TE Vwgh Erkenntnis 1997/9/30 97/04/0095

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Veröffentlicht am 30.09.1997
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §10 Abs2;
AVG §63 Abs1;
VwGG §34 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Gruber, Dr. Stöberl und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Marihart, über die Beschwerde

1. des A in M und 2. des J in Z, beide vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in Z, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 24. März 1997, Zl. IIa-53.014/1-97, betreffend Zurückweisung einer Berufung i.A. Entziehung der Gewerbeberechtigung, zu Recht erkannt bzw. den Beschluß gefaßt:

Spruch

Die Beschwerde des Erstbeschwerdeführers wird als unbegründet abgewiesen, die Beschwerde des Zweitbeschwerdeführers wird zurückgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 24. März 1997 wurde die Berufung des Zweitbeschwerdeführers gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 25. Februar 1997, betreffend Entziehung der näher beschriebenen Gewerbeberechtigung des Erstbeschwerdeführers als unzulässig zurückgewiesen. Hiezu wurde im wesentlichen ausgeführt, der vom Zweitbeschwerdeführer erhobenen Berufung sei in keiner Weise zu entnehmen, daß der Zweitbeschwerdeführer vom Erstbeschwerdeführer bevollmächtigt worden sei, ihn im Verfahren zur Entziehung der Gewerbeberechtigung zu vertreten. Auch dem Verwaltungsakt der Erstbehörde sei eine solche Bevollmächtigung nicht zu entnehmen. Der Zweitbeschwerdeführer sei zwar im erstinstanzlichen Verfahren als "konzessioneller Ausgleichsvermittler" des Erstbeschwerdeführers aufgetreten und habe eine (näher beschriebene) Spezialvollmacht vorgelegt; diese habe jedoch eine Vertretung des Erstbeschwerdeführers im Verfahren zur Entziehung der Gewerbeberechtigung nicht umfaßt. Im Zeitpunkt der Erhebung der Berufung sei eine Vertretungsbefugnis bzw. Vollmacht des Zweitbeschwerdeführers hiezu nicht vorgelegen. Darin liege ein inhaltlicher Mangel, sodaß ein Verbesserungsauftrag im Sinne des § 13 Abs. 3 AVG nicht in Betracht gekommen sei. Die vom Zweitbeschwerdeführer erhobene Berufung sei ihm selbst zuzurechnen und - mangels Parteistellung im gegenständlichen Verfahren - als unzulässig zurückzuweisen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Erstbeschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid im Recht, "sich durch einen gewillkürten Vertreter im Verwaltungsverfahren" vertreten zu lassen, verletzt, der Zweitbeschwerdeführer im Recht, "als konzessioneller Ausgleichsvermittler im Sinne des § 376 Abs. 34c7 den Erstbeschwerdeführer als Partei im Insolvenzverfahren vor Behörden zu vertreten". Sie bringen hiezu im wesentlichen vor, es sei unrichtig, daß der Zweitbeschwerdeführer im erstinstanzlichen Verfahren nicht als ausgewiesener Vertreter des Erstbeschwerdeführers aufgetreten sei; vielmehr sei sämtliche Korrespondenz der Behörde mit dem Zweitbeschwerdeführer geführt worden. Es liege auch eine eigenhändig unterfertigte Vollmacht des Erstbeschwerdeführers vor, mit welcher der Zweitbeschwerdeführer "zu umfassendem Einschreiten" ermächtigt werde. Zwar finde sich darin ein Passus, daß der Zweitbeschwerdeführer den Erstbeschwerdeführer gegenüber seinen Gläubigern vor Gerichts-, Verwaltungs- und Finanzbehörden zu vertreten befugt sei. Dies könne aber nur bedeuten, daß im Rahmen der Ausgleichsvermittlung im Zuge einer Regelung mit sämtlichen andrängenden Gläubigern sämtliche in Betracht kommende Verfahren, wie eben auch jenes wegen Entziehung der Gewerbeberechtigung abgewickelt werden müßten. Darüber hinaus sei der Zweitbeschwerdeführer schon gemäß § 376 Abs. 34c7 GewO als "konzessioneller Ausgleichsvermittler" zur berufsmäßigen Parteienvertretung im Insolvenzverfahren vor dem Gerichtshof erster Instanz und vor Behörden befugt. Schließlich sei auch die Auffassung der belangten Behörde, die vermeintlich mangelnde Vollmacht stelle einen inhaltlichen Mangel dar, unzutreffend, weil sich Inhalt und Umfang der Vertretungsbefugnis nach den Bestimmungen der Vollmacht richteten und darin ausdrücklich festgehalten sei, daß der Zweitbeschwerdeführer befugt sei, den Erstbeschwerdeführer vor Verwaltungsbehörden zu vertreten. Es hätten daher allenfalls Zweifel darüber aufkommen können, ob "diese behördliche Vertretungsbefugnis" auch auf das "erweiterte Verhältnis" im Sinne der obigen Ausführungen anzuwenden sei; diese Zweifel hätten jedoch im Sinne der Auslegungsrichtlinien des ABGB nur zugunsten des Erstbeschwerdeführers gelöst werden können.

Zunächst ist dem von der belangten Behörde in ihrer Gegenschrift gegen die Beschwerdelegitimation des Erstbeschwerdeführers vorgebrachten Einwand, der angefochtene Bescheid sei lediglich an den Zweitbeschwerdeführer ergangen und dem Erstbeschwerdeführer nur abschriftlich zugestellt worden, entgegenzuhalten, daß diesem Bescheid auch der Abspruch zu entnehmen ist, daß die gegen den Erstbescheid erhobene Berufung dem Erstbeschwerdeführer nicht zuzurechnen sei. Insoweit ist der angefochtene Bescheid geeignet, den Erstbeschwerdeführer in einem subjektiv-öffentlichen Recht zu verletzen (vgl. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 19. Dezember 1984, Slg. Nr. 11.625/A); seine Beschwerdelegitimation ist daher - zumal die Beschwerde gemäß § 26 Abs. 2 VwGG auch vor Zustellung oder Verkündung des Bescheides an den Beschwerdeführer erhoben werden kann - gegeben.

Hingegen mangelt der Beschwerde des Zweitbeschwerdeführers die Berechtigung zu ihrer Erhebung, weil der Zweitbeschwerdeführer, dem im Verfahren betreffend die Entziehung der Gewerbeberechtigung des Erstbeschwerdeführers Parteistellung nicht zukam, durch die Zurückweisung eines Rechtsmittels gegen einen ihn nicht betreffenden Bescheid in einem subjektiv-öffentlichen Recht nicht verletzt werden kann (vgl. z.B. den hg. Beschluß vom 29. März 1996, Zl. 95/02/0529 und die hier zitierte Vorjudikatur). Über das Recht des Zweitbeschwerdeführers, als Ausgleichsvermittler gemäß § 376 Z. 34c Abs. 7 GewO 1994 den Erstbeschwerdeführer in Insolvenzverfahren vor Behörden zu vertreten, spricht der angefochtene Bescheid nicht ab. Die Beschwerde des Zweitbeschwerdeführers war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG mit Beschluß zurückzuweisen.

Gemäß § 10 Abs. 1 AVG können sich die Beteiligten und ihre gesetzlichen Vertreter, sofern nicht ihr persönliches Erscheinen ausdrücklich gefordert wird, durch eigenberechtigte Personen vertreten lassen, die sich durch eine schriftliche Vollmacht auszuweisen haben.

Der verfahrensgegenständlichen Berufung ist nicht zu entnehmen, daß sie vom Zweitbeschwerdeführer als Bevollmächtigten des Erstbeschwerdeführers erhoben worden wäre; ergibt sich aus dem - vom Zweitbeschwerdeführer gefertigten - Berufungsschriftsatz doch nicht einmal ansatzweise, daß damit namens des Erstbeschwerdeführers Berufung erhoben werden sollte.

Die belangte Behörde hat die Berufung daher zu Recht dem Zweitbeschwerdeführer zugerechnet. Daran vermag - entgegen der Auffassung des Erstbeschwerdeführers - die der Erstbehörde vorgelegte Vollmacht nichts zu ändern. Inhalt und Umfang der Vertretungsbefugnis richten sich nämlich gemäß § 10 Abs. 2 AVG nach den Bestimmungen der Vollmacht; hierüber auftauchende Zweifel sind nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts zu beurteilen.

Die vorgelegte Vollmacht hat nach Ausweis der vorgelegten Verwaltungsakten folgenden Wortlaut:

"Vollmacht, welche ich (wir) Herrn J akademisch geprüften Wkfm. konzessioneller Ausgleichsvermittler ... zur Vermittlung von Vereinbarungen zwischen mir (uns) und meinen (unseren) Gläubigern im Sinne des § 376 Z. 34c GewO 1973 erteile(n). Insbesondere bevollmächtige(n) ich (wir) ihn hiemit, mich (uns) gegenüber meinen (unseren) Gläubigern vor Gericht, Verwaltungs- und Finanzbehörden als auch außerbehördlich zu vertreten, Vergleiche jeder Art, insbesondere auch solche nach § 205 ZPO, abzuschließen, diesen gegenüber für mich (uns) Erklärungen abzugeben, sowie von diesen für mich (uns) bestimmte Erklärungen entgegenzunehmen, ferner zur Feststellung der hiefür notwendigen Fakten in sämtliche Unterlagen, insbesondere in die Akten der Gerichts-, Verwaltungs- und Finanzbehörden Einsicht zu nehmen.

Der Vollmachtnehmer ist weiters berechtigt, Geld oder Geldeswert für mich (uns) zu beheben, in Empfang zu nehmen und darüber rechtsverbindlich zu quittieren, wobei aus Treuhandgeldern anfallende Zinsen zur Deckung des Verwaltungsaufwandes verwendet werden.

Zugleich verspreche(n) ich (wir), seine und seines Substituten in Gemäßheit dieser Vollmacht unternommenen Schritte und Maßregeln für genehm zu halten und verpflichte(n) mich (uns), seine Gebühren und Auslagen in Z, NÖ zur ungeteilten Hand zu berichtigen und erkläre(n) mich (uns) einverstanden, daß eben da auch der bezügliche Anspruch gerichtlich geltend gemacht werden könne. Die autonomen Honorarrichtlinien gelten als vereinbart."

Nach dem klaren Wortlaut der Bestimmungen dieser Vollmacht umfaßt die Vertretungsbefugnis des Zweitbeschwerdeführers die Vertretung des Erstbeschwerdeführers gegenüber seinen Gläubigern und zwar sowohl vor Gerichts-, Verwaltungs- und Finanzbehörden, als auch außerbehördlich; gegenüber Gerichts-, Verwaltungs- und Finanzbehörden ist der Zweitbeschwerdeführer lediglich zur Einsichtnahme in die Verwaltungsakten für den Erstbeschwerdeführer berechtigt. Eine darüber hinausgehende Befugnis des Zweitbeschwerdeführers, den Erstbeschwerdeführer in Verwaltungsverfahren zu vertreten, ist dieser Vollmacht hingegen nicht zu entnehmen. Im übrigen wird selbst in der vorliegenden Beschwerde nicht behauptet, daß im Zeitpunkt der Erhebung der Berufung eine über die ausgewiesene Vollmacht hinausgehende Befugnis des Zweitbeschwerdeführers zur Vertretung des Erstbeschwerdeführers bestanden hätte.

Die sich somit als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Vertretungsbefugnis Inhalt Umfang

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1997040095.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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