TE Lvwg Erkenntnis 2020/10/1 LVwG-AV-652/001-2020

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 01.10.2020
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Entscheidungsdatum

01.10.2020

Norm

NAG 2005 §11
NAG 2005 §21a
NAG 2005 §46 Abs1
ASVG §293
NAGDV 2005 §9b

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch die Richterin MMag. Dr. Cervenka-Ehrenstrasser über die Beschwerde der A, geb. ***, StA. SERBIEN, vertreten durch Rechtsanwalt C, ***, ***, gegen den Bescheid der Landeshauptfrau von Niederösterreich vom 25. Mai 2020, ***, mit dem der am 24. September 2019 gestellte Antrag auf erstmalige Erteilung des Aufenthaltstitels „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ abgewiesen wurde, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht:

1.   Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrens-gesetz (VwGVG) als unbegründet abgewiesen.

2.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Am 24.9.2019 hat A, geb. ***, StA. SERBIEN, persönlich beim Amt der NÖ Landeregierung einen Antrag auf Erteilung eines Erstaufenthaltstitels „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ gestellt.

Mit dem gegenständlich angefochtenen Bescheid der Landeshauptfrau von Niederösterreich vom 25.5.2020, Zl. ***, wurde der Antrag auf Erteilung eines Erstaufenthaltstitels „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ gemäß § 11 Abs. 2 Z 2, § 11 Abs. 2 Z 4 in Verbindung mit § 11 Abs. 5 sowie § 21a Abs. 1 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) abgewiesen.

In der Begründung wurde darauf hingewiesen, dass im Verfahren ein „Zertifikat Deutsch als Fremdsprache“, welches am 5.7.2019 von der Sprachschule „B“ in *** ausgestellt worden sei, vorgelegt worden sei. Demnach habe die Antragstellerin die Prüfung zum Zertifikat Deutsch A1 am 5.10.2019 mit „sehr gut“ bestanden. Bei diesem Zertifikat handle es sich jedoch weder um ein Sprachdiplom bzw. Kurszeugnis gemäß § 21a Abs. 6 NAG in Verbindung mit § 9b Abs. 2 NAG-DV, noch werde in diesem das Vorhandensein von Sprachkenntnissen auf A1-Niveau des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen bestätigt. Dieses Zertifikat könne somit nicht als Nachweis über Kenntnisse der deutschen Sprache im Sinne des § 21a NAG angesehen werden.

Hinsichtlich des Rechtsanspruchs auf eine ortsübliche Unterkunft wurde ausgeführt, dass im Zuge der Antragstellung der Behörde ein Unterkunftsnachweis für D vorgelegt worden sei, worin der Unterkunftgeber E rechtsverbindlich erkläre, dass der Mieter einen Rechtsanspruch auf die Benützung der Unterkunft in ***, *** mit der Wohnungsgröße von 39 m² bis auf weiteres habe. Diesem Unterkunftsnachweis sei jedoch nicht zu entnehmen, dass der Antragstellerin damit ein Wohnrecht an der Adresse in ***, *** für die Dauer der beabsichtigten Niederlassung im Bundesgebiet eingeräumt werde. Damit sei der Nachweis im Sinne des § 11 Abs. 2 Z 2 NAG nicht erbracht worden.

Dem Antrag sei zu entnehmen, dass die Familienzusammenführung mit dem Ehegatten D angestrebt werde, sodass die Behörde davon ausgehen müsse, das die Antragstellerin im Fall der Niederlassung zur Bestreitung des Lebensunterhaltes auf Mittel des unterhaltspflichtigen Familienerhalters angewiesen sein werde.

Nach dem im Verfahren vorgelegten KSV 1870-Infopass für Behörden sei betreffend den Ehemann der Antragstellerin am 6.6.2016 beim Bezirksgericht *** zur Zahl *** ein Insolvenzverfahren eröffnet worden. Per 5.10.2016 sei die Aufhebung des Insolvenzverfahrens nach Abschluss eines Zahlungsplans erfolgt. Weiters sei dem KSV 1870-Infopass für Behörden zu entnehmen, dass zwei Kreditverbindlichkeiten bestünden, nämlich ein Abstattungskredit in der Höhe von € 29.000,-- mit einer Laufzeit von 120 Monaten und einer Endfälligkeit per 1.8.2021 sowie ein Abstattungskredit in der Höhe von € 10.000,-- mit einer Laufzeit von 120 Monaten und einer Endfälligkeit per 1.12.2024. Betreffend die Höhe der Aufwendungen, welche von D zur Tilgung der Kreditverbindlichkeiten zu leisten seien, seien weder Nachweise und Unterlagen vorgelegt noch Angaben getätigt worden. Ebenso sei betreffend das Insolvenzverfahren weder der Tilgungsplan, noch Nachweise betreffend die Höhe sowie die regelmäßige Entrichtung der laut Tilgungsplan zu entrichtenden Zahlungen vorgelegt worden.

Auch betreffend die Höhe der von D für die Mitversicherung seiner Ehefrau künftig an die österreichische Gesundheitskasse zu entrichtenden Versicherungsbeiträge seien keine Angaben getätigt worden. Ausgehend von der Beitragsgrundlage im Jahr 2019 laut Versicherungsdatenauszug vom 26.3.2020 sei davon auszugehen, dass die vom Familienerhalter für die Mitversicherung an die Gebietskrankenkasse zu entrichtenden Sozialversicherungsbeiträge jährlich € 929,95 (monatlich durchschnittlich € 77,49) betragen würden.

Hinsichtlich der monatlich für die Unterkunft zu leistenden regelmäßigen Aufwendungen seien keine aktuellen Nachweise vorgelegt worden.

Das am 4.3.2019 begonnene Beschäftigungsverhältnis von D mit F sei per 20.12.2019 wieder beendet worden, vom 21.12.2019 bis 1.3.2020 sei er auf Leistungen des Arbeitsmarktservice angewiesen gewesen. Seit 17.3.2020 scheine nunmehr ein Beschäftigungsverhältnis mit der G GmbH auf. Laut Dienstvertrag werde der Ehemann der Beschwerdeführerin als Reinigungskraft beschäftigt, das Bruttogehalt betrage € 2.010,-- pro Monat.

Mangels Vorliegens der mittels Verbesserungsauftrag vom 6.3.2020 geforderten Nachweise und Unterlagen könne die Behörde nicht ohne weiteres davon ausgehen, dass er derzeit sowie auch künftig für die Dauer der beabsichtigten Niederlassung der Ehefrau Einkünfte erzielen werde können, welche dem Rechtsatz gemäß § 293 ASVG entsprechen. Weiters sei zu berücksichtigen, dass die Beschäftigungsverhältnisse von D jeweils nur von kurzer Dauer gewesen seien und aufgrund des anhängig gewesenen Insolvenzverfahrens die von ihm erzielten Einkünfte offensichtlich bereits in der Vergangenheit nicht zur Bestreitung seines Lebensunterhalts und seiner eingegangenen Verpflichtungen ausgereicht hätten. Damit könne nicht ausgeschlossen werden, dass die Antragstellerin auf finanzielle Unterstützung der Sozialhilfeträger angewiesen sein werde, so dass der Nachweis im Sinne der Bestimmung des § 11 Abs. 2 Z 4 in Verbindung mit § 11 Abs. 5 NAG nicht erbracht worden sei.

Zur Interessenabwägung gemäß § 11 Abs. 3 NAG wurde ausgeführt, dass die Antragstellerin die Ehe am 22.6.2019 – kurz vor der Antragstellung – in ihrem Heimatland geschlossen habe. In Österreich habe sie noch nie über einen Aufenthaltstitel verfügt. Sie sei bereits mehrmals visumfrei im Bundesgebiet aufhältig gewesen. Es könne davon ausgegangen werden, dass in Serbien auch eine wirtschaftliche und soziale Struktur bestehe und Bindungen im Ausland vorhanden seien, da sie dorthin nach Ablauf der visumfreien Zeit zurückgekehrt sei. Dass sie mit dem Ehemann ein länger andauerndes gemeinsames Familienleben geführt habe, sei nicht behauptet worden. Das Privat- und Familienleben mit dem Ehemann sei zu einem Zeitpunkt entstanden, in dem ihr bewusst sein habe müssen, dass sie sich nur kurzfristig, jeweils nur im Zeitraum des visumsfreien Aufenthaltes, als Tourist im Bundesgebiet aufhalten dürfe. Sie habe die prägenden Jahre nicht in Österreich verbracht, es hätten von ihr auch keine nennenswerten Bestrebungen zur besonderen Integration festgestellt werden können. Es würden zwar im Antrag familiäre Bindungen zu in Österreich lebenden, aufenthaltsberechtigten Familienangehörigen vorgebracht, dass tatsächliche Bestehen eines Familienlebens aber nicht. Die Abwägung der gegenüberstehenden lnteressenslagen gehe daher zu ihren Lasten, weil das öffentliche Interesse an der Einhaltung einschlägiger Zuwanderungsbestimmungen ihr persönliches Interesse an einer Neuzuwanderung überwiege. Im Übrigen sei aufgrund des Fehlens einer besonderen Erteilungsvoraussetzung gemäß § 21a Abs. 1 NAG eine Interessenabwägung auch gar nicht erforderlich.

Dagegen hat A, vertreten durch Rechtsanwalt C, ***, ***, fristgerecht Beschwerde erhoben und beantragt, der Beschwerde nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung Folge zu geben und der Beschwerdeführerin einen Aufenthaltstitel zu erteilen, in eventu den Bescheid zu beheben und die Sache zur neuerlichen Entscheidung an die Behörde erster Instanz zurückzuverweisen.

Dazu wurde vorgebracht, dass der Ehegatte der Beschwerdeführerin derzeit bei der Firma G GmbH aufrecht beschäftigt sei und ein Nettoeinkommen in der Höhe von rund € 1.500,-- monatlich, zahlbar 14 Mal jährlich, beziehe. Somit stehe ihm ein Nettoeinkommen unter Berücksichtigung der Sonderzahlungen in Höhe von € 1.750,-- zur Verfügung. Der Dienstvertrag sei unbefristet, die Probezeit sei bereits am 17.4.2020 abgelaufen.

Zu den Zahlungsverpflichtungen wurde vorgebracht, dass der Ehegatte der Beschwerdeführerin ausschließlich Zahlungsverpflichtungen aus seinem „Privatkonkurs“ habe und monatlich ca. Euro 124 als Rate aufgrund eines Zahlungsplans direkt an die Gläubiger zahle. Dies ergebe dann einen Betrag von € 123,48. Weitere Zahlungsverpflichtungen würden nicht bestehen, lediglich für die Wohnung falle eine Miete in Höhe von € 276,-- pro Monat an. Unter Berücksichtigung des Wertes der freien Station und der Kosten für die allfällige Mitversicherung der Beschwerdeführerin würde damit das vorhandene Einkommen jedenfalls den aktuellen Richtwert von € 1.472,-- übersteigen. Weder der Ehemann der Beschwerdeführerin noch diese hätten Kinder aus anderen Beziehungen, gegenüber welchen Unterhaltsverpflichtungen bestünden.

Zu den Kreditverbindlichkeiten wurde noch vorgebracht, dass diese alle vor Konkurseröffnung eingegangen worden seien und somit diesbezüglich keinerlei Zahlungsverpflichtung des Ehegatten mehr bestehe. Dies sei gerade Sinn und Zweck des Insolvenzverfahrens, dass während des Verfahrens und nach Erfüllung des Zahlungsplanes diese ursprünglichen Forderungen zur Gänze getilgt seien.

Damit sei eine finanzielle Belastung einer Gebietskörperschaft entgegen der Ansicht der Behörde ausgeschlossen.

Letztlich sei aber auch eine Verletzung von Art. 8 EMRK durch die Versagung des beantragten Aufenthaltstitels gegeben. Durch den angefochtenen Bescheid werde der Beschwerdeführerin das Zusammenleben mit ihrem Ehemann in Österreich unmöglich gemacht.

Mit Schreiben vom 18.6.2020 hat die Landeshauptfrau von Niederösterreich die Beschwerde und den Verwaltungsakt dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich zur Entscheidung vorgelegt.

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat am 15.7.2020 eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, die am 25.9.2020 fortgesetzt wurde. In dieser Verhandlung wurde Beweis erhoben durch Verlesung des Aktes der Landeshauptfrau von Niederösterreich zur Zl. ***, sowie des Aktes das Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich zur Zl. LVwG-AV-652-2020, sowie durch Einvernahme des Ehemanns der Beschwerdeführerin, D. Weiters wurde in der Verhandlung vom 15.7.2020 ein Zertifikat Deutsch A1 des Goethe-Instituts vorgelegt. Im Anschluss an die Verhandlung vom 15.7.2020 wurden ergänzende Unterlagen vorgelegt, nämlich unter anderem:

ein Mietvertrag über die Wohnung in ***, ***,

Kontoauszüge vom 14.8.2020, vom 7.8.2020 und vom 11.7.2020,

ein Versicherungsdatenauszug vom 27.7.2020,

Mitteilung über den Leistungsanspruch des Arbeitsmarktservices *** vom 8.10.2020,

Dienstvertrag über das Beschäftigungsverhältnis von D bei der Firma H GmbH & Co KG,

Lohn/Gehaltszettel für Juli 2020

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat dazu wie folgt erwogen:

Aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens geht das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich von folgenden entscheidungsrelevanten Feststellungen aus:

A, geb. ***, ist Staatsbürgerin Serbiens. Seit 22.6.2019 ist sie mit D, geb. ***, verheiratet. Ihr Ehemann ist ebenfalls serbischer Staatsbürger, er ist mit dem Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ in Österreich niedergelassen. Ein Quotenplatz wurde am 1.1.2020 aus dem Quotenkontingent 2020 zugewiesen. Der Reisepass der Beschwerdeführerin ist bis 9.7.2029 gültig.

Die Beschwerdeführerin beabsichtigt in ***, *** zu wohnen. Bei dieser Wohnung handelt es sich um eine Mietwohnung im Ausmaß von 39 m², bestehend aus einem Zimmer, Küche, Bad mit WC und Vorraum. Über diese Wohnung hat der Ehemann einen unbefristeten Mietvertrag, beginnend am 1.1.2018, abgeschlossen. Die Höhe des Mietzinses inklusive Betriebskosten und USt. beträgt € 276,15. In dieser Wohnung lebt derzeit nur der Ehemann der Beschwerdeführerin. Bei dieser Wohnung handelt es sich um eine ortsübliche Unterkunft.

Der Ehemann der Beschwerdeführerin ist seit 13.7.2020 als Reinigungskraft bei der H GmbH & Co KG Vollzeit beschäftigt. Bei diesem Beschäftigungsverhältnis handelt es sich um ein unbefristetes Dienstverhältnis, der Bruttomonatslohn beträgt € 1.676,58 (= netto € 1.358,33). Unter Berücksichtigung von Urlaubszuschuss und Weihnachtsremuneration ergibt dies gemäß dem Brutto-Netto-Rechner des BMF einen Nettomonatslohn in Höhe von € 1.587,--.

Davor war der Ehemann der Beschwerdeführerin von 17.3.2020 bis 28.6.2020 bei der G GmbH als Arbeiter beschäftigt. Der Dienstvertrag wurde am 17.3.2020 mit einer Probezeit bis 17.4.2020 über eine Normalarbeitszeit von 40 Stunden pro Woche abgeschlossen. Von 8.7.2020 bis 12.7.2020 hat er Arbeitslosengeld in Höhe von € 32,22 täglich bezogen, ebenso hat er von 21.12.2019 bis 1.3.2020 Arbeitslosengeld bezogen.

Mit Beschluss des Bezirksgericht *** wurde am 8.6.2016 über D ein Schuldenregulierungsverfahren zur Zl. *** eröffnet. Nach rechtskräftiger Bestätigung des Zahlungsplans wurde mit Beschluss vom 5.10.2016 das Schuldenregulierungsverfahren aufgehoben. Aufgrund dessen ist der Ehemann der Beschwerdeführerin zu monatlichen Zahlungen in der Höhe von insgesamt € 123,48 verpflichtet. Die Zahlungsfrist endet am 12.9.2023.

Der Ehemann der Beschwerdeführerin hat folgende regelmäßige monatliche Aufwendungen:

€ 276,15 für Miete

€ 123,48 Zahlungen aufgrund des Insolvenzverfahrens

€ 49,20-- monatlich an Stromkosten

€ 56,67 für die KFZ-Haftpflichtversicherung bei der I

ca. € 25 für Mobiltelefonie

Weiters kommen noch die monatlichen Kosten für die Mitversicherung der Beschwerdeführerin in der Krankenkasse dazu.

Im Verfahren vor der belangten Behörde wurde ein Zertifikat Deutsch A1 der Sprachschule B vom 5.7.2019 vorgelegt, wonach die Beschwerdeführerin die Prüfung am 5.7.2019 mit sehr gutem Erfolg abgelegt hat. Am 19.6.2020 hat sie schließlich die Prüfung Deutsch A1 am Goethe Institut in *** bestanden.

Sie ist unbescholten.

Die nunmehrige Beschwerdeführerin lebt alleine in einer Wohnung in Serbien, sie hat dort keine lebenden Verwandten mehr, sie ist nicht berufstätig, ihr Ehemann übermittelt ihr monatlich ca. € 250,--. Die beiden kennen sich bereits seit früher Jugend, während der Zeit des visumsfreien Aufenthalts ist die Beschwerdeführerin in Österreich, zusätzlich besteht täglich telefonischer Kontakt bzw. auch durch Videotelefonate. Jedes Wochenende ist der Ehemann der Beschwerdeführerin nach Serbien zu seiner Frau gefahren, aufgrund der aktuellen Situation aufgrund des neuartigen Coronavirus Sars CoV 2 ist dies derzeit nicht möglich.

Zu diesen Feststellungen gelangt das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich aufgrund folgender Beweiswürdigung:

Die Feststellungen beruhen auf der Einsichtnahme in den unbedenklichen Verwaltungsakt, auf den im Verfahren vorgelegten Urkunden sowie auf dem Ergebnis der mündlichen Verhandlungen.

Im vorgelegten Verwaltungsakt ist die Heiratsurkunde vom 26.6.2019 sowie die Kopie des Reisepasses der Beschwerdeführerin und die Kopie der Aufenthaltstitelkarte des Ehemanns der Beschwerdeführerin enthalten, weiters geht aus dem vorgelegten Verwaltungsakt hervor, dass ein Quotenplatz am 1.1.2020 zugeteilt werden konnte.

Im Beschwerdeverfahren wurde schließlich ein Mietvertrag über die Wohnung in ***, *** vorgelegt, aus dem einerseits die Größe der Wohnung, andererseits die Höhe des Mietzinses hervorgehen. Soweit seitens der belangten Behörde in der mündlichen Verhandlung vom 25.9.2020 eingewendet wurde, dass nicht erkennbar sei, ob der Abschluss des Mietvertrags durch die Hausverwaltung auch von der vom Hauseigentümer erteilten Vollmacht gedeckt sei, ist dem entgegenzuhalten, dass derartige Rechtsgeschäfte üblicherweise zum Tätigkeitsbereich von Hausverwaltungen gehören und nicht erkennbar ist, warum dies gegenständlich nicht der Fall sein sollte. Das diese Unterkunft ortsüblich ist, wurde bereits im Verfahren vor der belangten Behörde mit Schreiben der Stadtgemeinde *** vom 5.5.2020 bestätigt. In diesem Schreiben weist die Gemeinde auch darauf hin, dass laut Melderegister an der gegenständlichen Unterkunft weiters J seinen Hauptwohnsitz begründet hat. In der mündlichen Verhandlung hat der Ehemann der Beschwerdeführerin als Zeuge vernommen glaubhaft dargelegt, dass nur er an dieser Adresse wohnhaft sei, sodass davon auszugehen ist, dass es sich hierbei um einen früheren Mieter handelt, der nicht ordnungsgemäß abgemeldet wurde.

Im Verfahren vor der belangten Behörde wurde ein Dienstvertrag zum Beschäftigungsverhältnis des Ehemanns der Beschwerdeführerin bei der Firma G GmbH vorgelegt, wonach dieser nach Ablauf der Probezeit am 17.4.2020 ein unbefristetes Dienstverhältnis eingegangen ist. Weiters wurde im Verfahren vor der Behörde eine Mitteilung über den Leistungsanspruch des AMS *** vom 23.12.2019 vorgelegt, woraus hervorgeht, dass er von 1.1.2020 an Arbeitslosengeld in der Höhe von € 32,22 bezogen hat. Im Beschwerdeverfahren wurde schließlich eine weitere Mitteilung des Arbeitsmarktservices *** vorgelegt, worauf die Feststellung zur Höhe des Arbeitslosengelds nach Beendigung des Dienstverhältnisses bei der Firma G GmbH bis zur Aufnahme der Beschäftigung bei der H GmbH & Co. KG beruht.

Die Feststellungen zu den Aufwendungen des Ehemanns der Beschwerdeführerin beruhen auf dessen glaubhaften Angaben in der mündlichen Verhandlung, worin er dargelegt hat, dass er für eine KFZ-Haftpflichtversicherung bei der I für einen Fiat Stilo im Quartal ca. € 170 zu leisten habe, wobei dieser Betrag variiere, da er unfallfrei fahre und in der Stufe 0 eingestuft sei. Dass er monatlich ca. € 49,20 an Stromkosten für die K GmbH & Co KG zu leisten hat, hat er in der mündlichen Verhandlung angegeben und dies durch die Vorlage einer Zahlungsanweisung belegt. Im Verfahren vor der belangten Behörde wurde weiters ein Kontoauszug über den Zeitraum 8.2.2019 bis 23.8.2019, woraus hervorgeht, dass es abgesehen von den festgestellten Aufwendungen keine weiteren regelmäßigen Aufwendungen gibt. Die Feststellungen zum Insolvenzverfahren betreffend den Ehemann der Beschwerdeführerin beruhen auf dem KSV1870-Infopass für Behörden vom 18.9.2020, sie sind auch nicht strittig, die Höhe der aufgrund des Insolvenzverfahrens zu leistenden monatlichen Zahlungen laut Zahlungsplan sind durch die vorgelegten Kontoauszüge belegt.

Hinsichtlich der Feststellungen zur Lebenssituation der Beschwerdeführerin in Serbien folgt das Gericht der glaubhaften Aussage ihres Ehemanns in der mündlichen Verhandlung, welcher die Beschwerdeführerin nicht widersprochen hat.

In der mündlichen Verhandlung vom 15. Juli 2020 wurde schließlich der Nachweis von Deutschkenntnissen durch die Vorlage des Goethe-Zertifikates A1 vom 19.6.2020 vorgelegt, das im Original in der Verhandlung eingesehen wurde. Demnach hat die nunmehrige Beschwerdeführerin am 19.7.2020 die Prüfung bestanden. Die Feststellung zum Zertifikat Deutsch A1 der Sprachschule B beruht auf der im Behördenverfahren vorgelegten Urkunde.

Dass die Beschwerdeführerin unbescholten ist, ist durch den Strafregisterauszug der Republik Serbien, Amtsgericht in *** vom 17.8.2019 belegt.

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat dazu rechtlich wie folgt erwogen:

Gemäß § 17 VwGVG sind auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles ... und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Folgende rechtliche Bestimmungen kommen zur Anwendung:

§ 2 Abs. 1 Z. 1, 6 und 9 NAG lauten:

(1) Im Sinne dieses Bundesgesetzes ist

1.   Fremder: wer die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzt;

6.   Drittstaatsangehöriger: ein Fremder, der nicht EWR-Bürger oder Schweizer Bürger ist;

9.   Familienangehöriger: wer Ehegatte oder minderjähriges lediges Kind, einschließlich Adoptiv- oder Stiefkind, ist (Kernfamilie); dies gilt weiters auch für eingetragene Partner; Ehegatten und eingetragene Partner müssen das 21. Lebensjahr zum Zeitpunkt der Antragstellung bereits vollendet haben; lebt im Fall einer Mehrfachehe bereits ein Ehegatte gemeinsam mit dem Zusammenführenden im Bundesgebiet, so sind die weiteren Ehegatten keine anspruchsberechtigten Familienangehörigen zur Erlangung eines Aufenthaltstitels;

§ 8 Abs. 1 Z. 2 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) lautet:

(1) Aufenthaltstitel werden erteilt als:

2. Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“, der zur befristeten Niederlassung und zur Ausübung einer selbständigen Erwerbstätigkeit und einer unselbständigen Erwerbstätigkeit gemäß § 17 AuslBG berechtigt;

§ 46 NAG lautet auszugsweise:

(1) Familienangehörigen von Drittstaatsangehörigen ist ein Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ zu erteilen, wenn sie die Voraussetzungen des 1. Teiles erfüllen, und

1.

der Zusammenführende einen Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot – Karte“ gemäß § 41, einen Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ gemäß § 41a Abs. 1, 4 oder 7a, eine Niederlassungsbewilligung gemäß § 43 Abs. 1, eine „Niederlassungsbewilligung – Sonderfälle unselbständiger Erwerbstätigkeit“, sofern dieser Niederlassungsbewilligung eine Tätigkeit gemäß § 1 Abs. 2 lit. f und i AuslBG zu Grunde liegt, oder eine „Niederlassungsbewilligung – Forscher“ gemäß § 43c innehat,

1a.

der Zusammenführende als nunmehriger Inhaber eines Aufenthaltstitels „Daueraufenthalt – EU“ ursprünglich einen Aufenthaltstitel nach Z 1 innehatte,

2.

ein Quotenplatz vorhanden ist und der Zusammenführende

a)

einen Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt – EU“ innehat,

b)

einen Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“, ausgenommen einen solchen gemäß § 41a Abs. 1, 4 oder 7a innehat,

c)

Asylberechtigter ist und § 34 Abs. 2 AsylG 2005 nicht gilt, oder

d.

als unionsrechtlich aufenthaltsberechtigter Drittstaatsangehöriger über eine Aufenthaltskarte gemäß § 54 oder eine Daueraufenthaltskarte gemäß § 54a verfügt.

§ 21a NAG lautet auszugsweise:

(1) Drittstaatsangehörige haben mit der Stellung eines Erstantrages auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 8 Abs. 1 Z 2, 4, 5, 6 oder 8 Kenntnisse der deutschen Sprache nachzuweisen. Dieser Nachweis hat mittels eines allgemein anerkannten Sprachdiploms oder Kurszeugnisses einer durch Verordnung gemäß Abs. 6 oder 7 bestimmten Einrichtung zu erfolgen, in welchem diese schriftlich bestätigt, dass der Drittstaatsangehörige über Kenntnisse der deutschen Sprache zumindest zur elementaren Sprachverwendung auf einfachstem Niveau verfügt. Das Sprachdiplom oder das Kurszeugnis darf zum Zeitpunkt der Vorlage nicht älter als ein Jahr sein.

(2) Abs. 1 gilt auch für Drittstaatsangehörige, die einen Antrag auf erstmalige Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 8 Abs. 1 Z 2, 4, 5, 6 oder 8 im Zuge eines Verfahrens gemäß § 24 Abs. 4 oder § 26 stellen.

(3) Der Nachweis gilt überdies als erbracht, wenn die Voraussetzungen zur Erfüllung des Moduls 1 oder 2 der Integrationsvereinbarung (§§ 14a und 14b) vorliegen.

(4) Abs. 1 gilt nicht für Drittstaatsangehörige,

1.

die zum Zeitpunkt der Antragstellung unmündig sind,

2.

denen auf Grund ihres physischen oder psychischen Gesundheitszustandes die Erbringung des Nachweises nicht zugemutet werden kann; dies hat der Drittstaatsangehörige durch ein amtsärztliches Gutachten oder ein Gutachten eines Vertrauensarztes einer österreichischen Berufsvertretungsbehörde nachzuweisen, oder

3.

die Familienangehörige von Inhabern eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 41 Abs. 1, 42 oder 45 Abs. 1, letztere sofern der Zusammenführende ursprünglich einen Aufenthaltstitel „Blaue Karte EU“ innehatte, sind.

(5) Die Behörde kann auf begründeten Antrag eines Drittstaatsangehörigen von einem Nachweis nach Abs. 1 absehen:

1.

im Fall eines unbegleiteten Minderjährigen (§ 2 Abs. 1 Z 17) zur Wahrung des Kindeswohls, oder

2.

zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK (§ 11 Abs. 3).

Die Stellung eines solchen Antrages ist nur bis zur Erlassung des Bescheides zulässig. Über diesen Umstand ist der Drittstaatsangehörige zu belehren; § 13 Abs. 3 AVG gilt.

§ 11 Abs. 1 bis 5 NAG lautet auszugsweise:

(1) Aufenthaltstitel dürfen einem Fremden nicht erteilt werden, wenn

1.

gegen ihn ein aufrechtes Einreiseverbot gemäß § 53 FPG oder ein aufrechtes Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG besteht;

2.

gegen ihn eine Rückführungsentscheidung eines anderen EWR-Staates oder der Schweiz besteht;

3.

gegen ihn eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung erlassen wurde und seit seiner Ausreise nicht bereits achtzehn Monate vergangen sind, sofern er nicht einen Antrag gemäß § 21 Abs. 1 eingebracht hat, nachdem er seiner Ausreiseverpflichtung freiwillig nachgekommen ist;

4.

eine Aufenthaltsehe, Aufenthaltspartnerschaft oder Aufenthaltsadoption (§ 30 Abs. 1 oder 2) vorliegt;

5.

eine Überschreitung der Dauer des erlaubten visumfreien oder visumpflichtigen Aufenthalts im Zusammenhang mit § 21 Abs. 6 vorliegt oder

6.

er in den letzten zwölf Monaten wegen Umgehung der Grenzkontrolle oder nicht rechtmäßiger Einreise in das Bundesgebiet rechtskräftig bestraft wurde.

(2) Aufenthaltstitel dürfen einem Fremden nur erteilt werden, wenn

1.

der Aufenthalt des Fremden nicht öffentlichen Interessen widerstreitet;

2.

der Fremde einen Rechtsanspruch auf eine Unterkunft nachweist, die für eine vergleichbar große Familie als ortsüblich angesehen wird;

3.

der Fremde über einen alle Risken abdeckenden Krankenversicherungsschutz verfügt und diese Versicherung in Österreich auch leistungspflichtig ist;

4.

der Aufenthalt des Fremden zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen könnte;

5.

durch die Erteilung eines Aufenthaltstitels die Beziehungen der Republik Österreich zu einem anderen Staat oder einem anderen Völkerrechtssubjekt nicht wesentlich beeinträchtigt werden;

6.

der Fremde im Fall eines Verlängerungsantrages (§ 24) das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, rechtzeitig erfüllt hat, und

7.

in den Fällen der §§ 58 und 58a seit der Ausreise in einen Drittstaat gemäß § 58 Abs. 5 mehr als vier Monate vergangen sind.

(3) Ein Aufenthaltstitel kann trotz Vorliegens eines Erteilungshindernisses gemäß Abs. 1 Z 3, 5 oder 6 sowie trotz Ermangelung einer Voraussetzung gemäß Abs. 2 Z 1 bis 7 erteilt werden, wenn dies zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (Europäische Menschenrechtskonvention – EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, geboten ist. Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.

die Art und Dauer des bisherigen Aufenthalts und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen rechtswidrig war;

2.

das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens;

3.

die Schutzwürdigkeit des Privatlebens;

4.

der Grad der Integration;

5.

die Bindungen zum Heimatstaat des Drittstaatsangehörigen;

6.

die strafgerichtliche Unbescholtenheit;

7.

Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts;

8.

die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Drittstaatsangehörigen in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren;

9.

die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(4) Der Aufenthalt eines Fremden widerstreitet dem öffentlichen Interesse (Abs. 2 Z 1), wenn

1.

sein Aufenthalt die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährden würde oder

2.

der Fremde ein Naheverhältnis zu einer extremistischen oder terroristischen Gruppierung hat und im Hinblick auf deren bestehende Strukturen oder auf zu gewärtigende Entwicklungen in deren Umfeld extremistische oder terroristische Aktivitäten derselben nicht ausgeschlossen werden können, oder auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass er durch Verbreitung in Wort, Bild oder Schrift andere Personen oder Organisationen von seiner gegen die Wertvorstellungen eines europäischen demokratischen Staates und seiner Gesellschaft gerichteten Einstellung zu überzeugen versucht oder versucht hat oder auf andere Weise eine Person oder Organisation unterstützt, die die Verbreitung solchen Gedankengutes fördert oder gutheißt.

(5) Der Aufenthalt eines Fremden führt zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft (Abs. 2 Z 4), wenn der Fremde feste und regelmäßige eigene Einkünfte hat, die ihm eine Lebensführung ohne Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen der Gebietskörperschaften ermöglichen und der Höhe nach den Richtsätzen des § 293 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955, entsprechen. Feste und regelmäßige eigene Einkünfte werden durch regelmäßige Aufwendungen geschmälert, insbesondere durch Mietbelastungen, Kreditbelastungen, Pfändungen und Unterhaltszahlungen an Dritte nicht im gemeinsamen Haushalt lebende Personen. Dabei bleibt einmalig ein Betrag bis zu der in § 292 Abs. 3 zweiter Satz ASVG festgelegten Höhe unberücksichtigt und führt zu keiner Erhöhung der notwendigen Einkünfte im Sinne des ersten Satzes. Bei Nachweis der Unterhaltsmittel durch Unterhaltsansprüche (§ 2 Abs. 4 Z 3) oder durch eine Haftungserklärung (§ 2 Abs. 1 Z 15) ist zur Berechnung der Leistungsfähigkeit des Verpflichteten nur der das pfändungsfreie Existenzminimum gemäß § 291a der Exekutionsordnung (EO), RGBl. Nr. 79/1896, übersteigende Einkommensteil zu berücksichtigen. In Verfahren bei Erstanträgen sind soziale Leistungen nicht zu berücksichtigen, auf die ein Anspruch erst durch Erteilung des Aufenthaltstitels entstehen würde, insbesondere Sozialhilfeleistungen oder die Ausgleichszulage.

§ 293 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG) lautet:

(1) Der Richtsatz beträgt unbeschadet des Abs. 2

      a) für Pensionsberechtigte aus eigener Pensionsversicherung,

       aa) wenn sie mit dem Ehegatten (der Ehegattin) oder dem/der eingetragenen PartnerIn im gemeinsamen Haushalt leben (Anm.: gemäß § 727 Abs. 2 ASVG für das Kalenderjahr 2020:
1.524,99 €)                                                                           1 120,00 €,

       bb) wenn die Voraussetzungen nach sublit. aa nicht zutreffen (Anm.: für 2020: 966,65 €)                    882,78 €,

      b) für Pensionsberechtigte auf Witwen(Witwer)pension oder Pension nach § 259 (Anm.: für 2020: 966,65 €)                     747,00 €,

      c) für Pensionsberechtigte auf Waisenpension:

       aa) bis zur Vollendung des 24. Lebensjahres (Anm.: für 2020: 355,54 €)                     274,76 €,

            falls beide Elternteile verstorben sind (Anm.: für 2020: 533,85 €)  412,54 €,

       bb) nach Vollendung des 24. Lebensjahres (Anm.: für 2020: 631,80 €)  488,24 €,

            falls beide Elternteile verstorben sind (Anm.: für 2020: 966,65 €)  747,00 €.

Der Richtsatz nach lit. a erhöht sich um 120,96 € (Anm.: für 2020: 149,15 €) für jedes Kind (§ 252), dessen Nettoeinkommen den Richtsatz für einfach verwaiste Kinder bis zur Vollendung des 24. Lebensjahres nicht erreicht.

(2) An die Stelle der Richtsätze und der Richtsatzerhöhung gemäß Abs. 1 treten ab 1. Jänner eines jeden Jahres, erstmals ab 1. Jänner 2001, die unter Bedachtnahme auf § 108 Abs. 6 mit dem Anpassungsfaktor (§ 108f) vervielfachten Beträge.

(3) Hat eine Person Anspruch auf mehrere Pensionen aus einer Pensionsversicherung nach diesem oder einem anderen Bundesgesetz, so ist der höchste der in Betracht kommenden Richtsätze anzuwenden. In diesem Fall gebührt die Ausgleichszulage zu der Pension, zu der vor Anfall der weiteren Pension Anspruch auf Ausgleichszulage bestanden hat, sonst zur höheren Pension.

(4) Haben beide Ehegatten oder eingetragenen PartnerInnen Anspruch auf eine Pension aus einer Pensionsversicherung nach diesem oder einem anderen Bundesgesetz und leben sie im gemeinsamen Haushalt, so besteht der Anspruch auf Ausgleichszulage bei der Pension, bei der er früher entstanden ist.

(5) Aufgehoben.

§ 9b Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz-Durchführungsverordnung (NAG-DV) lautet:

(1) Kenntnisse der deutschen Sprache zur elementaren Sprachverwendung auf einfachstem Niveau im Sinne des § 21a Abs. 1 NAG entsprechen dem A1-Niveau des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen (Gemeinsamer Europäischer Referenzrahmen für Sprachen: lernen, lehren, beurteilen, Berlin u.a., Langenscheidt 2001).

(2) Als Nachweis über ausreichende Deutschkenntnisse im Sinne des § 21a Abs. 1 NAG gelten allgemein anerkannte Sprachdiplome von folgenden Einrichtungen:

1.

Österreichisches Sprachdiplom Deutsch;

2.

Goethe-Institut e.V.;

3.

Telc GmbH;

4.

Österreichischer Integrationsfonds.

(3) Aus dem Sprachdiplom muss hervorgehen, dass der Fremde über Kenntnisse der deutschen Sprache zumindest auf A1-Niveau des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen verfügt. Andernfalls gilt der Nachweis über ausreichende Deutschkenntnisse als nicht erbracht.

Der Antrag der Beschwerdeführerin lautet auf Erteilung eines Erstaufenthaltstitels „Rot-Weiß-Rot-Karte plus“ gemäß § 46 NAG. Aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt sich dazu zunächst, dass der Ehemann der nunmehrigen Beschwerdeführerin serbischer Staatsbürger ist. Die Beschwerdeführerin ist auch als dessen Ehefrau gemäß § 2 Abs. 1 Z. 9 NAG Familienangehörige des Zusammenführenden und als Staatsangehörige Serbiens Drittstaatsangehörige im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 6 NAG.

Gemäß § 21a Abs. 1 NAG haben Drittstaatsangehörige mit der Stellung eines Erstantrags auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 8 Abs. 1 Z 2, 4, 5, 6 oder 8 Kenntnisse der deutschen Sprache nachzuweisen. Das Sprachdiplom oder das Kurszeugnis darf zum Zeitpunkt der Vorlage nicht älter als ein Jahr sein. Beim beantragten Aufenthaltstitel gemäß § 46 NAG handelt es sich um einen Aufenthaltstitel gemäß § 8 Abs. 1 Z 2 NAG. Dazu wurde festgestellt, dass die nunmehrige Beschwerdeführerin im Beschwerdeverfahren die Prüfung Deutsch A1 am Goethe Institut in *** am 19.6.2020, somit während des Beschwerdeverfahrens, positiv absolviert und dies durch Vorlage des Zertifikats belegt hat. Im Verfahren vor der belangten Behörde war ein Zertifikat Deutsch A1 der Sprachschule B vom 5.7.2019 vorgelegt worden, welches seitens der belangten Behörde zu Recht nicht als ausreichender Nachweis für Kenntnisse der deutschen Sprache gemäß § 21a NAG gewertet worden war, da es sich bei dem Sprachinstitut nicht um eine Einrichtung gemäß § 9b Abs. 2 NAG-DV handelt. Seitens der belangten Behörde wurde zum im Beschwerdeverfahren vorgelegten Deutschnachweis eingewendet, dass dieses Deutsch-Zertifikat nicht mehr anerkannt werden könne, da dieses jedenfalls bis zum Abschluss des erstinstanzlichen Verfahrens vorgelegt werden hätte müssen. Diesbezüglich wurde auf ein Judikat des Landesverwaltungsgerichts Steiermark vom 12.11.2014, LVwG 26.20-4173/2014, verwiesen.

Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob der im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides zurecht angezogene Abweisungsgrund, dass entgegen § 21a Abs. 1 NAG kein Sprachzertifikat vorgelegt wurde, aufrechterhalten werden kann, wenn vor der Entscheidung des Verwaltungsgerichts ein im Zeitpunkt der Antragstellung noch nicht vorhandenes, aber ansonsten den Anforderungen des § 21a Abs. 1 NAG genügendes Sprachzertifikat vorgelegt wurde.

Zu dieser Frage liegt noch keine Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs vor. Mit Erkenntnis vom 9.8.2018, Ra 2018/22/0008, hat der Verwaltungsgerichtshof lediglich festgehalten, dass das Verwaltungsgericht - ungeachtet dessen, dass für die zum Zeitpunkt der Antragstellung noch einschlägige Aufenthaltsbewilligung „Sonderfälle unselbständiger Erwerbstätigkeit“ nach § 62 NAG keine Deutschkenntnisse nachzuweisen waren – vor Erteilung der Niederlassungsbewilligung nach § 43b NAG das Vorliegen der Voraussetzung des § 21a Abs. 1 NAG prüfen hätte müssen. Im Hinblick auf die Änderung der Rechtslage während des laufenden Verfahrens habe ein Nachweis der Deutschkenntnisse zwar nicht bereits mit der Stellung des Erstantrages verlangt werden können. Jedenfalls im Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichtes mussten die entsprechenden Sprachkenntnisse in einer Konstellation wie der vorliegenden aber nachgewiesen sein.

Bei einer sehr engen, reinen Wortlaut Interpretation des § 21a Abs. 1 NAG, wonach der Antragsteller „mit der Stellung eines Erstantrags“ Kenntnisse der deutschen Sprache nachweisen muss, wobei das Sprachdiplom zum Zeitpunkt der Vorlage nicht älter als ein Jahr sein darf, ist wohl zunächst davon auszugehen, dass ein von einer entsprechenden Einrichtung ausgestellte Zertifikat bereits im Zeitpunkt der Stellung des Antrags vorgelegt werden muss, da bei der späteren Vorlage der Nachweis nicht „mit der Stellung des Erstantrags“ erbracht wäre. Allerdings stellt nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs das Fehlen von Unterlagen einen verbesserungsfähigen Mangel im Sinne des § 13 Abs. 3 AVG dar. Weist der verfahrenseinleitende Antrag einen Mangel auf, ist dieser Mangel gemäß § 13 Abs. 3 AVG somit grundsätzlich einer Verbesserung zuzuführen. Dass die Behebung von Mängeln schriftlicher Anbringen auch noch im Verfahren vor dem LVwG zulässig ist, hat der VwGH etwa mit E vom 3.8.2016, Ro 2016/07/0008 (mit Verweis auf E 27.6.2013, 2013/07/0035, mwN; vgl. auch 30.6.2015, Ra 2015/06/0051) ausgesprochen.

Weiters ist zu beachten, dass im verwaltungsgerichtlichen Verfahren kein Neuerungsverbot besteht und das Verwaltungsgericht das Vorliegen der Erteilungsvoraussetzungen anhand der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt seiner Entscheidung zu beurteilen hat, unabhängig davon, ob dies im Vergleich zu einer Beurteilung anhand der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides für den Betroffenen günstiger oder ungünstiger ist. So ist zum Beispiel auch ein im Zuge des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens eingetretener Verlust der Familieneigenschaft durch Erreichen der Volljährigkeit zu berücksichtigen und dürfen bzw. müssen etwa bei der Prognose der zu erwartenden finanziellen Mittel ein seit Erlassung des angefochtenen Bescheides erfolgter Wechsel des Arbeitsplatzes des Zusammenführenden oder Änderungen im Hinblick auf den Rechtsanspruch auf eine ortsübliche Unterkunft entsprechend berücksichtigt werden. Dementsprechend hat der Verwaltungsgerichtshof auch festgehalten, dass das Verwaltungsgericht vor Erteilung eines Aufenthaltstitels das Vorliegen sämtlicher Erteilungsvoraussetzungen zu prüfen hat, nicht nur jener, die im behördlichen Verfahren als nicht vorliegend erachtet worden sind (vgl. VwGH 9.8.2018, Ra 2018/22/0008; 23.5.2018, Ra 2018/22/0023).

Weiters ist der Zweck der Bestimmung zu beachten, wonach Drittstaatsangehörige, die sich nicht bloß vorübergehend in Österreich aufhalten wollen, bereits von Beginn an zumindest im unbedingt notwendigen Ausmaß am gesellschaftlichen Leben in Österreich teilhaben können. Dementsprechend soll nach der gesetzlichen Bestimmung der Sprachnachweis auch nicht älter als ein Jahr sein, da beim Erwerb von Grundkenntnisse einer Sprache die Gefahr besteht, dass diese ohne entsprechende Übung und Anwendung rasch wieder verloren gehen, weil die Lerninhalte ohne entsprechende Wiederholung in der Praxis nicht verfestigt werden können. Zeugnisse und Diplome, die älter als ein Jahr sind, sind daher nicht als tauglicher Nachweis anzusehen (vgl. EB zu BGBl. I 38/2011). Durch die Vorlage eines Sprachnachweises im Sinne des § 21a Abs. 1 NAG zumindest im Verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht wird dem Zweck dieser Bestimmung jedenfalls Genüge getan. Da

Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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