TE Bvwg Beschluss 2020/9/2 W173 2194128-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 02.09.2020
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

02.09.2020

Norm

B-VG Art133 Abs4
PG 1965 §41
VwGVG §34 Abs3

Spruch

W173 2194128-1/2Z

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Margit MÖSLINGER-GEHMAYR als Einzelrichterin im Verfahren über die Beschwerde von XXXX , gegen den Bescheid der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter (nunmehr: Versicherungsanstalt öffentlicher Dienst, Eisenbahnen und Bergbau) Barichgasse 38, 1031 Wien, vom 19.2.2018, Zl XXXX , wegen Pensionsanpassung für das Jahr 2018 beschlossen:

A)

Das Verfahren wird gemäß § 34 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 in der Fassung BGBl. I Nr. 24/2017, bis zur Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes über die ordentliche Revision, Ro 2019/12/0005, zum Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 29.11.2018, W178 2205461-1/4E, und über die außerordentliche Revision, Ra 2019/12/0054, zum Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 10.12.2018, W217 2206631-1/6E, ausgesetzt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I.Verfahrensgang:

1.Herr XXXX (in der Folge BF) beantragte am 1.2.2018 im Hinblick auf die Pensionsanpassung 2018 seinen Ruhebezug 2018 nicht nach der einschränkenden Bestimmung des Pensionsanpassungsgesetzes 2018 zu beurteilen, sondern mit dem Anpassungsfaktor von 1,6% zu erhöhen sowie bei einer Abweisung seines Antrages die Nichterhöhung seines Pensionsbezugs 2018 in Bescheidform mitzuteilen oder andernfalls bescheidmäßig abzusprechen, keinen Bescheid über seine Anträge auszustellen.

2.Mit Bescheid vom 19.2.2018 wurde der Antrag des BF vom 1.2.2018 auf Erhöhung seines Ruhebezuges ab 1.1.2018 abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, dass der Ruhebezug des BF von monatlich brutto € 6.016,70 im Dezember 2017 den Betrag von monatlich € 4.980,-- übersteige, sodass zum 1.1.2018 keine Erhöhung vorzunehmen sei.

3.Mit Schreiben vom 20.3.2018 erhob der BF Beschwerde gegen den Bescheid vom 19.2.2018. Gemäß § 711 ASVG erfolge abweichend von § 108h keine Pensionserhöhung für das Kalenderjahr 2018, wenn das Gesamteinkommen mehr als € 4.980,-- monatlich betrage. Es liege eine dem Unionsrecht widersprechende Diskriminierung nach Geschlecht vor. Es sei die RL 79/7/EWG maßgebend, die auf eine Valorisierung der Altersrente Bezug nehme. Auch wenn im Hinblick auf das Prinzip der sozialen Staffelung keine unmittelbare Diskriminierung vorliege, sei von einer mittelbaren Diskriminierung auszugehen. Der BF bezog sich auf die Schlussanträge der Generalanwältin in der Rechtssache C-123/10 (Waltraud Brachner). Die Prozentzahl der Männer, die durch die Pensionsanpassung 2018 betroffen seien, sei im Ergebnis höher als die der Frauen. Im Hinblick auf das Ziel der jährlichen Pensionsanpassung, die Kaufkraft der Altersrenten nach dem Grundsatz einer sozialen Staffelung zu erhalten, wäre es möglich gewesen, alle Pensionen prozentuell im gleichen Maße anzuheben. Dem Gleichheitsgrundsatz von Männern und Frauen im sozialen Bereich folgend wäre eine Interpretation dahingehend zu verfolgen, dass ein im Recht der gesetzlichen Pensionsversicherung verankertes System der jährlichen Pensionsanpassung (Valorisierung) unter das im Art. 4 der RL 79/7/EWG des Rates vom 19.12.1978 angeführte Diskriminierungsverbot falle. Darüber hinaus liege eine Diskriminierung der Pensionsbezieher nach der Beitragsleistung und dem Pensionsantrittsalter vor. Abgesehen davon sei er als Bezieher eines Ruhebezugs und einer gesetzlichen Pension nach dem GSVG besonders benachteiligt. Es sei nicht nachvollziehbar, warum eine Summe aus zwei völlig unterschiedlichen Versorgungssystemen, deren einzige Gemeinsamkeit im Regelpensionsalter des Leistungsempfängers liege, als entscheidungsrelevante Größe für den Kaufkrafterhalt gewählt worden sei. Der Ruhebezug des Bundesbeamten sei einem Arbeitsentgelt eines Beamten gleichzuhalten. Das Ziel der Wertsicherung der Pensionen und deren Kaufkraft werde durch die Bestimmungen des Pensionsanpassungsgesetzes 2018 verfehlt. Es liege eine Diskriminierung des BF als Ruhegenussbezieher vor. Die Erhöhung einer Pensionsleistung einer Gruppe zu Lasten einer anderen Gruppe führe dazu, dass die letztere Gruppe wiederum für Leistungen herangezogen werden, die das Sozialsystem zu tragen habe. Sein Ruhebezug 2018 sei um den aktuellen Anpassungsfaktor zu erhöhen.

4.Am 2.5.2018 wurde die Beschwerde des BF samt Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt. Die gegenständliche Beschwerde wurde unter der Aktenzahl W173 2194128-1 protokolliert.

II.     Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1.Feststellungen:

1.1. Beim Bundesverwaltungsgericht ist die gegenständliche Beschwerde W173 2194128-1 anhängig, in der der Bescheid der belangten Behörde vom 19.2.2018, Zl XXXX bekämpft wurde. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 19.2.2018 wurde der Antrag des BF auf Erhöhung seines Ruhebezugs (monatlich brutto € 6.016,70 im Dezember 2017) ab 1.1.2018 im Zuge der Pensionsanpassung wegen Überschreitung der maßgeblichen gesetzlichen monatlichen Obergrenze von mehr als 4.980,-- gemäß § 41 Abs. 4 PG 1965 iVm § 711 ASVG abgewiesen. In der dagegen erhobenen Beschwerde wurde unionsrechtswidrige Diskriminierung nach dem Geschlecht im Bereich der sozialen Sicherheit im Hinblick auf das System der jährlichen Pensionsanpassung (Valorisierung), sowie Altersdiskriminierung bzw. mehrfache Benachteiligung als Bezieher von Pensionen geltend gemacht.

1.2.Derzeit sind beim Verwaltungsgerichtshof (VwGH) die oben genannten Revisionsverfahren (Ro 2019/12/0005, Ra 2019/12/0054) zur gegenständlichen grundsätzlichen Frage anhängig, inwiefern Ruhebezüge von in einem öffentlich-rechtlichen Ruhestandverhältnis zum Bund stehenden Revisionswerber bei Überschreitung der Betragsobergrenze von monatlich € 4.980,-- im Dezember 2017 ab 1.1.2018 einer Anpassung in Form einer Erhöhung zugänglich sind. Die belangte Behörde stützte ihre Begründung in den beim Bundesverwaltungsgericht von den Revisionswerbern angefochtenen Bescheiden auf die Regelungen zur Pensionsanpassung 2018 mit dem Ausschluss einer Anpassung in Form einer Erhöhung bei Überschreiten der maßgeblichen Betragsobergrenze von monatlich € 4.980,--. Die Möglichkeit einer Anpassung mit einer prozentualen oder betragsmäßig festgelegten Erhöhung scheide nach Ansicht der belangten Behörde in solchen Sachverhaltskonstellationen aus. Die Revisionswerber sahen in einem solchen Ausschluss der Anpassung ihrer Ruhebezüge für das ganze Jahr 2018 im Hinblick auf die Höhe ihrer Pensionsbezüge (im Unterschied zu Beziehern geringerer Pensionen) einen Verstoß gegen Unionsrecht infolge ihrer unzulässigen mittelbaren Diskriminierung nach dem Geschlecht. Dazu bezogen sie sich auf statistische Auswertungen, in denen die Bezieher von dem PG 1965 unterliegenden Ruhebezügen und Versorgungsgenüssen nach dem Geschlecht und der Bezugshöhe aufgegliedert wurden. Das Bundesverwaltungsgericht erkannte mit den oben genannten Entscheidungen (W178 2205461-1/4E und W217 2206631-1/6E) keine unionsrechtswidrigen unzulässigen mittelbaren Diskriminierungen nach dem Geschlecht sowie sonstige Rechtswidrigkeiten und wies die Beschwerden der Revisionswerber ab. Eine Entscheidung in diesen Revisionsverfahren ist durch den Verwaltungsgerichtshof noch nicht getroffen worden. Vielmehr liegt derzeit im Hinblick auf die Frage der unionsrechtswidrigen Diskriminierung nach dem Geschlecht ein Vorabentscheidungsersuchen des Verwaltungsgerichtshofes an den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) gemäß Art. 267 AEUV vom 31.7.2020 vor (EU 2020/0003 bzw. EU 2020/0005-19).

1.3. Beim Bundesverwaltungsgericht ist derzeit noch ein weiteres Beschwerdeverfahren anhängig, das unter der Aktenzahl W173 2223009-1 protokolliert wurde. Dieses erstreckt sich ebenfalls die Frage der unionsrechtswidrigen Diskriminierung nach dem Geschlecht im Hinblick auf die Verknüpfung der Pensionsanpassung eines Ruhebezugs eines in einem öffentlich-rechtlichen Ruhestandverhältnis zum Bund stehenden BF (hier: monatlicher Ruhebezug brutto € 6.431,51 im Dezember 2018) bei Überschreitung einer bestimmten Betragsobergrenze (hier: im Dezember 2018 mit monatlich brutto € 3.402,--) mit einer nur geringfügigen Anpassung in Form eines fixen monatlichen Deckelungsbetrags von lediglich € 68,00 ab 1.1.2019.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus dem Akteninhalt sowie aus den oben angeführten anhängigen Verfahren beim Bundesverwaltungsgericht und beim Verwaltungsgerichtshof.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 34 Abs. 3 VwGVG kann das Verwaltungsgericht ein Verfahren über eine Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG mit Beschluss aussetzen, wenn

1. vom Verwaltungsgericht in einer erheblichen Anzahl von anhängigen oder in naher Zukunft zu erwartenden Verfahren eine Rechtsfrage zu lösen ist und gleichzeitig beim Verwaltungsgerichtshof ein Verfahren über eine Revision gegen ein Erkenntnis oder einen Beschluss eines Verwaltungsgerichtes anhängig ist, in welchem dieselbe Rechtsfrage zu lösen ist, und

2. eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Lösung dieser Rechtsfrage fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Gleichzeitig hat das Verwaltungsgericht dem Verwaltungsgerichtshof das Aussetzen des Verfahrens unter Bezeichnung des beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Verfahrens mitzuteilen. Eine solche Mitteilung hat zu entfallen, wenn das Verwaltungsgericht in der Mitteilung ein Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof zu bezeichnen hätte, das es in einer früheren Mitteilung schon einmal bezeichnet hat. Mit der Zustellung des Erkenntnisses oder Beschlusses des Verwaltungsgerichtshofes an das Verwaltungsgericht gemäß § 44 Abs. 2 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10/1985, ist das Verfahren fortzusetzen. Das Verwaltungsgericht hat den Parteien die Fortsetzung des Verfahrens mitzuteilen.

Die gegenständliche Rechtsfrage, inwiefern eine unionsrechtswidrige Diskriminierung nach dem Geschlecht im Hinblick auf eine gesetzlich festgelegte massive Einschränkung bzw. völligen Ausschluss einer jährlichen Pensionsanpassung bei Überschreitung einer bestimmten Obergrenze des monatlichen Ruhegenusses für in einem öffentlich-rechtlichen Ruhestandverhältnis zum Bund stehenden Personen vorliegt, hatte das Bundesverwaltungsgericht bereits in den Verfahren W178 2205461-1/4E bzw. W 217 2206631-1/6E zu beantworten. Dagegen wurden die oben genannten Revisionen erhoben (Ro 2019/12/0005, Ra 2019/12/0054), welche derzeit beim Verwaltungsgerichtshof anhängig sind. Dazu fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Ein weiteres Verfahren zur Klärung dieser Rechtsfrage wurde unter der Aktenzahl W173 2223009-1 beim Bundesverwaltungsgericht protokolliert.

Da - wie oben dargestellt - die Voraussetzungen des § 34 Abs. 3 VwGVG gegeben sind, wird das gegenständliche Verfahren bis zur Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes in den im Spruch bezeichneten Rechtssachen ausgesetzt.

Der Verwaltungsgerichtshof wird von der Aussetzung unter einem verständigt.

Zu Spruchpunkt B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

außerordentliche Revision Aussetzung Pensionsanpassung Rechtsfrage

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W173.2194128.1.00

Im RIS seit

27.11.2020

Zuletzt aktualisiert am

27.11.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten