TE Bvwg Erkenntnis 2020/8/6 W251 2163076-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 06.08.2020
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Entscheidungsdatum

06.08.2020

Norm

AVG §78 Abs1
B-VG Art133 Abs4
FPG §60 Abs2

Spruch

W251 2163076-2/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr. Angelika SENFT als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Kosovo, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. Philipp Tschernitz, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 21.10.2018, Zl. 13-132281708/181002898 zu Recht:

A)

I. Die Beschwerde gegen Spruchpunkt I wird mit der Maßgabe abgewiesen, dass Spruchpunkt I. zu lauten hat:

„Ihr Antrag vom 11.10.2018 auf Aufhebung des mit Erkenntnis des BVwG vom 24.01.2018, Zahl G312 2163076-1/11Z gegen Sie erlassenen Einreiseverbotes wird gemäß § 60 Abs 2 FPG zurückgewiesen.“

II. Der Beschwerde gegen Spruchpunkt II. wird stattgegeben und Spruchpunkt II. ersatzlos behoben.

B)

Die Revision ist nicht zulässig.



Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer ist 1990 mit seiner Familie nach Österreich gekommen und lebt seitdem im Bundesgebiet.

2. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (Bundesamt) vom 11.06.2017 wurde dem Beschwerdeführer kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigenden Gründen zuerkannt, eine Rückkehrentscheidung gegen ihn erlassen, seine Abschiebung in den Kosovo für zulässig erklärt und ein unbefristetes Einreiseverbot gegen den Beschwerdeführer erlassen. Ihm wurde keine Frist für die freiwillige Ausreise gewährt und einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung wurde die aufschiebende Wirkung aberkannt.

3. Mit mündlich verkündetem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 24.01.2018 wurde der Beschwerde gegen den Bescheid vom 11.06.2017 insoweit stattgegeben, als die Dauer des unbefristeten Einreiseverbots auf acht Jahre herabgesetzt wurde. Im Übrigen wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

4. Mit Schriftsatz vom 11.10.2018 beantragte der Beschwerdeführer beim Bundesamt die Aufhebung des Einreiseverbots. Er brachte im Wesentlichen vor, dass er seine Sozialisation in Österreich erfahren habe und auch seine Kernfamilie hier lebe. Demnach verletze das mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 24.01.2018 festgesetzte achtjährige Einreiseverbot seine Rechte nach Art. 8 EMRK.

5. Mit Bescheid vom 21.10.2018 wies das Bundesamt den Antrag des Beschwerdeführers gemäß § 60 FPG ab (Spruchpunkt I.) und trug dem Beschwerdeführer gemäß § 78 AVG die Bezahlung von Bundesverwaltungsabgaben in Höhe von EUR 6,50 binnen einer Zahlungsfrist von zwei Wochen auf (Spruchpunkt II.). Begründend führte das Bundesamt aus, dass der Beschwerdeführer intensive und familiäre Anbindungen in Österreich habe, er jedoch aufgrund mehrmaliger strafgerichtlicher Verurteilungen eine gegenwärtige und auch hinreichende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstelle. Zudem habe sich seit dem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts keinerlei Änderung in Bezug auf seinen Aufenthaltsort (Justizanstalt) und sein Privat- und Familienleben ergeben. Auch im Schriftsatz vom 11.10.2018 habe er keine Änderungen vorgebracht.

6. Der Beschwerdeführer erhob fristgerecht Beschwerde. Er beantragte die Aufhebung des Bescheides und die Widerrufung des Einreiseverbotes. Er brachte wiederholt vor, dass durch das Einreiseverbot von einem Eingriff in Art. 8 EMRK aufgrund seines in Österreich bestehenden Familienlebens auszugehen sei. Er habe durch die hohe Haftstrafe – die derzeit noch verbüßt wird – den Unrechtsgehalt seiner Taten vor Augen geführt bekommen. Trotz seines derzeitigen Haftaufenthalts sei von einer ausreichenden Resozialisierung auszugehen, sodass keine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit mehr gegeben sei. Zudem habe sich, wie vom Bundesamt beanstandet, keine Änderung in seinem Privat- und Familienleben ergeben können, da seine Familie nach wie vor in Österreich lebe. Hätten sich Änderungen ergeben, so würde das Einreiseverbot auch keinen Eingriff mehr in Art. 8 EMRK darstellen.

8. Mit Stellungnahme vom 18.02.2020 wiederholte der Beschwerdeführer im Wesentlichen sein Vorbringen in der Beschwerde.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

1.1.1. Der Beschwerdeführer wurde 1988 geboren und ist Staatsangehöriger der Republik Kosovo. Er ist mit seiner Familie 1990 in das Bundesgebiet eingereist und lebt seitdem in Österreich. Seine Frau und seine beiden Kinder, die allesamt österreichische Staatsbürger sind, sowie weitere nahe Verwandte leben in Österreich (AS 13).

1.1.2. Der Beschwerdeführer befindet sich seit 2014 bis voraussichtlich 2022 in Strafhaft.

1.2. Zum bisherigen Verfahren:

1.1.1. Gegen den Beschwerdeführer wurde mit Bescheid des Bundesamts vom 11.06.2017 aufgrund seiner Straffälligkeit eine Rückkehrentscheidung erlassen sowie ein unbefristetes Einreiseverbot gemäß § 53 Abs 1 iVm Abs 3 Z 5 FPG erlassen. Dieses wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 24.01.2018 auf ein achtjähriges Einreiseverbot herabgesetzt.

1.1.2. Der Beschwerdeführer stellte mit 11.10.2018 einen Antrag auf Aufhebung des Einreiseverbots. Dieser Antrag wurde mit Bescheid des Bundesamts vom 21.10.2018 abgewiesen und dem Beschwerdeführer die Bezahlung von Bundesverwaltungsabgaben in Höhe von EUR 6,50 auferlegt. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht.

1.2. Zu den strafgerichtlichen Verurteilungen des Beschwerdeführers:

1.2.1. Der Beschwerdeführer wurde am 21.04.2009 von einem Landesgericht wegen dem Verbrechen des gewerbsmäßigen Diebstahls (§§ 12 zweiter und dritter Fall, § 127, § 130 erster Fall StGB) zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten, die unter der Setzung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde, verurteilt. Die bedingte Nachsicht der Strafe wurde mit Urteil eines Landesgerichts vom 26.08.2009 widerrufen.

Der Beschwerdeführer hat am 09.12.2008 einen Gürtel im Wert von EUR 10,00 gestohlen. Er hat zudem als Bestimmungs- und Beitragstäter dadurch, dass er mit einer weiteren Person bestimmte, was gestohlen werden sollte und den Abtransport des Diebsguts in seinem PKW durchführte, am 09.12.2008 in zwei Geschäften Parfüms im Wert von EUR 763,96 sowie im Wert von EUR 34,85 und Bekleidungsgegenstände in drei Geschäften im Wert von EUR 110,92, EUR 33,99 und EUR 88,00, weggenommen. Dabei hatte er den Vorsatz, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern und sich durch die wiederkehrende Begehung gleichartiger Taten eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen.

1.2.2. Der Beschwerdeführer wurde am 26.08.2009 von einem Landesgericht wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch (§§ 127, 129 Z 1 und 2, § 130 vierter Fall StGB, teilweise in Verbindung mit § 15 StGB) zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 15 Monaten verurteilt.

Der Beschwerdeführer hat gemeinsam mit einem anderen Täter Einbruchsdiebstähle begangen, wobei es teilweise beim Versuch geblieben ist. Dies tat er in der Absicht, sich durch wiederkehrende Begehung von Einbruchsdiebstählen eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen und sich durch die Zueignung diverser fremder beweglicher Sachen unrechtmäßig zu bereichern. So hat er am 08.05.2009 die Eingangstüre einer Tankstelle aufgebrochen und mindestens EUR 100,00 sowie diverse Waren und Zigaretten unbekannten Wertes gestohlen. Er hat in der Nacht zum 19.05.2009 das Fenster eines Gasthauses aufgezwängt, ist durch dieses eingestiegen und hat auch einen Kaugummiautomaten aufgebrochen. Er hat dabei mindestens EUR 200,00, alkoholische Getränke, Lebensmittel, ein DVD-Gerät, einen Holzkohlengrill mit Elektromotor sowie eine Werkzeugkiste samt Inhalt unbekannten Wertes gestohlen. Er hat in der Nacht zum 19.05.2009 eine Sicherheitstüre eines Gastlokals aufgebrochen und einen Flachbildschirm LCD unbekannten Wertes, 77 Zigarettenpackungen, 80 Fläschchen alkoholische Getränke, sowie einen Datenträger unbekannten Wertes gestohlen. Am 15.05.2009 hat er versucht, in eine Tankstelle und in einen Diskonter einzubrechen. Am 21.05.2003 hat er versucht nach Einsteigen in eine Gastwirtschaft den Zigarettenautomaten aufzubrechen.

1.2.3. Der Beschwerdeführer wurde am 04.07.2013 von einem Bezirksgericht wegen des Vergehens des Diebstahls (§§12, 127 StGB) zu einer Geldstrafe im Ausmaß von 150 Tagessätzen zu EUR 10,00, im Uneinbringlichkeitsfall zu einer Ersatzfreiheitsstrafe von 75 Tagen verurteilt. Die Gesamtgeldstrafe betrug EUR 1.500,00.

Der Beschwerdeführer hat am 28.04.2013 mit einer anderen Person ein Fahrrad gestohlen.

1.2.4. Der Beschwerdeführer wurde am 26.01.2012 von einem Bezirksgericht wegen des Vergehens der dauernden Sachentziehung (§ 135 Abs. 1 StGB) zu einer Geldstrafe in der Höhe von 70 Tagessätzen zu EUR 7,00 (Gesamtgeldstrafe EUR 490,00), im Uneinbringlichkeitsfall zu einer Ersatzfreiheitsstrafe von 35 Tagen verurteilt.

Der Beschwerdeführer hat am 09.11.2011 eine von einer anderen Person vergessene Umhängetasche aus seinem Auto geworfen.

1.2.5. Der Beschwerdeführer wurde am 25.02.2015 von einem Landesgericht wegen des Verbrechens des schweren Raubes (§§142 Abs. 1, § 143 erster und zweiter Fall StGB) zu einer Freiheitsstrafe von acht Jahren verurteilt.

Der Beschwerdeführer hat am 18.11.2014 als Mitglied einer kriminellen Vereinigung eine Angestellte unter Vorhalt einer Gaspistole gezwungen ein Lokal aufzusperren, den Tresor zu öffnen und Bargeld in Höhe von EUR 23.400,60 zu übergeben, während andere Personen Aufpasserdienste leisteten.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zu seiner Einreise, seinen familiären Verhältnissen in Österreich, den erlassenen Bescheiden, dem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 24.01.2108, dem Antrag des Beschwerdeführers auf Aufhebung des Einreiseverbots und seiner Beschwerde gründen sich auf den unbestritten Akteninhalt.

Dass sich der Beschwerdeführer derzeit in Strafhaft befindet, ist einem Auszug aus dem Zentralen Melderegister zu entnehmen.

Die Feststellungen zu den strafgerichtlichen Verurteilungen ergeben sich aus der Einsicht in das Strafregister sowie aus den im Akt erliegenden Urteilen der Strafgerichte.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

3.1. Zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides

3.1.1. § 60 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) lautet:

„Verkürzung, Gegenstandslosigkeit und Aufhebung

§ 60. (1) Das Bundesamt kann ein Einreiseverbot gemäß § 53 Abs. 2 auf Antrag des Drittstaatsangehörigen unter Berücksichtigung der für die Erlassung der seinerzeitigen Rückkehrentscheidung oder des seinerzeitigen Einreiseverbotes maßgeblichen Umstände verkürzen oder aufheben, wenn der Drittstaatsangehörige das Gebiet der Mitgliedstaaten fristgerecht verlassen hat. Die fristgerechte Ausreise hat der Drittstaatsangehörige nachzuweisen.

(2) Das Bundesamt kann ein Einreiseverbot gemäß § 53 Abs. 3 Z 1 bis 4 auf Antrag des Drittstaatsangehörigen unter Berücksichtigung der für die Erlassung der seinerzeitigen Rückkehrentscheidung oder des seinerzeitigen Einreiseverbotes maßgeblichen Umstände verkürzen, wenn der Drittstaatsangehörige das Gebiet der Mitgliedstaaten fristgerecht verlassen hat und seither einen Zeitraum von mehr als die Hälfte des seinerzeitigen Einreiseverbotes im Ausland verbracht hat. Die fristgerechte Ausreise hat der Drittstaatsangehörige nachzuweisen.

(3) Die Rückkehrentscheidung wird gegenstandslos, wenn einem Drittstaatsangehörigen
1.         der Status des Asylberechtigten zuerkannt wird;
2.         ein Aufenthaltstitel gemäß §§ 55 bis 57 AsylG 2005 erteilt wird.“

3.1.2. Regelungen über die Aufhebung eines Einreiseverbots sind ausschließlich in § 60 FPG enthalten (VwGH 25.01.2018, Ra 2017/21/0256). Ein Einreiseverbot gemäß § 53 Abs. 3 Z 5 FPG wird nach dem klaren Wortlaut weder vom ersten noch vom zweiten Absatz des § 60 FPG erfasst. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs sind Einreiseverbote die weder von § 60 Abs 1 FPG noch von § 60 Abs 2 FPG umfasst sind mangels gesetzlicher Grundlage zurückzuweisen. Eine dahingehende verfassungskonforme Interpretation, dass § 60 FPG auch die Aufhebung eines Einreiseverbots nach § 53 Abs. 3 Z 5 FPG ermöglichen solle, erachtete der Verwaltungsgerichtshof als nicht notwendig (VwGH 25.01.2018, Ra 2017/21/0256; VwGH 25.01.2018, Ra 2017/21/0250).

3.1.3. Im vorliegenden Fall verhängte das Bundesamt mit Bescheid ein unbefristetes Einreiseverbot gemäß § 53 Abs. 3 Z 5 FPG über den Beschwerdeführer, das mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts auf 8 Jahre herabgesetzt wurde. Einreiseverbote gemäß § 53 Abs. 3 Z 5 FPG sind weder von § 60 Abs 1 FPG noch von § 60 Abs 2 FPG umfasst, sodass die Voraussetzungen für eine Aufhebung oder Verkürzung des Einreiseverbotes nicht vorliegen.

Voraussetzung eines Aufhebungs- bzw. Verkürzungsantrages gemäß § 60 Abs. 1 sowie Abs. 2 ist zudem der Nachweis der fristgerechten Ausreise durch den Antragssteller. Eine Verkürzung oder Aufhebung des Einreiseverbots des Beschwerdeführers scheidet im vorliegenden Fall daher schon mangels Ausreise des Beschwerdeführers aus dem Bundesgebiet aus, da sich dieser weiterhin in einer Justizanstalt in Österreich aufhält (VwGH 25.01.2018, Ra 2017/21/0256). Es fehlt daher auch hier die Voraussetzung für die Aufhebung eines Einreiseverbots.

3.1.4. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs sind Anträge auf Aufhebung des Einreiseverbotes, wenn die Voraussetzungen hierfür mangels gesetzlicher Grundlage nicht vorliegen zurückzuweisen (VwGH 25.01.2018, Ra 2017/21/0250, RZ 14). Es war die Beschwerde daher mit der Maßgabe abzuweisen, dass der Antrag des Beschwerdeführers vom 11.10.2018 auf Aufhebung des Einreiseverbotes zurückzuweisen war.

3.1.5. Soweit der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde vorbringt, dass ein Einreiseverbot seinem Privat- und Familienleben gemäß Art. 8 EMRK entgegenstehe, und dieses daher aus diesem Grund zu beheben sei, begehrt er tatsächlich eine Aufhebung bzw. Abänderung des Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichts vom 24.01.2018. Dem ist entgegen zu halten, dass das Erkenntnis vom 24.01.2018 bereits in Rechtskraft erwachsen ist. Die durch Art. 8 EMRK gewährleisteten Rechte des Beschwerdeführers wurden zudem bereits mit Bescheid vom 11.06.2017 bzw. mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 24.01.2018 berücksichtigt.

3.1.6. Falls der Antrag des Beschwerdeführers bzw. seine Beschwerde darauf abzielen eine Wiederaufnahme des Verfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht zu GZ G313 2163076-1 zu erreichen und über diesen Weg eine Aufhebung dieses Erkenntnisses zu erwirken, ist dem Beschwerdeführer entgegen zu halten, dass keine Wiederaufnahmegründe geltend gemacht wurden und solche auch nicht vorliegen.

Der Beschwerdeführer gab in seiner Beschwerde auch selbst an, dass sich hinsichtlich seines Familienlebens keine Änderungen ergeben haben (AS 33). Es liegen daher gemäß § 32 Abs. 1 Z 2 VwGVG keine sogenannten „nova reperta“, also Tatsachen oder Beweismittel hervor, die bereits zum Verfahrensabschluss vorhanden waren und ohne sein Verschulden erst nachher verwertbar gewesen seien, vor (VwGH 20. 6. 2001, 95/08/0036).

Auch diesbezüglich fehlen die Voraussetzungen für eine Aufhebung des Einreiseverbotes.

3.1.7. Dem Vorbringen des Beschwerdeführers in seiner Beschwerde, trotz weiterhin andauernden Strafvollzugs „ausreichend“ bzw. sogar „vollständig“ resozialisiert zu sein (AS 33), ist zudem die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs entgegenzuhalten. Dieser ist zu entnehmen, dass der Gesinnungswandel eines Straftäters grundsätzlich daran zu prüfen ist, ob und wie lange er sich in Freiheit wohlverhalten hat (vgl. VwGH 11.05.2017, Ra 2017/21/0061). Selbst aus dem Status als „Freigänger“ lässt sich während der Strafhaft keine maßgebliche Minderung der sich aus dem strafbaren Vorverhalten ergebenden Gefährdung ableiten (vgl. E 12.10.2010, 2020/21/0335; VwGH 10.09.2013, 2013/18/0034). Von einer relevanten Resozialisierung des Beschwerdeführers war - entgegen seinem Vorbringen in der Beschwerde - aufgrund seines derzeitigen Gefängnisaufenthaltes somit auch nicht auszugehen.

3.1.8. Die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides war daher mit der Maßgabe, dass der Antrag vom 11.10.2018 zurückzuweisen war, abzuweisen.

3.2. Zu Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides

3.2.1. In seiner Beschwerde führte der Beschwerdeführer aus, dass der vorliegende Bescheid zur Gänze und sämtliche Spruchpunkte des Bescheides bekämpft werden. Es ist daher vom Bundesverwaltungsgericht auch über Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides zu entscheiden.

3.2.2. § 78 Abs 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) lautet:

„§78. (1) Den Parteien können in den Angelegenheiten der Bundesverwaltung (unmittelbare oder mittelbare Bundesverwaltung, übertragener Wirkungsbereich der Gemeinden in Bundesangelegenheiten) für die Verleihung von Berechtigungen oder sonstige wesentlich in ihrem Privatinteresse liegende Amtshandlungen der Behörden Bundesverwaltungsabgaben auferlegt werden, sofern die Freiheit von derlei Abgaben nicht ausdrücklich durch Gesetz festgesetzt ist. Wenn ein im Verwaltungsverfahren als Partei auftretender Rechtsträger zur Vollziehung der Gesetze berufen ist, so unterliegt er insoweit der Verpflichtung zur Entrichtung von Bundesverwaltungsabgaben nicht, als die Amtshandlung eine unmittelbare Voraussetzung der dem Rechtsträger obliegenden Vollziehung der Gesetze bildet. Die Gebietskörperschaften unterliegen ferner der Verpflichtung zur Entrichtung einer Bundesverwaltungsabgabe nicht, wenn diese der als Partei einschreitenden Gebietskörperschaft zufließen würde.“

3.2.3. Die Abgabenpflicht gem. § 78 Abs 1 erster Fall AVG besteht jedenfalls für die Verleihung von Berechtigungen (vgl. VwSlG 6456 A71964). Nach dem klaren Wortlaut des § 78 Abs 1 erster Fall AVG ist bei Verweigerung der Verleihung einer Berechtigung keine Verwaltungsabgabe einzuheben (Hengstschläger/Leeb, AVG § 78, RZ 8).

Bundesverwaltungsabgaben können gemäß § 78 Abs 1 zweiter Fall AVG zudem für "sonstige Amtshandlungen" der Behörde vorgesehen werden. Die Amtshandlungen müssen in diesem Fall "wesentlich im Privatinteresse" der Partei liegen, sie also begünstigen (Walter/Kolonovits/Muzak/Stöger, Verwaltungsverfahrensrecht, Rz 685). Dagegen liegt eine Amtshandlung, welche die Rechtslage der Partei nicht verändert, nicht wesentlich in ihrem Privatinteresse (VwGH vom 2.10.1973, VwSlg. 8473A/73). Bei der Beurteilung der Frage, ob und allenfalls in wessen Privatinteresse eine Amtshandlung lag, ist die einzelne Amtshandlung nicht isoliert, sondern im Gesamtzusammenhang jenes Verfahrens zu sehen, dessen Teil sie bildet. Dabei ist auf das jeweilige Verfahrensziel abzustellen (VwGH vom 16.02.1988, 87/04/0206; VwGH vom 28.01.2001, 2002/04/0193).

3.2.4. Der Antrag des Beschwerdeführers wurde vom Bundesamt mit Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides abgewiesen. Mit Maßgabe des Bundesverwaltungsgerichts wurde dieser Spruchpunkt dahingehend abgeändert, dass der Antrag zurückgewiesen wird.

Da dem Beschwerdeführer mit dem angefochtenen Bescheid keine Berechtigung erteilt wurde, liegen die Voraussetzungen für die Vorschreibung einer Bundesverwaltungsabgabe gemäß § 78 Abs 1 erster Fall AVG nicht vor.

Durch die Ab- bzw. Zurückweisung des Antrages wurde auch die Rechtslage des Beschwerdeführers nicht verändert, insbesondere wurde diese nicht verbessert. Es wurde daher auch keine sonstige Amtshandlung vorgenommen, die wesentlich im Privatinteresse des Beschwerdeführers lag, sodass auch die Voraussetzungen für die Vorschreibung einer Bundesverwaltungsabgabe gemäß § 78 Ab 1 zweiter Fall AVG nicht vorliegen.

Es sind daher keine Bundesverwaltungsabgaben bei der Ab- bzw. Zurückweisung eines Antrages auf Aufhebung eines Einreiseverboten aufzuerlegen (BVwG vom 28.10.2019, W153 2220971-1; BVwG vom 30.08.2016, W182 2108737-3; vgl. BVwG vom 01.10.2019, W222 1431046-2; vgl. BVwG vom 15.01.2016, W160 1437074-2).

3.2.5. Der Beschwerde war daher betreffend Spruchpunkt II. statt zu geben und dieser Spruchpunkt zur Gänze zu beheben.

3.3. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Es konnte von der Abhaltung einer mündlichen Verhandlung Abstand genommen werden, da der Sachverhalt im Rahmen des behördlichen Verfahrens hinreichend geklärt wurde und das gerichtliche Verfahren keine wesentlichen Änderungen ergeben hat.

Zu B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Dies ist der Fall wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.

Im vorliegenden Akt findet sich kein Hinweis auf das Bestehen von Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit dem gegenständlichen Verfahren. Solche sind auch aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts nicht gegeben.

Die Revision war daher nicht zuzulassen.

Schlagworte

Behebung der Entscheidung Einreiseverbot Haft Verwaltungsabgabe Voraussetzungen Wegfall der Gründe

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W251.2163076.2.00

Im RIS seit

04.12.2020

Zuletzt aktualisiert am

04.12.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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