TE Bvwg Beschluss 2020/9/17 W216 2233667-1

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Veröffentlicht am 17.09.2020
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Entscheidungsdatum

17.09.2020

Norm

BBG §42
BBG §45
BBG §46
B-VG Art133 Abs4

Spruch

W216 2233667-1/5E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Marion STEINER als Vorsitzende und die Richterin Mag. Benedikta TAURER sowie die fachkundige Laienrichterin Mag. Bettina PINTER als Beisitzerinnen über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Wien, vom 27.05.2020, OB: XXXX , betreffend die Abweisung des Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" in den Behindertenpass, beschlossen:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG und § 7 VwGVG in Verbindung mit § 46 BBG erster Satz als verspätet zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Begründung:

I. Verfahrensgang:

Mit Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen (im Folgenden: belangte Behörde) vom 27.05.2020 wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 03.12.2019 auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass unter Zugrundelegung der Ergebnisse des durchgeführten ärztlichen Begutachtungsverfahrens abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid gelangte laut Vermerk der belangten Behörde am 29.05.2020 zur Versendung.

Mit E-Mail vom 03.08.2020 brachte der Beschwerdeführer eine Beschwerde gegen den Bescheid der belangten Behörde ein.

Mit Schreiben vom 21.08.2020 erging ein Verspätungsvorhalt seitens des Bundesverwaltungsgerichts an den Beschwerdeführer. Darin wurde dem Beschwerdeführer zur Kenntnis gebracht, dass sich die gegenständliche Beschwerde nach der vorliegenden Aktenlage als verspätet darstelle, da der angefochtene Bescheid laut Vermerk der belangten Behörde am 29.05.2020 zur Versendung gelangt sei und gemäß § 26 Abs. 2 Zustellgesetz die Zustellung am dritten Werktag nach der Übergabe an das Zustellorgan und somit am 03.06.2020 als bewirkt gelte. Demnach wäre die eingebrachte Beschwerde vom 03.08.2020 nach der Aktenlage verspätet eingebracht worden und daher als verspätet zurückzuweisen. Dem Beschwerdeführer wurde Gelegenheit gegeben, innerhalb einer Frist von zwei Wochen ab Zustellung dieses Schreibens eine schriftliche Stellungnahme abzugeben. Es wurde ihm weiters zur Kenntnis gebracht, dass die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts auf Grundlage der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens erlassen werde, soweit nicht eine eingelangte Stellungnahme anderes erfordere.

Mit Schreiben vom 28.08.2020 erstattete der Beschwerdeführer eine Stellungnahme. Darin wurde dem Bundesverwaltungsgericht mitgeteilt, dass die Beschwerde aufgrund des Coronavirus zu spät eingebracht worden sei. Der Beschwerdeführer habe versucht, einen Termin im AKH zu erhalten, jedoch habe er erst am 03.08.2020 einen Termin erhalten, da aufgrund der damaligen Lage nur Akutpatienten behandelt worden seien und die zuständige Ärztin auf Urlaub gewesen sei.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer stellte am 03.12.2019 bei der belangten Behörde einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass.

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 27.05.2020 wurde dieser Antrag gemäß §§ 42 und 45 des Bundesbehindertengesetzes abgewiesen.

Dieser Bescheid wurde von der belangten Behörde am 29.05.2020 versendet.

Mit E-Mail vom 03.08.2020 brachte der Beschwerdeführer eine Beschwerde gegen diesen abweisenden Bescheid bei der belangten Behörde ein.

Mit Schreiben vom 21.08.2020 erging seitens des Bundesverwaltungsgerichts ein Verspätungsvorhalt an den Beschwerdeführer.

Der Beschwerdeführer führte in seiner Stellungnahme vom 28.08.2020 aus, dass er aufgrund der COVID-19-Pandemie sowie dem Urlaub der zuständigen Ärztin erst am 03.08.2020 einen Termin im AKH erhalten und er daher die Beschwerde verspätet eingebracht habe.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus dem Verwaltungsakt, dem Verfahren vor der belangten Behörde, der Beschwerde, dem Verspätungsvorhalt des Bundesverwaltungsgerichtes sowie aus der vom Beschwerdeführer eingebrachten Stellungnahme hiezu. Der Sachverhalt ist aktenkundig und erwiesen.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes und die Entscheidung durch einen Senat unter Mitwirkung einer fachkundigen Laienrichterin ergeben sich aus §§ 6, 7 BVwGG iVm § 45 Abs. 3 und 4 BBG.

3.2. Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Zu A) Zurückweisung der Beschwerde:

3.3. Die Bescheidbeschwerde ist schriftlich (in Form eines Schriftsatzes) bei der belangten Behörde einzubringen (§ 12 VwGVG).

Gemäß § 7 Abs. 4 VwGVG beträgt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid einer Behörde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG vier Wochen. Sie beginnt in den Fällen des Art. 132 Abs. 1 Z 1 B-VG (= Parteibeschwerde) dann, wenn der Bescheid dem Beschwerdeführer zugestellt wurde, mit dem Tag der Zustellung, wenn der Bescheid dem Beschwerdeführer nur mündlich verkündet wurde, mit dem Tag der Verkündung.

Gemäß § 46 erster Satz BBG beträgt die Beschwerdefrist abweichend von den Vorschriften des VwGVG sechs Wochen.

Gemäß § 26 Abs. 2 ZustellG gilt eine Zustellung (ohne Zustellnachweis) als am dritten Werktag nach der Übergabe an das Zustellorgan bewirkt. Im Zweifel hat die Behörde die Tatsache und den Zeitpunkt der Zustellung von Amts wegen festzustellen. Die Zustellung wird nicht bewirkt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung mit dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag wirksam.

Nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen enden mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, der durch seine Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat. Fehlt dieser Tag im letzten Monat, so endet die Frist mit Ablauf des letzten Tages dieses Monats (§ 32 Abs. 2 AVG).

Fällt das Ende einer Frist auf einen Samstag, Sonntag, gesetzlichen Feiertag, Karfreitag oder 24. Dezember, so ist der nächste Tag, der nicht einer der vorgenannten Tage ist, als letzter Tag der Frist anzusehen (33 Abs. 2 AVG).

Bei der Frist zur Einbringung der Beschwerde handelt es sich um eine durch Gesetz festgesetzte Frist, die nicht verlängerbar ist (§ 33 Abs. 4 AVG). Sie ist eine prozessuale (formelle) Frist, sodass die Tage des Postenlaufes nicht einzurechnen sind (§ 33 Abs. 3 AVG).

3.4. Im vorliegenden Fall wurde der angefochtene Bescheid am 29.05.2020 von der belangten Behörde an den Beschwerdeführer abgesendet. Ausgehend davon, dass gemäß § 26 Abs. 2 ZustellG die Zustellung am dritten Werktag nach der Übergabe an das Zustellorgan – sohin im vorliegenden Fall am 03.06.2020 – als bewirkt gilt, endete die sechswöchige Beschwerdefrist gegenständlich mit Ablauf des 15.07.2020.

Das Bundesverwaltungsgericht hat dem Beschwerdeführer diesen Umstand entsprechend der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ausdrücklich vorgehalten (vgl. dazu VwGH 29.08.2013, 2013/16/0050). Der Beschwerdeführer erstattete keine solche Stellungnahme, welche die rechtswirksame Zustellung des angefochtenen Bescheides oder den Zeitpunkt der Zustellung in Zweifel ziehen würde. Dem Beschwerdeführer wäre es offen gestanden, eine Beschwerde auch ohne vorangehende medizinische Untersuchung, dh. ohne Vorlage von Befunden – fristgerecht – bei der belangten Behörde einzubringen.

3.5. Da sich die mit 03.08.2020 datierte und an diesem Tag per E-Mail bei der belangten Behörde eingelangte Beschwerde als verspätet erwiesen hat, war sie spruchgemäß zurückzuweisen.

Eine inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Beschwerdevorbringen ist dem Bundesverwaltungsgericht aufgrund der Verspätung verwehrt (vgl. VwGH 16.11.2005, 2004/08/0117).

3.6. Im vorliegenden Beschwerdefall konnte die Verhandlung gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 erster Fall VwGVG entfallen, weil die Beschwerde zurückzuweisen war.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Vielmehr hängt die Entscheidung über die Frage der Rechtzeitigkeit der Beschwerde lediglich von bereits ausjudizierten Rechtsfragen ab.

Schlagworte

Rechtsmittelfrist Verspätung Zurückweisung Zustellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W216.2233667.1.00

Im RIS seit

24.11.2020

Zuletzt aktualisiert am

24.11.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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