TE Vwgh Beschluss 2020/10/23 Ra 2020/13/0081

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Veröffentlicht am 23.10.2020
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht

Norm

BAO §115 Abs1
BAO §115 Abs2
BAO §183 Abs4
BAO §280 Abs1 lite
B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Nowakowski und den Hofrat MMag. Maislinger sowie die Hofrätinnen Dr. Reinbacher und Dr.in Lachmayer und den Hofrat Dr. Bodis als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Engenhart, über die Revision des Bundes, vertreten durch die Bundesministerin für Landesverteidigung in 1090 Wien, Roßauer Lände 1, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 18. Juni 2020, Zl. RV/7102521/2020, betreffend Zerlegung der Kommunalsteuerbemessungsgrundlage der Heeresforstverwaltung Allentsteig für die Jahre 2010 und 2011 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Finanzamt Wien 1/23; mitbeteiligte Parteien: 1. Stadtgemeinde Allentsteig, 2. Gemeinde Röhrenbach, 3. Marktgemeinde Göpfritz an der Wild, und 4. Marktgemeinde Pölla, alle vertreten durch Mag. Florian Steinwendtner, Rechtsanwalt in 3040 Neulengbach, Wiener Straße 49/5, und 5. Stadtgemeinde Zwettl in 3910 Zwettl, Gartenstraße 3), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Zum bisherigen Verfahrensgang ist eingangs auf das Erkenntnis vom 19. Mai 2020, Ro 2019/13/0039 bis 0042, zu verweisen.

2        Mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesfinanzgericht die Beschwerde als unbegründet ab. Es sprach aus, dass gegen dieses Erkenntnis eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

3        Nach Schilderung des Verfahrensganges führte das Bundesfinanzgericht im Wesentlichen aus, der Truppenübungsplatz Allentsteig sei der größte Truppenübungsplatz Europas und für die Truppen- und Schießausbildung vorgesehen. Am Truppenübungsplatz könne mit allen im österreichischen Bundesheer eingeführten Waffensystemen geübt (geschossen) werden. Der Truppenübungsplatz umfasse insgesamt 15.725 ha. 95% der Gesamtfläche seien permanentes militärisches Sperrgebiet, rund 3% seien als nicht ständiges militärisches Sperrgebiet ausgewiesen.

4        7.455 ha des gesamten Areals seien mit Wald bedeckt, 3.228 ha würden landwirtschaftlich genutzt. Es handle sich dabei um Acker mit Fruchtfolge, Acker ohne Fruchtfolge sowie Wiese. Von den landwirtschaftlich genutzten Flächen seien 1.778 ha Acker und 516 ha Wiese verpachtet. Die Pächter dürften anstehende Maßnahmen dann nicht durchführen, wenn militärische Übungen stattfänden. Sie hätten keinen Anspruch auf Ersatz der im Zuge der militärischen Übungen verursachten Schäden. Als Ausgleich dafür seien die von den Pächtern zu entrichtenden Pachtzinse wesentlich niedriger als Pachtzinse für (sonst) vergleichbare Flächen. Die nicht verpachteten Flächen (934 ha) würden von Bediensteten der Heeresforstverwaltung Allentsteig (HFVA) bewirtschaftet. Die Zahl der beschäftigten Angestellten habe in den Jahren 1994 bis 2012 zwischen 18 und 13, jene der Arbeiter zwischen 45 und 28 betragen.

5        Die HFVA erfülle ihre Aufgaben unter dem Primat der militärischen Nutzung. Ihr obliege die nachhaltige Bewirtschaftung und Pflege der zugewiesenen Flächen im land-, forst- und jagdwirtschaftlichen Sinne. Im Vordergrund stehe die Nutzbarmachung der militärischen Liegenschaften zur Sicherstellung des Ausbildungs-, Schieß- und Übungsbetriebes gemäß den verfügten militärischen Konzepten. Diese militärischen Konzepte seien allen weiteren Bearbeitungen zu Grunde zu legen (Hinweis auf Anlage zur Verordnung BGBl. II Nr. 477/2008). Die für die land- und forstwirtschaftliche Bewirtschaftung notwendigen Arbeiten dürften dann nicht durchgeführt werden, wenn militärische Übungen stattfänden.

6        In den an die (Flächen der) HFVA angrenzenden Bezirken seien gegenüber den von der HFVA erzielten Erträgen fast doppelt so hohe Erträge bei Roggen und Gerste erwirtschaftet worden, bei Triticale sei der Ertrag um ungefähr 15 dt/ha unter den in diesen Bezirken erwirtschafteten Erträgen gelegen. Eine Hagelversicherung zur Absicherung der Erträge sei nicht abgeschlossen worden.

7        Bei der forstwirtschaftlichen Nutzung der Waldflächen seien Rodungen und Auslichtungen durch den Militärbetrieb vorgegeben. Die notwendigen Schlägerungen seien nur in Zeiten möglich, in denen keine militärischen Übungen stattfänden. Die Holzqualität sei durch die Splitterwirkung, die von den während des Scharfschießens verwendeten Geschossen verursacht werde, gemindert.

8        Die Nutzungsvergabe von landwirtschaftlichen Flächen, der Verkauf von Wildbret oder von Abschüssen führe trotz der erschwerten Bedingungen zu erheblichen Einnahmen.

9        Dieser Sachverhalt gründe sich auf das Vorbringen der revisionswerbenden Partei, die Aussagen des Referatsleiters Militärökologie Truppenübungsplatz Allentsteig und des Referatsleiters Forst- und Landwirtschaft und Kommunalpflege, die von der Statistik Austria bekannt gegebenen Ertragsschätzungen und das Projektprogramm der Flexibilisierungsverordnung (Verordnung BGBl. II Nr. 441/2005 idF BGBl. II Nr. 477/2008).

10       Nach wörtlicher Zitierung des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. Mai 2020 führte das Bundesfinanzgericht unter Hinweis auf § 63 VwGG aus, im Hinblick auf diese vom Verwaltungsgerichtshof vorgenommene wertende Beurteilung seien die Beschwerden als unbegründet abzuweisen.

11       Gegen dieses Erkenntnis wendet sich die Revision des Bundes (vertreten durch die Bundesministerin für Landesverteidigung).

12       Vier der mitbeteiligten Gemeinden haben - ohne Aufforderung des Verwaltungsgerichtshofes und ohne Aufwandersatz zu begehren - Stellungnahmen zu dieser Revision erstattet.

13       Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

14       Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

15       Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

16       Zur Zulässigkeit wird in der Revision geltend gemacht, das Bundesfinanzgericht habe das angefochtene Erkenntnis ohne jedes weitere Ermittlungsverfahren erlassen. Es sei aber auch nach dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. Mai 2020 ungeklärt, ob das „Projektprogramm“ überhaupt und gar ausschließlich der rechtlichen Beurteilung als erwiesener Sachverhalt zugrunde zu legen sei. Die revisionswerbende Partei habe beabsichtigt, im nach dem Erkenntnis vom 19. Mai 2020 fortzusetzenden Verfahren im Einzelnen darzulegen, dass das Projektprogramm - trotz seiner Erlassung als Verordnung - auch im verfahrensgegenständlichen Zeitraum tatsächlich niemals irgendeine relevante Steuerung der wirtschaftlichen Tätigkeiten der HFVA bewirkt habe, gerade weil sein betriebswirtschaftlicher Zugang (das Projektprogramm sei - wie im Rahmen der Ausführung der Revisionsgründe dargelegt wird - „in einer (seinerzeit modischen) betriebswirtschaftlichen Sprache abgefasst“) sich mit den auf dem gesamten Truppenübungsplatz einzig maßgeblichen militärischen Erfordernissen als gänzlich inkompatibel erwiesen habe. Diese Möglichkeit zum konkreten sachverhaltsmäßigen Vorbringen sei der revisionswerbenden Partei jedoch durch die Vorgangsweise des Bundesfinanzgerichts genommen worden, ebenso die Möglichkeit, in einem zweiten Schritt im Einzelnen darzulegen (näher zu begründen), dass die Tätigkeit der HFVA stets ausschließlich von der Bedachtnahme auf militärische Erfordernisse geleitet gewesen sei (und auch weiterhin sei). Diese Tätigkeit habe sich stets auf das aus militärischer Sicht unbedingt Erforderliche beschränkt. Überdies harre nach wie vor die im Verfahren maßgebliche Rechtsfrage, wie das relevante Kriterium - die Beschränkung einer wirtschaftlichen Tätigkeit auf einem Truppenübungsplatz auf das aus militärischer Sicht unbedingt Erforderliche - rechtlich näher zu bestimmen sei, einer Lösung.

17       Die Revision ist nicht zulässig.

18       Entgegen dem Revisionsvorbringen wurde die Beurteilung, ob die land- und forstwirtschaftliche Tätigkeit der HFVA das aus militärischer Sicht unbedingt Erforderliche überstiegen hat, nicht ausschließlich auf das Projektprogramm gestützt. So wurde etwa dargelegt, dass die im Projektprogramm formulierten Managementziele nicht erreicht worden seien; es seien aber dennoch erhebliche Einnahmen erzielt worden. Die dieser Beurteilung zu Grunde liegenden Sachverhaltsannahmen stützte das Bundesfinanzgericht insbesondere auf Aussagen des Referatsleiters Militärökologie Truppenübungsplatz Allentsteig. Wie aus der Begründung des Erkenntnisses des Bundesfinanzgerichts vom 18. August 2017, das die Zerlegung der Kommunalsteuerbemessungsgrundlage der HFVA für die Jahre 1994 sowie 1999 bis 2009 behandelte, hervorgeht, wurden die Ertragszahlen betreffend die HFVA von der hier revisionswerbenden Partei bekannt gegeben. In der Stellungnahme vom 12. Juni 2019 brachte die revisionswerbende Partei unter Verweis auf das Erkenntnis vom 18. August 2017 auch vor, darüber hinaus könne die revisionswerbende Partei keine weiteren Daten zur Sachverhaltsermittlung beistellen.

19       Wie die revisionswerbende Partei an sich zutreffend ausführt, können auch Ermittlungs- bzw. Begründungsmängel des Bundesfinanzgerichts zur Zulässigkeit der Revision führen (vgl. VwGH 27.7.2016, Ra 2015/13/0048; 27.7.2016, Ra 2015/13/0051). Dazu ist aber in der Revision die Relevanz der geltend gemachten Verfahrensfehler in konkreter Weise darzulegen (vgl. VwGH 1.6.2017, Ra 2016/15/0051; 22.11.2018, Ra 2018/15/0022). Der Rechtsmittelwerber muss die entscheidenden Tatsachen behaupten, die dem Verwaltungsgericht wegen des Verfahrensmangels unbekannt geblieben sind. Er darf sich nicht darauf beschränken, den Mangel bloß aufzuzeigen, sondern muss konkret darlegen, welches Vorbringen er im Fall der Einräumung des vermissten Parteiengehörs erstattet hätte und inwiefern das Gericht dadurch zu einer anderen Entscheidung gelangt wäre (vgl. VwGH 8.7.2019, Ra 2017/08/0119). In der Revision wird aber nicht aufgezeigt, welches weitere (konkrete) Tatsachenvorbringen die revisionswerbende Partei hätte erstatten können.

20       Auf Grundlage der Sachverhaltsannahmen des Bundesfinanzgerichts entspricht dessen Beurteilung der bereits im Erkenntnis vom 19. Mai 2020 dargelegten Rechtsansicht des Verwaltungsgerichtshofes.

21       In der Revision werden damit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher in einem gemäß § 12 Abs. 2 VwGG gebildeten Senat ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 23. Oktober 2020

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020130081.L00

Im RIS seit

04.01.2021

Zuletzt aktualisiert am

04.01.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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