TE Vwgh Erkenntnis 1997/9/30 97/04/0145

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Veröffentlicht am 30.09.1997
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Index

50/01 Gewerbeordnung;

Norm

GewO 1994 §13 Abs3;
GewO 1994 §87 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Gruber, Dr. Stöberl und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Marihart, über die Beschwerde der R in W, vertreten durch den zum Verfahrenshelfer bestellten Rechtsanwalt Dr. M in W, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 24. April 1997, Zl. MA 63-J 21/97, betreffend Entziehung der Gewerbeberechtigung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Nach dem Vorbringen in der Beschwerde im Zusammenhang mit dem Inhalt des angefochtenen Bescheides entzog der Landeshauptmann von Wien der Beschwerdeführerin mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 24. April 1997 die ihr zustehende Gewerbeberechtigung für den "Kleinhandel mit Waren aller Art unter Ausschluß solcher, deren Verkauf an eine besondere Bewilligung (Konzession) gebunden ist, unter Nachsicht von der Erbringung des Nachweises der Befähigung gemäß § 13 d Abs. 1 GewO". Nach der Begründung dieses Bescheides ging der Landeshauptmann in sachverhaltsmäßiger Hinsicht davon aus, mit Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 24. Juli 1996 sei der Antrag auf Eröffnung des Konkurses über das Vermögen der Beschwerdeführerin mangels eines zur Deckung der Kosten des Konkursverfahrens voraussichtlich hinreichenden Vermögens abgewiesen worden. Nach Mitteilung des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien seien seit dem Jahr 1994 insgesamt 14 (näher dargestellte) Exekutionen gegen die Beschwerdeführerin bewilligt und noch nicht eingestellt worden. Von der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft sei mit Schreiben vom 6. März 1997 mitgeteilt worden, auf dem Beitragskonto der Beschwerdeführerin bestehe für die Zeit vom 1. Dezember 1994 bis 31. Dezember 1996 ein Rückstand in der Höhe von S 65.899,25. Im Jahr 1996 seien nur zwei Zahlungen geleistet worden, nämlich am 1. März 1996 S 1.000,-- und am 10. Oktober 1996 S 4.000,--. Eine Ratenvereinbarung sei nicht abgeschlossen worden. Dieses Ermittlungsergebnis sei der Beschwerdeführerin zur Kenntnis gebracht und sie aufgefordert worden, darzulegen, wie es ihr konkret möglich sein werde, die Schulden aus den Einkünften der weiteren Gewerbeausübung zu begleichen bzw. zu vermindern und die weiteren anfallenden Verbindlichkeiten zu erfüllen. In ihrer Äußerung dazu habe die Beschwerdeführerin nur ausgeführt, sie verfüge über ein Lager, das jedoch durch die lange Sperre des Geschäftes überholt und gereinigt werden müsse. Erst durch diese Arbeiten stelle es einen Wert dar. Während des Baues seien die Waren mehrmals umgeschichtet worden. Es sei dadurch die Möglichkeit gegeben, in absehbarer Zeit die Schulden zu tilgen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin in dem Recht auf Ausübung der in Rede stehenden Gewerbeberechtigung verletzt. In Ausführung des so formulierten Beschwerdepunktes bringt sie vor, im Verfahren vor der belangten Behörde sei ausreichend klar hervorgekommen, daß ihr Geschäftsrückgang auf die langwierige Hausrenovierung, insbesondere die damit einhergegangene Fassaden- und Schaufensterabdeckung, zurückzuführen sei, sowie auf den Tod ihrer Tochter am 17. Juni 1996, der psychische und finanzielle Belastungen für sie gebracht habe. Nunmehr könne sie aber ihr Geschäft weiterführen und dadurch ihre Verbindlichkeiten abbauen. § 87 Abs. 2 GewO sei keine Kann-Bestimmung und es könne sich diese Bestimmung nicht auf das Vorliegen der zur Abdeckung der Schulden erforderlichen liquiden Mittel beschränken, weil dies zu einer absurden Rechtslage führe: Wenn diese Mittel vorhanden seien, sei ein Konkurs nicht zu eröffnen oder abzuweisen. Dann wäre aber auch dieser Gesetzesbestimmung der Boden entzogen. Es müsse daher der erbrachte Nachweis genügen, daß der Finanzengpaß ohne Verschulden entstanden und daß die objektive Prognose begründbar sei, durch den künftigen Geschäftsgang könnten die Gläubiger befriedigt werden. Die belangte Behörde hätte daher die beantragten Beweise aufzunehmen gehabt. Dabei wäre hervorgekommen, daß die Beschwerdeführerin nunmehr durch den Wegfall der geschäftsschädigenden Umstände und Belastungen ihre Verbindlichkeiten durch Geschäftsfortführung bedienen werden könne, sodaß das vom Gesetz geforderte Gläubigerinteresse gegeben sei. Die belangte Behörde habe es nicht nur unterlassen, die beantragten Beweise aufzunehmen, sondern auch, die Ergebnisse mit samt den darin relevierten Tatsachen mit der Beschwerdeführerin zu erörtern. Sie hätte im Sinne des Grundsatzes des rechtlichen Gehörs konkrete Fragen an die einzuvernehmenden Personen zu richten gehabt. Schließlich habe es die belangte Behörde auch unterlassen, ihren eigenen amtswegigen Erhebungspflichten nachzugehen.

Mit diesem Vorbringen wird von der Beschwerdeführerin das Vorliegen des von der belangten Behörde angenommenen Entziehungstatbestandes des § 87 Abs. 1 Z. 2 in Verbindung mit § 13 Abs. 3 GewO 1994 nicht bestritten. Auch aus dem angefochtenen Bescheid und dem Beschwerdevorbringen ergibt sich kein Anhaltspunkt für eine gegenteilige Annahme. Die Beschwerdeführerin bekämpft aber die Rechtsansicht der belangten Behörde, die Voraussetzungen des § 87 Abs. 2 GewO 1994 seien nicht erfüllt.

Nach dieser Gesetzesstelle kann die Behörde von der im Abs. 1 Z. 2 vorgeschriebenen Entziehung der Gewerbeberechtigung wegen Eröffnung des Konkurses oder Abweisung eines Antrages auf Konkurseröffnung mangels eines zur Deckung der Kosten des Konkursverfahrens voraussichtlich hinreichenden Vermögens absehen, wenn die Gewerbeausübung vorwiegend im Interesse der Gläubiger gelegen ist.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung dargetan hat, ist - ausgehend vom normativen Gehalt der zitierten Bestimmung - die Gewerbeausübung nur dann "vorwiegend im Interesse der Gläubiger gelegen", wenn auf Grund der nunmehrigen wirtschaftlichen Lage erwartet werden kann, daß der Gewerbetreibende auch den mit der Ausübung des den Gegenstand der ausgesprochenen Entziehung bildenden Gewerbes verbundenen Zahlungspflichten nachkommen wird, was jedenfalls voraussetzt, daß die erforderlichen liquiden Mittel zur Abdeckung der diesbezüglichen Verbindlichkeiten vorhanden sind. Hingegen ist es nicht schon allein entscheidungsrelevant, daß das entzogene Gewerbe ausgeübt wird, damit die vorhandenen Forderungen berichtigt werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 16. Juli 1996, Zl. 96/04/0098).

Die Beschwerdeführerin verkennt diese Rechtslage insofern, als sie offenbar meint, für das Vorliegen des Tatbestandselementes des "vorwiegenden Interesses der Gläubiger" genüge es, wenn der Gewerbetreibende trotz Vorhandenseins älterer fälliger Zahlungsverpflichtungen seinen aus der laufenden Gewerbeausübung entstehenden neuen Zahlungsverpflichtungen nachkommt und gleichzeitig Beiträge zur Verringerung der bereits vorhandenen Forderungen leistet. Dabei übersieht die Beschwerdeführerin, daß es in einer solchen Situation z.B. durch die Exekutionsführung eines "Altgläubigers" leicht dazu kommen kann, daß trotz entgegenstehender Absicht des Gewerbetreibenden die Erfüllung der aus der laufenden Geschäftsführung entstandenen Verbindlichkeiten verhindert wird. Die Erfüllung des Tatbestandselementes des vorwiegenden Interesses der Gläubiger im Sinne des § 87 Abs. 2 GewO 1994 erfordert daher, daß der Gewerbetreibende hinsichtlich aller gegen ihn bereits bestehenden Forderungen Zahlungsvereinbarungen abgeschlossen hat und diese auch pünktlich erfüllt.

Diese Auslegung nimmt entgegen dem Vorbringen in der Beschwerde der Bestimmung des § 87 Abs. 2 GewO 1994 keineswegs ihren Anwendungsbereich, sie ist vielmehr vor allem für jene Fälle vorgesehen, in denen es dem Gewerbetreibenden gelungen ist, nach Eröffnung des Konkurses bzw. nach Abweisung des Konkursantrages seine wirtschaftliche Situation zu konsolidieren.

Da die Beschwerdeführerin die Feststellungen der belangten Behörde über das Vorhandensein von fälligen (d.h. nicht durch eine Zahlungsvereinbarung geregelten) Schulden nicht bestreitet, vermag der Verwaltungsgerichtshof die Rechtsansicht der belangten Behörde, im konkreten Fall seien die Voraussetzungen für ein Absehen von der Entziehung der Gewerbeberechtigung gemäß § 87 Abs. 2 GewO 1994 nicht erfüllt, nicht als rechtswidrig zu erblicken.

Ausgehend von der dargestellten Rechtslage bildet es auch keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides, wenn die belangte Behörde die von der Beschwerdeführerin angebotenen Beweise nicht durchgeführt hat, weil das zu beweisende Sachverhaltsvorbringen der Beschwerdeführerin, auch wenn man seine Richtigkeit unterstellt, ein Absehen von der Entziehung der Gewerbeberechtigung nicht hätte rechtfertigen können.

Da somit der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die von der Beschwerdeführerin behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1997040145.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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