TE Bvwg Erkenntnis 2020/7/21 W227 2219435-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 21.07.2020
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Entscheidungsdatum

21.07.2020

Norm

B-VG Art133 Abs4
UG §64 Abs2
UG §64 Abs3
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W227 2219435-1/17E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Karin WINTER über die Beschwerde von XXXX gegen den Bescheid der Vizerektorin für Studium und Lehre der Universität Wien vom 17. Jänner 2019, Zl. 35820 2018/218581-Rea-S19, zu Recht:

A)

Der Beschwerde wird teilweise stattgegeben und XXXX wird gemäß § 64 Abs. 3 Universitätsgesetz 2002 (UG) i.V.m. § 3 des Curriculums für das Masterstudium „Politikwissenschaft“ zum Masterstudium „Politikwissenschaft“ an der Universität Wien mit der Auflage zugelassen, zusätzlich die Prüfung „BAK2.5: Politik und Recht (4 ECTS-Punkte)“ positiv zu absolvieren.

B)

Die Revision ist nicht zulässig.


Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE

I. Verfahrensgang

1. Am 11. Jänner 2019 beantragte der Beschwerdeführer die Zulassung zum Masterstudium „Politikwissenschaft“ an der Universität Wien. Dazu legte er seinen Bachelorabschluss der Fernuniversität Hagen (Deutschland) im Studiengang „Politikwissenschaft, Verwaltungswissenschaft, Soziologie mit dem Schwerpunkt Politikwissenschaft“ vor.

2. Mit dem angefochtenen Bescheid ließ die Vizerektorin für Studium und Lehre der Universität Wien den Beschwerdeführer gemäß § 64 Abs. 3 UG i.V.m. § 3 des Curriculums für das Masterstudium „Politikwissenschaft“ zum Masterstudium „Politikwissenschaft“ mit der Auflage zu, zusätzlich folgende Prüfungen positiv zu absolvieren:

?        BAK2.3: Historische Grundlagen – 4 ECTS

?        BAK2.4: Politik und Ökonomie – 4 ECTS

?        BAK2.5: Politik und Recht – 4 ECTS

?        BAK5: Theoriegeschichten und Theoriedebatten – 3 ECTS

?        BAK6: Politisches System Österreichs und EU – 3 ECTS

?        BAK2.2: Sozialwissenschaft und gesellschaftlicher Wandel: aktuelle Debatten – 5 ECTS

?        BAK4.2: Quantitative Methoden – 3 ECTS.

3. Dagegen erhob der Beschwerdeführer Beschwerde, in der er um Befreiung jeder einzelnen Auflage ersuchte.

4. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 10. Mai 2019 gab die Vizerektorin für Studium und Lehre der Universität Wien der Beschwerde teilweise statt und ließ den Beschwerdeführer zum Masterstudium „Politikwissenschaft“ mit der Auflage von zusätzlich folgenden positiv zu absolvierenden Prüfungen zu:

?        BAK2.3: Historische Grundlagen – 4 ECTS

?        BAK2.4: Politik und Ökonomie – 4 ECTS

?        BAK2.5: Politik und Recht – 4 ECTS

?        BAK5: Theoriegeschichten und Theoriedebatten – 3 ECTS

?        BAK6: Politisches System Österreichs und EU – 3 ECTS.

Begründend führte die Vizerektorin für Studium und Lehre zusammengefasst aus:

Nach nochmaliger Überprüfung durch die fachlich zuständige Studienprogrammleiterin (SPL) sei auch im Beschwerdeverfahren die Erforderlichkeit von Auflagen bestätigt worden, allerdings sei festgestellt worden, dass die Auflagen „BAK2.2 Sozialwissenschaft und gesellschaftlicher Wandel: aktuelle Debatten – 5 ECTS“ und „BAK4.2 Quantitative Methoden – 3 ECTS“ entfallen könnten.

5. Der Beschwerdeführer stellte einen Vorlageantrag.

6. In Folge ersuchte das Bundesverwaltungsgericht – nach Einholung von weiteren Unterlagen seitens des Beschwerdeführers – die Studienprogrammleiterin ihre gutachterliche Stellungnahme zu ergänzen, um die Richtigkeit und Schlüssigkeit überprüfen zu können.

Die Ergänzung vom 8. Juni 2020 ergab Folgendes:

„Aufgrund der nachgereichten Unterlagen (Modul- und Kursbeschreibungen der Fernuniversität Hagen) können folgende Auflagen gestrichen werden:

BAK2 Bereich Historische Grundlagen der Politik (aufgrund von historischen Verweiszusammenhängen in einigen der absolvierten Kurse)

BAK2 Bereich Politik und Ökonomie (aufgrund der Absolvierung des als gleichwertig anzuerkennenden Kurses 34651)

BAK5 Politische Theorie (aufgrund der Absolvierung der als insgesamt gleichwertig anzuerkennenden Kurse 03226 und 34656)

BAK6 Österreich und EU (aufgrund der Absolvierung der insgesamt als gleichwertig anzuerkennenden Kurse 03207, 03220, 33202, 33218).

Die Auflage BAK2 Themenbereich Politik und Recht bezieht sich auf einen Teilbereich des Pflichtmoduls Sozialwissenschaftliche und interdisziplinäre Grundlagen. Es handelt sich also um ein Grundlagenfach, das Studierende zur Kontextualisierung politikwissenschaftlicher Fragestellungen aus rechtlicher Perspektive befähigen soll.

Der Beschwerdeführer führt in seinem Vorbringen ebenfalls an, dass er diesen Themenbereich als essentiell erachtet.

Der Argumentation des Beschwerdeführers, dass dieser Themenbereich im Modul VP1 (insbesondere in dessen Teilbereichen Kooperativer Föderalismus und Politikverflechtung sowie Begriff und Wirklichkeit des modernen Staates) abgedeckt werde, stimmt die SPL Politikwissenschaft aus den folgenden Gründen nicht zu:

?        Die in der BAK2 Vorlesung Themenbereich Politik und Recht vermittelten Kenntnisse umfassen ein weitaus breiteres Spektrum als die Bedeutung von Verfassungen für das Staatsverständnis und die politische Systemlehre.

?        Die im Vorbringen des BF angeführte und nicht näher spezifizierte Relation zwischen System und Funktion ist gerade nicht Gegenstand der BAK2 Vorlesung Themenbereich Politik und Recht.

?        Die in diesem Vorbringen angeführte gesellschaftspolitische Bedeutung der ebenfalls nicht näher spezifizierten Rechtsinstitute auf nationaler und supranationaler Ebene ist ebenfalls nicht Gegenstand der BAK2 Vorlesung Themenbereich Politik und Recht.

?        Die Vermittlung grundlegender Begriffe, Theorien, Konzepte und Heuristiken der Analyse von Politik in Mehrebenensystemen ist ebenfalls nicht Gegenstand der BAK2 Vorlesung Themenbereich Politik und Recht.

Insgesamt sind die im Modul VP1 vermittelten Inhalte aus den genannten Gründen als nicht gleichwertig mit den Inhalten der BAK2 Vorlesung Bereich Politik und Recht einzustufen und die Auflage ist zu erteilen.“

7. In seiner Stellungnahme erklärte sich der Beschwerdeführer mit der Auflage „BAK2.5: Politik und Recht – 4 ECTS“ einverstanden.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen

Der Beschwerdeführer schloss am 14. September 2018 das Bachelorstudium „Politikwissenschaft, Verwaltungswissenschaft, Soziologie mit dem Schwerpunkt Politikwissenschaft“ an der Fernuniversität Hagen, einer anerkannten postsekundären Bildungseinrichtung, ab.

Dieses Vorstudium ist grundsätzlich gleichwertig für die Zulassung zum Masterstudium „Politikwissenschaft“ an der Universität Wien, allerdings ist zur Herstellung der vollen Gleichwertigkeit die positive Absolvierung der Prüfung „BAK2.5: Politik und Recht“ im Ausmaß von 4 ECTS-Punkten erforderlich.

2. Beweiswürdigung

Die Feststellungen ergeben sich aus dem unstrittigen Akteninhalt sowie aus der nachvollziehbaren gutachterlichen Stellungnahme der Studienprogrammleiterin der Universität Wien vom 8. Juni 2020 (siehe oben Punkt I.6.), deren Ergebnisse schlüssig und richtig sind und denen der Beschwerdeführer nicht entgegengetreten ist.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zur Teilstattgebung der Beschwerde [Spruchpunkt A)]

3.1.1. Gemäß § 64 Abs. 3 UG ist die allgemeine Universitätsreife für die Zulassung zu Masterstudien durch den Abschluss eines fachlich in Frage kommenden Bachelorstudiums oder eines fachlich in Frage kommenden Fachhochschul-Bachelorstudienganges oder eines anderen gleichwertigen Studiums an einer anerkannten inländischen oder ausländischen postsekundären Bildungseinrichtung nachzuweisen. Wenn die Gleichwertigkeit grundsätzlich gegeben ist und nur einzelne Ergänzungen auf die volle Gleichwertigkeit fehlen, ist das Rektorat berechtigt, die Feststellung der Gleichwertigkeit mit der Auflage von Prüfungen zu verbinden, die während des jeweiligen Masterstudiums abzulegen sind. Das Rektorat kann festlegen, welche dieser Prüfungen Voraussetzung für die Ablegung von im Curriculum des Masterstudiums vorgesehenen Prüfungen sind.

§ 3 des Curriculums für das Masterstudium „Politikwissenschaft“, MBl vom 20. Juni 2007, 29. Stück, Nr. 151, i.d.F. MBl vom 29. März 2017, 21. Stück, Nr. 92, lautet:

㤠3 Zulassungsvoraussetzungen

(1) Die Zulassung zu einem Masterstudium setzt den Abschluss eines fachlich in Frage kommenden Bachelorstudiums oder eines fachlich in Frage kommenden Fachhochschul-bachelorstudienganges oder eines anderen gleichwertigen Studiums an einer anerkannten inländischen oder ausländischen postsekundären Bildungseinrichtung voraus.

(2) Fachlich in Frage kommend ist jedenfalls das Bachelorstudium Politikwissenschaft an der Universität Wien.

(3) Wenn die Gleichwertigkeit grundsätzlich gegeben ist, und nur einzelne Ergänzungen auf die volle Gleichwertigkeit fehlen, können zur Erlangung der vollen Gleichwertigkeit zusätzliche Lehrveranstaltungen und Prüfungen im Ausmaß von maximal 30 ECTS-Punkten vorgeschrieben werden, die im Verlauf des Masterstudiums zu absolvieren sind.“

3.1.2. Für die Prüfung der Facheinschlägigkeit und der Gleichwertigkeit ist aus der Sicht des beantragten Masterstudiums zu beurteilen, ob ein Bachelorstudium als fachlich in Frage kommend zu qualifizieren ist, d.h. ob in qualitativer wie quantitativer Hinsicht die fachlichen Grundlagen für das beantragte Masterstudium vermittelt werden, oder ob ein Studium vorliegt, das einem Studium, das für ein bestimmtes Masterstudium fachlich in Frage kommt, gleichwertig ist (vgl. VwGH 15.12.2011, 2010/10/0148).

Durch die UG-Nov 09 wurde die Möglichkeit eingeräumt, die volle Gleichwertigkeit durch Ablegung von Ergänzungsprüfungen herzustellen, wenn die grundsätzliche Gleichwertigkeit gegeben ist. Der Nachweis der allgemeinen Universitätsreife gilt durch den Nachweis dieser Zulassungsvoraussetzung jedenfalls als erbracht. Das Rektorat kann festlegen, welche dieser Prüfungen Voraussetzung für die Ablegung von im Curriculum des Masterstudiums vorgesehenen Prüfungen sind (vgl. VwGH 08.10.2014, 2012/10/0171).

In den Curricula für Masterstudien können qualitative Zulassungsbedingungen vorgeschrieben werden (vgl. VwGH 18.04.2012, 2009/10/0033, sowie zum Ganzen Perthold-Stoitzner in Perthold-Stoitzner, UG3.01 § 64 [Stand 1. Dezember 2018, rdb.at]).

3.1.3. Für den vorliegenden Fall bedeutet das:

Wie festgestellt ist das Bachelorstudium „Politikwissenschaft, Verwaltungswissenschaft, Soziologie mit dem Schwerpunkt Politikwissenschaft“ an der Fernuniversität Hagen grundsätzlich gleichwertig für die Zulassung zum Masterstudium „Politikwissenschaft“ an der Universität Wien.

Zur Herstellung der vollen Gleichwertigkeit ist jedoch die positive Absolvierung der Prüfung „BAK2.5: Politik und Recht“ im Ausmaß von 4 ECTS-Punkten erforderlich.

Folglich ist der Beschwerdeführer zum Masterstudium „Politikwissenschaft“ an der Universität Wien mit der Auflage zuzulassen, zusätzlich die Prüfung „BAK2.5: Politik und Recht (4 ECTS-Punkte)“ positiv zu absolvieren.

Eine Verhandlung (sie wurde nicht beantragt) konnte gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG entfallen, weil eine mündliche Erörterung keine weitere Klärung erwarten lässt (siehe dazu etwa Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren, 2. Auflage [2018] § 24 VwGVG Anm. 13 mit Hinweisen zur Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sowie VfGH 18.06.2012, B 155/12; EGMR Tusnovics v. Austria, 07.03.2017, 24.719/12).

3.2. Zur Unzulässigkeit der Revision [Spruchpunkt B)]

3.2.1. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

3.2.2. Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt: Dass die volle Gleichwertigkeit durch Ablegung von Ergänzungsprüfungen hergestellt werden kann, wenn die grundsätzliche Gleichwertigkeit gegeben ist, entspricht der oben angeführten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes.

Schlagworte

allgemeine Universitätsreife Auflage Befreiungsantrag Curriculum Ergänzungsprüfung Facheinschlägigkeit Gleichwertigkeit von Studienabschlüssen Masterstudium Teilstattgebung Zulassungsvoraussetzung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W227.2219435.1.00

Im RIS seit

03.12.2020

Zuletzt aktualisiert am

03.12.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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