörde ermächtigt, sich auf den Hinweis des Vorliegens zwingender Versagungsgründe zu beschränken. Der maßgebliche Sachverhalt muss auch in diesen Fällen im Akt nachvollziehbar sein.

(7) Der Fremde hat im Antrag auf Erteilung eines Visums D den jeweiligen Zweck und die beabsichtigte Dauer der Reise und des Aufenthaltes bekannt zu geben. Der Antrag ist zurückzuweisen, sofern der Antragsteller, ausgenommen die Fälle des § 22 Abs. 3 FPG, trotz Aufforderung und Setzung einer Nachfrist kein gültiges Reisedokument oder gegebenenfalls kein Gesundheitszeugnis vorlegt oder wenn der Antragsteller trotz entsprechenden Verlangens nicht persönlich vor der Behörde erschienen ist, obwohl in der Ladung auf diese Rechtsfolge hingewiesen wurde.

(8) Minderjährige Fremde, die das 14. Lebensjahr vollendet haben, können bei Zustimmung des gesetzlichen Vertreters die Erteilung eines Visums selbst beantragen.

(9) Für Entscheidungen über die Erteilung eines Visums für Saisoniers (§ 2 Abs. 4 Z 13) ist Art. 23 Abs. 1 bis 3 Visakodex sinngemäß anzuwenden.

Beschwerden gegen Bescheide österreichischer Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten

§ 11a. (1) Der Beschwerdeführer hat der Beschwerde gegen einen Bescheid einer österreichischen Vertretungsbehörde sämtliche von ihm im Verfahren vor der belangten Vertretungsbehörde vorgelegten Unterlagen samt Übersetzung in die deutsche Sprache anzuschließen.

(2) Beschwerdeverfahren sind ohne mündliche Verhandlung durchzuführen. Es dürfen dabei keine neuen Tatsachen oder Beweise vorgebracht werden.

(3) Sämtliche Auslagen der belangten Vertretungsbehörde und des Bundesverwaltungsgerichtes für Dolmetscher und Übersetzer sowie für die Überprüfung von Verdolmetschungen und Übersetzungen sind Barauslagen im Sinn des § 76 AVG.

(4) Die Zustellung der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes hat über die Vertretungsbehörde zu erfolgen. § 11 Abs. 3 gilt."

Bestimmungen zur Visumpflicht

Form und Wirkung der Visa D

§ 20. (1) Visa D werden erteilt als

1. Visum für den längerfristigen Aufenthalt im Bundesgebiet;

2. Visum aus humanitären Gründen;

3. Visum zu Erwerbszwecken;

4. Visum zum Zweck der Arbeitssuche;

5. Visum zur Erteilung eines Aufenthaltstitels;

6. Visum zur Einbeziehung in das Familienverfahren nach dem AsylG 2005;

7. Visum zur Wiedereinreise;

8. Visum aus besonders berücksichtigungswürdigen Gründen;

9. Visum für Saisoniers;

10. Visum für Praktikanten.

(2) Die Ausübung einer Erwerbstätigkeit ist nur in den Fällen des § 24 zulässig. Visa D werden für die ein- oder mehrmalige Einreise ausgestellt und berechtigen zu einem Aufenthalt im Bundesgebiet von mehr als 90 Tagen, und zwar von längstens

1. sechs Monaten bei Ausstellung von Visa gemäß Abs. 1 Z 1 bis 8 und 10;

2. neun Monaten innerhalb eines Zeitraumes von zwölf Monaten bei Ausstellung von Visa gemäß Abs. 1 Z 9;

3. zwölf Monaten bei Ausstellung von Visa gemäß Abs. 1 Z 1, sofern dies aus Gründen des nationalen Interesses oder auf Grund internationaler Verpflichtungen notwendig ist; oder

4. zwölf Monaten bei Ausstellung von Visa gemäß Abs. 1 Z 3, sofern dies auf Grund internationaler Vereinbarungen zur Ausübung einer Tätigkeit, die vom AuslBG gemäß § 1 Z 14 AuslBVO ausgenommen ist, notwendig ist.

(3) Visa gemäß Abs. 1 sind befristet zu erteilen. Ihre Gültigkeitsdauer darf jene des Reisedokumentes nicht übersteigen. Die Gültigkeitsdauer des Reisedokumentes hat, ausgenommen in begründeten Notfällen, jene eines Visums um mindestens drei Monate zu übersteigen. Eine von der erlaubten Aufenthaltsdauer abweichende Gültigkeitsdauer der Visa ist unzulässig.

(3a) Visa gemäß Abs. 1 Z 8 und 9 können mit einer Gültigkeitsdauer von weniger als 91 Tagen ausgestellt werden, sofern ein Verlängerungsantrag (§ 2 Abs. 4 Z 17a) oder ein Antrag gemäß § 22a gestellt wurde und der durchgehende Aufenthalt im Bundesgebiet insgesamt 90 Tage übersteigt.

(4) Das Visum ist im Reisedokument des Fremden durch Anbringen ersichtlich zu machen.

(5) Die nähere Gestaltung sowie die Form der Anbringung der Visa D im Reisedokument wird durch Verordnung des Bundesministers für Inneres festgelegt.

(6) Visa gemäß Abs. 1 Z 1 sowie gemäß des Visakodex können unter den Voraussetzungen, unter denen für österreichische Staatsbürger österreichische Dienstpässe ausgestellt werden, als Dienstvisa gekennzeichnet werden.

Allgemeine Voraussetzungen für die Erteilung von Visa D

§ 21. (1) Visa gemäß § 20 Abs. 1 Z 1, 3 bis 5 und 8 bis 10 können einem Fremden auf Antrag erteilt werden, wenn

1. dieser ein gültiges Reisedokument besitzt;

2. kein Versagungsgrund (Abs. 2) vorliegt und

3. die Wiederausreise des Fremden gesichert erscheint.

In den Fällen des § 20 Abs. 1 Z 4 und 5 hat die Vertretungsbehörde von der Voraussetzung der Z 3 abzusehen.

(2) Die Erteilung eines Visums ist zu versagen, wenn

1. der Fremde den Zweck und die Bedingungen des geplanten Aufenthalts nicht begründet;

2. begründete Zweifel im Verfahren zur Erteilung eines Visums an der wahren Identität oder der Staatsangehörigkeit des Fremden, an der Echtheit der vorgelegten Dokumente oder am Wahrheitsgehalt ihres Inhaltes oder am Vorliegen weiterer Erteilungsvoraussetzungen bestehen;

3. der Fremde nicht über einen alle Risiken abdeckenden Krankenversicherungsschutz verfügt oder er im Gesundheitszeugnis gemäß § 23 eine schwerwiegende Erkrankung aufweist;

4. der Fremde nicht über ausreichende eigene Mittel für seinen Unterhalt und in den Fällen des § 20 Abs. 1 Z 1, 3 und 7 bis 10 für die Wiederausreise verfügt;

5. der Aufenthalt des Fremden zu einer finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen könnte, es sei denn, diese Belastung ergäbe sich aus der Erfüllung eines vor der Einreise bestehenden gesetzlichen Anspruchs;

6. der Fremde im SIS zur Einreiseverweigerung ausgeschrieben ist;

7. der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährden würde;

8. gegen den Fremden ein rechtskräftiges Einreise- oder Aufenthaltsverbot besteht, außer im Fall des § 26a (Visa zur Wiedereinreise) oder des § 27a (Wiedereinreise während der Gültigkeitsdauer eines Einreiseverbotes oder Aufenthaltsverbotes);

9. der Aufenthalt des Fremden die Beziehungen der Republik Österreich zu einem anderen Staat beeinträchtigen würde;

10. Grund zur Annahme besteht, der Fremde werde außer in den Fällen des § 24 eine Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet beabsichtigen;

11. bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Fremde einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (§ 278c StGB), Terrorismus finanziert oder finanziert hat (§ 278d StGB), eine Person für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (§ 278e StGB) oder eine Person zur Begehung einer terroristischen Straftat anleitet oder angeleitet hat (§ 278f StGB);

12. bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Fremde durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet;

13. der Fremde öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt oder

14. der Fremde ein Naheverhältnis zu einer extremistischen oder terroristischen Gruppierung hat und im Hinblick auf deren bestehende Strukturen oder auf zu gewärtigende Entwicklungen in deren Umfeld extremistische oder terroristische Aktivitäten derselben nicht ausgeschlossen werden können, oder auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass er durch Verbreitung in Wort, Bild oder Schrift andere Personen oder Organisationen von seiner gegen die Wertvorstellungen eines europäischen demokratischen Staates und seiner Gesellschaft gerichteten Einstellung zu überzeugen versucht oder versucht hat oder auf andere Weise eine Person oder Organisation unterstützt, die die Verbreitung solchen Gedankengutes fördert oder gutheißt.

(3) Die Behörde kann einem Fremden trotz Vorliegens eines Versagungsgrundes gemäß Abs. 2 Z 3, 4 oder 5 ein Visum erteilen, wenn auf Grund einer im öffentlichen Interesse eingegangenen Verpflichtung eines Rechtsträgers im Sinn des § 1 Abs. 1 Amtshaftungsgesetz - AHG, BGBl. Nr. 20/1949, oder auf Grund der Verpflichtungserklärung einer Person mit Hauptwohnsitz oder Sitz im Bundesgebiet die Tragung aller Kosten gesichert erscheint, die öffentlichen Rechtsträgern durch den Aufenthalt des Fremden entstehen könnten.

(4) Wird einer Aufforderung zur Durchführung einer erkennungsdienstlichen Behandlung gemäß § 99 Abs. 1 Z 7 und Abs. 4 nicht Folge geleistet, ist der Antrag auf Erteilung eines Visums zurückzuweisen."

Im gegenständlichen Fall stützte das ÖGK Istanbul als belangte Behörde die Versagung des beantragten Visums erkennbar auf zwei Argumente: Einerseits sah sie das Vorliegen von Versagungsgründen als gegeben an (§ 21 Abs. 1 Z 2 FPG), andererseits erschien ihr die Wiederausreise der Beschwerdeführerin nicht gesichert (§ 21 Abs. 1 Z 3 FPG). Dieser Argumentation ist beizupflichten.

Gemäß § 21 Abs. 2 Z 4 FPG ist die Erteilung eines Visums zu versagen, wenn der Fremde nicht über ausreichende eigene Mittel für seinen Unterhalt und in den Fällen des § 20 Abs. 1 Ziffer 1, 3 und 7 für die Wiederausreise verfügt. Die Beschwerdeführerin verfügt nicht über ein ausreichendes regelmäßiges Einkommen. Der Ehemann hat keine elektronische oder sonstige Verpflichtungserklärung abgegeben, weshalb nicht festgestellt werden kann, dass er für die Kosten der Einreise der Beschwerdeführerin nach Österreich, des Aufenthalts von angegebenen 120 Tagen und der Rückreise in die Türkei tatsächlich aufkommen wird. Der Versagungsgrund des § 21 Abs. 2 Z 4 FPG liegt somit vor.

Weiters ist die Wiederausreise der Beschwerdeführerin in den Heimatstaat nicht als gesichert iSd § 21 Abs. 1 Z 3 FPG anzusehen. Mit diesem Kriterium hat sich der Verwaltungsgerichtshof grundlegend in der Entscheidung vom 20.12.2007, 2007/21/0104, auseinandergesetzt. Als wesentlich festzuhalten ist, dass nicht ohne weiteres ("generell") unterstellt werden darf, dass Fremde unter Missachtung der fremdenrechtlichen Vorschriften im Anschluss an die Gültigkeitsdauer eines Visums weiterhin in Österreich unrechtmäßig aufhältig bleiben werden. Es bedarf vielmehr konkreter Anhaltspunkte in diese Richtung und die Behörde kann die Versagung eines Visums nicht gleichsam mit einem "Generalverdacht" zu Lasten aller Fremden begründen. Regelmäßig wird daher, wenn nicht gegenteilige Indizien bekannt sind, davon auszugehen sein, dass der Fremde vor Ablauf der Gültigkeit des beantragten Visums wieder ausreisen werde (vgl. VwGH 19.03.2014, 2013/21/0189). Ferner hielt der Verwaltungsgerichtshof in seiner Entscheidung vom 20.12.2007, 2007/21/0104, fest, dass das Kriterium "Wiederausreise" nunmehr als positive Voraussetzung zur Visumserteilung konzipiert ist und sich sohin ein Verbleiben des Fremden in Österreich über die Gültigkeitsdauer des Visums hinaus als unwahrscheinlich erweisen muss. Zweifel gehen daher zu Lasten des Fremden.

Die Beschwerdeführerin ist in der Türkei aktuell ohne Beschäftigung und bezieht lediglich eine Rente in der Höhe von rund 210,00 ?. Von einer umfassenden wirtschaftlichen Verwurzelung in der Heimat ist daher nicht auszugehen; hinsichtlich etwaiges weiteres Vermögen (z.B. Eigentum) wurde kein Vorbringen erstattet. Es wurden im Verfahren auch keine konkreten Angaben zu einer etwaigen familiären bzw. sozialen Verwurzelung im Herkunftsstaat gemacht. Der Hinweis im Vorlageantrag, dass die Beschwerdeführerin in der Türkei eigene Kinder habe, wurde weder konkret ausgeführt noch belegt. Hingegen ist die Beschwerdeführerin seit 2016 mit ihrem in Österreich lebenden Ehemann verheiratet; laut eigenen Angaben strebt die Beschwerdeführerin eine dauerhafte Niederlassung in Österreich an. Von daher kann der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie zu dem nachvollziehbaren Ergebnis kommt, dass eine Wiederausreise der Beschwerdeführerin als nicht wahrscheinlich erachtet wird. Gegenständlich liegt also auch der Versagungsgrund des § 21 Abs. 1 Z 3 FPG vor.

Zudem ist darauf zu verweisen, dass für Sachverhaltskonstellationen wie der gegenständlichen eigens ein Antrag nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) vorgesehen ist. Im Falle eines positiven Ausganges des Verfahrens hätte der Antrag die Erteilung eines zur Einreise berechtigenden Visums zur Folge. Ein Visum D darf allerdings nicht dafür genutzt werden, um die Intention des Gesetzgebers zu umgehen.

Die Verfahren nach dem NAG stellen in Österreich den gesetzlich vorgesehenen Weg für einwanderungswillige Drittstaatsangehörige dar, um einen Aufenthaltstitel zu erlangen. Gegen die Entscheidung der zuständigen Einwanderungsbehörde stehen letztlich auch Rechtsbehelfe an ein Verwaltungsgericht sowie an den Verfassungsgerichtshof und den Verwaltungsgerichtshof offen. In einem Verfahren nach den Bestimmungen des NAG sind aber auch die öffentlichen Interessen, insbesondere am wirtschaftlichen Wohl des Landes, entsprechend in die Prüfung einzubeziehen (z.B. Einkünfte, Integrationsvereinbarung, Quotenplatz), wird doch das Grundrecht auf Achtung des Privat- und Familienlebens nach Art. 8 EMRK nicht absolut, sondern nur unter Gesetzesvorbehalt, verbürgt. Darüber hinaus ist festzuhalten, dass Art. 8 EMRK im Allgemeinen kein Recht auf Einreise in ein bestimmtes Land gewährt (EGMR 2.8.2001, Fall Boultif, Appl. 54.273/00, Newsletter 2001,159 uva). Art. 8 EMRK gewährt kein unmittelbares Zuwanderungsrecht und lässt den Mitgliedstaaten der EMRK bei der Gestaltung der Einwanderungspolitik einen breiten Ermessensspielraum (vgl. VfSlg 17.013/2003 und 18.613/2008).

Im Ergebnis ist dem ÖGK Istanbul zu folgen, wenn es aufgrund des vorliegenden Akteninhalts zu dem Schluss gelangt, dass gegenständlich die Erteilung eines Visums zu versagen ist.

Im Hinblick auf den vorliegenden Sachverhalt hat die belangte Behörde mit der Feststellung des Vorliegens der genannten Gründe für die Verweigerung des Visums dem ihr zustehenden Beurteilungsspielraum nicht überschritten, daher war die Erteilung des Visums aus den oben genannten Gründen zu verweigern.

Gemäß § 11a Abs. 2 FPG war das Beschwerdeverfahren ohne mündliche Verhandlung durchzuführen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG idF BGBl. I Nr. 51/2012 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Fall ist die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, da die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen wiedergegeben.

Schlagworte

Ehe Einreisetitel mangelnder Anknüpfungspunkt österreichische Botschaft Versagungsgrund Voraussetzungen Wegfall der Gründe Wiederausreise

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W239.2229276.1.00

Im RIS seit

04.12.2020

Zuletzt aktualisiert am

04.12.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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