TE Vwgh Erkenntnis 1997/9/24 97/03/0113

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Veröffentlicht am 24.09.1997
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
90/01 Straßenverkehrsordnung;

Norm

AVG §37;
AVG §45 Abs3;
AVG §46;
AVG §66 Abs4;
StVO 1960 §52 lita Z10a;
VStG §31 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Dorner und die Hofräte Dr. Sauberer und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gruber, über die Beschwerde des R in O, Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch die Rechtsanwälte Endl & Pressl in Salzburg, Dreifaltigkeitsgasse 9, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Salzburg vom 7. April 1997, Zl. UVS-3/4491/5-1997, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Salzburg Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung vom 26. Juni 1996 wurde der Beschwerdeführer wegen der Verwaltungsübertretung nach § 52 lit. a Z. 10 a StVO 1960 bestraft, weil er am 7. Februar 1995 um 15.42 Uhr als Lenker eines nach dem Kennzeichen bestimmten Kraftwagens im Gemeindegebiet von Wals auf der A 1 Westautobahn in Richtung Grenze zur BRD fahrend auf Höhe von km 300,300 die durch Vorschriftszeichen kundgemachte erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h um 36 km/h überschritten habe.

    Der dagegen vom Beschwerdeführer erhobenen Berufung wurde

mit dem angefochtenen Bescheid keine Folge gegeben und der

Spruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses mit der Maßgabe

bestätigt, "daß anstelle der Wortfolge ... "die durch

Vorschriftszeichen kundgemachte erlaubte Höchstgeschwindigkeit

von 80 km/h um 36 km/h überschritten" die Wortfolge ... "die

durch Vorschriftszeichen kundgemachte erlaubte

Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h um 46 km/h überschritten" zu

treten hat."

In der Begründung dieses Bescheides ging die belangte Behörde davon aus, daß dem Beschwerdeführer bereits in der Strafverfügung vom 6. März 1995 die Überschreitung einer durch Vorschriftszeichen kundgemachten erlaubten Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h durch eine mittels Lasermessung festgestellte "gefahrene Geschwindigkeit" von 106 km/h zur Last gelegt worden sei. Dieser Tatvorwurf sei durch nochmalige Befragung des Meldungslegers verifiziert worden.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten des Verwaltungsstrafverfahrens und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Der Beschwerdeführer macht Verfolgungsverjährung geltend. Es sei zwar in der Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung vom 6. März 1995 die Überschreitung einer kundgemachten erlaubten Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h verfolgt worden, doch habe der Meldungsleger über Einspruch des Beschwerdeführers eine Verwechslung hinsichtlich der erlaubten Höchstgeschwindigkeit zugestanden und seine Angaben "auf 80 km/h erlaubte Höchstgeschwindigkeit" korrigiert. Eine entsprechende "Umstellung bzw. Auswechslung des Sachverhaltes" sei im Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung vom 25. April 1995 an den "Regierungspräsidenten Köln" erfolgt. Mit dieser gänzlichen Auswechslung eines wesentlichen Teiles des Sachverhaltes sei jedoch die Verfolgungshandlung hinsichtlich der Überschreitung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h "erloschen bzw. konsumiert". Eine neuerliche vollständige "Umstellung bzw. Auswechslung des Sachverhaltes" wäre nur vor Ablauf der Verfolgungsverjährungsfrist zulässig gewesen, doch sei die Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung bis zur Fällung des Straferkenntnisses vom 26. Juni 1996 von einer erlaubten Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h ausgegangen. Der Auswechslung wesentlicher Teile des Sachverhaltes durch die belangte Behörde stehe daher die Verjährung entgegen.

Dem ist folgendes entgegenzuhalten:

Gemäß § 66 Abs. 4 AVG hat die Berufungsbehörde grundsätzlich in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung (§ 60) ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern. Diese Bestimmung findet gemäß § 24 VStG auch im Verwaltungsstrafverfahren Anwendung.

Trotz dieser Berechtigung bleibt die Berufungsbehörde nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes doch auf die Ahndung der dem Beschuldigten im Strafverfahren erster Instanz zur Last gelegten Tat beschränkt. Sie darf den Berufungswerber nicht einer Tat schuldig erklären, die ihm im Verfahren vor der ersten Instanz gar nicht zur Last gelegt worden ist. Es ist ihr also untersagt, eine Auswechslung der als erwiesen angenommenen Tat vorzunehmen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 9. Mai 1985, Zl. 85/18/0209).

Eine Auswechslung der Tat liegt jedoch nicht vor, wenn die Berufungsbehörde bloß ein Tatbestandsmerkmal der dem Beschuldigten angelasteten Verwaltungsübertretung richtigstellt. Die Berichtigung eines Tatbestandsmerkmales durch die Berufungsbehörde setzt jedoch voraus, daß innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist des § 31 Abs. 2 VStG eine entsprechende Verfolgungshandlung hinsichtlich dieses Merkmales erfolgt ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. März 1993, Zl. 92/03/0033).

Mit der im Spruch des angefochtenen Bescheides zum Ausdruck gebrachten Modifizierung des erstinstanzlichen Straferkenntnisses nahm die belangte Behörde eine derartige Berichtigung eines Tatbestandsmerkmales, und zwar der Höhe der erlaubten Höchstgeschwindigkeit im Sinne des § 52 lit. a Z. 10 a StVO 1960, vor. Dazu war sie berechtigt, weil dieses Tatbestandsmerkmal bereits Gegenstand der Strafverfügung vom 6. März 1995, also einer innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist des § 31 Abs. 2 VStG gesetzten Verfolgungshandlung, war. Die Ansicht des Beschwerdeführers, daß diese den Eintritt der Verfolgungsverjährung unterbrechende Verfolgungshandlung durch eine spätere, ein anderes Tatbestandsmerkmal verfolgende Verfolgungshandlung (das Rechtshilfeersuchen vom 25. April 1995) "konsumiert" worden sei, entbehrt der gesetzlichen Grundlage.

Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften rügt der Beschwerdeführer, die belangte Behörde habe aktenwidrig angenommen, er habe im Berufungsverfahren "die Tat" (gemeint: die Geschwindigkeitsüberschreitung) nicht mehr bestritten. Diesem Vorbringen mangelt die Relevanz, weil schon im Hinblick auf die Angaben des Beschwerdeführers in der niederschriftlichen Vernehmung am 14. März 1995, er könne nicht mit Sicherheit sagen, ob er 100 km/h oder 106 km/h gefahren sei, keine Bedenken gegen die Zugrundelegung des Ergebnisses der mittels eines geeichten Lasermeßgerätes ermittelten Geschwindigkeitsmessung bestehen.

Mit dem Einwand, die belangte Behörde habe sich nicht mit dem Vorbringen auseinandergesetzt, "daß am angeblichen Tatort eine 80 km/h-Geschwindigkeitsbeschränkung verordnet war", ist der Beschwerdeführer auf die von der belangten Behörde veranlaßten ergänzenden Erhebungen durch die erstinstanzliche Behörde zu verweisen. Das Ergebnis dieser Erhebungen wurde dem Beschwerdeführer zur Kenntnis gebracht, ohne daß dieser dagegen konkret Stellung genommen hätte. Die belangte Behörde hatte unter diesen Umständen keine Veranlassung, "Fotos hinsichtlich der Geschwindigkeitsbegrenzungstafeln beizuschaffen" oder von Amts wegen einen Ortsaugenschein durchzuführen.

Soweit der Beschwerdeführer der belangten Behörde schließlich eine Verletzung der Anleitungspflicht hinsichtlich der Konkretisierung seines Vorbringens, mit der er die Richtigkeit der "Lasermessung ohne Stativ" in Zweifel gezogen habe, und der Stellung geeigneter Beweisanträge vorwirft, ist ihm zu entgegnen, daß die Verpflichtung der Behörde zur Rechtsbelehrung nach § 13 a AVG auf verfahrensrechtliche Angelegenheiten eingeschränkt ist und sich nicht auf die Belehrung in der Sache selbst und auf die Erteilung von Unterweisungen zur Gestaltung eines für die Partei vorteilhaften Vorbringens bezieht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. Mai 1997, Zl. 97/03/0022).

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweien.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Beschränkungen der Abänderungsbefugnis Beschränkung durch die Sache Besondere Rechtsprobleme Verwaltungsstrafrecht Besondere verfahrensrechtliche Aufgaben der Berufungsbehörde Spruch des Berufungsbescheides Beweismittel Amtspersonen Meldungsleger Anzeigen Berichte Zeugenaussagen Beweismittel Skizzen Audio-Visuelle Medien Parteiengehör Erhebungen Ermittlungsverfahren

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1997030113.X00

Im RIS seit

12.06.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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