TE Vfgh Erkenntnis 2020/10/8 E1873/2020

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 08.10.2020
beobachten
merken

Index

L8200 Bauordnung

Norm

EMRK Art6 Abs1 / Verfahrensgarantien
COVID-19-VwBG §3, §6 Abs1
VwGVG §24
VfGG §7 Abs1

Leitsatz

Verletzung im Recht auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht; Durchführung der notwendigen - bereits anberaumten - Beschwerdeverhandlung mit technischen Kommunikationsmitteln, anstelle ihres Entfalls wegen COVID-19, geboten

Spruch

I. Der Beschwerdeführer ist durch das angefochtene Erkenntnis im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung (Art6 EMRK) verletzt worden.

Das Erkenntnis wird aufgehoben.

II. Das Land Steiermark ist schuldig, dem Beschwerdeführer zuhanden seiner Rechtsvertreterin die mit € 2.856,– bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Entscheidungsgründe

I. Sachverhalt, Beschwerde und Vorverfahren

1. Die beteiligte Partei stellte am 29. Mai 2017 ein Bauansuchen bezüglich der Errichtung eines landwirtschaftlichen Gebäudes zur Nutzung als Hackgutlager mit Außenanlagen und einer Zufahrtstraße sowie Geländeveränderungen und PKW-Stellplätzen auf den Liegenschaften mit den Grundstücknummern 192/1, 197/3, 523/1 und 523/5, KG 63121 Stifting. Mit Bescheid des Stadtsenates der Stadt Graz (belangte Behörde) vom 19. Februar 2019 wurde der beteiligten Partei die Baubewilligung unter Vorschreibung von Auflagen erteilt. Dem nunmehrigen Beschwerdeführer wurde durch Zustellung des Bescheides die Parteistellung als Nachbar zuerkannt. Gegen diesen Bescheid erhob er, neben zwei weiteren Parteien des Bauverfahrens, mit Schriftsatz vom 4. April 2019 Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Steiermark und beantragte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.

2. Mit Erkenntnis vom 4. April 2020 wies das Landesverwaltungsgericht Steiermark die Beschwerde(n) ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab.

Begründend führte es im Wesentlichen aus, dass die vorgebrachten nachbarrechtlichen Einwendungen insbesondere betreffend die Verbringung der Niederschlagswässer (§26 Abs1 Z5 iVm §57 Abs2 Stmk Baugesetz) und den Schallschutz (§26 Abs1 Z3 iVm §77 Abs1 und §13 Abs12 Stmk Baugesetz) nicht zutreffend seien. Durch das Bauvorhaben komme es weder zu einer Gefährdung oder unzumutbaren Beeinträchtigung hinsichtlich der Verbringung der Oberflächenwässer noch zu einer unzumutbaren, das ortsübliche Ausmaß übersteigenden oder die Gesundheit gefährdenden Belästigung aus lärmtechnischer Sicht. Zum Beweisthema der durch die Nutzung der projektierten Zufahrtstraße bzw der Manipulationsfläche zu erwartenden Lärmimmissionen habe die erkennende Richterin ein ergänzendes lärmtechnisches Gutachten eines Amtssachverständigen des Amtes der Steiermärkischen Landesregierung eingeholt, da sich das seitens der belangten Behörde eingeholte Gutachten eines Amtssachverständigen des Umweltamtes der Stadt Graz als nicht hinreichend plausibel erwiesen habe. Der Gutachtensauftrag sei im Beschwerdeverfahren mehrmals ausgeweitet worden, um unter anderem auch das schriftliche Vorbringen des Beschwerdeführers zu berücksichtigen. Durch den Beschwerdeführer sei demgegenüber kein privates Gegengutachten vorgelegt worden.

Zum Entfall der mündlichen Verhandlung führte das Landesverwaltungsgericht Steiermark aus, dass für den 16. März 2020 eine mündliche Verhandlung anberaumt gewesen sei, welche zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 habe abberaumt werden müssen. Gemäß §3 iVm §6 Abs1 Verwaltungsrechtliches COVID-19-Begleitgesetz – COVID-19-VwBG, BGBl I 16/2020, sollten persönliche Kontakte zwischen Menschen auch in Verwaltungsverfahren auf das absolut Notwendigste reduziert werden. Die Beschränkungen hätten auch mündliche Verhandlungen vor den Verwaltungsgerichten betroffen. Konkret habe eine mündliche Verhandlung im Ausnahmefall nur dann stattfinden dürfen, soweit dies zu jenem Zeitpunkt zur Aufrechterhaltung einer geordneten Verwaltungsrechtspflege unbedingt erforderlich gewesen sei. In der vorliegenden Beschwerdesache sei dies jedoch nicht der Fall gewesen. Dem Beschwerdeführer sei im Verfahren ausreichend Gelegenheit geboten worden, zu den erhobenen Beweisen Stellung zu nehmen. Ein privates lärmtechnisches Gegengutachten sei nicht vorgelegt worden. Die gesetzliche Entscheidungsfrist sei bereits am 11. Oktober 2019 abgelaufen und die Beschwerdesache für die erkennende Richterin spruchreif gewesen, weshalb von der Durchführung der mündlichen Verhandlung abgesehen worden sei. Eine solche wäre zur Aufrechterhaltung einer geordneten Verwaltungsrechtspflege nicht unbedingt erforderlich und daher gesetzlich unzulässig gewesen.

3. Gegen diese Entscheidung richtet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung in näher bezeichneten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten sowie in Rechten wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes, konkret des §3 iVm §6 Abs1 COVID-19-VwBG, BGBl I 16/2020, geltend gemacht und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses, in eventu die Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, beantragt wird.

Begründend wird zusammengefasst ausgeführt, dass die Regelung des §3 iVm §6 Abs1 COVID-19-VwBG weder eine Verpflichtung enthalten habe, eine mündliche Verhandlung gänzlich entfallen zu lassen, noch ein Verbot, eine solche auf einen späteren Zeitpunkt zu vertagen. Dem Wortlaut nach und im Hinblick auf Art6 EMRK hätte das Landesverwaltungsgericht Steiermark die mündliche Verhandlung bloß auf unbestimmte Zeit vertagen dürfen, was zunächst auch erfolgt sei; ein gänzliches Unterbleiben sei von der Regelung jedoch nicht gedeckt gewesen, zumal zum Entscheidungszeitpunkt bereits wieder erste Lockerungen der zur Eindämmung von COVID-19 getroffenen Maßnahmen in Aussicht genommen worden seien, die keine unzumutbare Verfahrensverzögerung hätten erwarten lassen. Vor diesem Hintergrund habe das Landesverwaltungsgericht Steiermark der gesetzlichen Regelung einen verfassungswidrigen Inhalt unterstellt.

Der Beschwerdeführer habe die Durchführung einer mündlichen Verhandlung ausdrücklich beantragt. Außergewöhnliche Umstände iSd der ständigen Rechtsprechung zu Art6 EMRK, wonach ausschließlich rechtlich komplexe oder hochtechnische Fragen zu erörtern gewesen wären, die den Entfall der mündlichen Verhandlung im vorliegenden Fall hätten rechtfertigen können, seien nicht vorgelegen. Die Beweisergebnisse hätten die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vielmehr zwingend erfordert, zumal mehrfach Ergänzungen der durch die beigezogenen Amtssachverständigen erstatteten Gutachten notwendig gewesen seien und nach wie vor erhebliche Zweifel an der Richtigkeit bzw Vollständigkeit der Gutachten bestünden, die im Rahmen einer mündlichen Erörterung hätten geklärt werden können. Überdies habe der Beschwerdeführer bei der am 6. August 2018 durchgeführten behördlichen Bauverhandlung als übergangene Partei nicht teilnehmen können, weshalb er noch zu keinem Zeitpunkt während des gesamten Verfahrens die Gelegenheit gehabt habe, mündlich zur Sache vorzubringen. Schließlich hätte das Landesverwaltungsgericht Steiermark im Hinblick auf COVID-19 andere, gelindere Mittel in Erwägung ziehen können, sich aber stattdessen durch sein Vorgehen über verfassungsrechtliche Mindeststandards hinweggesetzt. Folge man hingegen der Rechtsanschauung des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark, wonach auch ein gänzliches Unterbleiben der mündlichen Verhandlung gemäß §3 iVm §6 Abs1 COVID-19-VwBG allein im Ermessen des jeweiligen Richters gelegen und daher grundsätzlich zulässig gewesen sei, sei die Regelung selbst zufolge Verletzung des Art6 EMRK verfassungswidrig gewesen.

4. Das Landesverwaltungsgericht Steiermark und der Stadtsenat der Stadt Graz haben die Gerichts- und Verwaltungsakten vorgelegt, von der Erstattung von Gegenschriften aber Abstand genommen.

II. Rechtslage

Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesgesetzes betreffend Begleitmaßnahmen zu COVID-19 im Verwaltungsverfahren, im Verfahren der Verwaltungsgerichte sowie im Verfahren des Verwaltungsgerichtshofes und des Verfassungsgerichtshofes (Verwaltungsrechtliches COVID-19-Begleitgesetz – COVID-19-VwBG) lauteten in der zum Zeitpunkt der Entscheidung des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark anzuwendenden Stammfassung BGBl I 16/2020 (die mit Wirkung vom 15.5.2020 durch BGBl I 42/2020 und erneut mit Wirkung vom 3.7.2020 durch BGBl I 59/2020 geändert wurde):

"Mündliche Verhandlungen, Vernehmungen und dergleichen, mündlicher

Verkehr zwischen Behörden und Beteiligten

§3. Wenn aufgrund von Maßnahmen, die zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 getroffen werden, die Bewegungsfreiheit oder der zwischenmenschliche Kontakt eingeschränkt ist, sind mündliche Verhandlungen (§§40 bis 44 AVG; §§43 und 44 VStG), Vernehmungen (§§48 bis 51 AVG; §24 VStG iVm. §§48 bis 51 AVG, §33 VStG) mit Ausnahme von audiovisuellen Vernehmungen (§51a AVG; §24 VStG iVm. §51a AVG) und dergleichen nur durchzuführen, soweit dies zur Aufrechterhaltung einer geordneten Verwaltungsrechtspflege unbedingt erforderlich ist. Gleiches gilt für den mündlichen Verkehr zwischen den Behörden und den Beteiligten einschließlich der Entgegennahme mündlicher Anbringen sowie mit sonstigen Personen im Rahmen der Durchführung des Verfahrens. Ist die Durchführung einer Vernehmung oder einer mündlichen Verhandlung unbedingt erforderlich, so kann sie auch in Abwesenheit aller anderen Beteiligten unter Verwendung geeigneter technischer Kommunikationsmittel durchgeführt werden.

[…]

Verfahren der Verwaltungsgerichte sowie Verfahren des

Verwaltungsgerichtshofes und des Verfassungsgerichtshofes

§6. (1) (Verfassungsbestimmung) Auf das Verfahren der Verwaltungsgerichte sind die §§1 bis 5 dann sinngemäß anzuwenden, wenn auf das jeweilige Verfahren zumindest auch das AVG anzuwenden ist. Im Fall des §4 Abs2 hat der Verwaltungsgerichtshof ein anderes sachlich zuständiges Verwaltungsgericht, in Ermangelung eines solchen ein anderes Verwaltungsgericht zu bestimmen.

(2) […]"

III. Erwägungen

1. Die – zulässige – Beschwerde ist begründet.

2. Für das Verfahren vor den Verwaltungsgerichten erster Instanz regelt (grundsätzlich) §24 VwGVG, unter welchen Umständen eine mündliche Verhandlung entfallen kann. Das Absehen von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung steht – sofern zuvor bereits ein Verwaltungsverfahren stattgefunden hat, in dessen Rahmen Parteiengehör gewährt wurde – in jenen Fällen im Einklang mit Art6 EMRK, in denen der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen tatsachenwidrig ist (vgl §24 Abs4 VwGVG; VfSlg 19.632/2012).

Das Absehen von der Durchführung einer gebotenen mündlichen Verhandlung stellt grundsätzlich eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes gemäß Art6 EMRK dar (vgl zB VfGH 23.9.2016, E818/2016 mwN).

Der Anspruch einer Partei auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung ist jedoch kein absoluter: Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte und – ihm folgend – des Verfassungsgerichtshofes kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn die Tatfrage unumstritten und nur eine Rechtsfrage zu entscheiden ist oder wenn die Sache keine besondere Komplexität aufweist (vgl VfSlg 18.994/2010, 19.632/2012).

3. Aus den Gerichtsakten und der Begründung der Entscheidung des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark ergibt sich, dass nach Auffassung der erkennenden Richterin grundsätzlich die gesetzlichen Voraussetzungen gegeben waren, die – entsprechend den Vorgaben des Art6 EMRK – die Durchführung einer mündlichen Verhandlung erforderten. Lediglich auf Grund des §3 iVm §6 Abs1 COVID-19-VwBG entschied sie ohne Durchführung der vom Beschwerdeführer beantragten und bereits anberaumt gewesenen mündlichen Verhandlung. Der mündlichen Verhandlung hätte es demnach insbesondere zur Erörterung der im Hinblick auf die auch nach mehrfacher Ergänzung strittig gebliebenen Gutachten der beigezogenen Amtssachverständigen sowie wegen des Umstandes bedurft, dass der Beschwerdeführer im vorangegangenen Verwaltungsverfahren als übergangene Partei keine Möglichkeit gehabt hatte, mündlich zur Sache vorzubringen.

4. Die Regelung des §3 iVm §6 Abs1 COVID-19-VwBG sah in der zum Zeitpunkt der Entscheidung des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark anzuwendenden Stammfassung BGBl I 16/2020 (sinngemäß auch) für das Verfahren der Verwaltungsgerichte vor, dass – solange auf Grund von Maßnahmen, die zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 getroffen wurden, die Bewegungsfreiheit oder der zwischenmenschliche Kontakt eingeschränkt war – mündliche Verhandlungen und Vernehmungen nur durchzuführen waren, soweit dies zur Aufrechterhaltung einer geordneten Verwaltungsrechtspflege unbedingt erforderlich war. Gleiches galt für den mündlichen Verkehr zwischen den Behörden bzw Verwaltungsgerichten und den Beteiligten sowie mit sonstigen Personen im Rahmen der Durchführung des Verfahrens. War die Durchführung einer mündlichen Verhandlung oder Vernehmung unbedingt erforderlich, so konnte sie auch in Abwesenheit aller anderen Beteiligten unter Verwendung geeigneter technischer Kommunikationsmittel durchgeführt werden.

4.1. Die Erstreckung der verwaltungsverfahrensrechtlichen Regelung des §3 COVID-19-VwBG auf das verwaltungsgerichtliche Verfahren erfolgte durch einen Verweis in der (ua aus kompetenzrechtlichen Gründen im weiteren Sinn erforderlich gewesenen) Verfassungsbestimmung des §6 Abs1 erster Satz leg.cit. Demnach war §3 COVID-19-VwBG auf das Verfahren der Verwaltungsgerichte sinngemäß anzuwenden.

4.2. §3 COVID-19-VwBG war also nicht schlechthin, sondern "sinngemäß" anzuwenden, und zwar entsprechend den Besonderheiten des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens. Darüber hinaus änderte die Bestimmung nichts an den einfachgesetzlich in §§24, 25, 44 und 48 VwGVG verankerten allgemeinen Regelungen über die Durchführung mündlicher Verhandlungen, die Art6 EMRK umsetzen.

4.3. Das genannte verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht gebietet regelmäßig die Durchführung einer mündlichen Verhandlung. Dem trug auch §3 COVID-19-VwBG grundsätzlich Rechnung, indem die Regelung ermöglichte, mündliche Verhandlungen durchzuführen, soweit dies zur Aufrechterhaltung einer geordneten Verwaltungsrechtspflege unbedingt erforderlich war. In diesem Fall konnte diese gemäß §3 letzter Satz leg.cit. auch in Abwesenheit aller anderen Beteiligten unter Verwendung geeigneter technischer Kommunikationsmittel durchgeführt werden, womit offenkundig Wort und Bild vermittelnde Medien gemeint waren (zB Videokonferenzen im Internet; vgl §25 Abs6b VwGVG; s. auch Fister/Janko/Mayrhofer/Denk/Struth, Beilage: Kommentar zum COVID-19-Verfahrensrecht, ZVG 2020, I [XXVIII f.]). Insgesamt kam es damit durch §3 iVm §6 Abs1 COVID-19-VwBG zu keiner Durchbrechung der durch Art6 EMRK gebotenen Verhandlungspflicht.

4.4. Da nach Auffassung der erkennenden Richterin grundsätzlich die gesetzlichen Voraussetzungen gegeben waren, die die Durchführung einer mündlichen Verhandlung erforderten, und die Entscheidung ihrer Ansicht nach auch nicht vorläufig aufzuschieben war, wäre die vom Beschwerdeführer beantragte und bereits anberaumt gewesene mündliche Verhandlung daher entsprechend §3 letzter Satz COVID-19-VwBG mit Hilfe geeigneter technischer Kommunikationsmittel durchzuführen gewesen.

5. Indem das Landesverwaltungsgericht Steiermark somit durch seine Art6 EMRK widersprechende Interpretation des §3 iVm §6 Abs1 COVID-19-VwBG idF BGBl I 16/2020 die angefochtene Entscheidung ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung getroffen hat, wurde der Beschwerdeführer in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung verletzt.

IV. Ergebnis

1. Der Beschwerdeführer ist somit durch das angefochtene Erkenntnis im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung (Art6 EMRK) verletzt worden.

Das Erkenntnis ist daher aufzuheben, ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen ist.

2. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in Höhe von € 436,– sowie eine Eingabengebühr gemäß §17a VfGG in Höhe von € 240,– enthalten.

Schlagworte

Verhandlung mündliche, COVID (Corona), Verwaltungsgericht, Auslegung verfassungskonforme

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2020:E1873.2020

Zuletzt aktualisiert am

06.04.2022
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten