TE Bvwg Erkenntnis 2020/7/20 W165 2204058-1

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Veröffentlicht am 20.07.2020
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Entscheidungsdatum

20.07.2020

Norm

B-VG Art133 Abs4
FPG §11
FPG §11a
Visakodex Art32 Abs1 lita sublitii
Visakodex Art32 Abs1 lita sublitiii
Visakodex Art32 Abs1 litb

Spruch

W165 2204058-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Ilse LESNIAK als Einzelrichterin nach Beschwerdevorentscheidung der österreichischen Botschaft Abuja vom 11.07.2018, Zl. Abuja-ÖB/KONS/4900/2018, aufgrund des Vorlageantrages der XXXX alias XXXX , geb. XXXX , StA. Nigeria, über die Beschwerde gegen den Bescheid der österreichischen Botschaft Abuja vom 24.04.2018, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß Art. 32 Abs. 1 lit. a sublit. ii), sublit. iii) und lit. b der Verordnung (EG) Nr. 810/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates (Visakodex) idgF, als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

Die Beschwerdeführerin (im Folgenden: BF), eine Staatsangehörige Nigerias, brachte am 28.03.2018 bei der österreichischen Botschaft Abuja (im Folgenden: ÖB Abuja), einen Antrag auf Erteilung eines zu einer einmaligen Einreise berechtigenden Schengen-Visums der Kategorie „C“ für 27 Tage (geplantes Ankunftsdatum im Schengen-Raum: 03.05.2018, geplantes Abreisedatum aus dem Schengen-Raum: 28.05.2018), ein. Als Hauptzweck der Reise wurde im Antragsformular der Besuch von Familienangehörigen oder Freunden angegeben. Als Einlader wurden XXXX und XXXX , wohnhaft in Wien, genannt. Unter Familienstand wurde „verwitwet“ angeführt, unter derzeitiger beruflicher Tätigkeit „civil servant“ angegeben.

Dem Antrag waren diverse Unterlagen (in Kopie) angeschlossen wie:

-        Reisepass der BF,

-        Visum der Kategorie „C“, ausgestellt am 19.02.2014 von der ÖB Abuja für den Zeitraum 20.02.2014 bis 19.03.2014,

- „letter of introduction“ des nigerianischen Bildungsministeriums, demzufolge die BF als stellvertretende Direktorin im Bereich Bildung arbeite und um Prüfung und Erteilung des von ihr beantragten Visums ersucht wird, samt handschriftlicher Echtheitsbestätigung,

-        Bankkontoauszug der BF für den Zeitraum 01.09.2017 bis 21.03.2018, mit einem Kontostand am 21.03.2018 in Höhe von NGN 1.619,36,

- Gehaltszettel der BF von Dezember 2017 und Jänner 2018 über ein Nettoeinkommen von jeweils NGN 86.207,80 sowie vom Februar 2018 über ein Nettoeinkommen von NGN 79.207,80,

-        Flugreservierungsbestätigung Abuja-Addis Abeba: 02.05.2018 und Addis-Abeba-Wien: 02.05.2018 (Ankunftszeit am Zielflughafen: 03.05.2018, 05.15 Uhr) sowie Wien-Addis Abeba: 28.05.2018 (Ankunftszeit am Zielflughafen: 29.05.2018, 05.40 Uhr) und Addis Abeba-Abuja: 29.05.2018,

-        Reiseversicherungspolizze für den Zeitraum 03.05.2018 bis 02.06.2018,

-        „staff identity card“ der BF, ausgestellt am 24.06.2016 durch das nigerianische Bildungsministerium,

-        elektronische Verpflichtungserklärung (EVE) vom 28.03.2018, ID: LOS18010783, Verpflichtender: XXXX , geb. XXXX , StA. Österreich, whft. in Wien, Beruf: Selbständig, Nettoeinkommen: EUR 2.450,00 monatlich, keine Sorgepflichten, kein sonstiges Vermögen und kein weiteres Haushaltseinkommen, Unterkunftsmiete: EUR 1.200 monatl., Details zur Verpflichtungserklärung: Einladung von 02.05.2018 bis 02.06.2018, Bezug zur Eingeladenen: Bekannte, Begleitperson: XXXX ,

-        Begleitschreiben zum Visumsantrag des Einladers und seiner Ehegattin, wonach die BF und deren Sohn zur Taufe deren Enkels eingeladen seien, beabsichtigt sei, diese in der Wohnung der Tochter der Einlader unterzubringen und die Einlader für sämtliche Kosten während ihres Aufenthalts aufkommen würden.

Mit Schreiben der ÖB Abuja vom 13.04.2018 erging folgende Aufforderung zur Stellungnahme an die BF:

„Eine Prüfung hat ergeben, dass im Grunde der Verordnung (EG) Nr. 810/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über einen Visakodex der Gemeinschaft (EU Visakodex) folgende Bedenken gegen die Erteilung eines Visums, wie dies von Ihnen beantragt wurde, bestehen:

Sie haben nicht den Nachweis erbracht, dass Sie über ausreichende Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhaltes für die Dauer des beabsichtigten Aufenthalts oder für die Rückkehr in Ihren Herkunfts- oder Wohnsitzstaat oder für die Durchreise in einen Drittstaat verfügen, in dem Ihre Zulassung gewährleistet ist oder Sie sind nicht in der Lage, diese Mittel rechtmäßig zu erlangen.

Nähere Begründung: Die angegebenen Mittel reichen nicht aus. Die vorgelegte EVE ist nicht tragfähig. Die vorgelegten Informationen über den Zweck und die Bedingungen des beabsichtigten Aufenthalts sind nicht glaubhaft.

Nähere Begründung: Die beabsichtigte Reise entspricht nicht Ihren derzeitigen sozialen und wirtschaftlichen Lebensumständen. Die über den Aufenthalt vorgelegten Informationen sind unglaubwürdig.

Ihre Absicht, vor Ablauf des Visums aus dem Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten auszureisen, konnte nicht festgestellt werden. Ihre Verwurzelung im Heimatland konnte nicht ausreichend nachgewiesen werden. Es bestehen begründete Zweifel an der Glaubwürdigkeit Ihrer Angaben.

Es wird Ihnen die Gelegenheit gegeben, innerhalb einer Frist von einer Woche ab Zustellung dieses Schreibens in schriftlicher Form und deutscher Sprache (per E-Mail, im Post- oder Faxweg) diese Bedenken durch unter Beweis zu stellendes Vorbringen zu zerstreuen. Sollten Sie von dieser Gelegenheit keinen Gebrauch machen, oder sollte Ihr Vorbringen nicht geeignet sein, die oben angeführten Bedenken zu zerstreuen, wird aufgrund der Aktenlage entschieden.“

Eine Stellungnahme der BF unterblieb.

Mit Bescheid vom 24.04.2018 verweigerte die ÖB Abuja die Erteilung des beantragten Visums mit der Begründung, dass die BF nicht den Nachweis erbracht habe, über ausreichende eigene Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhaltes für die Dauer des beabsichtigten Aufenthaltes oder für die Rückkehr in ihren Herkunfts- oder Wohnsitzstaat oder für die Durchreise in einen Drittstaat zu verfügen, in dem ihre Zulassung gewährleistet sei oder sie nicht in der Lage sei, diese Mittel rechtmäßig zu erlangen. Weiters, dass die vorgelegten Informationen über den Zweck und die Bedingungen des beabsichtigten Aufenthaltes nicht glaubhaft seien und die Absicht der BF, vor Ablauf des Visums aus dem Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten auszureisen, nicht habe festgestellt werden können.

Gegen den Bescheid der ÖB Abuja wurde mit Schriftsatz der Rechtsvertreterin der BF vom 17.05.2018 Beschwerde erhoben, in der im Wesentlichen vorgebracht wurde:

Die BF habe aufgrund der elektronischen Verpflichtungserklärung von XXXX und XXXX ausreichend finanzielle Mittel nachgewiesen. XXXX verdiene monatlich EUR 2.446,77 netto ohne Sonderzahlungen, XXXX verfüge über ein Jahreseinkommen von durchschnittlich EUR 61.647,90 und zeige sich schon aus den mit der elektronischen Verpflichtungserklärung vorgelegten Unterlagen und Angaben, dass diese in der Lage seien, sämtliche Kosten während des Aufenthaltes der BF sowie in Zusammenhang mit der Rückreise zu tragen. Zweck des Aufenthaltes sei der Besuch der Tochter, die Teilnahme an der Taufe des Enkels sowie der Besuch des Ehepaars XXXX . Die Wiederausreise sei schon deshalb gesichert, da die BF bereits in Österreich aufhältig gewesen sei und vor Ablauf ihres Visums rechtzeitig ausgereist sei. Zudem sei die BF sozial und beruflich verankert. So habe sie eine leitende Position im „Ministry of education“ und gerade ihr Haus im Afra Estate fertiggestellt. Die Vertretungsbehörde habe, abgesehen von einer formelhaften Begründung, in keiner Weise darzulegen vermocht, weshalb die von ihr angeführten Versagungsgründe vorliegen sollten, sodass nicht nachprüfbar sei, weshalb die Vertretungsbehörde von diesen Annahmen ausgegangen sei bzw. ob die von ihr angestellten Überlegungen schlüssig seien.

Der Beschwerde war ein Schreiben einer Abgeordneten zum Wiener Gemeinderat und Landtag vom 27.04.2018 angeschlossen, wonach am 18.05.2018 im Wiener Rathaus eine Menschenrechtsveranstaltung, „Fighting for the visibility and rights of LGBTIQ* Africans“ , stattfinde, an der die Tochter der BF maßgeblich mitwirke. Die Tochter der BF habe zu diesem Anlass ihre Mutter und ihren Bruder einladen wollen. Im selben Zeitraum finde die Taufe ihres Sohnes statt. Daher habe die Tochter der BF ihre Mutter und ihren Bruder über ihre Schwiegereltern zur Taufe ihres Sohnes eingeladen und hätten die Schwiegereltern eine Verpflichtungserklärung unterzeichnet. Die BF sei bereits zuvor in Wien zu Besuch gewesen, wobei alle ihre Lebenskosten gedeckt gewesen seien und sie vor Ablauf des Visums wieder ausgereist sei.

Mit Schreiben vom 31.05.2018 erteilte die ÖB Abuja der BF einen Verbesserungsauftrag zur Übermittlung sämtlicher im Verfahren vor der österreichischen Vertretungsbehörde vorgelegter Unterlagen samt Übersetzung in die deutsche Sprache.

Mit Urkundenvorlage vom 07.06.2018 übermittelte die BF die fehlenden Unterlagen.

Am 11.07.2018 erließ die ÖB Abuja eine Beschwerdevorentscheidung gemäß § 14 Abs. 1 VwGVG, mit welcher die Beschwerde als unbegründet abgewiesen wurde:

Laut elektronischer Verpflichtungserklärung habe sich lediglich XXXX verpflichtet und ein Einkommen von EUR 2.450,-- angeführt, sodass abzüglich der Miete ein Nettobetrag von EUR 1.250,-- verbleibe. Das Einkommen von Frau XXXX könne sohin nicht berücksichtigt werden und unterliege dem Neuerungsverbot. Im Visaantrag bzw. vorgelegten Vorstellungsschreiben sei nicht erwähnt worden, dass die BF in Österreich über Familienangehörige verfüge, sondern sei in der elektronischen Verpflichtungserklärung der Bezug zur BF vom Einlader mit „Bekannte“ angegeben und in einem weiteren Schreiben ausgeführt worden, die BF solle der Taufe des Enkels des Einladers beiwohnen. Die vorgeblichen Gehaltseingänge seien am Konto nicht ersichtlich und weise dieses lediglich ein Guthaben in Höhe von ca. EUR 4,-- auf. Die am 30.04.2018 nach erfolgter Ablehnung des Visumsantrages übermittelte Einladung zur Veranstaltung „Fighting for the visibility and rights of LGBTIQ*Africans“ sei von der BF bei Antragstellung weder vorgewiesen noch behauptet worden. Da im Visaantrag – entgegen den Ausführungen in der Beschwerde – keine Angaben zur in Österreich lebenden Familie bzw. zur Teilnahme an der genannten Veranstaltung gemacht, sondern zwei von den ursprünglichen Antragsgründen abweichende Gründe angeführt worden seien, bestünden begründete Zweifel an der Absicht der BF, das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten vor Ablauf der Gültigkeit des beantragten Visums zu verlassen. Somit hätten die Bedenken der Botschaft hinsichtlich der finanziellen Mittel aufgrund nicht nachgewiesener finanzieller Eigenmittel oder eventuell vorhandenen Vermögens, des fehlenden Nachweises von Gehaltseingängen sowie mangels Vorlage einer tragfähigen elektronischen Verpflichtungserklärung nicht zerstreut werden können, zumal die BF trotz Aufforderung zur Stellungnahme keine weiteren Dokumente vorgelegt habe.

Am 25.07.2018 wurde ein Vorlageantrag gemäß § 15 VwGVG eingebracht, in welchem im Wesentlichen wie in der Beschwerde vorgetragen wurde.

Mit Schreiben des Bundesministeriums für Inneres vom 10.08.2018, eingelangt beim Bundesverwaltungsgericht am 23.08.2018, wurde der Vorlageantrag sam Verwaltungsakt übermittelt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Festgestellt werden der unter Punkt I. dargelegte Verfahrensgang und Sachverhalt.

2. Beweiswürdigung:

Die festgestellten Tatsachen ergeben sich aus dem Verwaltungsakt der ÖB Abuja, den vorgelegten Unterlagen und den eigenen Angaben der BF.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.

Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesgesetzes über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG) idgF lauten wie folgt:

§ 2 Soweit die Bundes- oder Landesgesetze nicht die Entscheidung durch den Senat vorsehen, entscheidet das Verwaltungsgericht durch Einzelrichter (Rechtspfleger).

Beschwerdevorentscheidung

§ 14 (1) Im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG steht es der Behörde frei, den angefochtenen Bescheid innerhalb von zwei Monaten aufzuheben, abzuändern oder die Beschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen (Beschwerdevorentscheidung). § 27 ist sinngemäß anzuwenden.

(2) Will die Behörde von der Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung absehen, hat sie dem Verwaltungsgericht die Beschwerde unter Anschluss der Akten des Verwaltungsverfahrens vorzulegen.

(3) Im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 4 B-VG hat die Behörde dem Verwaltungsgericht die Beschwerde unter Anschluss der Akten des Verwaltungsverfahrens vorzulegen.

Vorlageantrag

§ 15 (1) Jede Partei kann binnen zwei Wochen nach Zustellung der Beschwerdevorentscheidung bei der Behörde den Antrag stellen, dass die Beschwerde dem Verwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt wird (Vorlageantrag). Wird der Vorlageantrag von einer anderen Partei als dem Beschwerdeführer gestellt, hat er die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt (§ 9 Abs. 1 Z 3), und ein Begehren (§ 9 Abs. 1 Z 4) zu enthalten.

(2) Ein rechtzeitig eingebrachter und zulässiger Vorlageantrag hat aufschiebende Wirkung, wenn die Beschwerde

1. von Gesetzes wegen aufschiebende Wirkung hatte und die Behörde diese nicht ausgeschlossen hat;

2. von Gesetzes wegen keine aufschiebende Wirkung hatte, die Behörde diese jedoch zuerkannt hat.

Die Behörde hat dem Verwaltungsgericht den Vorlageantrag und die Beschwerde unter Anschluss der Akten des Verfahrens vorzulegen und den sonstigen Parteien die Vorlage des Antrags mitzuteilen.

(3) Verspätete und unzulässige Vorlageanträge sind von der Behörde mit Bescheid zurückzuweisen. Wird gegen einen solchen Bescheid Beschwerde erhoben, hat die Behörde dem Verwaltungsgericht unverzüglich die Akten des Verfahrens vorzulegen.

§ 16 [ … ]

Verfahren vor dem Verwaltungsgericht

Anzuwendendes Recht

§ 17 Soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, sind auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 9 Abs 3 FPG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Entscheidungen der Vertretungsbehörden.

§§ 11, 11a Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) idgF lauten:

Verfahren vor den österreichischen Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten

§ 11 (1) In Verfahren vor österreichischen Vertretungsbehörden haben Antragsteller unter Anleitung der Behörde die für die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes erforderlichen Urkunden und Beweismittel selbst vorzulegen; in Verfahren zur Erteilung eines Visums D ist Art. 19 Visakodex sinngemäß anzuwenden. Der Antragssteller hat über Verlangen der Vertretungsbehörde vor dieser persönlich zu erscheinen, erforderlichenfalls in Begleitung eines Dolmetschers (§ 39a AVG). § 10 Abs. 1 letzter Satz AVG gilt nur für in Österreich zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Personen. Die Vertretungsbehörde hat nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Eine Entscheidung, die dem Standpunkt des Antragstellers nicht vollinhaltlich Rechnung trägt, darf erst ergehen, wenn die Partei Gelegenheit zur Behebung von Formgebrechen und zu einer abschließenden Stellungnahme hatte.

(2) Partei in Verfahren vor der Vertretungsbehörde ist ausschließlich der Antragssteller.

(3) Die Ausfertigung bedarf der Bezeichnung der Behörde, des Datums der Entscheidung und der Unterschrift des Genehmigenden; an die Stelle der Unterschrift kann das Siegel der Republik Österreich gesetzt werden, sofern die Identität des Genehmigenden im Akt nachvollziehbar ist. Die Zustellung hat durch Übergabe in der Vertretungsbehörde oder, soweit die internationale Übung dies zulässt, auf postalischem oder elektronischem Wege zu erfolgen; ist dies nicht möglich, so ist die Zustellung durch Kundmachung an der Amtstafel der Vertretungsbehörde vorzunehmen.

(4) Vollinhaltlich ablehnende Entscheidungen gemäß Abs. 1 betreffend Visa D sind schriftlich in einer Weise auszufertigen, dass der Betroffene deren Inhalt und Wirkung nachvollziehen kann. Dem Betroffenen sind die Gründe der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit, die der ihn betreffenden Entscheidung zugrunde liegen, genau und umfassend mitzuteilen, es sei denn, dass Gründe der Sicherheit der Republik Österreich dieser Mitteilung entgegenstehen. In der schriftlichen Ausfertigung der Begründung ist auch die Rechtsmittelinstanz anzugeben.

(5) Für die Berechnung von Beginn, Lauf und Ende von Fristen (§ 33 AVG) gelten die Wochenend- und Feiertagsregelungen im Empfangsstaat.

(6) Kann dem Antrag auf Erteilung eines Visums D auf Grund zwingender außenpolitischer Rücksichten oder aus Gründen der nationalen Sicherheit nicht stattgegeben werden, so ist die Vertretungsbehörde ermächtigt, sich auf den Hinweis des Vorliegens zwingender Versagungsgründe zu beschränken. Der maßgebliche Sachverhalt muss auch in diesen Fällen im Akt nachvollziehbar sein.

(7) Der Fremde hat im Antrag auf Erteilung eines Visums D den jeweiligen Zweck und die beabsichtigte Dauer der Reise und des Aufenthaltes bekannt zu geben. Der Antrag ist zurückzuweisen, sofern der Antragsteller, ausgenommen die Fälle des § 22 Abs. 3 FPG, trotz Aufforderung und Setzung einer Nachfrist kein gültiges Reisedokument oder gegebenenfalls kein Gesundheitszeugnis vorlegt oder wenn der Antragsteller trotz entsprechenden Verlangens nicht persönlich vor der Behörde erschienen ist, obwohl in der Ladung auf diese Rechtsfolge hingewiesen wurde.

(8) Minderjährige Fremde, die das 14. Lebensjahr vollendet haben, können die Erteilung eines Visums selbst beantragen. Die Ausstellung bedarf der Zustimmung des gesetzlichen Vertreters; diese ist vom Antragsteller nachzuweisen.

Beschwerden gegen Bescheide österreichischer Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten

§ 11a (1) Der Beschwerdeführer hat der Beschwerde gegen einen Bescheid einer österreichischen Vertretungsbehörde sämtliche von ihm im Verfahren vor der belangten Vertretungsbehörde vorgelegten Unterlagen samt Übersetzung in die deutsche Sprache anzuschließen.

(2) Beschwerdeverfahren sind ohne mündliche Verhandlung durchzuführen. Es dürfen dabei keine neuen Tatsachen oder Beweise vorgebracht werden.

(3) Sämtliche Auslagen der belangten Vertretungsbehörde und des Bundesverwaltungsgerichtes für Dolmetscher und Übersetzer sowie für die Überprüfung von Verdolmetschungen und Übersetzungen sind Barauslagen im Sinn des § 76 AVG.

(4) Die Zustellung der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes hat über die Vertretungsbehörde zu erfolgen. § 11 Abs. 3 gilt.

Die maßgeblichen Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 810/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13.07.2009 idgF der Verordnung (EU) 2019/1155 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20.06.2019 (Visakodex), lauten wie folgt:

Ziel und Geltungsbereich

Art. 1 (1) Mit dieser Verordnung werden die Verfahren und Voraussetzungen und fu?r die Erteilung von Visa fu?r geplante Aufenthalte im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten von ho?chstens 90 Tagen je Zeitraum von 180 Tagen festgelegt.

[ … ]

Behörden mit Zuständigkeit für die Beteiligung an Antragsverfahren

Art. 4 (1) Anträge werden von den Konsulaten geprüft und beschieden.

[ … ]

Prüfung der Einreisevoraussetzungen und Risikobewertung

Art. 21 (1) Bei der Prüfung eines Antrags auf ein einheitliches Visum ist festzustellen, ob der Antragsteller die Einreisevoraussetzungen nach Artikel 5 Absatz 1 Buchstaben a, c, d und e des Schengener Grenzkodexes erfüllt, und ist insbesondere zu beurteilen, ob bei ihm das Risiko der rechtswidrigen Einwanderung besteht, ob er eine Gefahr für die Sicherheit der Mitgliedstaaten darstellt und ob er beabsichtigt, vor Ablauf der Gültigkeitsdauer des beantragten Visums das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten zu verlassen.

(2) Zu jedem Antrag wird das VIS gemäß Artikel 8 Absatz 2 und Artikel 15 der VIS-Verordnung abgefragt. Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass alle Suchkriterien gemäß Artikel 15 der VIS-Verordnung voll und ganz verwendet werden, um falsche Ablehnungen und Identifizierungen zu vermeiden.

(3) Bei der Kontrolle, ob der Antragsteller die Einreisevoraussetzungen erfu?llt, pru?fen das Konsulat oder die zentralen Beho?rden,

a) dass das vorgelegte Reisedokument nicht falsch, verfälscht oder gefälscht ist;

b) ob die Angaben des Antragstellers zum Zweck und zu den Bedingungen des beabsichtigten Aufenthalts begründet sind und ob er über ausreichende Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts sowohl für die Dauer des beabsichtigten Aufenthalts als auch für die Rückreise in den Herkunfts- oder Wohnsitzstaat oder für die Durchreise in einen Drittstaat, in dem seine Zulassung gewährleistet ist, verfügt oder in der Lage ist, diese Mittel rechtmäßig zu erwerben;

c) ob der Antragsteller im Schengener Informationssystem (SIS) zur Einreiseverweigerung ausgeschrieben ist;

d) ob der Antragsteller keine Gefahr für die öffentliche Ordnung, die innere Sicherheit oder die öffentliche Gesundheit im Sinne von Artikel 2 Nummer 19 des Schengener Grenzkodexes oder für die internationalen Beziehungen eines Mitgliedstaats darstellt und ob er insbesondere nicht in den nationalen Datenbanken der Mitgliedstaaten zur Einreiseverweigerung aus denselben Gründen ausgeschrieben worden ist;

e) ob der Antragsteller, soweit erforderlich, im Besitz einer angemessenen und gu?ltigen Reisekrankenversicherung ist, die fu?r den Zeitraum des geplanten Aufenthalts, oder, falls ein Visum fu?r die mehrfache Einreise beantragt wird, fu?r den Zeitraum des ersten geplanten Aufenthalts gilt.

(4) Das Konsulat oder die zentralen Beho?rden pru?fen gegebenenfalls anhand der Dauer fru?herer und geplanter Aufenthalte, ob der Antragsteller die zula?ssige Ho?chstdauer des Aufenthalts im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten nicht u?berschritten hat, ungeachtet etwaiger Aufenthalte, die aufgrund eines nationalen Visums fu?r den la?ngerfristigen Aufenthalt oder eines Aufenthaltstitels genehmigt wurden.

(5) Die Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts während des geplanten Aufenthalts werden nach der Dauer und dem Zweck des Aufenthalts und unter Zugrundelegung der Ausgaben für Unterkunft und Verpflegung in dem/den betreffenden Mitgliedstaat(en) nach Maßgabe eines mittleren Preisniveaus für preisgünstige Unterkünfte bewertet, die um die Zahl der Aufenthaltstage multipliziert werden; hierzu werden die von den Mitgliedstaaten gemäß Artikel 34 Absatz 1 Buchstabe c des Schengener Grenzkodexes festgesetzten Richtbeträge herangezogen. Der Nachweis einer Kostenübernahme und/oder einer privaten Unterkunft kann ebenfalls das Vorhandensein ausreichender Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts belegen.

(6) Bei der Pru?fung eines Antrags auf Erteilung eines Visums fu?r den Flughafentransit u?berpru?fen das Konsulat oder die zentralen Beho?rden insbesondere Folgendes:

a) dass das vorgelegte Reisedokument nicht falsch, verfälscht oder gefälscht ist;

b) den Ausgangs- und Zielort des betreffenden Drittstaatsangehörigen und die Kohärenz der geplanten Reiseroute und des Flughafentransits;

c) den Nachweis der Weiterreise zum Endbestimmungsland.

(7) Die Prüfung eines Antrags stützt sich insbesondere auf die Echtheit und Vertrauenswürdigkeit der vom Antragsteller vorgelegten Unterlagen und den Wahrheitsgehalt und die Glaubwürdigkeit seiner Aussagen.

(8) Im Verlauf der Pru?fung eines Antrags ko?nnen das Konsulat oder die zentralen Beho?rden den Antragsteller in begru?ndeten Fa?llen befragen und zusa?tzliche Unterlagen anfordern.

Visumverweigerung

Art. 32 (1) Unbeschadet des Artikels 25 Absatz 1 wird das Visum verweigert,

a) wenn der Antragsteller:

i) ein Reisedokument vorlegt, das falsch, verfälscht oder gefälscht ist;

ii) den Zweck und die Bedingungen des geplanten Aufenthalts nicht begründet;

iia) den Zweck und die Bedingungen des geplanten Flughafentransits nicht begru?ndet;

iii) nicht den Nachweis erbringt, dass er über ausreichende Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts sowohl für die Dauer des geplanten Aufenthalts als auch für die Rückreise in den Herkunfts- oder Wohnsitzstaat oder für die Durchreise in einen Drittstaat, in dem seine Zulassung gewährleistet ist, verfügt, bzw. nicht in der Lage ist, diese Mittel rechtmäßig zu erwerben;

iv) sich im laufenden Sechsmonatszeitraum bereits drei Monate im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten auf der Grundlage eines einheitlichen Visums oder eines Visums mit räumlich beschränkter Gültigkeit aufgehalten hat;

v) im SIS zur Einreiseverweigerung ausgeschrieben ist; DE 15.9.2009 Amtsblatt der Europäischen Union L 243/15

vi) als eine Gefahr für die öffentliche Ordnung, die innere Sicherheit oder die öffentliche Gesundheit im Sinne von Artikel 2 Absatz 19 des Schengener Grenzkodexes oder für die internationalen Beziehungen eines Mitgliedstaats eingestuft wird, insbesondere wenn er in den nationalen Datenbanken der Mitgliedstaaten zur Einreiseverweigerung aus denselben Gründen ausgeschrieben worden ist; oder

vii) nicht nachweist, dass er, soweit erforderlich, über eine angemessene und gültige Reisekrankenversicherung verfügt; oder

b) wenn begründete Zweifel an der Echtheit der von dem Antragsteller vorgelegten Belege oder am Wahrheitsgehalt ihres Inhalts, an der Glaubwürdigkeit seiner Aussagen oder der von ihm bekundeten Absicht bestehen, das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten vor Ablauf der Gültigkeit des beantragten Visums zu verlassen.

(2) Eine Entscheidung u?ber die Verweigerung und die entsprechende Begru?ndung werden dem Antragsteller unter Verwendung des Standardformulars in Anhang VI in der Sprache des Mitgliedstaates, der die endgu?ltige Entscheidung u?ber den Antrag getroffen hat, und in einer anderen Amtssprache der Organe der Union mitgeteilt.

(3) Antragstellern, deren Visumantrag abgelehnt wurde, steht ein Rechtsmittel zu. Die Rechtsmittel sind gegen den Mitgliedstaat, der endgültig über den Visumantrag entschieden hat, und in Übereinstimmung mit dem innerstaatlichen Recht dieses Mitgliedstaats zu führen. Die Mitgliedstaaten informieren die Antragsteller über das im Falle der Einlegung eines Rechtsmittels zu befolgende Verfahren nach Anhang VI.

[ … ]

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

Wenn die BF eine bloß „formelhafte“ Begründung der ablehnenden Entscheidung reklamiert, wird vorausgeschickt, dass einem Antragsteller gemäß Art. 32 Abs. 2 Visakodex die Entscheidung über die Verweigerung und die entsprechende Begründung unter Verwendung des Standardformulars in Anhang VI mitgeteilt werden. Der angefochtene Bescheid leidet daher nicht schon deshalb an einem Begründungsmangel, weil er sich auf das Ankreuzen von Textbausteinen beschränkt, ohne auf den konkreten Fall Bezug zu nehmen und dazu Feststellungen zu treffen. Diese Vorgangsweise entspricht vielmehr - sofern der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt im Akt nachvollziehbar ist, was im gegenständlichen Fall zutrifft - den besonderen Regeln für das Verfahren vor den österreichischen Vertretungsbehörden (vgl. § 11 FPG und dazu grundlegend VwGH vom 24.10.2007, Zl. 2007/21/0216) und steht, wie angeführt, mit dem Art. 32 Abs. 2 iVm Anhang VI des Visakodex im Einklang (vgl. VwGH vom 17.11.2011, Zl. 2010/21/0423, mwN).

Gemäß Art. 32 Abs. 1 lit a sublit ii) Visakodex wird das Visum verweigert, wenn der Antragsteller den Zweck und die Bedingungen des geplanten Aufenthalts nicht begründet.

Wie jenem dem Visumsantrag beigefügten Begleitschreiben des Einladers bzw dessen Ehegattin zu entnehmen ist, soll Zweck des geplanten Österreichaufenthaltes der BF die Teilnahme an der Taufe des Enkels des Einladers sein. Nach bereits erfolgter Ablehnung des Visumsantrags durch die ÖB Abuja wurde mit der Beschwerde gegen den ablehnenden Bescheid - somit entgegen dem Neuerungsverbot des § 11 a Abs. 2 FPG - ein Schreiben einer Abgeordneten zum Wiener Gemeinderat und Landtag nachgereicht, wonach die Tochter der BF Mitwirkende an einer Veranstaltung betreffend die Situation von lesbischen, schwulen, bisexuellen und transsexuellen Menschen in afrikanischen Ländern sei, weshalb auch die BF und ihr Sohn eingeladen seien, an dieser Veranstaltung teilzunehmen. Zudem wird in der Einladung plötzlich angegeben, dass der Einlader und dessen Gattin die Schwiegereltern der Tochter der BF seien und die geplante Taufe den Sohn der Tochter der BF, also den Enkel der BF, betreffe. Im Verfahren vor der Behörde sollten demnach offenkundig die mit ihrer Tochter und ihrem Enkelkind in Österreich bestehenden verwandtschaftlichen Anknüpfungspunkte der BF verschwiegen werden, zumal diesen keine, eine entsprechende Bindung an den Herkunftsstaat indizierenden familiären Beziehungen der BF in der Heimat, gegenüberstehen dürften. Nachdem die in Österreich bestehenden verwandtschaftlichen Beziehungen der BF im Verfahren vor der Behörde nicht kundgetan worden waren, bringt nun auch die BF in der Beschwerde erstmalig vor, dass der Besuch ihrer Tochter und die Teilnahme an der Taufe ihres Enkels beabsichtigt seien. Bislang war nur davon die Rede gewesen - siehe Begleitschreiben des bzw der Einlader zum Visumsantrag - dass die Teilnahme der BF an der Taufe des Enkelkindes der Einlader beabsichtigt sei, ohne dass eine Äußerung dahingehend erfolgt wäre, dass es sich beim Enkelkind der Einlader gleichzeitig auch um das Enkelkind der BF und bei den Einladern offenbar um die Schwiegereltern ihrer Tochter handelt. Die BF änderte somit den Zweck ihres Aufenthaltes somit immer wieder ab bzw. traten nachträglich neue Reisegründe hinzu, weshalb bereits erhebliche Zweifel am Zweck und den Bedingungen des von der BF geplanten Österreichaufenthaltes bestehen. Diese Zweifel werden insbesondere dadurch verstärkt, dass die BF, während des erstinstanzlichen Verfahrens weder ihre Tochter noch ihren Enkel noch die Veranstaltung - die zum damaligen Zeitpunkt wohl ebenso längst feststand - erwähnte.

Die Angaben der BF zu Zweck und Bedingungen des geplanten Aufenthaltes sind demnach insgesamt als widersprüchlich und unglaubwürdig einzustufen.

Gemäß Art. 32 Abs. 1 lit. a sublit. iii) Visakodex, wird das Visum verweigert, wenn der Antragsteller nicht den Nachweis erbringt, dass er über ausreichende Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts sowohl für die Dauer des geplanten Aufenthalts als auch für die Rückreise in den Herkunfts- oder Wohnsitzstaat oder für die Durchreise in einen Drittstaat, in dem seine Zulassung gewährleistet ist, verfügt, bzw. nicht in der Lage ist, diese Mittel rechtmäßig zu erwerben.

Die BF hat den Nachweis über ausreichende finanzielle Mittel zur Bestreitung ihres geplanten Österreichaufenthaltes, wie auch für die Rückreise in ihren Herkunftsstaat, nicht erbracht.

Die BF legte Gehaltsbestätigungen des nigerianischen Bildungsministeriums für Dezember 2017 und Jänner 2018 mit einem monatlichen Nettoeinkommen von jeweils NGN 86.207,80 (ca. EUR 218,--) sowie für Februar 2018 mit einem monatlichen Nettoeinkommen von NGN 79.207,80 (ca. EUR 200,--) vor. Weiters legte die BF einen auf ihren Namen lautenden Kontoauszug einer nigerianischen Bank mit einem Saldo von NGN 1.619,36 (ca. EUR 4,--) vor. In diesem Kontoauszug scheinen jedoch keine, dem angeblichen Gehalt entsprechende Zahlungseingänge auf. Zudem weicht die auf den Gehaltsnachweisen ersichtliche Kontonummer von der auf dem vorgelegten Kontoauszug desselben Bankinstitutes ausgewiesenen Kontonummer ab. Der Vollständigkeithalber sei angemerkt, dass einem auf dem Konto ausgewiesenen Guthabensstand in Höhe von EUR 4,-- im Zusammenhang mit den mit einem längeren Auslandsaufenthalt verbundenen Kosten keine Relevanz zukommen kann. Es kann daher nicht davon ausgegangen werden, dass die BF über die erforderlichen Eigenmittel zur Bestreitung ihres Auslandsaufenthaltes verfügen würde. Das Vorhandensein allfälliger sonstiger Vermögenswerte wurde nicht einmal behauptet.

Die nicht vorhandenen Eigenmittel der BF können auch nicht durch den Einlader substituiert werden. Laut elektronischer Verpflichtungserklärung (EVE) des Einladers vom 28.03.2018 sei dieser seit 2003 selbständig tätig und verfüge über ein Nettoeinkommen von EUR 2.450,-- monatlich. Ein sonstiges Vermögen oder ein weiteres Haushaltseinkommen wurden in der Verpflichtungserklärung nicht angegeben. Da die EVE für zwei Personen, nämlich für die BF und ihren als Begleitung mitreisenden Sohn, abgegeben wurde, muss der nach Abzug der in der EVE mit EUR 1.200,-- angegebenen monatlichen Mietkosten verbleibende Betrag von EUR 1.250,-- monatlich - von welchem jedenfalls auch der Einlader selbst seinen Lebensunterhalt zu bestreiten hat - für zwei weitere Personen als unzureichend bezeichnet werden. Soweit sich die BF in der Beschwerde zusätzlich auf ein Einkommen der Ehegattin des Einladers in Höhe von monatlich netto EUR 2.446,77 beruft, so ist dies schon deshalb unbeachtlich, als sich die Gattin, entgegen anderslautendem Beschwerdevorbringen, in der elektronischen Verpflichtungserklärung des Einladers nicht mitverpflichtet hat. Abgesehen davon wäre ein solches Vorbringen auch im Hinblick auf das im Beschwerdeverfahren geltende Neuerungsverbot nicht zu berücksichtigen.

Gemäß Art. 32 Abs. 1 lit. b Visakodex wird ein Visum verweigert, wenn begründete Zweifel an der Echtheit der von dem Antragsteller vorgelegten Belege oder am Wahrheitsgehalt ihres Inhalts, an der Glaubwürdigkeit seiner Aussagen oder der von ihm bekundeten Absicht bestehen, das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten vor Ablauf der Gültigkeit des beantragten Visums zu verlassen.

Schon das Abstellen auf "begründete Zweifel" in Art. 32 Abs. 1 lit. b Visakodex macht deutlich, dass nicht ohne weiteres - generell - unterstellt werden darf, dass Fremde unter Missachtung der fremdenrechtlichen Vorschriften im Anschluss an die Gültigkeitsdauer eines Visums weiterhin im Schengenraum (unrechtmäßig) aufhältig bleiben. Es wird daher konkreter Anhaltspunkte in diese Richtung bedürfen und die Behörde kann die Versagung eines Visums nicht gleichsam mit einem "Generalverdacht" zu Lasten aller Fremden begründen. Regelmäßig wird daher, wenn nicht gegenteilige Indizien bekannt sind, davon auszugehen sein, dass der Fremde vor Ablauf der Gültigkeit des beantragten Visums wieder ausreisen wird (vgl. VwGH vom 29.9.2011, Zl. 2010/21/0344 mit Hinweis auf E 20. Dezember 2007, 2007/21/0104), wobei begründete Zweifel zu Lasten des Fremden gehen).

Nach dem Urteil des EuGH vom 19.12.2013, C-84/12, verlangt diese Bestimmung von der Behörde allerdings nicht, Gewissheit zu erlangen, ob der Antragsteller beabsichtigt, das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten vor Ablauf der Gültigkeit des beantragten Visums zu verlassen. Die Behörde hat vielmehr festzustellen, ob begründete Zweifel an dieser Absicht bestehen. Zu diesem Zweck hat die Behörde eine individuelle Prüfung des Antrages vorzunehmen. Dabei sind zum einen die allgemeinen Verhältnisse im Wohnsitzstaat des Antragstellers und zum anderen seine persönlichen Umstände – insbesondere seine familiäre, soziale und wirtschaftliche Situation, seine Bindungen im Wohnsitzstaat und in den Mitgliedstaaten – zu berücksichtigen.

Es obliegt dem Antragsteller, Unterlagen zur Beurteilung seiner Rückkehrabsicht vorzulegen und etwaige Zweifel zu entkräften.

Begründete Zweifel an der Absicht der BF, das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten vor Ablauf der Gültigkeitsdauer des beantragten Visums wieder zu verlassen, ergeben sich daraus, dass die BF eine entsprechende soziale, familiäre, berufliche und wirtschaftliche Verwurzelung in der Heimat nicht nachweisen konnte.

Die verwitwete BF beruft sich darauf, dass sie schon einmal in Österreich gewesen und vor Ablauf ihres damaligen Visums rechtzeitig ausgereist sei, in ihrer Heimat eine leitende Position im „Ministry of Education“ bekleide und soeben ihr Haus im Afra Estate fertig gestellt habe. Zwar hat die BF zu ihrer beruflichen Tätigkeit Unterlagen vorgelegt, doch waren die damit behaupteten Gehaltseingänge – wie ausgeführt – auf dem vorgelegten Kontoauszug nicht ersichtlich und vermag der auf dem Konto ausgewiesene Saldo von EUR 4,-- eine Rückkehrabsicht der BF nicht darzutun. Aus der Behauptung, in der Heimat ein Haus fertiggestellt zu haben, lässt sich ebenso keine wirtschaftliche Bindung an den Herkunftsstaat ableiten. Diese Behauptung wurde zum einen erstmals im Beschwerdeverfahren aufgestellt und unterliegt somit dem Neuerungsverbot (§ 11a Abs. 2 FPG), zum anderen wurde hiefür keinerlei Nachweis, wie etwa ein Grundbuchsauszug, erbracht. Auch die Vorlage einer Flugreservierungsbestätigung wie auch der Abschluss einer Reiseversicherung und die fristgerechte Ausreise anlässlich einer Visumserteilung in der Vergangenheit sprechen noch nicht dafür, dass vor Ablauf des Visums eine Rückkehr in den Heimatstaat erfolgen wird. Zudem hat die BF mit ihrer Tochter und ihrem Enkel familiäre Anknüpfungspunkte in Österreich, die eine Wiederausreiseabsicht als nicht gesichert erscheinen lassen. Dass die BF im Herkunftsstaat allenfalls weitere Familienangehörige haben würde, die eine Rückkehr in diesen nahelegen könnten, wurde mit keinem Wort erwähnt. Die BF war vielmehr allein bemüht, die Existenz ihrer in Österreich lebenden Familienangehörigen zu verschleiern (siehe hiezu auch bereits oben).

Der Vertretungsbehörde kann daher nicht entgegengetreten werden, wenn diese Indizien im Sinne einer nicht gesicherten Wiederausreise der BF erkannt, der BF demgemäß Zweifel vorgehalten und zu dem Ergebnis gelangt ist, dass diese Zweifel seitens der BF letztlich nicht ausgeräumt werden konnten.

Schließlich ist die BF den ihr von der Botschaft mit der Aufforderung zur Stellungnahme vorgehaltenen Visumsversagungsgründen nicht einmal entgegengetreten, indem sie die Gelegenheit zur Stellungnahme nicht wahrgenommen hat. In ihrer Aufforderung zur Stellungnahme hatte die Botschaft ausdrücklich darauf hingewiesen, dass diesfalls aufgrund der Aktenlage entschieden würde.

Zusammenfassend hat die ÖB Abuja ihre Beurteilung innerhalb des ihr zukommenden Ermessensspielraumes begründet vorgenommen. Die Verweigerung des Visums durch die österreichische Vertretungsbehörde ist daher zu Recht erfolgt.

Gemäß § 11a Abs. 2 FPG war das Beschwerdeverfahren ohne mündliche Verhandlung durchzuführen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG idF BGBl. I Nr. 51/2012 ist gegen ein Erkenntnis des VwGH die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des VwGH abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des VwGH nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Fall ist die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Hinsichtlich der Einordnung des Sachverhaltes konnte sich das BVwG auf eine ständige Rechtsprechung des VwGH beziehungsweise auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten des angefochtenen Bescheides wiedergegeben.

Schlagworte

begründete Zweifel Einreisetitel finanzielle Mittel Glaubwürdigkeit Nachweismangel Rückkehrabsicht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W165.2204058.1.00

Im RIS seit

19.11.2020

Zuletzt aktualisiert am

19.11.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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