TE Bvwg Beschluss 2020/8/14 W120 2233282-1

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Veröffentlicht am 14.08.2020
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Entscheidungsdatum

14.08.2020

Norm

AVG §13 Abs7
BVergG 2018 §327
BVergG 2018 §328 Abs1
BVergG 2018 §350
BVergG 2018 §351
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §17
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch

W120 2233282-1/2E
W120 2233282-2/15E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht fasst durch den Richter Dr. Christian Eisner über den Antrag vom 23.07.2020 der XXXX in XXXX , vertreten durch Bartlmä Madl Rechtsanwälte OG in 1090 Wien, auf Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung und Erlassung einer einstweiligen Verfügung betreffend das Vergabeverfahren „ XXXX “ der Auftraggeberin Internationales Amtssitz- und Konferenzzentrum Wien AG, vertreten durch die Finanzprokuratur in 1011 Wien, den Beschluss:

A)

Die zu W120 2233282-1 und W120 2233282-2 geführten Verfahren werden eingestellt.

B)

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.



Text


Begründung:

I. Verfahrensgang:

1.       Mit Schriftsatz vom 23.07.2020 beantragte die Antragstellerin die Erlassung einer einstweiligen Verfügung dahingehend, dass der Auftraggeberin für die Dauer des Nachprüfungsverfahrens die Erteilung des Zuschlags untersagt werde. Zudem stellte die Antragstellerin einen Antrag auf Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung vom 17.07.2020, auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung sowie auf Ersatz der entrichteten Pauschalgebühren.

2.       Am 27.07.2020 erteilte die Auftraggeberin zunächst allgemeine Auskünfte zum Vergabeverfahren.

3.       Mit Schriftsatz vom 30.07.2020 teilte die Auftraggeberin dem Bundesverwaltungsgericht mit, dass diese die angefochtene Zuschlagsentscheidung vom 17.07.2020 an alle beteiligten Bieter zurückgenommen habe.

4.       Mit Schriftsatz vom 06.08.2020 gab die Antragstellerin dem Bundesverwaltungsgericht bekannt, dass sie ihren Antrag vom 23.07.2020 zurückziehe. Das Kostenersatzbegehren wurde ausdrücklich nicht zurückgezogen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Auftraggeberin schrieb unter der Bezeichnung „ XXXX “ die Vergabe eines Bauauftrages nach dem Bestangebotsprinzip im Unterschwellenbereich aus. Es erfolgte keine Unterteilung in Lose. Der geschätzte Auftragswert exklusive Umsatzsteuer beträgt EUR XXXX . Die Auftraggeberin veröffentlichte die Ausschreibung am 19.05.2020 in Österreich zur Ausschreibungsnummer 83497-01. Die Auftraggeberin führt dieses Verfahren als offenes Verfahren durch. Die Angebotseröffnung fand am 25.06.2020 ohne Anwesenheit der Bieter statt.

Mit Schriftsatz vom 23.07.2020 stellte die Antragstellerin einen Antrag auf Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung vom 17.07.2020 und beantragte in einem die Erlassung einer einstweiligen Verfügung.

Mit Schriftsatz vom 06.08.2020 teilte die Antragstellerin dem Bundesverwaltungsgericht mit, dass „wir wegen Klaglosstellung unseren Nachprüfungsantrag, soweit darüber noch nicht entschieden wurde, mit Ausnahme unseres Antrags auf Kostenersatz, der ausdrücklich aufrechterhalten wird, zurückziehen.“

Die Auftraggeberin hat das Vergabeverfahren weder widerrufen noch den Zuschlag erteilt.

Die Antragstellerin bezahlte die entsprechenden Pauschalgebühren.

2. Beweiswürdigung:

Der Sachverhalt ergibt sich schlüssig aus dem Verfahrensakt bzw. den Stellungnahmen der Parteien. Bei der Beweiswürdigung haben sich gegen die Echtheit und Richtigkeit der Vergabeunterlagen der Auftraggeberin keine Bedenken ergeben.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1.    Anzuwendendes Recht:

3.1.1.  § 28 Abs 1 VwGVG („Erkenntnisse“), BGBl I Nr 33/2013, lautet wie folgt:

„§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

[…]“

§ 31 Abs 1 VwGVG („Beschlüsse“) ordnet Folgendes an:

„§ 31. (1) Soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist, erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss.

[…]“

3.2.    Zur Zurückziehung des Nachprüfungsantrags:

3.2.1.  Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gemäß § 328 Abs 1 BVergG 2018 ist im Anwendungsbereich des BVergG 2018 grundsätzlich die Entscheidung durch Senate vorgesehen.

Gemäß § 328 Abs 1 BVergG 2018 entscheidet das Bundesverwaltungsgericht in den Angelegenheiten des § 327 BVergG 2018, soweit es sich nicht um die Entscheidung über einen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, die Entscheidung über den Gebührenersatz oder die Entscheidung über eine Verfahrenseinstellung nach Zurückziehung eines Nachprüfungs- oder Feststellungsantrags handelt, in Senaten. Gegenständlich liegt daher Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte ist mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes gemäß § 1 VwGVG durch dieses geregelt. Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft. Zu diesen Bestimmungen zählt der 4. Teil des BVergG 2018, der die Bestimmungen über den Rechtsschutz vor dem Bundesverwaltungsgericht enthält.

Nach § 333 BVergG 2018 sind die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme seiner §§ 1 bis 5 und seines IV. Teils im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht sinngemäß anzuwenden, soweit nicht das BVergG 2018 und das VwGVG anderes bestimmen.

3.2.2.  Die Annahme, eine Partei ziehe die von ihr erhobene Beschwerde zurück, ist nur dann zulässig, wenn die entsprechende Erklärung keinen Zweifel daran offen lässt und ein Willensmangel ausgeschlossen werden kann (vgl. VwGH 27.04.2016, Ra 2015/10/0111). Maßgebend ist das Vorliegen einer in dieser Richtung eindeutigen Erklärung (vgl. VwGH 22.11.2005, 2005/05/0320, uvm). Die Zurückziehung der Beschwerde wird mit dem Zeitpunkt des Einlangens wirksam (vgl. VwGH 25.07.2013, 2013/07/0106).

Der Verwaltungsgerichtshof sprach in Bezug auf die Einstellung des Verfahrens vor den Verwaltungsgerichten in seinem Erkenntnis vom 29.04.2015, Fr 2014/20/0047, Folgendes aus:

„Aus den Bestimmungen des § 28 Abs. 1 und § 31 Abs. 1 VwGVG geht hervor, dass das Verwaltungsgericht in jenem Fall, in dem das Verfahren – hier: das Beschwerdeverfahren – einzustellen ist, eine Entscheidung in der Rechtsform des Beschlusses zu treffen hat (vgl. in diesem Sinn – bezogen auf § 50 VwGVG und die Einstellung eines Verwaltungsstrafverfahrens – auch das hg. Erkenntnis vom 30. September 2014, Ra 2014/02/0045). Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen nämlich die Entscheidungen und Anordnungen eines Verwaltungsgerichtes durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist. § 28 Abs. 1 VwGVG nimmt die Einstellung des Verfahrens, wozu jedenfalls die Einstellung des Beschwerdeverfahrens zu zählen ist, von der Erledigung mittels Erkenntnis ausdrücklich aus. […]. Bezogen auf nach dem AVG geführte Berufungsverfahren ist davon auszugehen, dass – auch ohne diesbezügliche ausdrückliche gesetzliche Anordnung – eine Verfahrenseinstellung (ua.) dann vorzunehmen ist, wenn die Berufung rechtswirksam zurückgezogen wurde (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG § 66 Rz 56, mit Hinweisen auf die hg. Rechtsprechung). Nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes hat diese Auffassung auch für das von Verwaltungsgerichten geführte Beschwerdeverfahren Platz zu greifen (vgl. Fuchs in Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren, § 28 VwGVG Anm 5; die Einstellung in Beschlussform im Fall der Zurückziehung der Beschwerde bejahend auch Götzl/Gruber/Reisner/Winkler, Das neue Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte § 28 VwGVG Rz 7, Schmied/Schweiger, Das Verfahren vor den Verwaltungsgerichten erster Instanz S 112,
Grabenwarter/Fister, Verwaltungsverfahrensrecht und Verwaltugnsgerichtsbarkeit4 S 232 Hengtschläger/Leeb, AVG², § 13 Rz 42, Hauer, Gerichtsbarkeit öffentlichen Rechts3 Rz 191).“

Der Verwaltungsgerichtshof judizierte bezüglich der Einstellung des Verfahrens vor den Verwaltungsgerichten in seinem Erkenntnis vom 09.09.2016, Ra 2016/02/0137, Folgendes:

„[…] hingegen bezieht sich die in § 28 Abs. 1 VwGVG angesprochene, durch Beschluss vorzunehmende Einstellung des Verfahrens auf das (Beschwerde-)Verfahren vor dem Verwaltungsgericht, etwa im Fall einer Zurückziehung der Beschwerde (in diesem Sinne zur Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens als meritorische Entscheidung auch Faber, Verwaltungsgerichtsbarkeit, Rz 69 zu Art. 130 B-VG; Kolonovits/Muzak/Stöger, Verwaltungsverfahrensrecht10, Rz 1216; Götzl/Gruber/Reisner/Winkler, Das neue Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte, Rz 8 zu § 28 und Rz 2 zu § 50 VwGVG; Schmied/Schweiger, Das Verfahren vor den Verwaltungsgerichten erster Instanz, 111).“

Entsprechend dieser Rechtsprechung ist bezogen auf ein vor den Verwaltungsgerichten geführtes Nachprüfungsverfahren davon auszugehen, dass eine Verfahrenseinstellung (ua) dann vorzunehmen ist, wenn der Nachprüfungsantrag rechtswirksam zurückgezogen wurde.

3.3.    Im vorliegenden Fall ist die Zurückziehung des Nachprüfungsantrags vom 06.08.2020 als solche eindeutig zu verstehen. Aufgrund der rechtswirksamen Zurückziehung des verfahrensgegenständlichen Nachprüfungsantrags (inklusive des Antrags auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung), sind diese Verfahren daher mit Beschluss einzustellen (vgl. VwGH 09.09.2016, Ra 2016/02/0137).

Die gegenständlichen zu W120 2233282-1 und W120 2233282-2 geführten Verfahren sind somit beendet.

Der Antrag auf Ersatz der entrichteten Pauschalgebühren wurde ausdrücklich aufrechterhalten.

Zu Spruchpunkt B)

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Nach Art 133 Abs 9 iVm Abs 4 B-VG ist gegen einen Beschluss des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn dieser von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der Beschluss von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Ist die Rechtslage eindeutig, liegt keine die Zulässigkeit einer Revision begründende Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor (vgl. VwGH 28.02.2018, Ro 2017/04/0120).

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 9 iVm Abs 4 B-VG nicht zulässig, da keiner der vorgenannten Fälle vorliegt. Auch ist die Rechtslage eindeutig und es sind keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage ersichtlich.

Schlagworte

Antragszurückziehung Beschwerdezurückziehung Einstellung einstweilige Verfügung Provisorialverfahren Verfahrenseinstellung Vergabeverfahren Zurückziehung Zurückziehung Antrag Zurückziehung der Beschwerde

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W120.2233282.1.00

Im RIS seit

17.11.2020

Zuletzt aktualisiert am

17.11.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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