TE Bvwg Erkenntnis 2020/8/31 W151 2226241-1

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Veröffentlicht am 31.08.2020
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Entscheidungsdatum

31.08.2020

Norm

ASVG §410
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs7
VwGVG §8

Spruch

W151 2226241-1/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Doris KOHL, MCJ als Einzelrichterin über die Säumnisbeschwerde des XXXX , SVNR XXXX , vertreten durch Dr. Thomas Majoros, Rechtsanwalt, Walfischgasse 12/3, 1010 Wien, gegen die Sozialversicherungsanstalt der Selbstständigen wegen Verletzung der Entscheidungspflicht zu Recht erkannt:

A)

Die Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen ist verpflichtet gemäß § 28 Absatz 7 VwGVG den versäumten Bescheid unter Zugrundelegung der im gegenständlichen Erkenntnis festgelegten Rechtsanschauung des Bundesverwaltungsgerichts binnen acht Wochen zu erlassen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Beschluss des Bezirksgerichts XXXX vom 09.10.2018 zu XXXX wurde auf Antrag der belangten Behörde (zu diesem Zeitpunkt: Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, Landesstelle Wien) die Gehaltsexekution gegen den Beschwerdeführer (in der Folge BF) bewilligt. Dies erfolgte auf Basis eines vollstreckbaren Rückstandsausweises vom 08.10.2018, Zl. XXXX . Als vollstreckbare Forderungen wurde ein Betrag von EUR 35.056,59 (darin enthaltene Nebenforderung EUR 8.757,93 samt 3,38% Zinsen aus EUR 25.883,96 seit 06.10.2018) ausgewiesen.

2. Mit Schreiben vom 29.10.2018 ersuchte der inzwischen vertretene BF um Zusendung einer nachvollziehbaren Aufschlüsselung der betriebenen Forderung.

3. Mit Schreiben der Behörde vom 19.11.2018 wurde ein Beitragsrückstand zum 24.10.2018 in der Höhe von EUR 35.911,83 bekannt gegeben, wobei Kapital, Nebengebühren und Verzugszinsen getrennt dargestellt wurden.

4. Mit Schreiben vom 17.12.2018 begehrte der BF bei der belangten Behörde die Aufhebung der Vollstreckbarkeitsbestätigung vom 08.10.2018, die Aufhebung des Rückstandsausweises vom 08.10.2018 sowie die Erlassung eines Bescheides über die im Exekutionsverfahrens zu XXXX des BG XXXX betriebenen Ansprüche dem Grunde und der Höhe nach.

5. Mit Schreiben vom 11.07.2019 erhob der BF Säumnisbeschwerde.

6. Die belangte Behörde legte die Säumnisbeschwerde samt Verwaltungsakt am 06.12.2019 dem Bundesverwaltungsgericht vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Bereits mit Schreiben vom 17.12.2018, eingebracht am 18.12.2018, beantragte der BF eine Bescheiderlassung über die im Exekutionsverfahrens zu XXXX des BG XXXX betriebenen Ansprüche dem Grunde und der Höhe nach.

1.2. Der Sachverhalt ist aus folgenden Gründen klärungsbedürftig:

Mit Beschluss des Bezirksgerichts XXXX vom 09.10.2018 zu XXXX wurde auf Antrag der belangten Behörde die Gehaltsexekution gegen den BF bewilligt. Dies erfolgte auf Basis eines vollstreckbaren Rückstandsausweises vom 08.10.2018, Zl. XXXX . Als vollstreckbare Forderungen wurde ein Betrag von EUR 35.056,59 (darin enthaltene Nebenforderung EUR 8.757,93 samt 3,38% Zinsen aus EUR 25.883,96 seit 06.10.2018 ausgewiesen.

Der BF ersuchte mit Schreiben vom 29.10.2018 um Zusendung einer nachvollziehbaren Aufschlüsselung der betriebenen Forderung, um die Richtigkeit derselben beurteilen zu können. Diesem Ersuchen kam die belangte Behörde nur so nach, als sie mit Schreiben vom 19.11.2018 einen Beitragsrückstand zum 24.10.2018 in der Höhe von EUR 35.911.83 bekannt gab, wobei lediglich Kapital (bis 31.12.2018), Nebengebühren und Verzugszinsen getrennt dargestellt wurden, eine weitere nachvollziehbare Aufschlüsselung über die Beitragsrückstände jedoch nicht enthalten war.

Der Sachverhalt ist daher weiterhin klärungsbedürftig, da bislang keine nachvollziehbare Aufschlüsselung über die Beitragsrückstände erfolgte, die Anträge des BF vom 17.12 2018 unerledigt blieben. Somit hat die belangte Behörde einen derartigen Bescheid nunmehr zu erlassen.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus dem Verwaltungsakt.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Säumnisbeschwerde

Nach § 8 Absatz 1 VwGVG kann eine Säumnisbeschwerde erst erhoben werden, wenn die Behörde die Sache nicht innerhalb von sechs Monaten, wenn gesetzlich eine kürzere oder längere Entscheidungsfrist vorgesehen ist, nicht innerhalb dieser entschieden hat. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Antrag auf Sachentscheidung bei der gesetzlich vorgesehenen Stelle eingelangt ist. Die Beschwerde ist abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht auf ein überwiegendes Verschulden der Behörde zurückzuführen ist.

Die verfahrensgegenständliche Säumnisbeschwerde ist zulässig, weil die belangte Behörde nicht innerhalb der sechsmonatigen Entscheidungsfrist über den Bescheidantrag der Beschwerdeführerin entschieden hat.

Die Säumnisbeschwerde ist auch begründet, weil die Verzögerung der Entscheidung auf ein überwiegendes Verschulden der belangten Behörde zurückzuführen ist. Dem Akt können keine überwindlichen Hindernisse für die Säumigkeit entnommen werden; solche wurden von der belangten Behörde auch nicht behauptet.

3.2. Erlassung eines Teilerkenntnisses

Gemäß § 28 Absatz 7 VwGVG kann im Verfahren über Säumnisbeschwerden das Verwaltungsgericht sein Erkenntnis vorerst auf die Entscheidung einzelner maßgeblicher Rechtsfragen beschränken und der Behörde auftragen, den versäumten Bescheid unter Zugrundelegung der hiermit festgelegten Rechtsanschauung binnen bestimmter, acht Wochen nicht übersteigender Frist zu erlassen.

Auch wenn das Gesetz keine expliziten Voraussetzungen für die Ausübung dieses Ermessens nennt, ist anzunehmen, dass das Verwaltungsgericht bei seiner Entscheidung in erster Linie die Grundsätze der Verfahrensökonomie zu beachten hat (vergleiche beispielsweise VwGH 24.10.2017, Ra 2016/06/0023, mwN). Aus verfahrensökonomischer Sicht wird dies vor allem dann in Betracht kommen, wenn neben der Lösung der maßgeblichen Rechtsfragen auch der Sachverhalt weiter klärungsbedürftig ist.

Der BF monierte in der Säumnisbeschwerde, dass die belangte Behörde trotz seines Antrags keinen Bescheid erlassen hat. Aus den Feststellungen geht hervor, dass der Sachverhalt weiter klärungsbedürftig ist.

Aufgrund von verfahrensökonomischen Überlegungen macht das Bundesverwaltungsgericht daher von der Ermächtigung gemäß § 28 Absatz 7 VwGVG Gebrauch und trägt der belangten Behörde auf, den Sachverhalt zu klären und binnen acht Wochen gemäß § 410 ASVG den von der Beschwerdeführerin beantragten Bescheid zu erlassen. Im Hinblick auf die noch durchzuführenden Sachverhaltsermittlungen wurde die in § 28 Absatz 7 VwGVG vorgesehene Frist in vollem Umfang festgesetzt.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Eine Verhandlung war gemäß § 24 VwGVG nicht erforderlich, da nur eine Rechtsfrage geklärt wurde.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Beitragsrückstand Entscheidungsfrist Säumnisbeschwerde

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W151.2226241.1.00

Im RIS seit

26.11.2020

Zuletzt aktualisiert am

26.11.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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