RS Vfgh 2020/9/25 E774/2020 ua

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Veröffentlicht am 25.09.2020
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Index

L8000 Raumordnung

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Gerichtsakt
Stmk RaumOG 2010 §30, §31, §33, §40
VfGG §7 Abs1

Leitsatz

Verletzung im Gleichheitsrecht der Nachbarn durch Erteilung einer Baubewilligung für ein Einkaufszentrum in einer Steiermärkischen Gemeinde; Errichtung eines Einkaufszentrums auf einem widmungsfreien Grundstück nach dem Stmk RaumOG 2010 nicht zulässig

Rechtssatz

Mit E vom 11.12.2019, V55/2019 ua, hat der VfGH das Stadtentwicklungskonzept der Stadtgemeinde Bad Aussee Nr 5.00 und den Flächenwidmungsplan, insoweit sie jeweils Festlegungen für das Grundstück Nr 24 betrafen, sowie den Bebauungsplan der Stadtgemeinde Bad Aussee "EZ-Geschäftshaus Bad Aussee" vom 17.06.2014, wegen Gesetzwidrigkeit aufgehoben. Der Gemeinderat der Stadtgemeinde Bad Aussee hat in der Folge keinen neuen Flächenwidmungs- und Bebauungsplan für das betroffene Baugrundstück erlassen. Nach st Rsp des VfGH zu Flächenwidmungs- bzw Bebauungsplänen leben gemäß Art139 B-VG frühere Verordnungen nach der Aufhebung von Bestimmungen durch den VfGH nicht wieder auf.

Das Landesverwaltungsgericht Steiermark (LVwG) geht zunächst zutreffend davon aus, dass für das Baugrundstück keine Widmungs- und Nutzungsfestlegung besteht. Gemäß §33 Abs1 StROG gehören zwar alle nicht als Bauland oder Verkehrsflächen festgelegten Grundflächen zum Freiland. Nach der stRsp des VfGH setzt allerdings die Anwendung einer solchen Generalklausel, die den Eintritt einer bestimmten Widmungskategorie zur Folge hat, den Willen der Gemeinde voraus, durch Nichtwidmung dieser Fläche die Rechtsfolge der Freilandwidmung herbeizuführen. Dies bedeutet grundsätzlich, dass im Falle der Aufhebung einer Flächenwidmung durch den VfGH für die von der Aufhebung erfassten Grundstücke überhaupt keine Widmungs- und Nutzungsart festgelegt ist. Dies hat aber nicht zur Folge, dass auf dem - "widmungsfreien" - Baugrundstück jegliche Bauführung zulässig ist. Ungeachtet der Rsp des VfGH zu "widmungsfreien" Grundstücken sind nämlich im Beschwerdefall die besonderen Vorschriften des StROG zur Errichtung von Einkaufszentren zu beachten.

Im Hinblick auf die Errichtung eines Einkaufszentrums setzen §30 Abs1 Z6 iVm §31 StROG sowie §40 Abs4 Z2 StROG ausdrücklich die Widmung und Nutzungsart als Einkaufszentrum im Flächenwidmungs- bzw Bebauungsplan voraus.

Gemäß §40 Abs1 StROG hat jede Gemeinde zur Umsetzung der im Flächenwidmungsplan festgelegten Bebauungsplanzonierung durch Verordnung Bebauungspläne zu erstellen und fortzuführen. §40 Abs4 Z2 StROG normiert schließlich, dass die Erlassung eines Bebauungsplanes eine notwendige Voraussetzung für die Errichtung eines Einkaufzentrums ist. Ein begründeter Entfall ist gemäß §40 Abs4 Z2 zweiter Satz StROG nur "bei bereits abgeschlossen bebauten Gebieten zulässig, wenn keine wesentliche Veränderung des äußeren Erscheinungsbildes und der Auswirkungen auf die Umwelt zu erwarten sind". Aus diesen Bestimmungen des StROG ergibt sich sohin, dass die Errichtung eines Einkaufszentrums eine entsprechende Festlegung im Flächenwidmungs- und im Bebauungsplan voraussetzt. Da eben diese Widmung und Nutzungsart als Einkaufszentrum für das betroffene Baugrundstück fehlt, ist die Errichtung eines Einkaufszentrums unzulässig.

Entscheidungstexte

  • E774/2020 ua
    Entscheidungstext VfGH Erkenntnis 25.09.2020 E774/2020 ua

Schlagworte

Raumordnung, Widmung, Flächenwidmungsplan, Einkaufszentren, Bebauungsplan, Baurecht, Nachbarrechte, Rechte subjektive öffentliche

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2020:E774.2020

Zuletzt aktualisiert am

06.04.2022
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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