TE Lvwg Erkenntnis 2020/8/18 VGW-111/072/9766/2020

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Veröffentlicht am 18.08.2020
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Entscheidungsdatum

18.08.2020

Index

40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

AVG §68 Abs2
AVG §69

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seine Richterin Dr. Lettner über die Beschwerde des Herrn A. B. gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37, Baupolizei, Zl. MA37/3-2018, vom 3.7.2020, mit welchem gemäß § 68 Abs. 2 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG) der Antrag vom 28.4.2020 auf Aufhebung des Baubewilligungsbescheides vom 6.2.2019 zurückgewiesen wurde,

zu Recht e r k a n n t :

I.     Gemäß § 28 VwGVG wird der Beschwerde keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid bestätigt.

II.     Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Mit Ansuchen vom 20.12.2018 beantragte die E. GmbH (in der Folge: Bauwerberin) eine Baubewilligung gemäß § 70 BO für die Errichtung eines Einfamilienhauses und eines überdachten KFZ-Stellplatzes auf der linken Abstandsfläche sowie Geländeveränderungen in Wien, C.-Gasse 1, EZ 2, KG D..

Die Behörde leitete das Ermittlungsverfahren ein und führte am 1.2.2019 eine mündliche Verhandlung zu diesem Projekt durch. Herr A. B. (in der Folge: Beschwerdeführer) ist seitlicher Nachbar dieser Liegenschaft. Er wurde zur o.a. Verhandlung geladen. Laut aktenkundigem Rückschein hat er die Ladung am 21.1.2019 persönlich übernommen.

Er nahm an der Verhandlung teil und wendete ein:

„Es ist eine eklatante Beeinträchtigung meiner Lebensqualität (Lärm, Staub, Geruchsbelästigung durch den Müllplatz, Schwimmbecken, etc.), die Bedrohung meines Hauses durch den Abbruch und den Einfluss des Neubaus auf mein Haus (Beschädigung). Der Verlust von Grünfläche wird von mir abgelehnt. (Lebensqualität für alle)“

In der Folge erging der Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37, vom 06.02.2019 zur Aktenzahl MA37/3-2018-1, mit dem der Bauwerberin für das o.a. Projekt die beantragte Baubewilligung erteilt wurde. Die Einwendungen des Beschwerdeführers wurden abgewiesen.

Der Beschwerdeführer erhob gegen diesen Bescheid Beschwerde. Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom 27.05.2019, VGW-111/005/4605/2019-8, wurde die Beschwerde als verspätet zurückgewiesen. Dieses Erkenntnis ist rechtskräftig.

Mit Schreiben vom 28.4.2020 brachte der Beschwerdeführer bei der Behörde vor, dass er erst jetzt aufgrund der Aussteckung des Bauplatzes und des Beginns der Aushubarbeiten erkennen habe können, dass durch das Vorspringen der Fassade des mit dem o.a. Bescheid bewilligten Hauses eine übermäßige Beschattung seines Grundstückes erfolge. Auch die Ablesung und Überprüfung seines Stromzählers, der sich in diesem Bereich befinde, sei durch die Baumaßnahme nicht mehr vernünftig möglich.

Durch diese Gestaltung, die in Wien einzigartig sei, würde sein Grundstück an Wert verlieren. Ein Zurückversetzen der Vorderfront des zu errichtenden Hauses sei kein Problem, da auf der Rückseite des Gebäudes ausreichend Platz sei.

Er habe diese Einwendung auch schon in der Verhandlung vom 1.2.2019 vorgebracht. Die Verhandlungsleiterin habe jedoch nur angemerkt, es handle sich ja nur um einen halben Meter. Aufgrund des vorgenommenen Aushubs müsse er jedoch nunmehr davon ausgehen, dass es sich um mehr als einen halben Meter handle.

Er beantrage daher die Aufhebung des Baubewilligungsbescheides und im Falle der Neuerteilung der Bewilligung die Vorschreibung einer Auflage, wonach die Vorderfront des neuen Hauses die seines Hauses nicht überragen dürfe. Bis zur Entscheidung über diesen Antrag ersuche er um Einstellung der Bauarbeiten. Sollte dies erforderlich sein, wäre ein Lokalaugenschein durchzuführen.

Mit Schreiben vom 8.6.2020 verwies der Beschwerdeführer auf sein o.a. Schreiben und betonte, dass die Behörde verpflichtet sei, jeden Antrag zu erledigen. In der Vorwoche seien im Zuge der noch immer nicht eingestellten Bauarbeiten Deckplatten von seinem Haus entfernt und in seinen Garten geschmissen worden. Dadurch sei er in seinem Eigentumsrecht verletzt. Im Bewilligungsbescheid stehe nichts davon, dass im Rahmen der Bauarbeiten Hand an sein Eigentum gelegt werden dürfe. Die Behörde habe auch gar kein Recht, so etwas zu erlauben.

Wenn das Haus nicht gebaut werden könne, ohne die Eigentumsrechte des Beschwerdeführers zu verletzen, dann könne es eben überhaupt nicht gebaut werden. Er beantrage daher erneut die Aufhebung des Baubewilligungsbescheides und die Einstellung der Bauarbeiten.

In der Folge beschwerte sich der Beschwerdeführer über den im Zuge der Bauarbeiten auftretenden Baulärm.

Aufgrund der Beschwerden des Beschwerdeführers wurde von der Behörde eine Kontrolle der Baustelle durchgeführt. Abweichungen vom bewilligten Einreichplan wurden nicht festgestellt.

Mit Bescheid vom 3.7.2020, Zahl MA37/3-2018, wies die Behörde den Antrag vom 28.4.2020 gemäß § 68 Abs. 2 AVG zurück. Diese Entscheidung wurde begründet, wie folgt:

„Die gegenständliche Baubewilligung vom 6.02.2019, Zl.: MA 37/3-2018-1 ist rechtskräftig, nachdem das Verwaltungsgericht Wien mit Beschluss vom 27.05.2019 ihre Beschwerde als verspätet zurückgewiesen hat.

Aus ihrem Antrag vom 28.04.2020 um Aufhebung des Bescheides, im Wesentlichen damit begründet, erst jetzt, nachdem das geplante Bebauungsareal abgesteckt und mit den Bauarbeiten begonnen wurde, das Ausmaß des Gebäudes erkennen zu können, sowie den darauffolgenden Schreiben vom 8.06.2020 und 17.06.2020 sind auch keine grundlegend neue Tatsachen oder Beweismittel hervorgekommen, die im Baubewilligungsverfahren bzw. im Beschwerdeverfahren nicht bereits geltend gemacht wurden.

Gemäß § 68 Abs. 3 AVG kann die Behörde, die den Bescheid in letzter Instanz erlassen hat, oder die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde, Bescheide im öffentlichen Interesse insoweit abändern, als dies zur Beseitigung von das Leben oder die Gesundheit von Menschen gefährdenden Missständen oder zur Abwehr schwerer volkswirtschaftlicher Schädigungen notwendig und unvermeidlich ist. In allen Fällen hat die Behörde mit möglichster Schonung erworbener Rechte vorzugehen.

Gemäß § 68 Abs. 7 AVG steht auf die Ausübung des der Behörde zustehenden Abänderungs- und Behebungsrechts niemandem ein Anspruch zu.

Die Bauausführung ist nicht Teil des Baubewilligungsbescheides, zudem begründen Beeinträchtigungen während der Bauführung keine subjektiv-öffentlichen Nachbarrechte. Die Verantwortlichkeit bei der Bauausführung für die Einhaltung aller auf die Bauführung Bezug habenden Vorschriften und Gesetze obliegt gemäß § 125 BO dem jeweiligen Bauausführenden.

Sind anlässlich einer Bauführung Arbeiten nicht ohne Benützung des Nachbargrundes oder des darüber befindlichen Luftraumes möglich oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand möglich, sind die Eigentümer der Nachbarliegenschaften gemäß § 126 BO verpflichtet, die Benützung des Nachbargrundes gegen Ersatz des erlittenen Schadens auf ihrer Liegenschaft zu gestatten.“

Der Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 8.7.2020 zugestellt und von diesem persönlich übernommen. Dagegen richtet sich die verfahrensgegenständliche Beschwerde. Die Beschwerde ist rechtzeitig.

Der Beschwerdeführer brachte darin vor, dass der Baulärm seine Gesundheit bedrohe und § 68 Abs. 3 AVG daher anwendbar sei. Außerdem wäre auch eine Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 69 Abs. 2 AVG möglich, da der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden bei der Bauverhandlung nicht geltend machen habe können, dass die Bauführung nur möglich sei, nachdem ein Teil der dem Grundstück C.-Gasse 1 zugewandten Fassade seines Hauses abgetragen worden sei. Dies sei ohne seine Zustimmung passiert.

Damit sei gegen § 362 ABGB und gegen Art. 1 des ZPEMRK verstoßen worden. Wahrscheinlich sei sogar eine Straftat begangen worden, da es sich gegenständlich um eine widerrechtliche Teilenteignung handle.

Die Vorgangsweise sei auch nicht von § 126 BO gedeckt, da es sich nicht um eine bei Bauarbeiten erwartbare Beeinträchtigung handle, sondern um eine rechtswidrige vorsätzliche Handlung, weshalb es gerechtfertigt wäre, wenn der Baubescheid gemäß § 68 Abs. 4 lit 2 AVG nichtig erklärt würde. Die Baubehörde hätte erkennen müssen, dass die Bauführung nicht ohne widerrechtlichen Eingriff in das Eigentumsrecht des Beschwerdeführers erfolgen könne, weshalb der Bescheid nicht rechtsgültig sei.

§ 126 BO impliziere, dass die Benutzung des Nachbargrundes nur mit dem Einverständnis des Nachbarn erfolgen dürfe. Dieses sei jedoch nie eingeholt worden, weshalb alles, was bisher von seinem Grundstück aus gemacht worden sei, rechtswidrig sei und abgerissen werden müsse.

Schließlich würden sich die Bauwerber und der Bauführer nicht an alle Auflagen halte, insbesondere sei keine Tafel gemäß Auflagenpunkt 6.) aufgestellt (in der Folge macht der Beschwerdeführer weitere Ausführungen zur Unterlassung der Einhaltung der Auflagen und zur Kontrollpflicht der Behörde).

Der Baubewilligungsbescheid vom 6.2.2020 sei daher für ungültig zu erklären.

In rechtlicher Hinsicht ist Folgendes festzuhalten:

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Gericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG primär in der Sache zu entscheiden.

Gemäß § 7 Abs. 4 VwGVG beträgt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid einer Behörde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG oder wegen Rechtswidrigkeit des Verhaltens einer Behörde in Vollziehung der Gesetze gemäß Art. 130 Abs. 2 Z 1 B-VG vier Wochen. (…) Sie beginnt in den Fällen des Art. 132 Abs. 1 Z 1 B-VG dann, wenn der Bescheid dem Beschwerdeführer zugestellt wurde, mit dem Tag der Zustellung. (…)

Soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, sind gemäß § 17 VwGVG auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 68 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wenn die Behörde nicht den Anlass zu einer Verfügung gemäß den Abs. 2 bis 4 findet, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.

(2) Von Amts wegen können Bescheide, aus denen niemandem ein Recht erwachsen ist, sowohl von der Behörde, die den Bescheid erlassen hat, als auch in Ausübung des Aufsichtsrechtes von der sachlich in Betracht kommenden Oberbehörde aufgehoben oder abgeändert werden.

(3) Andere Bescheide kann die Behörde, die den Bescheid in letzter Instanz erlassen hat, oder die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde im öffentlichen Interesse insoweit abändern, als dies zur Beseitigung von das Leben oder die Gesundheit von Menschen gefährdenden Missständen oder zur Abwehr schwerer volkswirtschaftlicher Schädigungen notwendig und unvermeidlich ist. In allen Fällen hat die Behörde mit möglichster Schonung erworbener Rechte vorzugehen.

(4) Außerdem können Bescheide von Amts wegen in Ausübung des Aufsichtsrechtes von der sachlich in Betracht kommenden Oberbehörde als nichtig erklärt werden, wenn der Bescheid      

1. von einer unzuständigen Behörde oder von einer nicht richtig zusammengesetzten Kollegialbehörde erlassen wurde,

2. einen strafgesetzwidrigen Erfolg herbeiführen würde,

3. tatsächlich undurchführbar ist oder

4. an einem durch gesetzliche Vorschrift ausdrücklich mit Nichtigkeit bedrohten Fehler leidet.

(5) Nach Ablauf von drei Jahren nach dem in § 63 Abs. 5 bezeichneten Zeitpunkt ist eine Nichtigerklärung aus den Gründen des Abs. 4 Z 1 nicht mehr zulässig.

(6) Die der Behörde in den Verwaltungsvorschriften eingeräumten Befugnisse zur Zurücknahme oder Einschränkung einer Berechtigung außerhalb eines Berufungsverfahrens bleiben unberührt.

(7) Auf die Ausübung des der Behörde gemäß den Abs. 2 bis 4 zustehenden Abänderungs- und Behebungsrechts steht niemandem ein Anspruch zu. Mutwillige Aufsichtsbeschwerden und Abänderungsanträge sind nach § 35 zu ahnden.

Gemäß § 69 AVG ist dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens stattzugeben, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist und:  

1. der Bescheid durch Fälschung einer Urkunde, falsches Zeugnis oder eine andere gerichtlich strafbare Handlung herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden ist oder

2. neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich einen im Hauptinhalt des Spruches anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätten, oder

3. der Bescheid gemäß § 38 von Vorfragen abhängig war und nachträglich über eine solche Vorfrage von der zuständigen Verwaltungsbehörde bzw. vom zuständigen Gericht in wesentlichen Punkten anders entschieden wurde;

4. nachträglich ein Bescheid oder eine gerichtliche Entscheidung bekannt wird, der bzw. die einer Aufhebung oder Abänderung auf Antrag einer Partei nicht unterliegt und die im Verfahren die Einwendung der entschiedenen Sache begründet hätte.

(2) Der Antrag auf Wiederaufnahme ist binnen zwei Wochen bei der Behörde einzubringen, die den Bescheid in erster Instanz erlassen hat. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Antragsteller von dem Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangt hat, wenn dies jedoch nach der Verkündung des mündlichen Bescheides und vor Zustellung der schriftlichen Ausfertigung geschehen ist, erst mit diesem Zeitpunkt. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Bescheides kann der Antrag auf Wiederaufnahme nicht mehr gestellt werden. Die Umstände, aus welchen sich die Einhaltung der gesetzlichen Frist ergibt, sind vom Antragsteller glaubhaft zu machen.

(3) Unter den Voraussetzungen des Abs. 1 kann die Wiederaufnahme des Verfahrens auch von Amts wegen verfügt werden. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Bescheides kann die Wiederaufnahme auch von Amts wegen nur mehr aus den Gründen des Abs. 1 Z 1 stattfinden.

(4) Die Entscheidung über die Wiederaufnahme steht der Behörde zu, die den Bescheid in letzter Instanz erlassen hat.

Im vorliegenden Fall wurde Folgendes erwogen:

Der Beschwerdeführer wurde dem o.a. behördlichen Baubewilligungsverfahren ordnungsgemäß als Nachbar beigezogen. Er hatte die Möglichkeit, Einsicht in die Einreichpläne zu nehmen und dadurch Kenntnis über das geplante und dem Bewilligungsverfahren zu Grunde liegende Projekt zu erlangen sowie Einwendungen zu erheben.

Er wurde zur mündlichen Verhandlung geladen, nahm an dieser teil und erhob die im Verhandlungsprotokoll festgehaltenen Einwendungen.

In der Folge erging der Baubewilligungsbescheid, in dem seinen Einwendungen keine Folge gegeben und die Baubewilligung erteilt wurde. Dagegen erhob der Beschwerdeführer Beschwerde. Diese wurde als verspätet zurückgewiesen. Das Erkenntnis ist rechtskräftig.

Der Bescheid, auf dessen Aufhebung der Antrag des Beschwerdeführers vom 28.4.2020 gerichtet ist, ist bereits in Rechtskraft erwachsen. Damit steht dem Beschwerdeführer eine Beschwerde gegen diesen Bescheid nicht mehr offen. Dies gilt auch für Beschwerdepunkte, die der Beschwerdeführer in seiner verspäteten Beschwerde nicht aufgegriffen hat, wie z.B. das Vorbringen, er habe sich bereits in der mündlichen Verhandlung vor der Behörde gegen die Ausgestaltung der Vorderfront gerichtet, dies sei jedoch nicht protokolliert worden.

Eine Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 69 Abs. 2 AVG kommt nicht in Frage, da dem Vorbringen des Beschwerdeführers, er habe erst durch die Aussteckung des Bauplatzes bzw. die Aushubarbeiten erkennen können, welchen Einfluss der projektierte Fassadenvorsprung des zu errichtenden Hauses auf seine Liegenschaft habe, nicht zu folgen ist. Er hatte im behördlichen Verfahren ausreichend Möglichkeit, in die Einreichpläne Einsicht zu nehmen und sich über die Ausgestaltung des verfahrensgegenständlichen Gebäudes sowie die Auswirkungen auf sein Grundstück zu informieren. Er hatte Gelegenheit, allfällige Bedenken im behördlichen Verfahren einzuwenden. Davon, dass neue Tatsachen oder Beweismittel hervorgekommen wären, die er im Baubewilligungsverfahren ohne sein Verschulden nicht geltend machen hätte können, kann daher nicht die Rede sein.

Auch die anderen in § 69 AVG geregelten Gründe für eine Wiederaufnahme des Verfahrens liegen gegenständlich nicht vor. Da eine Wiederaufnahme des Verfahrens nicht in Frage kommt, konnte seinem Antrag auf Aufhebung des Baubewilligungsbescheides und auf Vorschreibung einer Auflage, wonach die Vorderfront des neuen Hauses die seines Hauses nicht überragen dürfe, sowie seinem Antrag auf Durchführung eines Lokalaugenscheines auch aus diesem Blickwinkel keine Folge gegeben werden.

Dass Gründe für eine Vorgangsweise nach § 68 AVG vorliegen würden, hat der Beschwerdeführer nicht nachvollziehbar dargelegt. Im Übrigen steht niemandem ein Anspruch auf die Ausübung des der Behörde gemäß den Absätzen 2 bis 4 zustehenden Abänderungs- und Behebungsrechts zu.

Die vom Beschwerdeführer angeführten Beeinträchtigungen sind weitgehend nicht in der Baubewilligung begründet, sondern ergeben sich aus der Bauausführung. Diese ist jedoch nicht Gegenstand des Baubewilligungsverfahrens. Wenn es im Zuge der Bauausführung zu Lärmbeeinträchtigungen oder Übergriffen auf Nachbarliegenschaften kommt, kann dies daher nicht zur Rechtswidrigkeit der Baubewilligung führen, die diesen Bauarbeiten zu Grunde liegt.

Der Umfang, in dem ein Nachbar die Benützung seines Grundes im Zuge von Bauarbeiten zu dulden hat, ist in § 126 BO geregelt. Erforderlichenfalls ist gemäß § 126 Abs. 3 BO vorzugehen. Dabei handelt es sich jedoch um ein vom Baubewilligungsverfahren getrenntes Verfahren, das mit einem Bescheid zu enden hat, der wiederum vom Verpflichteten angefochten werden kann. In diesem Verfahren kann der Verpflichtete auch geltend machen, wenn er der Ansicht ist, dass sein Eigentumsrecht im Zuge der Inanspruchnahme in unzulässiger Weise verletzt wird. Einen Einfluss auf die Baubewilligung hat dieses Verfahren nicht.

Wenn der Beschwerdeführer Verletzungen der Auflagen des Baubewilligungsbescheides behauptet (so z.B. dass die Tafel gemäß Auflagenpunkt 6.) nicht aufgestellt worden sei), so ist ihm entgegen zu halten, dass hinsichtlich der Einhaltung dieser Auflagen kein subjektiv-öffentliches Recht der Nachbarn besteht.

Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG abgesehen werden. Die entscheidungswesentlichen Punkte ergaben sich bereits aus dem Akt. Ein weiteres Ermittlungserfordernis lag nicht vor.

Es war daher der Beschwerde keine Folge zu geben und der angefochtene Bescheid zu bestätigen.

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Bescheid; Rechtskraft; Wiederaufnahme des Verfahrens

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2020:VGW.111.072.9766.2020

Zuletzt aktualisiert am

26.11.2020
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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