TE Vwgh Erkenntnis 1997/9/24 97/12/0146

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Veröffentlicht am 24.09.1997
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §69 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Germ, Dr. Höß, Dr. Riedinger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. S. Giendl, über die Beschwerde der O in P, vertreten durch Dr. Georg Grießer und Dr. Roland Gerlach, Rechtsanwälte in Wien I, Köllnerhofgasse 6/2, gegen den Bescheid der Burgenländischen Landesregierung vom 28. Februar 1997, Zl. I-2-441563/6-1997, betreffend die Zurückweisung eines Wiederaufnahmeantrages in einer Sache nach dem Burgenländischen Bezügegesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Burgenland Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin war Mitglied des Burgenländischen Landtages; sie war zeitweise auch geschäftsführender Klubobmann eines Landtagklubs (Kern des vorliegenden Streites ist die Frage der Dauer dieser Funktion).

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 11. Juli 1994, Zl. I-441562/5-4-1994, wurde der Beschwerdeführerin ein Ruhegenuß nach dem Burgenländischen Bezügegesetz bemessen. Dieser Bescheid blieb unangefochten.

Am 4. Februar 1997 langte bei der belangten Behörde die nun verfahrensgegenständliche, am 3. Februar 1997 zur Post gegebene und an "das Amt der Burgenländischen Landesregierung, Abteilung I Personalangelegenheiten" adressierte, maschinschriftlich verfaßte und mit "Wien, 8.1.1997" datierte Eingabe folgenden Wortlautes ein:

"Im Rahmen eines Gespräches vor wenigen Wochen wurde ich darauf aufmerksam gemacht, daß ich lediglich den Ruhegenuß als Abgeordnete zum Burgenländischen Landtag beziehe. Da es sich um einen offensichtlichen Irrtum handelt, ersuche ich aushilfsweise um Wiederaufnahme des Verfahrens

Zl. I-441562/5-4-1994 auf Pensionszuerkennung unter Berücksichtigung der Zulage als Klubobfrau in der Zeit vom Oktober 1982 - September 1985 in der Pensionsbemessung."

(Es folgt die Fertigung).

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde wie folgt entschieden:

"Gemäß § 69 Abs. 2 AVG 1991 wird Ihr Antrag vom 8.1.1997 auf Wiederaufnahme des mit Bescheid der Bgld. Landesregierung vom 11.7.1994, Zahl I-441562/5-4-1994, rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens als verspätet zurückgewiesen."

Begründend führt die belangte Behörde aus, daß der Beschwerdeführerin mit dem im Spruch genannten Bescheid ein näherbezifferter Ruhegenuß bemessen worden sei. Der Bescheid sei seit 14. Juli 1994 rechtskräftig (Anm.: das war nach den Akten der Tag der Zustellung an die Beschwerdeführerin). Mit dem vorliegenden Antrag vom 8. Jänner 1997, zur Post gegeben am 3. Februar 1997, habe sie die Wiederaufnahme des mit dem genannten Bescheid rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens beantragt. Die Beschwerdeführerin begründe den Antrag wie folgt (es folgt die wörtliche Wiedergabe des Antrages).

Nach Wiedergabe der Bestimmung des § 69 Abs. 2 AVG führte die belangte Behörde weiter aus, die Beschwerdeführerin habe den Wiederaufnahmeantrag am 3. Februar 1997 bei der zuständigen Behörde eingebracht. Da der Antrag mit 8. Jänner 1997 datiert sei, könne davon ausgegangen werden, daß sie von dem behaupteten Wiederaufnahmegrund spätestens am 8. Jänner 1997, im Hinblick auf die Ausführung in der ersten Zeile des Schreibens ("Im Rahmen eines Gesprächs vor wenigen Wochen") aber wahrscheinlich schon früher Kenntnis erlangt habe. Der Antrag sei daher wegen verspäteter Einbringung zurückzuweisen.

Im übrigen werde darauf hingewiesen, daß entgegen der Rechtsauffassung der Beschwerdeführerin die Zulage als Klubobfrau bei der Bemessung des Ruhegenusses als ehemalige Abgeordnete zum Burgenländischen Landtag aus folgenden Gründen nicht zu berücksichtigen gewesen sei: eine Amtszulage gemäß § 5 des Burgenländischen Bezügegesetzes sei bei der Ermittlung des Ruhebezuges nur dann zu berücksichtigen, wenn sie während der ruhegenußfähigen Gesamtzeit mindestens drei Jahre lang gebührt habe. Laut Meldungen der Landtagsdirektion vom 5. November 1982 bzw. 21. Mai 1985 sei die Beschwerdeführerin in der Zeit vom 29. Oktober 1982 bis 20. Mai 1985 Klubobfrau eines näher bezeichneten Landtagklubs gewesen. Die genannte Amtszulage habe ihr daher für die Zeit vom 1. Oktober 1982 bis 31. Mai 1985 gebührt. Da jedoch dieser Zeitraum keine drei Jahre ausmache, sei die Amtszulage bei der Bemessung des Ruhegenusses nicht zu berücksichtigen gewesen.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Die Beschwerdeführerin hat unaufgefordert eine Äußerung zur Gegenschrift eingebracht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in dem sich für sie aus dem Burgenländischen Bezügegesetz (zu ergänzen wohl: LGBl. Nr. 14/1973 idF) LGBl. Nr. 22/1994 iVm Art. 2 LGBl. Nr. 93/1992 ergebenden Recht verletzt, indem ihr Begehren "auf bescheidmäßigen Zuspruch des mir betraglich richtig zustehenden Ruhebezuges abgelehnt" worden sei. Der Schwerpunkt der Beschwerde liege in der Verletzung verfahrensrechtlicher Vorschriften, die darin bestünden, daß ihr Antrag nicht vollständig erledigt worden und außerdem eine Verletzung des Parteiengehörs erfolgt sei.

Die Beschwerdeführerin bringt diesbezüglich vor, die belangte Behörde fasse die Eingabe "von 03.02.1997" als Antrag auf Wiederaufnahme des Ruhebezugbemessungsverfahrens auf. Richtig sei, daß sie "aushilfsweise" (in der Beschwerde unter Anführungszeichen) einen solchen Antrag gestellt habe. Ihrem Begehren sei aber auch zu entnehmen, daß sie die Ermittlung des Ruhegenusses unter Berücksichtigung der ihr - entgegen der Annahme der belangten Behörde - seinerzeit von Oktober 1982 bis September 1985 zugestandenen Amtszulage als Klubobfrau begehrt habe. Aus der Verwendung des Wortes "aushilfsweise" habe die Behörde erkennen können, daß sie die Wiederaufnahme des Verfahrens nur für den Fall beantrage, daß nicht ohne diesen Rechtsbehelf "ein die offensichtlich unrichtige Berechnung im Bescheid vom 11.07.1994 richtig stellender neuer Bescheid erlassen werden" könne. Es handle sich dabei um einen gemäß § 62 Abs. 4 AVG berichtigungsfähigen Rechenfehler (wurde näher ausgeführt). Über dieses Begehren habe die Behörde nicht abgesprochen.

Dem ist folgendes zu entgegnen: Der Verwaltungsgerichtshof teilt die Auffassung der Beschwerdeführerin, daß die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid nicht über einen

-

allfälligen - Berichtigungsantrag (oder über einen

-

allfälligen - Antrag auf bescheidmäßigen Zuspruch des ihr "betraglich richtig zustehenden Ruhebezuges") abgesprochen hat. Durch eine solche - allfällige - Unterlassung kann aber die Beschwerdeführerin entgegen ihrer Auffassung durch den angefochtenen Bescheid, mit welchem (nur) ein Wiederaufnahmeantrag zurückgewiesen wird, nicht in subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt worden sein.

Die Beschwerdeführerin bringt weiter vor, die belangte Behörde sei davon ausgegangen, daß ihre Mitteilung, sie habe "vor wenigen Wochen" erfahren, daß die Zulage nicht berücksichtigt worden sei, verspätet sei. Dies treffe nicht zu. Auch zwei Wochen seien "wenige Wochen". Die Behörde hätte ihr jedenfalls die Möglichkeit einer Stellungnahme einräumen müssen, bevor sie den Antrag wegen Verspätung zurückweise. Sie hätte durch eine Aufklärung des Sachverhaltes, insbesondere durch ihre Einvernahme, zu klären gehabt, wann sie genau von der Nichtberücksichtigung Kenntnis erlangt habe.

Dem hält die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift, ebenso wie im angefochtenen Bescheid, abermals die Datierung der Eingabe mit 8. Jänner 1997 entgegen.

In ihrer Äußerung zur Gegenschrift bringt die Beschwerdeführerin vor, das Datum 8. Jänner 1987 im Antrag auf Wiederaufnahme sei auf "03.02.1997" verbessert worden. Sie lege dieses Schreiben "nochmals" vor. Daraus könne nicht unter Verletzung des Parteiengehörs abgeleitet werden, daß die Antragsfrist versäumt worden sei. Dieser Äußerung ist eine Ablichtung des Antrages (samt Aufgabeschein) angeschlossen, in welcher die Ziffern "8.1." in der Datierung handschriftlich auf

"3.

II." ausgebessert sind.

Dem ist zunächst entgegenzuhalten, daß das bei der belangten Behörde eingebrachte Original keine solche Verbesserung aufweist. Im übrigen gilt folgendes:

§ 69 AVG regelt die Wiederaufnahme des Verfahrens.

Nach Abs. 2 dieser Bestimmung ist der Antrag auf Wiederaufnahme binnen zwei Wochen vom Zeitpunkt an, in dem der Antragsteller nachweislich vom Wiederaufnahmsgrund Kenntnis erlangt hat, jedoch spätestens binnen drei Jahren nach der Zustellung oder mündlichen Verkündung des Bescheides bei der Behörde einzubringen, die den Bescheid in erster Instanz erlassen hat.

Der Verwaltungsgerichtshof hat dazu bereits wiederholt ausgesprochen, der Wiederaufnahmewerber müsse schon im Antrag angeben, wann er von dem Vorhandensein des von ihm geltend gemachten Beweismittels Kenntnis erlangt hat; ein Fehlen dieser Angaben über die Rechtzeitigkeit der Antragstellung kann nicht nach § 13 Abs. 3 AVG als Formerfordernis behandelt werden (siehe dazu die in Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens5, in E 1 ff zu § 69 Abs. 2 AVG wiedergegebene hg. Judikatur). In diesem Zusammenhang wurde judiziert, der Hinweis, "vor einigen Tagen" vom Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangt zu haben, genüge für die Bewilligung des Wiederaufnahmeantrages nicht, wenn die Eingabe undatiert sei (wobei dahingestellt blieb, ob eine Frist von "einigen Tagen" die in § 69 Abs. 2 AVG vorgeschriebene Frist von zwei Wochen nicht überschreite - Erkenntnis vom 27. Juni 1967, Slg. Nr. 7158/A); die Angabe "erst dieser Tage" sei so ungenau und unüberprüfbar, daß darin nicht ein Vorbringen erblickt werden könne, aus dem sich die Behauptung der Rechtzeitigkeit des Wiederaufnahmeantrages ergebe; mit der Verwendung des Wortes "soeben" als Zeitangabe im Wiedereinsetzungsantrag sei nicht nachgewiesen, zu welchem Zeitpunkt der Antragsteller vom Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangt habe; die Behauptung, ein Antragsteller habe erst "nunmehr" vom Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangt, stelle keine zureichende Angabe über die Rechtzeitigkeit der Antragstellung dar (Hauer-Leukauf, aaO, E 5b - d); der Wiederaufnahmeantrag habe den Zeitpunkt der Kenntnisnahme des Wiederaufnahmegrundes datumsmäßig oder sonst genau zu enthalten, ebenso die Anbietung von Beweisen hiefür, die bloße Behauptung, den Antrag innerhalb offener Frist zu stellen, werde dem nicht gerecht (Hauer-Leukauf aaO, E 8).

Überträgt man diese Grundsätze, von denen abzugehen kein Anlaß besteht, auf den Beschwerdefall, ergibt sich folgendes:

Der belangten Behörde ist einzuräumen, daß sie nach dem Inhalt der Eingabe, einschließlich deren Datierung, von einer Verspätung des Antrages ausgehen mußte. Aber selbst wenn man davon ausginge, daß die Datierung auf "3.II." verbessert worden wäre (was ja nach dem unbedenklichen Akteninhalt nicht der Fall war), wäre für die Beschwerdeführerin hieraus nichts zu gewinnen, weil ihr Vorbringen zur Rechtzeitigkeit des Antrages ("vor wenigen Wochen") nach dem zuvor Gesagten keine zureichende Angabe über die Rechtzeitigkeit der Antragstellung darstellt, und die Behörde auch nicht gehalten war, diesen Mangel durch Einvernahme (Anhörung) der Beschwerdeführerin zu beheben und zu erforschen, an welchem konkreten Tag sie Kenntnis vom behaupteten Umstand erhalten habe (es fällt in diesem Zusammenhang auf, daß die Beschwerdeführerin im vorliegenden Verfahren auch nur - wenig konkret - behauptet, dies sei "erst 14 Tage vor meinem Antrag vom 03.02.1997" gewesen). Die belangte Behörde hätte daher den Antrag auch aus diesem Blinkwinkel zurückweisen können, sodaß die Beschwerdeführerin durch die mit dem angefochtenen Bescheid erfolgte Zurückweisung ihres Wiederaufnahmeantrages in keinen subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt wurde. Den weiteren Ausführungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid zur nunmehr sichtlich strittigen Frage, wie lange die Beschwerdeführerin die Funktion als Klubobfrau ausgeübt habe, kommt vorliegendenfalls keine Bindungswirkung zu, sie vermögen daher entsprechende Folgeverfahren nicht zu präjudizieren.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1997120146.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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