TE Bvwg Erkenntnis 2020/4/16 L503 2227590-1

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Veröffentlicht am 16.04.2020
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Entscheidungsdatum

16.04.2020

Norm

ASVG §113
AVG §69
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs2

Spruch

L503 2227590-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. DIEHSBACHER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX gegen den Bescheid der Salzburger Gebietskrankenkasse (nunmehr: Österreichische Gesundheitskasse) vom 11.12.2019, GZ.: XXXX , zu Recht erkannt:

A.) Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs 1 VwGVG als unbegründet abgewiesen.

B.) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang

1. Mit Bescheid vom 4.12.2017 sprach die (damalige) Salzburger Gebietskrankenkasse (im Folgenden kurz „SGKK“) aus, dass der nunmehrige Beschwerdeführer (im Folgenden kurz: „BF“) als Dienstgeber im Sinne des § 35 Abs 1 ASVG verpflichtet sei, aufgrund einer Meldepflichtverletzung gemäß § 113 Abs 1 Z 1 iVm § 113 Abs 2 ASVG einen Beitragszuschlag in der gemäß § 113 Abs 2 ASVG gesetzlich festgelegten Höhe von € 1.800 umgehend an die SGKK zu entrichten. Der Strafantrag der Finanzpolizei vom 3.11.2017 werde beigelegt und stelle einen integrierten Bestandteil des vorliegenden Bescheids dar.

Begründend wurde ausgeführt, der BF habe hinsichtlich zwei namentlich genannter Personen (Z. D. und H. O.) gegen die sozialversicherungsrechtliche Meldepflicht verstoßen; die Dienstnehmer seien arbeitend für den Betrieb des BF angetroffen worden.

Dieser Bescheid erwuchs in Rechtskraft.

2. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaf Salzburg-Umgebung vom 1.2.2018 wurde der BF aufgrund dieses Sachverhaltes unter anderem einer Übertretung des § 111 Abs 1 Z 1 iVm § 33 Abs 1 und 2 ASVG schuldig erkannt und eine entsprechende Geldstrafe verhängt.

Einer dagegen erhobenen Beschwerde gab das LVwG Salzburg mit Erkenntnis vom 31.7.2018 (gekürzte Ausfertigung) Folge, hob das angefochtene Straferkenntnis auf und stellte das Verwaltungsstrafverfahren ein. Begründend wurde insbesondere ausgeführt, dass nicht mit der für ein Verwaltungsstrafverfahren erforderlichen Sicherheit festgestellt habe werden können, dass der Beschuldigte die ihm zu Last gelegten Verwaltungsübertretungen tatsächlich begangen hat.

3. Am 5.12.2019 beantragte der BF bei der SGKK anlässlich einer persönlichen Vorsprache unter Hinweis auf das dargestellte Erkenntnis des LVwG Salzburg die Wiederaufnahme des mit Bescheid der SGKK vom 4.12.2017 (Beitragszuschlag; siehe oben Punkt 1) abgeschlossenen Verfahrens.

4. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 11.12.2019 wies die SGKK den Antrag auf Wiederaufnahme gemäß § 69 Abs 1 und 2 AVG zurück.

Begründend führte die SGKK nach Darstellung des Verfahrensgangs und nach Darstellung insbesondere von § 69 AVG und diesbezüglich ergangener Rechtsprechung aus, ein Wiederaufnahmsgrund im Sinne von § 69 Abs 1 Z 1 AVG (Fälschung einer Urkunde, falsches Zeugnis oder eine andere gerichtlich strafbare Handlung oder sonstige Erschleichung) werde gegenständlich nicht geltend gemacht. Auch ein Wiederaufnahmsgrund im Sinne von § 69 Abs 1 Z 3 AVG (andere Vorfragenbeurteilung) komme nicht in Betracht, da die Frage des Vorliegens eines versicherungspflichtigen Dienstverhältnisses im gegenständlichen Verfahren als (eigene) Hauptfrage zu beurteilen sei.

Einer erfolgreichen Berufung auf den Wiederaufnahmsgrund im Sinne von § 69 Abs 1 Z 2 AVG (neue Tatsachen oder Beweismittel) stehe entgegen, dass eine (nachträglich hervorgekommene) gerichtliche Entscheidung weder Beweismittel noch Tatsache im Sinn des § 69 Abs Z 2 AVG sei und demgemäß keine Wiederaufnahme des Verfahrens rechtfertige. Auch stelle eine in einem anderen Verfahren geäußerte abweichende Rechtsansicht - wie hier über die Frage des Bestehens eines versicherungspflichtigen Dienstverhältnisses - keinen Wiederaufnahmsgrund dar. Ebenso könnte eine allfällige unrichtige rechtliche Beurteilung im Bescheid der SGKK vom 4.12.2017 keine Wiederaufnahme dieses Verfahrens herbeiführen. Als Wiederaufnahmsgrund würden allenfalls in einem anderen Verfahren verwertete neu hervorgekommene Beweismittel in Frage kommen (VwGH vom 14.01.1993, Zl. 92/09/0099; 24.02.2011, Zl. 2010/09/0198). Solche neu hervorgekommenen Beweismittel seien jedoch mit der Vorlage des Erkenntnisses des LVwG Salzburg vom 31.7.2018 nicht aufgezeigt worden.

Darüber hinaus betonte die SGKK, dass das antragsbegründende Erkenntnis des LVwG bereits mit 31.7.2018 ergangen sei, der Antrag auf Wiederaufnahme sei jedoch erst am 5.12.2019 und damit wesentlich mehr als ein Jahr nach der inzwischen rechtskräftigen Entscheidung des LVwG gestellt worden. Gemäß § 69 Abs 2 AVG sei der Antrag auf Wiederaufnahme binnen zwei Wochen bei der Behörde einzubringen, die den Bescheid in erster Instanz erlassen hat. Die Frist beginne mit dem Zeitpunkt, in dem der Antragsteller von dem Wiederaufnahmsgrund Kenntnis erlangt hat. Wenn der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens an einem formellen Mangel leidet, sei er von der zuständigen Behörde mit verfahrensrechtlichem Bescheid wegen Unzulässigkeit zurückzuweisen (VwGH 23.06.1995, Zl. 95/17/0149; 26.02.2006, Zl. 2004/07/0015). Zu den Mängeln, die zur Zurückweisung führen, gehöre dabei ebenso, dass die subjektive bzw. die objektive Antragsfrist nicht eingehalten wurde. Schon aus diesem Grunde sei daher der Antrag des BF auf Wiederaufnahme zurückzuweisen.

5. Mit E-Mail vom 22.12.2019 erhob der BF fristgerecht Beschwerde gegen den Bescheid der SGKK vom 11.12.2019. In seiner Beschwerde führte der BF aus, er habe den Prozess mit der „BH-Finanzpolizei“ gewonnen. Sodann gab der BF wie folgt an: „Es hat geheißen, wenn ich den Prozess gewinne, bekomme ich das Geld rückerstattet. Das steht noch aus.“

6. Am 13.1.2020 legte die (nunmehrige) Österreichische Gesundheitskasse (im Folgenden kurz: „ÖGK“) den Akt dem BVwG vor und gab in diesem Zusammenhang eine Stellungnahme ab, in der – abgesehen vom Übergang des Verfahrens auf die ÖGK – auf die Begründung im bekämpften Bescheid verwiesen wurde. Abschließend wurde beantragt, das BVwG möge den bekämpften Bescheid bestätigen und die Beschwerde als unbegründet abweisen.

7. Am 19.2.2020 reichte die ÖGK auf Ersuchen des BVwG den Aktenvermerk über den mündlich eingebrachten Antrag des BF auf Wiederaufnahme sowie das erwähnte Erkenntnis des LVwG Salzburg vom 31.7.2018 (gekürzte Ausfertigung) nach.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der Beitragszuschlagsbescheid der SGKK vom 4.12.2017 (wegen der Beschäftigung von Z. D. und H. O. durch den BF) wurde vom BF nicht bekämpft; er ist in Rechtskraft erwachsen.

1.2. Mit Bescheid vom 1.2.2018 verhängte die Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung gegen den BF in diesem Zusammenhang eine Verwaltungsstrafe wegen Übertretung des ASVG; das LVwG Salzburg hat jedoch mit Erkenntnis vom 31.7.2018 (gekürzte Ausfertigung) das Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt. Begründend wurde insbesondere ausgeführt, dass nicht mit der für ein Verwaltungsstrafverfahren erforderlichen Sicherheit festgestellt habe werden können, dass der Beschuldigte die ihm zu Last gelegten Verwaltungsübertretungen tatsächlich begangen hat.

1.3. Erst am 5.12.2019 beantragte der BF bei der SGKK anlässlich einer persönlichen Vorsprache unter Hinweis auf das dargestellte Erkenntnis des LVwG Salzburg vom 31.7.2018 die Wiederaufnahme des mit Bescheid der SGKK vom 4.12.2017 abgeschlossenen Verfahrens.

2. Beweiswürdigung:

Die getroffenen Feststellungen ergeben sich unmittelbar aus dem vorliegenden Verwaltungsakt und sind unbestritten.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde

3.1. Allgemeine rechtliche Grundlagen

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter.

Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache gem. § 28 Abs 1 VwGVG durch Erkenntnis zu erledigen.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 i.d.F. BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

3.2. Rechtliche Grundlagen im AVG

§ 69. (1) Dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens ist stattzugeben, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist und:

1. der Bescheid durch Fälschung einer Urkunde, falsches Zeugnis oder eine andere gerichtlich strafbare Handlung herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden ist oder

2. neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich einen im Hauptinhalt des Spruches anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätten, oder

3. der Bescheid gemäß § 38 von Vorfragen abhängig war und nachträglich über eine solche Vorfrage von der zuständigen Verwaltungsbehörde bzw. vom zuständigen Gericht in wesentlichen Punkten anders entschieden wurde;

4. nachträglich ein Bescheid oder eine gerichtliche Entscheidung bekannt wird, der bzw. die einer Aufhebung oder Abänderung auf Antrag einer Partei nicht unterliegt und die im Verfahren die Einwendung der entschiedenen Sache begründet hätte.

(2) Der Antrag auf Wiederaufnahme ist binnen zwei Wochen bei der Behörde einzubringen, die den Bescheid in erster Instanz erlassen hat. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Antragsteller von dem Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangt hat, wenn dies jedoch nach der Verkündung des mündlichen Bescheides und vor Zustellung der schriftlichen Ausfertigung geschehen ist, erst mit diesem Zeitpunkt. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Bescheides kann der Antrag auf Wiederaufnahme nicht mehr gestellt werden. Die Umstände, aus welchen sich die Einhaltung der gesetzlichen Frist ergibt, sind vom Antragsteller glaubhaft zu machen.

(3) Unter den Voraussetzungen des Abs. 1 kann die Wiederaufnahme des Verfahrens auch von Amts wegen verfügt werden. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Bescheides kann die Wiederaufnahme auch von Amts wegen nur mehr aus den Gründen des Abs. 1 Z 1 stattfinden.

(4) Die Entscheidung über die Wiederaufnahme steht der Behörde zu, die den Bescheid in letzter Instanz erlassen hat.

3.3. Im konkreten Fall bedeutet dies:

Der BF stützt seinen Wiederaufnahmsantrag vom 5.12.2019 auf ein – ihn selbst als Partei betreffendes und seinem Vertreter zugestelltes - Erkenntnis des LVwG vom 31.7.2018. Wie bereits die SGKK im bekämpften Bescheid zutreffend ausgeführt hat – und was vom BF in seiner Beschwerde auch in keiner Weise bestritten wurde -, hat der BF die Zwei-Wochen-Frist des § 69 Abs 2 AVG zur Beantragung der Wiederaufnahme somit bei weitem überschritten.

Vor diesem Hintergrund hat die SGKK den Antrag des BF auf Wiederaufnahme des Verfahrens zutreffend zurückgewiesen.

Nur der Vollständigkeit halber sei angemerkt, dass – worauf die SGKK richtig hingewiesen hat – selbst bei rechtzeitiger Antragstellung gegenständlich kein Grund für eine Wiederaufnahme bestünde: So handelt es sich zum einen bei der Entscheidung im Verwaltungsstrafverfahren um keine für die SGKK im Hinblick auf die Frage der Versicherungspflicht bzw. des Beitragszuschlags bindende Vorfragenentscheidung im Sinne von § 38 AVG (vgl. dazu jüngst VwGH 10.10.2018, Zl. Ra 2015/08/0130) und hat der BF zum anderen durch den bloßen Hinweis auf das in Form einer gekürzten Ausfertigung ergangene Erkenntnis des LVwG Salzburg auch keine neuen „Beweismittel“ in Vorlage gebracht.

Aus den dargelegten Gründen war die Beschwerde somit spruchgemäß als unbegründet abzuweisen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Gemäß Art 133 Abs 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, da die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung zur Frage der Wiederaufnahme eines rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens nach § 69 AVG von der bisherigen Rechtsprechung des VwGH ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des VwGH auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Absehen von einer Beschwerdeverhandlung:

Gemäß § 24 Abs 2 Z 1 VwGVG kann eine Verhandlung entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist, oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist.

Gemäß § 24 Abs 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und einem Entfall der Verhandlung weder Art 6 Abs 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, [EMRK] noch Art 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 [GRC] entgegenstehen.

Die Zulässigkeit des Unterbleibens einer mündlichen Verhandlung ist am Maßstab des Art 6 EMRK zu beurteilen. Dessen Garantien werden zum Teil absolut gewährleistet, zum Teil stehen sie unter einem ausdrücklichen (so etwa zur Öffentlichkeit einer Verhandlung) oder einem ungeschriebenen Vorbehalt verhältnismäßiger Beschränkungen (wie etwa das Recht auf Zugang zu Gericht). Dem entspricht es, wenn der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung für gerechtfertigt ansieht, etwa wenn der Fall auf der Grundlage der Akten und der schriftlichen Stellungnahmen der Parteien angemessen entschieden werden kann (vgl. EGMR 12.11.2002, Döry / S, RN 37). Der Verfassungsgerichtshof hat im Hinblick auf Art 6 EMRK für Art 47 GRC festgestellt, dass eine mündliche Verhandlung vor dem Asylgerichtshof im Hinblick auf die Mitwirkungsmöglichkeiten der Parteien im vorangegangenen Verwaltungsverfahren regelmäßig dann unterbleiben könne, wenn durch das Vorbringen vor der Gerichtsinstanz erkennbar werde, dass die Durchführung einer Verhandlung eine weitere Klärung der Entscheidungsgrundlagen nicht erwarten lasse (vgl. VfGH 21.02.2014, B1446/2012; 27.06.2013, B823/2012; 14.03.2012, U466/11; VwGH 24.01.2013, 2012/21/0224; 23.01.2013, 2010/15/0196).

Im gegenständlichen Fall ergab sich aus der Aktenlage, dass von einer mündlichen Erörterung keine weitere Klärung des Sachverhalts zu erwarten war. Der entscheidungswesentliche Sachverhalt erweist sich aufgrund der Aktenlage als geklärt.

Schlagworte

Beitragszuschlag Fristablauf Wiederaufnahmeantrag

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:L503.2227590.1.00

Im RIS seit

23.11.2020

Zuletzt aktualisiert am

23.11.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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