TE Bvwg Erkenntnis 2020/10/15 W200 2001057-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 15.10.2020
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Entscheidungsdatum

15.10.2020

Norm

B-VG Art133 Abs4
VOG §1 Abs1
VOG §1 Abs3
VOG §10 Abs1
VOG §3

Spruch

W200 2001057-2/195E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Ulrike Scherz als Vorsitzende und durch den Richter Dr. Clemens Kuzminski sowie den fachkundigen Laienrichter Mag. Michael Svoboda als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien (SMS) vom 08.09.2016, Zl. 114-614375-004, betreffend die Beschwerde gegen die Abweisung des Antrages auf Ersatz des Verdienstentganges gemäß § 1 Abs. 1 und 3, § 3 sowie § 10 Abs. 1 des Verbrechensopfergesetzes (VOG) zu Recht erkannt:

A)       Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) abgewiesen.

B)       Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer stellte am 03.07.2013 einen Antrag auf Ersatz des Verdienstentganges.

Ursächlich dafür seien Vorfälle während seines Aufenthalts im Kinderheim Wimmersdorf von 1973-1975 sowie im Lehrlingsheim von 1976-1978.

Der Antrag wurde im Wesentlichen damit begründet, dass der Beschwerdeführer in diesem Zeitraum immer wieder von diversen Mitarbeitern des Kinderheimes bzw. des Lehrlingsheimes schwer misshandelt worden sei (Zwang zum Essen von verdorbenen Lebensmitteln, Schläge auf beide Hände mit dem Kochlöffel, Strafstehen am Sportplatz in der prallen Sonne, schweres Ziehen an den Haaren, Beschuss mit Schlüsselbund, sexueller Missbrauch, Zwangsarbeit, Strafstehen, Demütigung von Bettnässern durch Beschimpfen, Schlagen und das nasse Leintuch ins Gesicht dreschen, …).

Die Verursacher wurden vom Beschwerdeführer namentlich genannt.

In weiterer Folge wurde ein Schreiben des Männergesundheitszentrums im Kaiser-Franz-Josef-Spital sowie der Clearing Bericht des Weißen Rings vom 19.10.2012 vorgelegt.

Der Beschwerdeführer stellte am 11.04.2012 einen Antrag auf Berufsunfähigkeitspension. Im Rechtsmittelverfahren wird im neurologisch-psychiatrischen Sachverständigengutachten festgehalten, dass sich auf psychischem Gebiet keine krankheitswertigen Symptome fänden. Es bestehe emotionale Labilität in Folge von Traumaerfahrung im Kindes- und Jugendalter, ohne dass jedoch eine krankheitswertige psychische Störung zu diagnostizieren wäre. (Gutachten vom 21.11.2012).

Der Beschwerdeführer stellte am 14.11.2013 neuerlich einen Antrag auf Berufsunfähigkeitspension. Im Rechtsmittelverfahren wird im psychologischen Sachverständigengutachten die Aussage des Beschwerdeführers festgehalten, dass er von 2007 bis 2011 nochmals gearbeitet hätte. Er sei 2011 gekündigt worden, da sein Chef vom Bundessozialamt erfahren hätte, dass „er eine 50%ige Behinderung anerkannt bekommen habe. Sein Chef habe darauf gemeint, dass er in seiner Firma keine Behinderten benötige und habe ihn gekündigt. Er habe daraufhin probiert wieder Arbeit zu finden. Jedoch nehme ihn niemand wegen seines Behindertenausweises.

Mit Bescheid der PVA vom 01.06.2015 wurde mit dem vor Gericht am 05.05.2015 geschlossenen Vergleich dem Beschwerdeführer die Berufsunfähigkeitspension von 01.01.2015 bis 31.10.2015 befristet sowie mit Bescheid vom 10.11.2015 unbefristet ab 31.10.2015 für die weitere Dauer der Berufsunfähigkeit zuerkannt.

Unter anderem wurden diesen Entscheidungen im Verfahren des Arbeits- und Sozialgerichtes eingeholte Sachverständigengutachten, konkret ein nervenärztliches Gutachten vom 15.09.2014 samt drei Ergänzungsgutachten vom 16.10.2014, 16.12.2014 und 06.02.2015 sowie ein psychologisches Sachverständigengutachten vom 14.10.2014 samt zwei Ergänzungsgutachten vom 19.12.2014 und 08.02.2015 zu Grunde gelegt.

Im dritten nervenärztlichen und zweiten psychologischen Ergänzungsgutachten wird auf einen vom Beschwerdeführer vorgelegten Bericht der Universitätsklinik für Psychiatrie verwiesen, der eine gesundheitliche Verschlimmerung beschreibt. Im nervenärztlichen Ergänzungsgutachten wird eine Besserung der gesundheitlichen Störung und eine Wiedererlangung der Arbeitsfähigkeit mit Ende Oktober 2015 als möglich angesehen.

Das von der PVA eingeholte psychiatrische Gutachten vom 08.10.2015 enthält als Diagnosen für die Hauptursache der Minderung der Erwerbsfähigkeit „andauernde Persönlichkeitsveränderung nach Extrembelastung, chronifiziert mittelgradig depressive Verstimmung mit dysphorer Färbung und Affektlabilität. Laut diesem Gutachten ist weder eine Besserung des Gesundheitszustandes möglich noch eine Anpassung und Gewöhnung an den bleibenden Leidenszustand eingetreten, so dass sich das Restleistungskalkül nicht verbessert hätte.

Das vom Sozialministeriumservice im Rahmen des Ermittlungsverfahrens in Auftrag gegebene nervenfachärztliche Gutachten eines Facharztes für Neurologie und Psychiatrie vom 09.12.2015 führt im Ergebnis aus, dass beim Beschwerdeführer eine paranoide Persönlichkeitsstörung vorliege. In Beantwortung der vom Sozialministeriumservice im Gutachtensauftrag gestellten Fragen hält das Gutachten Folgendes fest:

„1. Welche Gesundheitsschädigung[en] liegen beim dem AW vor?

Herr [ XXXX .] wurde [am] 27.11.2015 untersucht, dabei konnte die Diagnose paranoide Persönlichkeitsstörung gestellt werden. Es finde[n] sich in der Untersuchung weder Hinweise auf eine affektive Störung im Sinne einer Depression, Angsterkrankung oder Panikstörung, noch auf das Vorliegen einer inhaltlichen bzw. formalen Denkstörung. Es finden sich keine Hinweise auf das Vorliegen eines organischen Psychosyndroms. (Die angegebene Schlafstörung kann naturgemäß nicht objektiviert werden.)

Es findet sich eine deutliche Inkongruenz zwischen vehement vorgebrachtem (subjektiven) Leidensdruck und objektiv feststellbarem Zustandsbild.

Falls klar von einander trennbare psychiatrische Krankheitsbilder vorliegen, wird um entsprechende Berücksichtigung gebeten.

Eine paranoide Persönlichkeitsstörung ist laut ICD 10 (F60.0) durch eine übertriebene Empfindlichkeit gegenüber Zurückweisung, Nachtragen von Kränkungen, durch Misstrauen, sowie eine Neigung, Erlebtes zu verdrehen gekennzeichnet, indem neutrale oder freundliche Handlungen anderer als feindlich oder verächtlich missgedeutet werden, wiederkehrende unberechtigte Verdächtigungen hinsichtlich der sexuellen Treue des Ehegatten oder Sexualpartners, schließlich durch streitsüchtiges und beharrliches Bestehen auf eigenen Rechten. Diese Personen können zu überhöhtem Selbstwertgefühl und häufiger, übertriebener Selbstbezogenheit neigen.

Allen Persönlichkeitsstörungen ist gemein, dass sie nur teilweise von den Betroffenen als Ich-fremd (dyston) wahrgenommen werden. Herr [ XXXX .] ist in seinen Ansichten nicht korrigierbar und ist sichtlich stolz auf seine Durchsetzungskraft und Hartnäckigkeit, u.a. Einsatz auch für andere Heimkinder. Eine Persönlichkeitsstörung ist in der Regel therapieresistent.

Die angegebene Schlafstörung kann nicht objektiviert werden, weshalb sie nicht gewertet werden kann.

2.       Welche der klar feststellten (psychiatrischen) Gesundheitsschädigungen sind mit Wahrscheinlichkeit

a)       Kausal auf das Verbrechen zurückzuführen (Wahrscheinlichkeit des Kausalzusammenhanges bedeutet nach der Judikatur, dass wesentlich mehr für einen Kausalzusammenhang spricht als dagegen)?

Die Annahme eines Einflusses auf die Psyche muss als rein spekulativ gewertet werden […].

b)       Akausal, somit nicht auf die oben angeführten Verbrechen zurückzuführen (also z.B. durch anlage- und umweltbedingte Faktoren verursacht)? Warum werden diese Gesundheitsschädigungen als akausal bewertet?

Es ist allgemein bekannt, dass sich eine Persönlichkeit (Charakter) in den ersten Lebensjahren formt, wobei das Verhältnis von anlage- bzw. umweltbedingten Faktoren individuell schwankt.

Es ist mit hoher Wahrscheinlichkeit anzunehmen, dass die beschriebene Persönlichkeitsstörung bereits vor Heimaufnahme (12. LJ) angelegt war und auf die frühkindlichen Traumatisierungen (früher Tod der Mutter, Milieu etc.) zurückzuführen [ist].

3.       Falls das Verbrechen nicht alleinige Ursache ist, wird um Beurteilung ersucht, ob das Verbrechen als wesentliche Ursache zum derzeitigen psychiatrischen Leidenszustand beigetragen hat.

Es kann lediglich von einem möglichen Einfluss des Verbrechens gesprochen werden.

Es wird ersucht, ausführlich darzulegen, was für den wesentlichen Einfluss (vorzeitige Auslösung und/oder Verschlimmerung) des Verbrechens spricht und was dagegen.

Es finden sich keine Hinweise, die es zulassen, mit Wahrscheinlichkeit von einem wesentlichen Einfluss des Verbrechens auf das psychische Zustandsbild zu schließen.

Gegen die wesentliche Einflussnahme des Verbrechens ist anzuführen, dass Verhaltensauffälligkeiten vor Heimaufnahme vorgelegen haben, dass Herr [ XXXX .] nach den diversen Heimaufenthalten eine Lehre erfolgreich abschließen konnte und den Beruf längere Zeit ausgeübt hat. In der Biographie sind zudem zahlreiche belastende Lebensereignisse zu erheben, unter anderem früher Tod der Mutter, Verwahrlosung, Nichtanerkennen der Vaterschaft durch den Vater, die Heimaufnahme an sich (Trennung von Familie und Freunden), längere Arbeitslosigkeit, Verkehrsunfall mit Polytrauma, Scheidung, als auch die gegenwärtigen Lebensverhältnisse – alleinstehend, prekäre finanzielle Verhältnisse (Notstand) etc., welche eine getrennte Gewichtung nicht zulassen, zumal auch das Verbrechen in etwa 40 Jahre zurückliegt. (In der Darstellung blendet Herrn [ XXXX .] diese Ereignisse teilweise aus, beschönigt und rückt das Verbrechen stets in den Vordergrund.)

Hinzuweisen ist zudem, dass vor 2012 nie eine fachärztliche-psychiatrische Therapie, sei sie medikamentös und/oder psychotherapeutisch, in Anspruch genommen wurde. Es ist als Allgemeinwissen aufzufassen, dass eine schwere psychische Erkrankung eine Behandlungs-Notwendigkeit (in der Regel auch medikamentös) nach sich zieht. Diesbezügliche Verweise fehlen in den Unterlagen und werden auch nicht bei der Untersuchung angeführt.

4.       Falls die festgestellte Gesundheitsschädigung mit Wahrscheinlichkeit durch kausale und akausale Ursachen herbeigeführt worden ist, wird ersucht, zu Folgendem Stellung zu nehmen:

a)       hat das erlittene Trauma die festgestellte Gesundheitsschädigung mit Wahrscheinlichkeit vorzeitig (erheblich früherer Zeitpunkt) ausgelöst, oder wäre diese auch ohne die angeschuldigten Ereignisse im – annähernd – selben Zeitraum entstanden?

Wie oben. Es ist anzunehmen, dass sich die Persönlichkeitsstörung auch ohne einen Einfluss des Verbrechens entwickelt hätte.

b)       hat das erlittene Trauma die festgestellte Gesundheitsschädigung mit Wahrscheinlichkeit verschlimmert? Wenn ja in welchem Ausmaß?

Für die Verschlimmerung gibt es keine Hinweise.

c)       Welche Gesundheitsschädigung läge ohne die angeschuldigten Ereignisse vor?

An Gesundheitsschädigung würde […] mit hoher Wahrscheinlichkeit die Persönlichkeitsstörung vorliegen.

5.       Ist der Beschwerdeführer arbeitsunfähig? Wenn ja, ab wann?

Aus fachärztlich- psychiatrischer Sicht und in Übereinstimmung mit den fachspezifischen Gutachten […] ist Herr [ XXXX .] (ab 31.10.2015) arbeitsfähig.

Der ambulante Patientenbrief AKH (Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie) […] muss mit dem Verweis auf eine therapeutische Beziehung und dadurch mangelnde Objektivität zurückgewiesen werden.

In dem vorliegenden Sachverständigengutachten der PVA vom 14.5.2012 wird als Minderung der Erwerbsfähigkeit ‚Zustand nach Verkehrsunfall (privat) mit komplexer Kniegelenksschädigung beidseits, mehrfachen Operationen an beiden Kniegelenken und nun beidseits bestehender Knietotalendoprothese (2005 links, 2011 rechts)‘ angeführt.

Hinweise auf das Vorliegen einer psychischen Erkrankung finden sich nicht, unter Punkt 2 (Derzeitige Beschwerden): ‚Im Vergleich zum Vorgutachten zum VGA gibt der Pat. eine geänderte Schmerzsituation an, durch die Versorgung mit den Knieprothesen beidseits ist die Beugefähigkeit verbessert, die Schmerzsituation unverändert schlecht‘.

Im Gutachten der PVA 27.2.2014 (zitiert in orthopädisches Gutachten […] 6.10.2014) wird festgehalten:

Diagnosen: Knieendototalprothese bds, links 2005 und rechts 2011 mit mäßigem Ergebnis, Osteochondrosen der HWS mit mittelgradiger Bewegungseinschränkung, Wirbelgleiten L4/5 mit funktioneller Beeinträchtigung, Posttraumatische Belastungsreaktion mit anamnestisch depressiver Störung, gegenwärtig remittiert, etc. und zusammengefasst von FA für Psychiatrie:

‚Organ neurologisch finden sich keine krankheitswertigen Parameter. Der Kläger steht in wöchentlicher psychotherapeutischer Begleitung. Eine fachärztliche psychiatrische Behandlung oder medikamentöse Therapie findet sich zum Zeitpunkt der Begutachtung nicht. Bei Progression der Beschwerden ist diese durchzuführen. Aus psychiatrisch-neurologischer Sicht besteht Arbeitsfähigkeit für mittelschwere Tätigkeiten unter vorwiegend besonderem Zeitdruck im durchschnittlich bis mäßig schwierigen Anforderungsprofil laut Leistungskalkül.‘

Laut Protokoll des Arbeits- und Sozialgerichtes wurde am 5.5.2015 ein Vergleich geschlossen: Befristete Invaliditätspension bis 31.10.2015 zur Durchführung einer psychotherapeutischen Behandlung tagesklinisch im AKH und Abklärung der Magen/Darmbeschwerden.

Herr [ XXXX .] wird am 27.11.2015 begutachtet, wo aktuell keine Arbeitsunfähigkeit festgestellt werden kann. Es ist anzunehmen, dass die durchgeführten Therapien, in welcher Intensität auch immer, das Zustandsbild verbessert haben, Magen/Darmbeschwerden werden bei der Untersuchung nicht angegeben.

Ich verweise auch auf die Tatsache, dass Herr [ XXXX .] nach wie vor seinem Hobby, Football-Schiedsrichter, nachgeht und sich in der Vereinsorganisation engagiert.

Hat das erlittene Trauma die festgestellte Gesundheitsschädigung mit Wahrscheinlichkeit in einem Ausmaß verschlimmert,

a)       dass Herr [ XXXX .] ohne die angeschuldigten Ereignisse arbeitsfähig wäre, in dem Sinne, dass die Einschränkungen der Arbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers in deutlich geringeren Ausmaß bestünden?

Herr [ XXXX .] ist vorwiegend aufgrund der Unfallfolgen in seiner Erwerbsfähigkeit einschränkt, also akausal zu den Vorfällen im Heim.

b)       oder wäre Herr [ XXXX .] ohne die angeschuldigten Ereignisse ebenfalls arbeitsunfähig, in dem Sinne, dass die Einschränkungen der Arbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers ohne die angeschuldigten Ereignisse in annähernd gleichem Ausmaß bestünden?

Es ist anzunehmen, dass ohne die Ereignisse die Einschränkungen der Arbeitsfähigkeit in dem gleichen Ausmaß bestehen würden.

6.       Kann aus medizinischer Sicht gesagt werden, ob die kausalen Gesundheitsschädigungen maßgebliche/überwiegende Ursachen für Zeiten sind, in denen der AV nicht gearbeitet hat?

(Anmerkung: zahlreiche Krankenstände wegen körperlicher Beschwerden, aber keine Krankenstände wegen psychischer Leiden lt. GKK Unterlagen)

In den vorgelegten Unterlagen (WGKK 1999-2015) findet sich kein Hinweis auf Krankenstände aufgrund psychischer Erkrankungen. Eine Kostenübernahme für Psychotherapie ist nur 2013 (20 Einheiten) vermerkt.

7.       Kann aus medizinischer Sicht gesagt werden, dass Herr [ XXXX .] aufgrund der kausalen Gesundheitsschädigungen an einem kontinuierlichen Berufsverlauf /einer – besseren – Ausbildung gehindert war (sh Anmerkung zu 6)?

Wie oben. Es gibt keine Hinweise dafür, dass Herr [ XXXX .] in seinem Berufsverlauf bzw. vor einer besseren Ausbildung gehindert gewesen wäre. In der Anamnese wird zudem keine grundsätzliche Berufsunzufriedenheit angegeben.

Wenn ja: in welchem Ausmaß kann das festgestellt werden und welche Anhaltspunkte sprechen aus medizinischer Sicht dafür?

Wie oben.

8.       Ist davon auszugehen, dass alleine aufgrund der Einschränkungen aus orthopädischer, internistischer und dermatologischer Sicht eine Einschränkung der Arbeitsfähigkeit von mindestens 50% besteht?

Eine Minderung der Erwerbsfähigkeit im Ausmaß von 50% liegt laut Unterlagen aufgrund der Unfallfolgen vor.“

Das eingeholte Ergänzungsgutachten vom 26. Juni 2016 führt zunächst aus, das Gutachten der PVA vom 8. Oktober 2015 nenne als Hauptursache der Minderung der Erwerbsfähigkeit eine „andauernde Persönlichkeitsveränderung nach Extrembelastung“, was aus fachärztlicher Sicht nicht in Widerspruch zur der dem Gutachten vom 9. Dezember 2015 zugrundeliegenden Diagnose stünde. Wie im nervenfachärztlichen Gutachten vom 9. Dezember 2015 ausgeführt, könne die paranoide Persönlichkeitsstörung als andauernde Persönlichkeitsveränderung angesehen werden, wobei es – wie ebenfalls bereits angeführt – unzulässig sei, lediglich die Heimzeiten als Extrembelastung herauszugreifen und alle anderen negativen Lebensereignisse, insbesondere die frühkindlichen, zu übergehen. Auch das Gutachten der PVA vom 8. Oktober 2015 halte fest, dass sein psychisches Leiden auf eine „Extrembelastung in Kindheit und Jugend“ zurückgehe. Wenn die Vollendung des 12. Lebensjahres als Ende der Kindheit angesehen werde, verweise auch das Gutachten der PVA auf Lebensereignisse, die vor den Heimzeiten lägen. Mit der gestellten Diagnose seien die gegenwärtige Erlebnisweise und sein Verhalten durch den Gutachter beschrieben worden, auf eine kausale Zuordnung sei auf Grund der nicht zweifelsfreien Belegung einer solchen bewusst verzichtet worden. Aus diesem Grund bleibe aus fachärztlicher Sicht die Annahme, dass in seinem Fall lediglich „von einem möglichen Einfluss des Verbrechens gesprochen werden“ könne, aufrecht. Der Begriff Persönlichkeitsveränderung gehe davon aus, dass ein – in der Regel zum Negativen gerichteter – Veränderungsprozess stattgefunden habe, wobei Zeitpunkt, Art und Weise sowie v.a. kausaler Zusammenhang nicht eindeutig festzulegen seien.

Dem Gutachten der PVA vom 8. Oktober 2015 könne im Hinblick auf die Argumentationskette für die Berufsunfähigkeitspension aus fachärztlicher Sicht nicht gefolgt werden: So sei die im genannten Gutachten dargelegte Verbindung der Arbeitsfähigkeit mit privater Beziehungsfähigkeit zu Frauen und Aversion gegen Tankstellen bei zuletzt ausgeübter Tätigkeit als Elektriker zu hinterfragen. Es sei aus fachärztlicher Sicht auch anzunehmen, dass im Fall einer Traumatisierung durch sexuelle Übergriffe durch Frauen die Beziehungsfähigkeit zum anderen Geschlecht dauerhaft beeinträchtigt gewesen wäre. Es sei jedoch bekannt, dass er verheiratet gewesen sei und aus dieser Ehe zwei Kinder entstanden seien, weshalb das Argument, es sei im Jahr 2011 durch die Beziehung zu einer Re-Traumatisierung und hochgradigen Destabilisierung gekommen, relativiert werden müsse. Zur angeführten „hochgradigen Destabilisierung“ sei festzuhalten, dass keine medikamentöse oder gar stationäre Behandlung in diesem Zeitraum bekannt sei.

Im Gutachten der PVA vom 8. Oktober 2015 finde sich keine Stellungnahme zum ärztlichen Gesamtgutachten vom 14. Mai 2012, unter Pkt. 16 werde lediglich vermerkt: „trifft nicht zu“. Während die psychische Erkrankung im genannten Gutachten der PVA aus dem Jahr 2012 keine Erwähnung finde, werde diese, trotz mehrfacher therapeutischer Bemühungen, als Hauptursache der Minderung der Erwerbsfähigkeit angeführt. Eine diesbezügliche Stellungnahme des Gutachters liege jedoch nicht vor.

Abschließend hält das Ergänzungsgutachten vom 26. Juni 2016 fest, die von ihm in seiner Stellungnahme vom 27. April 2016 zum nervenfachärztlichen Gutachten vom 9. Dezember 2015 vorgebrachten Einwendungen seien geprüft und gewertet worden, würden jedoch zu keiner Neubewertung führen.

Der Beschwerdeführer stellte am 03.01.2012 einen Antrag auf Arbeitslosengeld und wurde in weiterer Folge vom AMS XXXX betreut (gewünschter Arbeitsort Wien, Bezirk Mödling, Bezirk Schwechat), letztmalig - vor Zustellung des (rückwirkend geltenden) Pensionsbescheides - sprach der Beschwerdeführer am 09.04.2015 beim AMS vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1.

Der am XXXX geborene österreichischer Beschwerdeführer stellte am 03.07.2013 (einlangend) beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Wien, einen Antrag auf Gewährung von Hilfeleistungen für Opfer nach dem Verbrechensopfergesetz in Form des Ersatzes des Verdienstentganges.

Der Beschwerdeführer wuchs drei Jahre lang bei seiner Mutter auf. Aufgrund ihres Ablebens lebte er mit einem älteren und einem jüngeren Bruder bei seinen Großeltern mütterlicherseits in einer großen Wohnung gemeinsam mit weiteren Verwandten – wie insbesondere Onkel und Tante – in geordneten Verhältnissen, während zu seinem Vater wenig Kontakt bestand.

Er hatte in der Wohnung ein eigenes Zimmer, seine Großmutter war bei seiner Erziehung bemüht. Er war zu dieser Zeit sozial integriert, was im Rahmen diverser sportlicher und sonstiger Aktivitäten zum Ausdruck kam (WAT-Turnverein; Aushelfen am Obststand bzw. im Freibad; Pfarre XXXX bzw. Pfarre XXXX ; wöchentliche Ausflüge zu Verwandten; sonntägliche Kinobesuche mit Freunden uÄ). Er besuchte die Volks- und danach die erste Klasse der Hauptschule.

Auf Antrag der in weiterer Folge kränklichen und wenig durchsetzungsfähigen Großmutter auf Grund von „Erziehungsnotstand“ („Gefahr des Abgleitens in eine Verwahrlosentwicklung“) kam der Beschwerdeführer in die Obhut der Gemeinde Wien und war von 24. Juli 1972 bis 22. August 1975 im Kinderheim Wimmersdorf untergebracht. Der Beschwerdeführer absolvierte den Hauptschulabschluss. Vom 22. August 1975 bis 27. Juli 1976 war der Beschwerdeführer im Heim für Kinder und Jugendliche Lindenhof (er absolvierte das Polytechnikum) sowie in weiterer Folge von 27. Juli 1976 bis ca. 1978/1979 im Lehrlingsheim Leopoldstadt untergebracht.

Nach Absolvierung einer Elektrikerlehre von 1976 und 1980 samt Abschluss (Aufenthalt im Lehrlingsheim Leopoldstadt) war der Beschwerdeführer beinahe durchgehend berufstätig (von 20. März 1980 bis 3. Jänner 1982 sowie von 6. September 1982 bis 18. Dezember 1983, von 21. Mai 1984 bis 6. Juli 1984 und von 18. September 1984 bis 15. April 1996). In den Zwischenzeiten bezog er Arbeitslosengeld). Im Jahr 1982 absolvierte er den Präsenzdienst.

1.2.

Im Kinderheim Wimmersdorf war der Beschwerdeführer regelmäßig körperlichen Züchtigungen (Schläge mit Kochlöffel auf die Innenseite seine Hände sowie Schläge mit Holzlineal auf seinen Penis durch die namentlich genannte Heimleiterin; massive Ohrfeigen durch die namentlich genannte Tochter der Heimleiterin, die dort als Erzieherin tätig war; Ziehen an „Kotletten“ bei Nichtbeantwortung von Fragen durch einen von Ihnen namentlich genannten Lehrer; Wurf mit Schlüsselbund auf seine Brust durch einen weiteren namentlich genannten Lehrer; qualvolles „Streichen“ mit Radiergummi über die kurzen Nackenhaare durch einen weiteren namentlich genannten Lehrer; schmerzvolles Haare reißen und Schläge ins Gesicht durch eine namentlich genannte Erzieherin; Zufügung von körperlicher Gewalt unter Zuhilfenahme von Heften, Kreide, Holzzirkeln, Büchern, Teppichprackern, Hundeleinen, Geschirr sowie eines Besenstiels durch Erzieherinnen bzw. Erzieher sowie Lehrpersonen), psychischen Demütigungen, unangemessenen Strafen sowie übertrieben harten Verboten bzw. Geboten (nach der Weigerung, eine Reissuppe mit weißen Raupen zu essen, „Schütten“ der Suppe über seinen Kopf durch die angeführte Tochter der Heimleiterin; Schreibstrafen durch eine namentlich genannte Erzieherin; allgemeines Sprechverbot; stundenlanges „im Kreis gehen“, „in der prallen Sonne stehen“ oder „Stiegenhaus stehen“; Zwang, als Ministrant zu arbeiten, sowie weitere Zwangsarbeiten; Polieren des Bodens; Beschimpfen bei Bettnässen und Zwang bei Bettnässen ohne Bettzeug zu schlafen; Einsperren seiner Person und eines Mitzöglings in Toilette nach Rauferei; Vorgabe von bestimmten Toilettenzeiten bzw. Toilettenverbotszeiten, weshalb er und seine Mitzöglinge oft in Waschbecken urinierten und koteten; Sprechverbot; 3 km-Fußmärsche in Holzpantoffeln in Sommerhitze) ausgesetzt.

1.3.

Im April 1996 erlitt er als Lenker eines Kleinbusses bei einer Kollision mit einer Straßenbahn u.a. eine Gehirnerschütterung, eine offene Nasenbeinfraktur, Gesichtsverletzungen, eine Bauchprellung mit Milzriss und Darmrissen sowie einen Bruch des rechten Schienbeines, weshalb er mehrmals im Kniebereich operiert wurden, Rehabilitationskliniken besuchte und bis heute beeinträchtigt ist.

Vom 11.06.1997 bis zur Gewährung der unbefristeten Berufsunfähigkeitpension zählte der Beschwerdeführer auf Grund dieser physischen Leiden und des sich daraus ergebenden Grades einer Behinderung von 50% zum Kreis der begünstigten Behinderten nach dem BEinstG.

1.4.

Der Beschwerdeführer bezog von 19.04.1996 bis 17.10.1996 Krankengeld, von 18.10.1996 bis 15.05.1997 Arbeitslosengeld, von 25.08.1997 bis 17.10.1997, von 15.05.2000 bis 14.05.2000, von 29.09.2001 bis 22.10.2001, von 06.06.2002 bis 04.06.2003, von 14.08.2003 bis 07.09.2003 Krankengeld, von 16.05.1997 bis 24.08.1997, von 27.10.1997 bis 14.01.2000, von 15.05.2000 bis 14.11.2000 und 29.11.2000 bis 28.09.2001, von 23.10.2001 bis 05.06.2002, von 05.06.2003 bis 13.08.2003, von 08.09.2003 bis 31.12.2004, von 01.01.2005 bis 05.02.2005, von 22.02.2005 bis 09.03.2005, von 11.03.2005 bis 06.07.2005, von 31.10.2005 bis 29.04.2006, von 08.06.2006 bis 25.09.2006 Notstandshilfe. Von 26.09.2006 bis 19.11.2006 erhielt er wegen der Berücksichtigung des Einkommens der Ehepartnerin keine Notstandshilfe (§ 34 AlVG 1977).

Von 12.03.2007 bis 31.07.2007 war er als Arbeiter, von 01.08.2007 bis 29.08.2011 als Angestellter tätig, von 30.08.2011 bis 31.12.2011 bezog er Krankengeld.

Er bezog von 03.01.2012 bis 17.05.2012 und von 21.05.2012 bis 02.08.2012 Arbeitslosengeld, von 03.08.2012 bis 22.10.2013, von 12.11.2013 bis 20.09.2014, von 10.10.2014 bis 16.11.2014 Notstandshilfe.

Von 28.03.2015 bis 31.05.2015 bezog er einen Pensionsvorschuss.

Mit Bescheid der PVA vom 01.06.2015 wurde mit dem vor Gericht am 05.05.2015 geschlossenen Vergleich dem Beschwerdeführer die Berufsunfähigkeitspension von 01.01.2015 bis 31.10.2015 befristet sowie mit Bescheid vom 10.11.2015 unbefristet ab 31.10.2015 für die weitere Dauer der Berufsunfähigkeit zuerkannt.

1.5.

psychiatrische Krankheitsbilder

Am 15.09.2014 und 16.10.2014 litt der Beschwerdeführer an einer kombinierten Persönlichkeitsstörung infolge von traumatisierenden Erlebnissen in der Kindheit, Dysthymie.

Am 27.11.2015 litt der Beschwerdeführer an einer paranoiden Persönlichkeitsstörung.

Am 08.10.2015 litt der Beschwerdeführer an einer anhaltenden Persönlichkeitsveränderung nach Extrembelastung, chronifiziert mittelgradig depressive Verstimmung mit dysphorer Färbung und Affektlabilität.

Erst seit dem Jahr 2012 befindet er sich auf Grund psychischer Gesundheitsprobleme in Behandlung.

1.6.

Es wird festgestellt, dass diese psychischen Leiden mit Wahrscheinlichkeit iSd § 1 Abs. 1 Z 1 VOG auf die unter Pkt. 1.2. genannten Misshandlungen zurückzuführen ist. Die unter 1.2. beschriebenen Misshandlungen tragen als wesentliche Ursache zum derzeitigen psychiatrischen Leidenszustand bei.

Der Beschwerdeführer war bis zum 18.12.2014 arbeitsfähig.

Der berufliche Werdegang in Form des Verlustes der Arbeitsfähigkeit ab 18.12.2014 wurde durch diese psychiatrischen Krankheiten wesentlich beeinflusst.

1.7.

Ein verbrechenskausaler Verdienstentgang ab 18.12.2014 kann jedoch mit erforderlicher Wahrscheinlichkeit nicht festgestellt werden.

Der Beschwerdeführer war bereits seit 03.01.2012 arbeitslos, bezog danach Arbeitslosengeld und Notstandshilfe.

Der Beschwerdeführer war aufgrund verschiedener nicht verbrechenskausaler Umstände - insbesondere der Arbeitsmarktlage in Verbindung mit seinem Alter (51 Jahre und 2 Monate) sowie die Einschränkung auf die gewünschten Arbeitsorte Wien, Bezirk Mödling und Schwechat, der fehlenden Lenkberechtigung, der Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigten Behinderten, der Einschränkung seiner Tätigkeiten auf leichte und fallweise mittelschwere Tätigkeiten ab 01.10.2012 bzw. auf leichte Tätigkeiten ab 06.10.2014 aus orthopädischer Sicht und der sich verstärkenden Vermittlungsschwierigkeiten nach langer Arbeitslosigkeit – konkret beinahe drei Jahre vor dem 18.12.2014- trotz eigenem Bemühen und Unterstützung des AMS nicht in der Lage einen Arbeitsplatz zu finden.

Der Beschwerdeführer wäre auch ohne die im Heim gegen ihn gesetzten Misshandlungen arbeitslos geworden hätte in weiterer Folge nach dem 18.12.2014 wegen der oben zitierten nicht verbrechenskausalen Umstände weiterhin mit hoher Wahrscheinlichkeit keine Arbeitstelle mehr gefunden.

2. Beweiswürdigung:

Aufgrund der vorliegenden Beweismittel und des Aktes der belangten Behörde, ist das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) in der Lage, sich vom entscheidungsrelevanten Sachverhalt im Rahmen der freien Beweiswürdigung ein ausreichendes Bild zu machen. Die freie Beweiswürdigung ist ein Denkprozess, der den Regeln der Logik zu folgen hat und im Ergebnis zu einer Wahrscheinlichkeitsbeurteilung eines bestimmten historisch empirischen Sachverhalts, also von Tatsachen, führt. Der Verwaltungsgerichtshof führt dazu präzisierend aus, dass eine Tatsache in freier Beweiswürdigung nur dann als erwiesen angenommen werden darf, wenn die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens ausreichende und sichere Anhaltspunkte für eine derartige Schlussfolgerung liefern (VwGH 28.09.1978, Zahl 1013, 1015/76).

Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, § 45 AVG, E 50, Seite 305, führen beispielsweise in Zitierung des Urteils des Obersten Gerichtshofs vom 29.02.1987, Zahl 13 Os 17/87, aus: „Die aus der gewissenhaften Prüfung aller für und wider vorgebrachten Beweismittel gewonnene freie Überzeugung der Tatrichter wird durch eine hypothetisch denkbare andere Geschehensvariante nicht ausgeschlossen. Muss doch dort, wo ein Beweisobjekt der Untersuchung mit den Methoden einer Naturwissenschaft oder unmittelbar einer mathematischen Zergliederung nicht zugänglich ist, dem Richter ein empirisch-historischer Beweis genügen. Im gedanklichen Bereich der Empirie vermag daher eine höchste, ja auch eine (nur) hohe Wahrscheinlichkeit die Überzeugung von der Richtigkeit der wahrscheinlichen Tatsache zu begründen, (…)“.

Ad 1.1. bis 1.3.: Die glaubwürdigen Ausführungen des Beschwerdeführers über die erlittenen Misshandlungen in Wimmersdorf werden den Feststellungen zu Grunde gelegt. Diese entsprechen auch den Ausführungen anderer Bewohner des Kinderheims Wimmersdorf. Den Feststellungen zu seinem Leben vor dem Heimaufenthalt werden die Angaben im Jugendwohlfahrtsakt zu Grunde gelegt.

Dass der Beschwerdeführer die Hauptschule und die Elektrikerlehre positiv abgeschlossen hat sowie der beschriebene Verlauf der Berufstätigkeit bis 1996 und der erlittene Unfall und die daraus folgende Zugehörigkeit zum Personenkreis der begünstigt Behinderten ergibt sich aus der Aktenlage.

Ad 1.4.: Die Feststellungen ergeben sich aus dem Auszug des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger sowie aus dem vorliegenden Bescheid vom 01.06.2015.

Unstrittig für den erkennenden Senat ist, dass der Beschwerdeführer an den unter Pkt. 1.5. beschriebenen Erkrankungen leidet. Dies ergibt sich für den Senat aus den im Akt aufliegenden psychiatrischen und psychologischen Sachverständigengutachten (vom 15.09.2014 und 16.10.2014) im Verfahren vor dem ASG sowie aus den eingeholten Gutachten des SMS (vom 27.11.2015) und der PVA (vom 27.11.2015), in denen grundsätzlich übereinstimmend eine Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen– unterschiedlicher Ausprägung entsprechend dem ICD Code F60-F69 – diagnostiziert wird (konkret F60.0, F 62.0).

Ad 1.6.

Bei der Beurteilung der Frage des Kausalzusammenhangs und der Arbeitsunfähigkeit ab 18.12.2014 folgt der erkennende Senat nicht den Schlussfolgerungen des vom SMS beigezogenen medizinischen Sachverständigen, der in seinen beiden schriftlichen Gutachten jeweils einen Kausalzusammenhang zwischen der paranoiden Persönlichkeitsstörung und den Verbrechen im Wesentlichen mit der Begründung verneinte, dass beim Beschwerdeführer durch seine frühkindlichen Traumatisierungen (Tod der Mutter, Milieu etc..) die beschriebene Persönlichkeitsstörung bereits vor der Heimaufnahme angelegt war und nur von einem möglichen Einfluss des Verbrechens darauf gesprochen werden kann.

Nach Einsicht in die im Verfahren des Arbeits- und Sozialgerichtes eingeholten Sachverständigengutachten, konkret ein nervenärztliches Gutachten vom 15.09.2014 samt drei Ergänzungsgutachten vom 16.10.2014, 16.12.2014 und 06.02.2015 sowie ein psychologisches Sachverständigengutachten vom 14.10.2014 samt zwei Ergänzungsgutachten vom 19.12.2014 und 08.02.2015 ergibt sich zu den psychischen Krankheiten des Beschwerdeführers das schlüssige und nachvollziehbare Bild, dass es beim Beschwerdeführer aufgrund der Misshandlungen zuerst zu einer schweren komplexen posttraumatischen Belastungsstörung kam, die in weiterer Folge in eine anhaltende Persönlichkeitsänderung nach extremen Lebenserfahrungen und psychosomatischen Begleitsymptomen überging.

Im dritten nervenärztlichen und zweiten psychologischen Ergänzungsgutachten wird auf einen vom Beschwerdeführer vorgelegten Bericht der Universitätsklinik für Psychiatrie verwiesen, Beide Gutachter berufen sich im Verfahren auf die Gewährung einer Berufsunfähigkeitspension auf diesen ambulanten Patientenbrief vom 18.12.2014 der Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Klinische Abteilung für Sozialpsychiatrie, in welchem insbesondere auf die Rekonfrontation hingewiesen wird, wodurch sich der Gesundheitszustand des Beschwerdeführers verschlechtert hat. In den letzten Jahren, u.a. aufgrund der Medienberichte und im Rahmen der Entschädigungsverfahren nach dem VOG kam es zu einer zunehmenden Rekonfrontation, damit einem Übergang der zuvor teilweise erfolgreichen Vermeidung der belastenden Erinnerungen in eine langjährige intrusive Episode, und vor diesem Hintergrund zunehmend zu einer Ausbildung depressiver Episoden. Sowohl der vom ASG beigezogene Facharzt für Psychiatrie als auch der beigezogene klinische Psychologe kommen in ihren Gutachten zum Schluss, dass sich der Gesundheitszustand des Beschwerdeführers ab Dezember 2014 derartig verschlechtert hat, dass keine Arbeitsfähigkeit mehr vorlag.

Der vom Sozialministeriumservice bestellte Gutachter hat es unverständlicherweise unterlassen, sich mit dem ambulanten Patientenbrief des AKH (Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie) vom 18.12.2014 auseinanderzusetzen – dies mit dem Verweis auf eine therapeutische Beziehung und dadurch mangelnde Objektivität.

Im nervenärztlichen dritten Ergänzungsgutachten wird eine Besserung der gesundheitlichen Störung und eine Wiedererlangung der Arbeitsfähigkeit mit Ende Oktober 2015 als möglich angesehen. Laut psychiatrische Gutachten vom 08.10.2015 mit den Diagnosen für die Hauptursache der Minderung der Erwerbsfähigkeit „andauernde Persönlichkeitsveränderung nach Extrembelastung, chronifiziert mittelgradig depressive Verstimmung mit dysphorer Färbung und Affektlabilität liege keine ausreichende psychische Belastbarkeit des Beschwerdeführers für eine Tätigkeit am freien Arbeitsmarkt mehr vor und sei von einer Wiedererlangung der Arbeitsfähigkeit nicht mehr auszugehen sei.

Dass der Beschwerdeführer vor dem 18.12.2014 arbeitsfähig war, ergibt sich aus folgenden Erwägungen:

Der Beschwerdeführer hat bereits im März 2004 einen Antrag auf Invaliditätspension gestellt, der negativ entschieden worden war.

Er stellte neuerlich am 11.04.2012 einen Antrag auf Invaliditätspension, über den wieder negativ entschieden wurde.

Im Zuge dieses Verfahrens wurde vom Arbeits- und Sozialgericht ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten vom 21.11.2012 eingeholt, das als Diagnosen ergab:

?        Aufbrauchserscheinungen des Stütz- und Bewegungsapparats mit subjektiven Beschwerden ohne neurologische Ausfälle,

?        Zustand nach Polytrauma 1996 mit unter anderem Gehirnerschütterung, offener Nasenbeinfraktur und Rissquetschwunden im Gesichtsbereich mit verbliebenen blanden Narben, Zustand nach Knie-TEP Versorgung beidseits.

Auf psychischem Gebiet fanden sich keine krankheitswertigen Symptome. Es bestehe emotionale Labilität in Folge von Traumaerfahrungen im Kindes- und Jugendalter, ohne dass jedoch eine krankheitswertige psychische Störung zu diagnostizieren war.

Am 14.11.2013 stellte der Beschwerdeführer neuerlich einen Antrag auf Invaliditätspension. In diesem Verfahren wurden die oben erwähnten nervenärztlichen Gutachten vom 15.09.2014 samt drei Ergänzungsgutachten vom 16.10.2014, 16.12.2014 und 06.02.2015 sowie ein psychologisches Sachverständigengutachten vom 14.10.2014 samt zwei Ergänzungsgutachten vom 19.12.2014 und 08.02.2015 eingeholt.

Im nervenärztlichen Ergänzungsgutachten vom 16.10.2014 wird davon ausgegangen, dass der Beschwerdeführer für leichte und zweidrittelzeitig für mittelschwere körperliche Arbeiten in jeder Körperhaltung in der üblichen Arbeitszeit mit üblichen Arbeitspausen geeignet ist sowie, dass er für Arbeiten mit durchschnittlichem geistigem Anforderungsprofil mit durchschnittlicher psychischer Belastung unterweisbar ist. Ebenso ist ihm durchschnittlicher, halbzeitig auch überdurchschnittlicher Zeitdruck zumutbar. Die Team- und Kommunikationsfähigkeit ist für Arbeiten in kleineren Gruppen ausreichend, Mengenleistungstätigkeiten und Aufsichtstätigkeiten sind möglich.

Laut psychologischen Gutachten vom 14.10.2014 sind Arbeiten mit durchschnittlichem geistigem Anforderungsprofil möglich, Arbeiten mit durchschnittlicher psychischer Belastung zumutbar, Arbeiten unter durchschnittlichem, bis zur Hälfte der Arbeitszeit auch besonderem Zeitdruck möglich und es besteht eine ausreichende Unterweisbarkeit, Umschulbarkeit und Anlehrbarkeit. Team- und Kommunikationsfähigkeit sowie Einordenbarkeit für kleinere Gruppen sind gegeben. Mengenleistungstätigkeiten sind im Rahmen des kalkülkonformen Maximalzeitdrucks und Aufsichtstätigkeiten zumutbar.

Diese beiden schlüssigen Gutachten kommen übereinstimmend zum nachvollziehbaren Schluss, dass der Beschwerdeführer zum damaligen Zeitpunkt der Untersuchung arbeitsfähig war.

Ad 1.7.: Das BVwG hat im Zuge des Verfahrens den den Beschwerdeführer betreffenden Akt des AMS XXXX ab Jänner 2012 angefordert. Der Inhalt der vom AMS übermittelten den Beschwerdeführer betreffenden Unterlagen ist diesem bekannt.

Diesem Akt ist zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer beim AMS die Kontrolltermine regelmäßig eingehalten hat. Von 10.01.2012 bis 24.05.2013 sind dem Akt zehn Vermittlungsvorschläge als „Haustechniker mit Praxis in technischer Objektbetreuung mit kaufmännischen Verständnis sowie Organisationsvermögen und selbständiges Arbeiten“ zu entnehmen: Der Beschwerdeführer erhielt fünf Absagen, viermal war die Stelle bereits besetzt und einmal hat er sich nicht vorgestellt.

Aus der Betreuungsvereinbarung ist ersichtlich, dass der Grad der Behinderung des Beschwerdeführers bei der Stellensuche berücksichtigt werden muss, d.h. dass sich dieser negativ auf die Vermittlungsmöglichkeiten auswirkt. Der Beschwerdeführer selbst gibt in einem Gespräch beim AMS am 18.04.2012 an, dass er – nachdem er in der Bewerbung seinen Behindertenstatus nicht mehr angegeben hat – zwei konkrete Vorstellungsgespräche gehabt hat, am 16.05.2012 spricht er beim AMS vor und gibt an, „laufend Bewerbungen zu machen und ein paar Termine gehabt zu haben, aber bei den meisten gebe es Absagen oder gar keine Rückmeldung“.

Die Kündigung erfolgt laut Angaben des Beschwerdeführers deshalb, weil sein Vorgesetzter keinen Behinderten beschäftigen hätte wollen (vgl. Angaben des Beschwerdeführers beim psychologischen Sachverständigen im Rechtsmittelverfahren betreffend Invaliditätspension).

Weiters hat der erkennende Senat Einsicht in die Berichte des AMS zur Arbeitsmarktlage 2012 bis 2015 genommen, die hier auszugsweise wiedergegeben werden.

„Der Anstieg der Arbeitslosigkeit zeichnete sich in allen Bundesländern ab, wenn auch unterschiedlich stark. Die stärksten Anstiege gab es in Niederösterreich (+2.763 bzw. +6,6%), der Steiermark (+2.687 bzw. +8,3%) und Oberösterreich (+2.015 bzw. +7,5%). In der Bundeshauptstadt Wien gab es einen Anstieg der Arbeitslosigkeit um +3.864 bzw. 4,9%.

(Bericht des AMS zur Arbeitsmarktlage 2012 Seite 18, Kapitel Arbeitslosenbestände).

Der Anstieg der Arbeitslosigkeit ist in den Bundesländern unterschiedlich stark ausgefallen: Überdurchschnittlich hohe relative Anstiege gegenüber dem Vorjahr gab es in Oberösterreich (+4.276 bzw. +14,7%), Kärnten (+2.477 bzw. +11,9%), im Burgenland (+936 bzw. +11,5%) sowie in der Steiermark (+3.607 bzw. +10,3%). In der Bundeshauptstadt gab es den höchsten absoluten Anstieg der Arbeitslosigkeit mit 7.214 Personen bzw. +8,7% mehr als im Jahr 2012. (Bericht des AMS zur Arbeitsmarktlage 2013 Seite 17, Kapitel Arbeitslosenbestände).

Durchschnittlich waren im Jahr 2014 319.357 Personen arbeitslos vorgemerkt. Das ist eine Zunahme im Vergleich zum Vorjahr um 32.151 bzw. +11,2%. Dieser Anstieg ist vor allem auf eine absolut gesehen höhere Zunahme der Arbeitslosigkeit bei Männern (+18.335 bzw. +11,1%) zurückzuführen. (…) Der Anstieg der Arbeitslosigkeit ist in den Bundesländern unterschiedlich stark ausgefallen: Überdurchschnittlich hohe relative Anstiege gegenüber dem Vorjahr gab es in Oberösterreich (+4.213 bzw. +12,7%) und Salzburg (+1.558 bzw. +11,9%). In der Bundeshauptstadt gab es den höchsten relativen sowie absoluten Anstieg der Arbeitslosigkeit mit 14.174 Personen bzw. +15,7% mehr als im Jahr 2013.

(Bericht des AMS zur Arbeitsmarktlage 2014 Seite 17, Kapitel Arbeitslosenbestände).

Die Anzahl der arbeitslos vorgemerkten Personen hat im Jahr 2015 um 11,0% gegenüber dem Vorjahr zugenommen – starkes Ost-West-Gefälle in Österreich erkennbar.

Im Jahr 2015 waren durchschnittlich 354.332 Personen arbeitslos vorgemerkt (+34.974 bzw. +11,0%). Bei den Frauen fiel die Zunahme (+13.433 bzw. +9,9% auf 149.261) absolut und relativ betrachtet geringer aus als bei den Männern (+21.541 bzw. +11,7% auf 205.071). Der Frauenanteil belief sich damit auf 42%.

Der Anstieg der Arbeitslosigkeit ist in den östlichen Bundesländern tendenziell stärker ausgefallen als in West- und Südösterreich: Hohe relative Anstiege gegenüber dem Vorjahr gab es in Wien (+20.282 bzw. +19,4%), Oberösterreich (+3.709 bzw. +9,9%), Niederösterreich (+4.914 bzw. +9,2%) und im Burgenland (+665 bzw. +6,9).

(Bericht des AMS zur Arbeitsmarktlage 2015 Seite 20, Kapitel Arbeitslos vorgemerkte Personen und SchulungsteilnerInnen).

Unter Einbeziehung der arbeitslos vorgemerkten Personen und der SchulungsteilnehmerInnen stieg die Arbeitslosigkeit gegenüber dem Vorjahr um 6,3%.

Betrachtet man arbeitslos vorgemerkte Personen und SchulungsteilnehmerInnen gemeinsam, so waren im Jahresdurchschnitt 2015 insgesamt 419.458 Personen ohne Job (+24.783 bzw. +6,3%). (…)

In Wien stieg die Anzahl der arbeitslos vorgemerkten bzw. in Schulung befindlichen Personen im Jahresdurchschnitt am stärksten (+13.942 bzw. +10,3%), in Vorarlberg am geringsten (+227 bzw. +1,8%).

(Bericht des AMS zur Arbeitsmarktlage 2015 Seite 21, Kapitel Arbeitslos vorgemerkte Personen und SchulungsteilnerInnen).

Die Veränderung des Arbeitslosenbestandes wird einerseits durch Veränderungen der Zugänge und andererseits durch Veränderungen der Abgänge beeinflusst. (….) Bei den über 50jährigen Personen konnte der verstärkte Zugangsdruck nicht mehr durch die verbesserten Abgangschancen ausgeglichen werden, sodass es zu einer Bestandserhöhung der Arbeitslosigkeit kam.

(Bericht des AMS zur Arbeitsmarktlage 2012, Seite 19, Kapitel Arbeitslosenbestände bzw. Bericht des AMS zur Arbeitsmarktlage 2013 Seite 26, Kapitel Arbeitslosenquoten).

Die Veränderung des Arbeitslosenbestandes wird einerseits durch Veränderungen der Zugänge und andererseits durch Veränderungen der Abgänge beeinflusst. Die Bestandserhöhungen im Jahr 2014, sowohl bei den Männern als auch bei den Frauen, resultierten größtenteils aus verschlechterten Abgangschancen.(…) In den Altersgruppen mit Personen über 50 Jahren ist ein besonders hoher Anstieg der Anzahl an vorgemerkten Personen zu beobachten. In diesen Altersgruppen verstärkt sich der Zugangsdruck gegenüber jüngeren Altersgruppen.

(Bericht des AMS zur Arbeitsmarktlage 2014 Seite 19, Kapitel Arbeitslosenbestände).

Regional differenziert war die Dauer der Arbeitslosigkeit 2012 mit 88 Tagen in Salzburg am kürzesten (2013: 94 Tage, 2014: 99 Tage), gefolgt von Tirol (91 Tage) (2013: 97 Tage, 2014 101) und Oberösterreich (95 Tage) (2013: 103 Tage, 2014: Vorarlberg: 109 Tage)). In Wien war die Dauer mit 136 Tagen (2013: 139 Tage, 2014: 149 Tage) deutlich am längsten.

(Bericht des AMS zur Arbeitsmarktlage 2012, Seite 22, Kapitel Betroffenheit und Dauer bzw. Bericht des AMS zur Arbeitsmarktlage 2013 Seite 21, Kapitel Betroffenheit und Dauer, Bericht des AMS zur Arbeitsmarktlage 2014 Seite 21, Kapitel Betroffenheit und Dauer).

Während Personen im Haupterwerbsalter von Arbeitslosigkeit also am stärksten betroffen sind (…), steigt die Dauer der Arbeitslosigkeit bis zum Alter von 64 Jahren stetig an. Im Vergleich zum Vorjahr nahm die Betroffenheit in der Altersgruppe der unter 19jährigen und bei den 35- bis 44jährigen ab. Die Personengruppe der über 50jährigen verzeichnete ein Plus, am stärksten war der prozentuelle Anstieg in der Altersgruppe der über 60jährigen Personen.

Die Dauer der Arbeitslosigkeit stieg 2012 in allen Alterskohorten. Unter 25- Jährige waren durchschnittlich 86 Tage, 25 bis 44jährige durchschnittlich 111 Tage und über 45jährige 134 Tage arbeitslos.

(Bericht des AMS zur Arbeitsmarktlage 2012, Seite 23, Kapitel Betroffenheit und Dauer).

Der Anteil der Beschäftigungsaufnahmen nach der Arbeitslosigkeit war mit 72% in Tirol am höchsten (2013: 71%) und andererseits mit 29% in Wien am niedrigsten (2013: 27%). Der Anteil der Übergänge in ein Beschäftigungsverhältnis lag bei den Personen zwischen 25 und 45 Jahren bei 53% (2013:50%). Bei Jugendlichen und vor allem bei über 50jährigen Personen lag dieser Anteil deutlich darunter (2013: Bei Jugendlichen und vor allem bei über 50jährigen Personen war dieser Anteil niedriger).

(Bericht des AMS zur Arbeitsmarktlage 2012, Seite 27, Kapitel Wege aus der Arbeitslosigkeit bzw. Bericht des AMS zur Arbeitsmarktlage 2013, Seite 23, Kapitel Wege aus der Arbeitslosigkeit).

Die Dauer der Arbeitslosigkeit hat auch einen großen Einfluss auf die nachfolgende Stellung am Arbeitsmarkt. Bei einer Arbeitslosigkeitsdauer von bis zu 3 Monaten lag der Anteil der darauffolgenden Beschäftigungsaufnahmen bei 61%. Bei einer Dauer der Arbeitslosigkeitsepisode von 3 bis 12 Monaten lag dieser Anteil bei 36%. Bei einer Verweildauer von mehr als einem Jahr gelang nur noch 20% der Personen eine unmittelbare Beschäftigungsaufnahme.

(Bericht des AMS zur Arbeitsmarktlage 2014, Seite 23, Kapitel Wege aus der Arbeitslosigkeit)

Die Wahrscheinlichkeit langzeitarbeitslos zu werden, steigt mit dem Alter aufgrund eingeschränkter Wiederbeschäftigungschancen stark an. Bei den Jugendlichen unter 25 Jahren lag der Anteil der Langzeitarbeitslosen an allen Betroffenen bei 3,7% (2013: 3,3%, 2014: 4%), im Haupterwerbsalter (25 bis 44 Jahre) stieg er auf 19,0% (2013: über 20%, 2014: 23%) und lag bei den über 45jährigen bei 28,5% (2013: 29,8%, 2014: 35%).

(Bericht des AMS zur Arbeitsmarktlage 2012, Seite 28, Kapitel Langzeitarbeitslosigkeit bzw. Bericht des AMS zur Arbeitsmarktlage 2013, Seite 24, Kapitel Langzeitarbeitslosigkeit, Bericht des AMS zur Arbeitsmarktlage 2014 Seite 24, Kapitel Langzeitarbeitslosigkeit)

Nach Bundesländern ist die Aufteilung der Langzeitarbeitslosigkeit ebenfalls sehr unterschiedlich. Der Anteil der von Langzeitarbeitslosigkeit betroffenen Personen war in Wien mit 24,3% am größten, gefolgt von Niederösterreich mit 23,5%.

(Bericht des AMS zur Arbeitsmarktlage 2012, Seite 29, Kapitel Langzeitarbeitslosigkeit).

Nach Bundesländern ist die Aufteilung der Langzeitarbeitslosigkeit ebenfalls sehr unterschiedlich. Der Anteil der von Langzeitarbeitslosigkeit betroffenen Personen war in Niederösterreich mit 24,7% (2014: 28,6%) am größten, gefolgt von Wien mit 23,5% (2014: 28,2%).

(Bericht des AMS zur Arbeitsmarktlage 2013, Seite 24, Kapitel Langzeitarbeitslosigkeit bzw. Bericht des AMS zur Arbeitsmarktlage 2014, Seite 24, Kapitel Langzeitarbeitslosigkeit)

Die Arbeitslosigkeit dauerte im Jahr 2015 mit durchschnittlich 115 Tagen um 11 Tage länger als im Vorjahr. Auch die lang anhaltende Arbeitslosigkeit – Langzeitarbeitslosigkeit und Langzeitbeschäftigungslosigkeit – nahm zu. (…) In den vergangenen Jahren war somit ein Anstieg lang anhaltender Arbeitslosigkeit zu beobachten. Gegenüber dem Vorjahr stieg der Anteil der Langzeitarbeitslosen im Jahr 2015 um 5,9 Prozentpunkte, der Anteil der Langzeitbeschäftigungslosen um 5,4 Prozentpunkte. (…)

Der Anteil der langzeitbeschäftigungslosen Personen an allen arbeitslos vorgemerkten Personen ist in den östlichen Arbeitsmarktbezirken – vor allem in Wien, Niederösterreich, im Burgenland und im Süden Kärntens – überdurchschnittlich hoch, in den westlichen Regionen sind die Anteile tendenziell geringer.

(Bericht des AMS zur Arbeitsmarktlage 2015, Seite 24, Kapitel Arbeitslosigkeitsdauern).

Die Arbeitslosenquote lag im Jahr 2012 bei 7,0% (Männer: 7,4%, Frauen: 6,5%) (2013: 7,6%, [Männer: 8,2%, Frauen: 7,0%]; 2014: 8,4%, [Männer: 9,0%, Frauen: 7,6%] ;). Im Vergleich zum Jahr 2011 (2012) nahm die Arbeitslosenquote in allen Bundesländern zu.

(Bericht des AMS zur Arbeitsmarktlage 2012, Seite 31, Kapitel Arbeitslosenquoten bzw. Bericht des AMS zur Arbeitsmarktlage 2013 Seite 26, Kapitel Arbeitslosenquoten, Bericht des AMS zur Arbeitsmarktlage 2014 Seite 26, Kapitel Arbeitslosenquoten)

Trauriger Rekordwert der Arbeitslosenquote im Jahresdurchschnitt 2015: 9,1%

Die Arbeitslosenquote nach nationaler Definition erhöhte sich gegenüber dem Vorjahr um 0,8 Prozentpunkte und betrug im Jahresdurchschnitt 2015 9,1% – das ist der höchste Wert der Nachkriegszeit. Die Arbeitslosenquote der Männer lag bei 9,8% und damit deutlich über jener der Frauen von 8,3%. Nach Rückgängen der Arbeitslosenquoten gesamt und beider Geschlechter Ende der 1990er Jahre und zwischen 2005 und 2008 – als die internationale Finanz- und Wirtschaftskrise den österreichischen Arbeitsmarkt bereits stark unter Druck gesetzt hatte und die Arbeitslosenquoten danach stark stiegen – kam es in den Jahren 2010 und 2011 auf dem Arbeitsmarkt zu einer Entspannung, die allerdings 2012 wieder ein Ende fand. Seither stiegen die Arbeitslosenquoten beider Geschlechter deutlich an.

(Bericht des AMS zur Arbeitsmarktlage 2015 Seite 28, Kapitel Registerarbeitslosenquote).

Die höchste Arbeitslosenquote hatte im Jahr 2012 Wien mit 9,5%. Ebenfalls überdurchschnittlich war die Arbeitslosenquote in Kärnten (9,1%), dem Burgenland (7,8%) und Niederösterreich (7,1%).

(Bericht des AMS zur Arbeitsmarktlage 2012, Seite 31, Kapitel Arbeitslosenquoten)

Die höchsten Arbeitslosenquoten im Jahr 2013 wurden in Wien und Kärnten (je 10,2%) verzeichnet. Ebenfalls überdurchschnittlich hoch waren die Arbeitslosenquoten im Burgenland (8,5%) und in Niederösterreich (7,8%).

(Bericht des AMS zur Arbeitsmarktlage 2013 Seite 26, Kapitel Arbeitslosenquoten).

Die höchste Arbeitslosenquote im Jahr 2014 wurde in Wien verzeichnet (11,6%).

(Bericht des AMS zur Arbeitsmarktlage 2014 Seite 26, Kapitel Arbeitslosenquoten).

Wien hatte 2015 bei Frauen und Männern die höchsten Arbeitslosenquoten aller Bundesländer.

(Bericht des AMS zur Arbeitsmarktlage 2015 Seite 29, Kapitel Registerarbeitslosenquote).

Die Dauerkomponente wächst mit zunehmendem Alter, je älter eine Person, desto schlechter also ihre Chance auf rasche Wiederbeschäftigung.

(Bericht des AMS zur Arbeitsmarktlage 2012, Seite 33, Kapitel Arbeitslosenquoten bzw. Bericht des AMS zur Arbeitsmarktlage 2013 Seite 27, Kapitel Arbeitslosenquoten, Bericht des AMS zur Arbeitsmarktlage 2014, Seite 27, Kapitel Arbeitslosenquoten).“

Auf die Wiedergabe der weiteren Berichte des AMS (2016ff) wird verzichtet, weil diese alle ein gleiches Bild darstellen.

Zusammengefasst kommt der erkennende Senat zum Schluss, dass mehrere Faktoren dazu geführt haben, dass der Beschwerdeführer trotz eigenem Bemühen und Unterstützung des AMS nicht in der Lage war einen Arbeitsplatz zu finden, insbesondere

1.       Vermittlungsschwierigkeiten durch die Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigten Behinderten,

2.       Vermittlungsschwierigkeiten durch die Einschränkung seiner Tätigkeiten auf leichte und fallweise mittelschwere Tätigkeiten ab 01.10.2012 (chirurgisch orthopädisches Gutachten eingeholt im zweiten Verfahren betreffend Invaliditätspension) bzw. auf leichte Tätigkeiten ab 06.10.2014 (orthopädisches Gutachten eingeholt im dritten Verfahren betreffend Invaliditätspension) aus orthopädischer Sicht, u.a. aufgrund der Folgen des schweren Verkehrsunfalls 1996,

3.       die Arbeitsmarktlage in Verbindung mit seinem Alter (51 Jahre und 2 Monate) zum Zeitpunkt der Kündigung sowie die Einschränkung auf die gewünschten Arbeitsorte Wien, Bezirk Mödling und Schwechat. Aus den Berichten des AMS 2012 bis 2014 ist ersichtlich, dass insbesondere das Alter 50+ die Wiedererlangung einer Arbeit erschwert und dass die Arbeitsmarktlage in Wien und Niederösterreich in Relation zu den anderen Bundesländern schlechter war (siehe oben, fett gedruckt),

4.       die fehlende Lenkberechtigung,

5.       immer weiter steigernde Vermittlungsschwierigkeiten durch die mehrjährige Arbeitslosigkeit in Kombination mit dem Alter 50+ des Beschwerdeführers.

Ein Zusammenhang der Arbeitslosigkeit mit dem Verbrechen scheidet dabei jedenfalls aus.

Es ist aus denselben Gründen (siehe Berichte des AMS 2012 bis 2015) nicht davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer im Fall eines fiktiven schadensfreien Verlaufes – d.h. unter der Annahme, dass die Verbrechen nicht stattgefunden hätten - im Laufe der darauf folgenden Jahre ab 18.12.2014 eine Arbeitsstelle gefunden hätte, da eine immer längere Dauer der Arbeitslosigkeit die Vermittlungsmöglichkeiten weiter sinken lassen. Der erkennende Senat geht davon aus, dass der Beschwerdeführer bis zum Pensionsantritt bei einem fiktiven schadensfreien Verlauf nicht mehr berufstätig gewesen wäre.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 9d Abs. 1 des Verbrechensopfergesetzes (VOG) entscheidet über Beschwerden gegen Bescheide nach dem VOG das Bundesverwaltungsgericht durch einen Senat, dem ein fachkundiger Laienrichter angehört.

§ 1 Abs. 1 Z. 1 VOG besagt:

Anspruch auf Hilfe haben österreichische Staatsbürger, wenn mit Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist, dass sie durch eine zum Entscheidungszeitpunkt mit einer mehr als sechsmonatigen Freiheitsstrafe bedrohte rechtswidrige und vorsätzliche Handlung eine Körperverletzung oder eine Gesundheitsschädigung erlitten haben und ihnen dadurch Heilungskosten erwachse

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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