TE Vwgh Erkenntnis 1997/9/11 97/06/0134

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Veröffentlicht am 11.09.1997
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Index

L37156 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Steiermark;
L82006 Bauordnung Steiermark;
001 Verwaltungsrecht allgemein;

Norm

BauG Stmk 1995 §26 Abs1;
BauG Stmk 1995 §41 Abs6;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Bernegger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Gritsch, über die Beschwerde der H, vertreten durch Dr. Hans Radl, Rechtsanwalt in Graz, Kalchberggasse 1, gegen den Bescheid der Berufungskommission der Landeshauptstadt Graz vom 1. April 1997, Zl. A 17-C-14.662/1996-4, betreffend Antrag auf baupolizeilichen Auftrag (mitbeteiligte Partei: P), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aufgrund der Beschwerde und der dieser angeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ist von folgendem Sachverhalt auszugehen:

Mit Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Graz vom 3. Dezember 1996 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf Erlassung eines Baueinstellungs- bzw. Beseitigungsauftrages betreffend die Bauvorhaben beim Gebäude Lechgasse 64, KG III Geidorf, als unzulässig zurückgewiesen.

Die dagegen erhobene Berufung der Beschwerdeführerin wurde mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet abgewiesen. Die Entscheidung ist nach Anführung der maßgeblichen Rechtsgrundlagen im wesentlichen damit begründet, daß sich der Antrag der Beschwerdeführerin auf die Behauptung stütze, das Dachgeschoß werde ausgebaut und durch diesen Ausbau eine Überschreitung des höchstzulässigen Bebauungsdichtewertes von 0,6 erreicht. Die Konsenswidrigkeit einer Bauführung reiche nicht aus, um dem Nachbarn eine Parteistellung im Sinne des § 41 Abs. 6 Stmk. Baugesetz zu verschaffen, solange nicht auch eine konkrete Verletzung seiner Interessen vorliege. Eine solche Verletzung liege aber nur vor, wenn durch die Bauführung gegen Bestimmungen verstoßen werde, aufgrund derer der Nachbar im Baubewilligungsverfahren Einwendungen im Sinne des § 26 Abs. 1 Stmk. Baugesetz erheben könnte. Dies setze nicht nur die Bewilligungspflicht der Bauführung voraus, sondern daß die Bauführung die im § 26 Abs. 1 bis 6 Stmk. Baugesetz genannten gesetzlichen Bestimmungen verletze und der Nachbar diese Rechtsverletzung geltend mache. Bezüglich der Einhaltung einer im Flächenwidmungsplan oder in einem Widmungsbescheid festgesetzten Baudichte stehe einem Nachbarn nach den Bestimmungen des Stmk. Baugesetzes kein Mitspracherecht mehr zu, sodaß der diesbezüglichen Antrag der Beschwerdeführerin auf Erlassung eines baupolizeilichen Auftrages zu Recht zurückgewiesen worden sei.

In der dagegen erhobenen Beschwerde wird die Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht verletzt, über ihren Antrag auf Beseitigung eine materiell-rechtliche Entscheidung zu erhalten.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einen gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß § 119 Abs. 2 Stmk. Baugesetz, LGBl. Nr. 59/1995 (Stmk. BauG), sind die im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes anhängigen Verfahren (1. September 1995) nach den bisher geltenden Bestimmungen zu Ende zu führen. Für die Stadt Graz gilt folgende Ausnahme: über Berufungen in erster Instanz anhängige Verfahren entscheidet die Berufungskommission. Gemäß § 41 Abs. 1 Stmk. BauG hat die Behörde die Baueinstellung zu verfügen, wenn Vorhaben gegen Bestimmungen dieses Gesetzes verstoßen, insbesondere wenn

1.

bewilligungspflichtige Vorhaben ohne Bewilligung,

2.

anzeigepflichtige Vorhaben ohne Genehmigung im Sinne des § 33 Abs. 6

ausgeführt werden.

Gemäß § 41 Abs. 6 Stmk. BauG steht dem Nachbarn das Recht auf Erlassung eines baupolizeilichen Auftrages zu, wenn die Bauarbeiten, die baulichen Anlagen oder sonstigen Maßnahmen im Sinne der Abs. 1, 3 und 4 ihre Rechte (§ 26 Abs. 1) verletzen. Gemäß § 26 Abs. 1 kann der Nachbar gegen die Erteilung der Baubewilligung Einwendungen erheben, wenn diese sich auf Bauvorschriften beziehen, die nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch dem Interesse der Nachbarn dienen (subjektiv-öffentlich-rechtliche Einwendungen). Das sind Bestimmungen über

1.

die Übereinstimmung des Vorhabens mit dem Flächenwidmungsplan, einen Bebauungsplan und mit Bebauungsrichtlinien, soweit damit ein Immissionsschutz verbunden ist;

2.

die Abstände (§ 13);

3.

den Schallschutz (§ 43 Abs. 2 Z. 5);

4.

die Brandwände an der Grundgrenze (§ 51 Abs. 1);

5.

die Vermeidung einer Brandgefahr, einer sonstigen Gefährdung oder unzumutbaren Belästigung (§ 61 Abs. 1, § 63 Abs. 1 und § 65 Abs. 1);

6.

die Baueinstellung und die Beseitigung (§ 41 Abs. 6).

Die Beschwerdeführerin habe einen Antrag auf Beseitigung gestützt auf § 41 Stmk. BauG gestellt. Nach Auffassung der Beschwerdeführerin könne die Frage der Einhaltung der Baudichte durch die Beschwerdeführerin als subjektiv-öffentliches Recht nach wie vor releviert werden, da nach Aufhebung der Bescheide im ersten Rechtsgang die Baubehörde neuerlich nach der Stmk. Bauordnung 1968 bzw. in Anwendung derselben entschieden habe.

Mit diesem Vorbringen ist die Beschwerdeführerin nicht im Recht. Die Übergangsbestimmung des § 119 Abs. 2 Stmk. BauG gilt nur für im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes (dem 1. September 1995) anhängige Verfahren. Der Antrag der Beschwerdeführerin gemäß § 41 Abs. 6 Stmk. BauG wurde unbestritten am 6. September 1996, also nach dem Inkrafttreten des Stmk. BauG, gestellt. Für das Recht der Beschwerdeführerin auf Erlassung eines baupolizeilichen Auftrages ist somit § 41 Abs. 6 Stmk. BauG i.V.m. § 26 Abs. 1 leg. cit. maßgeblich, auch wenn im baupolizeilichen Verfahren zu prüfen ist, ob die bauliche Anlage sowohl zum Zeitpunkt ihrer Errichtung bzw. ihrer Durchführung als auch zum Zeitpunkt der Erlassung des baupolizeilichen Auftrages einer baubehördlichen Bewilligung bzw. Genehmigung bedurft hat bzw. bedarf. Gemäß § 26 Abs. 1 Stmk. BauG besteht kein Recht des Nachbarn auf Einhaltung der im Gesetz vorgeschriebenen Baudichte. Die belangte Behörde hat daher die Berufung zutreffend abgewiesen. Der Antrag der Beschwerdeführerin auf Erlassung eines baupolizeilichen Auftrages ist zu Recht als unzulässig zurückgewiesen worden, weil die von der Beschwerdeführerin geltend gemachte Konsenswidrigkeit der Bauführung (betreffend die Baudichte) die Beschwerdeführerin nicht in Nachbarrechten gemäß § 26 Abs. 1 leg. cit. verletzen kann.

Da der Inhalt der Beschwerde bereits erkennen läßt, daß die von der Beschwerdeführerin geltend gemachten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Schlagworte

Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1997060134.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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