TE Bvwg Erkenntnis 2020/8/28 W249 2223380-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 28.08.2020
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Entscheidungsdatum

28.08.2020

Norm

B-VG Art133 Abs4
ECG §7 Abs2
TKG 2003 §107 Abs2
TKG 2003 §107 Abs3
TKG 2003 §109 Abs3 Z20
TKG 2003 §113 Abs5a
TKG 2003 §92 Abs3
VStG 1950 §19 Abs1
VStG 1950 §5
VStG 1950 §64
VStG 1950 §9 Abs1
VStG 1950 §9 Abs7
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §31 Abs1
VwGVG §38
VwGVG §52 Abs1
VwGVG §52 Abs2
VwGVG §52 Abs6

Spruch

W249 2221846-1/9E

W249 2223380-1/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Ingrid ZEHETNER über die Beschwerden des 1. XXXX und 2. der XXXX gegen das Straferkenntnis des Fernmeldebüros für XXXX (nunmehr Fernmeldebüro) vom XXXX , GZ. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am XXXX zu Recht:

A)

I. Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

II. Gemäß § 52 Abs. 1, 2 und 6 VwGVG hat der Beschwerdeführer XXXX einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens iHv EUR 60,00 binnen zwei Wochen ab Zustellung dieses Erkenntnisses zu leisten.

III. Gemäß § 38 VwGVG iVm § 9 Abs. 7 VStG haftet die XXXX für die dem Beschwerdeführer XXXX im Spruchpunkt II. auferlegten Kosten des Strafverfahrens im angeführten Ausmaß zur ungeteilten Hand.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang

1. Die belangte Behörde entschied mit – mit derselben Geschäftszahl bezeichneten – Straferkenntnissen vom XXXX , dass XXXX (im Folgenden: „Beschwerdeführer“ bzw. „Erstbeschwerdeführer“), XXXX (im Folgenden: „Zweitbeschwerdeführer“) und XXXX (im Folgenden: „Drittbeschwerdeführer“) als Geschäftsführer der XXXX (im Folgenden: „Viertbeschwerdeführerin“), somit als außenvertretungsbefugte Organe und gemäß § 9 Abs. 1 VStG verwaltungsstrafrechtliche Verantwortliche, dafür einzustehen hätten, „dass von Ihrem Unternehmen aus am XXXX , 17:27 Uhr, die E-Mail ‚Wir haben Ihnen einen Account in unserem Kunden-Portal erstellt‘, somit elektronische Post, zu Zwecken der Direktwerbung für die Produkte / Leistungen Ihres Unternehmens unter Verwendung der E-Mail-Adresse XXXX an Herrn XXXX an dessen E-Mail-Adresse XXXX versendet wurde, ohne dass Ihnen vorher vom Empfänger der versendeten Nachrichten eine Einwilligung erteilt worden war und die E-Mail-Adresse des Empfängers in der gem § 7 Abs 2 E-Commerce-Gesetz zu führenden Liste eingetragen ist und somit sich der Empfänger für die Zusendung kommerzieller Kommunikation im Wege der elektronischen Post ausgeschlossen hat“. Die Erst- bis Drittbeschwerdeführer hätten dadurch § 107 Abs. 2 TKG 2003 iVm § 9 Abs. 1 VStG verletzt.

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wurde über die Erst- bis Drittbeschwerdeführer gemäß § 109 Abs. 3 Z 20 TKG 2003 eine Geldstrafe iHv jeweils EUR 300,00 verhängt. Weiters wurde ausgesprochen, dass die Erst- bis Drittbeschwerdeführer gemäß § 64 VStG als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens 10% der verhängten Strafe, nämlich einen Betrag iHv jeweils EUR 30,00 zu bezahlen hätten. Der zu zahlende Gesamtbetrag betrage somit jeweils EUR 330,00. Die Viertbeschwerdeführerin hafte gemäß § 9 Abs. 7 VStG für die verhängten Strafen, die sonstigen in Geld bemessenen Unrechtsfolgen und die Verfahrenskosten zur ungeteilten Hand.

1.1. In der Begründung der Straferkenntnisse führte die belangte Behörde zusammengefasst aus, dass das Verwaltungsstrafverfahren aufgrund der Anzeige des E-Mail-Empfängers XXXX (im Folgenden: „Anzeiger“) vom XXXX eingeleitet worden sei.

1.2. Nach der Aufforderung der Erst- bis Drittbeschwerdeführer zur Rechtfertigung durch die belangte Behörde am XXXX bzw. XXXX hätten diese am XXXX eine Stellungnahme übermittelt, in der im Wesentlichen ausgeführt worden sei, dass die Viertbeschwerdeführerin dem Anzeiger keine elektronische Post ohne Einwilligung übermittelt habe: Der Anzeiger habe sich nämlich am XXXX , 12:41 Uhr, auf die Website der Viertbeschwerdeführerin begeben, um sich ein Angebot für XXXX erstellen zu lassen. Dabei habe dieser die E-Mail-Adresse XXXX selbst hinterlassen, jedoch keine Wohnadresse mit Straße, Hausnummer und Wohnort. Die Eingabe habe daneben folgende Frage enthalten: „Ich bin aus Österreich – ist da der Abschluss einer Versicherung möglich?“

Am XXXX habe die Viertbeschwerdeführerin dem Anzeiger auf seine Anfrage hin mitgeteilt, dass diese über ihre Kooperationspartner nur Kunden in XXXX versichere und sie ihm daher kein Angebot weiterleiten könne. Aufgrund eines technischen Versehens habe die Viertbeschwerdeführerin dann am XXXX dem Anzeiger bekannt gegeben, dass für ihn ein Account im Kundenportal erstellt worden sei. Hierauf habe der Anzeiger am XXXX wie folgt repliziert: „[...] warum senden Sie mir dieses E-Mail? Ich bin doch kein Kunde von Ihnen?“ Auf diese Frage habe die Viertbeschwerdeführerin wiederum wie folgt geantwortet: „Sehr geehrter Herr XXXX , Vielen Dank für Ihre Nachricht. Tatsächlich handelt es sich bei der Erstellung des online Makler Accounts um einen System Fehler und Ihren Wünschen entsprechend [haben wir] diesen wieder deaktiviert und Ihre Daten aus unserem System entfernt.“ Der Account sei entsprechend deaktiviert und dem Anzeiger in der Folge keine weiteren E-Mails oder Newsletter oder anderes übermittelt worden.

Die Viertbeschwerdeführerin habe sohin keine Werbung übermittelt, sondern lediglich auf die Anfrage des Anzeigers reagiert. Es dränge sich – weil der Anzeiger nur seine E-Mail-Adresse, aber keine Postanschrift hinterlassen habe – die Vermutung auf, dass dies absichtlich getan worden sei, um so einen Verstoß gegen § 7 Abs. 2 ECG zu provozieren. Ein solcher Verstoß liege aber nicht vor, als der Anzeiger mit der Angabe seiner E-Mail eine Einwilligung zu deren Nutzung erteilt habe. Der Anzeiger sei auch nicht zu Zwecken der (Direkt-)Werbung kontaktiert worden, sondern ausschließlich, um seine eigene Anfrage zu beantworten. Die Berufung auf eine Sperrvermerkliste könne sohin als bloß rechtsmissbräuchlich angesehen werden. Dass es sich um einen gezielten Rechtsmissbrauch handle, gehe ferner aus dem Umstand hervor, dass der Anzeiger als XXXX angefragt habe, obwohl aus der Produktbeschreibung klar ersichtlich sei, dass eine solche für XXXX nicht angeboten werde. Außerdem sei die E-Mail-Adresse als Angabe gemäß § 5 ECG im Impressum der Website des Unternehmens XXXX angegeben.

1.3. Aufgrund einer behördliche Nachfrage vom XXXX sei der von den Erst- bis Drittbeschwerdeführern in ihrer Stellungnahme erwähnte E-Mail-Verkehr zwischen der Viertbeschwerdeführerin und dem Anzeiger nachgeliefert worden.

1.4. Die belangte Behörde stellte weiters den – in allen Straferkenntnissen gleichlautenden –maßgeblichen Sachverhalt fest (vgl. II.1.1. und II.1.3.).

1.5. Rechtlich führte die belangte Behörde in den Straferkenntnissen insbesondere aus, dass es sich bei der genannten E-Mail-Zusendung um elektronische Post iSd Bestimmung des § 107 Abs. 2 TKG 2003 iVm den Definitionen des § 92 Abs. 3 Z 10 und Z 12 leg.cit. handle, wobei die Zusendung von elektronischer Post zu Zwecken der Direktwerbung ohne vorherige Einwilligung des Empfängers gemäß § 107 Abs. 2 TKG 2003 unzulässig sei.

Von den Erst- bis Drittbeschwerdeführern sei zwar die Werbeeigenschaft der verfahrensgegenständlichen E-Mail mit dem Argument, dass man bloß auf die Anfrage des Anzeigers reagiert habe, bestritten worden. Wie bereits festgestellt worden sei, sei jedoch auf die konkrete Anfrage des Anzeigers vom XXXX am XXXX geantwortet worden; die vier Wochen später übersendete E-Mail stehe mit der Anfrage des Anzeigers in keinem Zusammenhang. Die E-Mail, in der auf die Leistungen des Unternehmens der Viertbeschwerdeführerin hingewiesen werde, samt weiterführendem Link zum Internetauftritt, sei sohin bereits unter den engen Kern des weit zu interpretierenden Begriffs der Werbung und Direktwerbung zu subsumieren, da damit zweifellos auf die diesbezüglichen Leistungen des Unternehmens aufmerksam gemacht und für diese geworben werde.

Die Zusendung solcher elektronischen Post zu Zwecken der Direktwerbung bedürfe zur Zulässigkeit der vorherigen Einwilligung des Empfängers. Eine solche Einwilligung sei nicht ausdrücklich erteilt worden und zum hier maßgebenden Zeitpunkt der Zusendung nicht vorgelegen. Auch das Vorliegen einer konkludenten Einwilligung sei zu verneinen: Die Bereitstellung einer elektronischen Kontaktadresse auf einer Homepage oder in anderer öffentlich zugänglicher Form könne keineswegs so ausgelegt werden, dass anzunehmen sei, der Unternehmer oder auch Nichtunternehmer habe durch die Veröffentlichung eine Einwilligung erteilt. Auch für nicht dem ECG unterfallende natürliche und juristische Personen stelle die Bekanntgabe und Veröffentlichung von E-Mail-Adressen keine Einwilligung dar. Die Angabe einer E-Mail bei einer Anfrage über eine Website oder die Bereitstellung einer elektronischen Kontaktadresse beim Einholen eines Angebotes könne sohin keineswegs dahingehend interpretiert werden, dass der Anfragende eine Einwilligung erteilt habe. Nach der Verkehrssitte sei vielmehr davon auszugehen, dass damit keine Bereitschaft einhergehe, Werbebotschaften empfangen zu wollen; die Adressangabe sei nur zur Abwicklung der getätigten Anfrage gegeben worden.

Es seien auch nicht die kumulativ zu erfüllenden Voraussetzungen des § 107 Abs. 3 TKG 2003 gegeben, sodass die Zusendung elektronischer Post zu Zwecken der Direktwerbung ohne vorherige Einwilligung erlaubt sei: Der Anzeiger habe keine Kundenbeziehung zur Viertbeschwerdeführerin begründet, weil überhaupt kein Produkt verkauft und keine Dienstleistung erbracht worden sei. Daher sei auch die Ähnlichkeit der Produkte bzw. Dienstleistungen zu verneinen, zumal der beworbene Versicherungsmanager auch keine Ähnlichkeit zur Anfrage des Anzeigers darstelle. Weiters sei eine Möglichkeit der Ablehnung nicht ersichtlich und sei der Anzeiger mit seiner E-Mail-Adresse in der gemäß § 7 Abs. 2 ECG zu führenden Liste eingetragen.

Damit sei die Tatbildmäßigkeit der angelasteten Übertretung erfüllt.

Es handle sich dabei um ein Ungehorsamsdelikt iSd § 5 VStG, sodass bereits eine fahrlässige Tatbegehung für die Strafbarkeit ausreichend sei. Als Geschäftsführer einer GmbH sei dafür Sorge zu tragen, dass die einschlägigen Vorschriften beim Betrieb des Unternehmens eingehalten werden würden. Dazu sei ein entsprechendes Kontrollsystem einzurichten. Die Angabe, dass die verfahrensgegenständliche E-Mail aufgrund eines technischen Fehlers versendet worden sei, vermöge für sich kein mangelndes Verschulden zu begründen, sodass die Erst- bis Drittbeschwerdeführer im konkreten Fall die notwendige Sorgfalt, zu der sie bei elektronischer Kontaktaufnahme zum Zwecke der Werbung zur Wahrung der Interessen und der Privatsphäre des Anzeigers verpflichtet seien, nicht aufgewandt hätten. Eine Überprüfung des Vorliegens und der Gültigkeit der Einwilligung habe stattzufinden, um ungewollte Zusendungen zu vermeiden.

Vom Vorliegen einer zulässigen Zusendung im Rahmen einer bestehenden Kundenbeziehung habe nicht ausgegangen werden dürfen, da eine Kommunikation im Zuge einer Anfrage keine Kundenbeziehung begründe. Weiters dürfe die Abfrage der ECG-Listeneintragungen nicht missachtet werden; auch eine solche Abfrage habe nicht stattgefunden. Die fehlende Kundenbeziehung sei leicht erkennbar gewesen. Augenfällig sei auch der Werbecharakter der E-Mail und die Tatsache, dass niemals eine Einwilligung zu werblichen Zusendungen erteilt worden sei.

Die Erst- bis Drittbeschwerdeführer hätten weder dargelegt, welches wirksame Kontrollsystem im Allgemeinen, noch im Besonderen im Hinblick auf die Einhaltung der verletzten Vorschrift etabliert worden sei und wo es konkret zu einem nicht verschuldeten und nicht vorhersehbaren Versagen dieses Kontrollsystems gekommen sei. Es sei damit nicht gelungen, im gegenständlichen Fall ein mangelndes Verschulden glaubhaft zu machen, weshalb sich ein fahrlässiges Verhalten verwirklicht habe.

Ein Rechtsmissbrauch bzw. ein das Verschulden der Erst- bis Drittbeschwerdeführer minderndes rechtsmissbräuchliches Verhalten könne in der Angabe der E-Mail-Adresse, die in der gemäß § 7 Abs. 2 ECG zu führenden Liste eingetragen sei, nicht ersehen werden. Dieser Eintragung komme nur im Bereich des Ausnahmetatbestandes des § 107 Abs. 3 TKG 2003 Bedeutung zu. Auch aus dem Vorwurf, durch die Berufsangabe „ XXXX “ rechtsmissbräuchlich gehandelt zu haben, sei nichts zu gewinnen, als das vorgeworfene Fehlverhalten in der Zusendung vom XXXX liege.

Somit sei die Übertretung auch subjektiv zuzurechnen.

Das durch die verletzte Norm geschützte Rechtsgut sei die Privatsphäre von natürlichen Personen, der Schutz vor Belästigungen und unerbetenen Nachrichten. Das rechtlich geschützte Interesse sei durch die Übertretung nicht nur unerheblich verletzt worden, sodass der Unrechtsgehalt der Tat und die Beeinträchtigung des Rechtsgutes durch die unerbetenen Nachrichten nicht gering gewesen seien. Auch der Gesetzgeber habe durch die mögliche Höchststrafe iHv EUR 37.000,00 deutlich zum Ausdruck gebracht, dass er Übertretungen dieser Art einen sehr hohen Unrechtsgehalt beimesse.

Die belangte Behörde habe nicht festzustellen vermocht, dass die Einhaltung der verletzten Norm eines besonderen Sorgfaltsmaßstabs bedurft hätte oder dass die Begehung der Übertretung nur schwer zu vermeiden gewesen wäre. Das den Tatbestand verwirklichende Verhalten bleibe auch nicht erheblich hinter dem in der verletzten Bestimmung normierten Unrechts- und Schuldgehalt zurück, sodass ein Absehen von der Strafe und der Ausspruch einer Ermahnung gemäß § 45 Abs. 1 Z 4 VStG nicht in Frage gekommen seien. Schon der durch die unerlaubte Nachricht erfolgte Eingriff in die Privatsphäre und diesen gleichgestellte Interessen des Betroffenen würden eine Beeinträchtigung darstellen, deren Intensität genauso wenig als gering angesehen werden könne wie die Bedeutung dieses Rechtsgutes. Aus diesen Gründen scheide auch eine Anwendbarkeit des § 33a VStG aus.

Angaben zu Einkommens- und Vermögensverhältnissen oder Unterhaltspflichten seien nicht erfolgt. Als Milderungsgründe seien die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit und die gesetzte Maßnahme der Löschung der E-Mail-Empfangsadresse zur Vermeidung weiterer Übertretungen zu berücksichtigen. Erschwerungsgründe seien keine hervorgekommen. Die verhängten Strafen iHv jeweils EUR 300,00 seien somit jedenfalls tat- und schuldangemessen und könnten selbst bei Zugrundelegung von bloß unterdurchschnittlichen Einkommens- und Vermögensverhältnissen nicht als überhöht angesehen werden. Sie würden nicht einmal 1% der Höchststrafe iHv EUR 37.000,00 betragen und seien somit am untersten Rand des gesetzlichen Strafrahmens angesiedelt. Dies würde jedoch als hinreichend erachtet werden, um die Erst- bis Drittbeschwerdeführer von weiteren Übertretungen abzuhalten.

2. Gegen diese Straferkenntnisse erhoben „die Unterzeichner XXXX “ fristgerecht am XXXX Beschwerde und stellten den Antrag, das Bundesverwaltungsgericht möge die verfügten Straferkenntnisse aufheben.

Begründend wurde zusammengefasst vorgebracht, dass die Viertbeschwerdeführerin dem Anzeiger keine elektronische Post ohne Einwilligung übermittelt habe. Dieser habe seine E-Mail-Adresse am XXXX auf der Website der Viertbeschwerdeführerin hinterlassen. Um die gemachten Angaben in Zusammenhang mit dem XXXX zu übermitteln, habe er am Ende der Seite den Button „Absenden“ betätigen müssen. Vor diesem Button habe sich folgender Text befunden (vgl. beigelegter Screenshot): „Mit der Übermittlung meiner personenbezogenen Daten an XXXX willige ich ein, dass XXXX diese Daten zur Erstellung von Versicherungsangeboten speichert, verarbeitet und mich dazu postalisch, per Telefon oder E-Mail kontaktiert. Zu diesem Zweck kann eine Datenweitergabe an Tarifdatenbanken (Liste) sowie einzelne Versicherungsunternehmen (Liste) erfolgen. Diese Einwilligung kann jederzeit per E-Mail an XXXX widerrufen werden. Die Einwilligung und Betroffeneninformation zur Datenverarbeitung habe ich gelesen.“ Feststehe demnach, dass der Anzeiger mit der Übermittlung seiner Daten an die Viertbeschwerdeführerin eingewilligt habe, per E-Mail kontaktiert zu werden.

3. Da der in den Beschwerden erwähnte Screenshot nicht beigelegt war, kontaktierte die belangte Behörde am XXXX die Beschwerdeführer. Diese lieferten den geforderten Nachweis am selben Tag nach.

4. Am XXXX langte die gemeinsame Beschwerdevorlage der belangten Behörde unter Anschluss des gemeinsamen Verwaltungsstrafaktes beim Bundesverwaltungsgericht ein.

Dabei nahm die belangte Behörde Bezug auf das Beschwerdevorbringen: So wies diese darauf hin, dass die Beschwerdeführer zunächst von einem technischen Versehen gesprochen hätten, dann davon, dass keine Werbung übermittelt, sondern auf die eigene Anfrage des Anzeigers beantwortet worden sei. Nunmehr werde in der Beschwerde vorgebracht, dass eine Einwilligung vorgelegen sei. Ein Vergleich der Homepage der Viertbeschwerdeführerin zum Zeitpunkt vor Erlassung der Straferkenntnisse und zum Zeitpunkt nach Erhalt der Beschwerde zeige eine Überarbeitung und Neugestaltung. Nunmehr sei auf der ersten Seite ein Einwilligungstext zu beachten. Derselbe Einwilligungstext, der weder der Freiwilligkeit, noch der Privacy by Default entspreche, sei am XXXX auf der ersten Seite nicht angeführt gewesen, solle nach den Angaben der Beschwerdeführer aber auf der zweiten Seite zum Zeitpunkt des Besuches der Website am XXXX vorhanden gewesen sein.

5. Das Bundesverwaltungsgericht forderte die Erst- bis Drittbeschwerdeführer mit Schreiben vom XXXX auf, bekannt zu geben, ob die Beschwerden seitens der Viertbeschwerdeführerin, vertreten durch die drei Geschäftsführer, oder durch die drei Einzelpersonen erhoben worden seien.

6. Mit Schriftsatz vom XXXX teilten die Erst- bis Drittbeschwerdeführer mit, dass die Beschwerden für sie als Einzelpersonen sowie als Geschäftsführer der Viertbeschwerdeführerin erhoben worden seien.

7. Mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses des Bundesverwaltungsgerichtes vom XXXX wurde die gegenständliche Rechtssache der Gerichtsabteilung W120 abgenommen und der Gerichtsabteilung W249 neu zugewiesen.

8. Am XXXX fand eine öffentliche mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht statt, wobei die Verfahren der Erst- bis Viertbeschwerdeführer gemäß § 17 und § 38 VwGVG sowie § 24 VStG iVm § 39 Abs. 2 AVG aus Gründen der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis zur gemeinsamen Verhandlung verbunden wurden. Die Erst- bis Viertbeschwerdeführer erschienen unentschuldigt nicht; auch die belangte Behörde war nicht anwesend. Der Anzeiger wurde als Zeuge (Z) einvernommen.

Die Niederschrift der mündlichen Verhandlung lautet auszugsweise wie folgt:

„[…] R: Haben Sie der Firma XXXX die Einwilligung für die Zusendung von Werbe-Emails oder Newsletter erteilt?

Z: Nein. Wissentlich habe ich dieser Firma keine Einwilligung in den von Ihnen genannten Punkten erteilt.

R: Kennen Sie die Firma XXXX ?

Z: Die Firma ist mir namentlich vorher nicht bekannt gewesen. Auf Nachfrage von R, was mit ‚vorher‘ gemeint ist, gebe ich an: Vorher ist, bevor ich das E-Mail erhalten habe, dass ein Account bei der Firma erstellt worden ist. Ich habe die Firma am XXXX per E-Mail um den Grund gebeten, warum ich dieses E-Mail erhalte. Ich bin kein Kunde von der Firma XXXX . Erst am XXXX habe ich eine Antwort von der Firma XXXX erhalten. Den Inhalt dieses E-Mails lege ich dem Gericht gerne vor.

Z übergibt das E-Mail in Kopie.

R: Haben Sie am XXXX eine Anfrage an die Firma gestellt?

Z: Es kann möglich sein, es ist mir nicht in Erinnerung.

R: Es ging nämlich um den „ XXXX “. Wissen Sie, ob Sie so etwas ausgefüllt haben?

Z: Ich kann mich nicht erinnern.

R legt Z einen Auszug der Website des „ XXXX “ der Firma XXXX vor.

Z: Ich kann mich nicht erinnern. Es kann möglich sein, ich weiß es aber nicht.

R: Laut Akteninhalt haben Sie sich am XXXX ein Angebot für eine XXXX über die Webseite der XXXX erstellen lassen und von dieser Firma in der Folge die Antwort erhalten, dass diese über ihre Kooperationspartner nur Kunden in XXXX versichern und Ihnen daher kein Angebot weiterleiten können.

Z: Daran kann ich mich nicht erinnern.

R: Hatten oder haben Sie eine Geschäftsbeziehung zur Firma XXXX GmbH?

Z: Nein.

R: Können Sie sich erklären, wie die Firma XXXX zu Ihrer Email-Adresse gekommen ist?

Z: Meine E-Mail-Adresse ist frei zugänglich im Internet.

R: Haben Sie jemals von der Firma XXXX eine Information darüber erhalten, dass diese Ihre E-Mail-Adresse gespeichert hat und zur Versendung von Werbung verwenden will?

Z: Ich kann mich nicht erinnern, dass ich dazu eine Information bekommen hätte.

R: Auch nachdem ich Ihnen einen Auszug der Webseite der Firma betreffend den XXXX gezeigt habe, können Sie sich nicht an diese Webseite erinnern?

Z: Ich kann mich nicht an diese Webseite erinnern.

[…]“

9. Die Verhandlungsniederschrift samt Beilagen wurde den Erst- bis Vierbeschwerdeführern sowie der belangten Behörde vom Bundesverwaltungsgericht am XXXX zur Kenntnis und allfälligen Stellungnahme binnen 14 Tagen übermittelt; es erfolgte keine Stellungnahme.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen

1.1. Verfahrensgegenständlich ist die E-Mail vom XXXX , versendet von XXXX an XXXX mit dem Betreff „Wir haben Ihnen einen Account in unserem Kunden-Portal erstellt“.

Der Beschwerdeführer XXXX ist und war zum maßgeblichen Zeitpunkt der Versendung dieser E-Mail Geschäftsführer der XXXX . Sein Unternehmen ist Betreiberin der Internetseite XXXX . Domaininhaber von XXXX ist die XXXX . Auf der Seite XXXX sind die Unternehmensdaten von XXXX angeführt.

Die Zusendung der verfahrensgegenständlichen E-Mail vom XXXX erfolgte an den Anzeiger XXXX an dessen E-Mail-Adresse XXXX ausgehend von der dem Unternehmen des Beschwerdeführers zuzurechnenden E-Mail-Adresse XXXX . In der verfahrensgegenständlichen E-Mail vom XXXX ist die XXXX mit ihrem Firmennamen, Telefonnummer, E-Mail-Adresse und der Internetseite XXXX angeführt. Die versendete E-Mail erreichte den Anzeiger in XXXX .

Der Inhalt der E-Mail vom XXXX wird eingeleitet mit „Sehr geehrte(r) Herr/Frau XXXX , Wir haben Ihnen einen Account in unserem Kunden-Portal erstellt. Sie können sich direkt hier einloggen.“ Dabei ist das unterstrichene Wort „hier“ mit einem Hyperlink zum Login beim erstellten Account auf dem Kunden-Portal des Unternehmens des Beschwerdeführers ( XXXX ) versehen. Nachfolgend werden in der E-Mail nähere Details zu Bedarfsanalyse und Versicherungsmanager bekannt gegeben. Der Anzeiger hatte die E-Mail vom XXXX empfangen.

Die genannte E-Mail-Empfangsadresse des Anzeigers wurde bei einer Anfrage am XXXX an das Unternehmen des Beschwerdeführers bekannt gegeben. Der anfragende Anzeiger gab an, aus Österreich zu sein und erkundigte sich nach der Möglichkeit des Abschlusses XXXX . In der Anfrage des Anzeigers wurde die E-Mail-Empfangsadresse XXXX angegeben.

1.2. Um seine Anfrage vom XXXX verschicken zu können, musste der Anzeiger auf der zweiten Seite des „ XXXX “-Formulares auf der Website der Viertbeschwerdeführerin den dortigen „Absenden“-Button betätigen; mit dem Anklicken des Buttons stimmte der Anzeiger zugleich dem darüberstehenden Text zu: „Mit der Übermittlung meiner personenbezogenen Daten an XXXX willige ich ein, dass XXXX diese Daten zur Erstellung von Versicherungsangeboten speichert, verarbeitet und mich dazu postalisch, per Telefon oder E-Mail kontaktiert. Zu diesem Zweck kann eine Datenweitergabe an Tarifdatenbanken (Liste) sowie einzelne Versicherungsunternehmen (Liste) erfolgen. Diese Einwilligung kann jederzeit per E-Mail an XXXX widerrufen werden. Die Einwilligung und Betroffeneninformation zur Datenverarbeitung habe ich gelesen.“

1.3. Dem Anzeiger wurde auf seine Anfrage vom XXXX am XXXX per E-Mail mitgeteilt, dass XXXX über deren Kooperationspartner nur Kunden in XXXX versichern und ihm daher kein Angebot weiterleiten könne.

Am XXXX wurde die verfahrensgegenständliche E-Mail an den Anzeiger versendet.

Der Anzeiger ersuchte am XXXX XXXX in Antwort der erhaltenen verfahrensgegenständlichen E-Mail vom XXXX um Erklärung, warum ihm die E-Mail gesendet worden sei, worauf ihm am XXXX per E-Mail mitgeteilt wurde, dass es sich um einen Fehler handelte, der Account deaktiviert und seine Daten aus dem System der XXXX entfernt worden seien.

Eine gültige Einwilligung des Anzeigers zur Zusendung der verfahrensgegenständlichen E-Mail lag nicht vor. Eine aufrechte Geschäftsbeziehung bestand nicht. Die E-Mail-Adresse XXXX hatten der Beschwerdeführer bzw. sein Unternehmen nicht vom Anzeiger für die Zusendung zum Zwecke der Direktwerbung erhalten. Die E-Mail-Adresse des Anzeigers war in der gemäß § 7 Abs. 2 E-Commerce-Gesetz zu führenden Liste eingetragen. Im Impressum der Internetseite XXXX ist neben weiteren Informationen die E-Mail-Adresse XXXX angeführt.

1.4. Im XXXX kam zu einer Umgestaltung des „ XXXX “-Formulares durch die Viertbeschwerdeführerin; nunmehr befindet sich der vorformulierte Einwilligungstext zur Datenspeicherung (II.1.2.) bereits auf der ersten Seite.

2. Beweiswürdigung

Die Feststellungen unter II.1.1. und II.1.3. ergeben sich aus den angefochtenen Straferkenntnissen und wurden – bis auf die Feststellungen betreffend das Vorliegen einer Einwilligung des Anzeigers zum Erhalt von elektronischer Post (vgl. dazu unten die rechtlichen Ausführungen unter Pkt. II.3.4.) – von den Beschwerdeführern nicht bestritten, wurden vom Bundesverwaltungsgericht überprüft und für zutreffend befunden und können insoweit auch dieser Entscheidung zugrunde gelegt werden.

Die darüberhinausgehenden Feststellungen unter II.1.2. und II.1.4. zum „ XXXX “-Formular basieren auf den im Verwaltungsakt befindlichen Screenshots der belangten Behörde vom XXXX sowie XXXX und dem mit den Beschwerden vorgelegten Screenshot der Beschwerdeführer vom XXXX in Zusammenschau mit dem insofern glaubhaften Vorbringen in der Beschwerde vom XXXX .

Zur Aussage des Anzeigers vor dem Bundesverwaltungsgericht, insbesondere, dass sich dieser nicht an seine Anfrage vom XXXX im Zusammenhang mit dem XXXX erinnern konnte, ist festzuhalten, dass dies zu keiner Änderung des festgestellten Sachverhalts führt, da die entsprechenden E-Mails und Screenshots im Verwaltungsakt einliegen.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Gemäß § 113 Abs. 5a TKG 2003 kann gegen Bescheide des Fernmeldebüros Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben werden.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Es besteht daher mangels gesetzlicher Regelung Einzelrichterzuständigkeit.

Gemäß § 17 und § 38 VwGVG sowie § 24 VStG iVm § 39 Abs. 2 AVG wurden die vorliegenden Verfahren aus Gründen der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis zu einer gemeinsamen Entscheidung verbunden.

Zu A)

3.2. Die im vorliegenden Fall relevanten Regelungen des Telekommunikationsgesetzes 2003 (TKG 2003), BGBl. I Nr. 70/2003, in der hier maßgebenden Fassung BGBl. I Nr. 78/2018, lauten auszugsweise:

„Unerbetene Nachrichten

§ 107. [...]

(2) Die Zusendung einer elektronischen Post – einschließlich SMS – ist ohne vorherige Einwilligung des Empfängers unzulässig, wenn die Zusendung zu Zwecken der Direktwerbung erfolgt.

(3) Eine vorherige Einwilligung für die Zusendung elektronischer Post gemäß Abs. 2 ist dann nicht notwendig, wenn

1. der Absender die Kontaktinformation für die Nachricht im Zusammenhang mit dem Verkauf oder einer Dienstleistung an seine Kunden erhalten hat und

2. diese Nachricht zur Direktwerbung für eigene ähnliche Produkte oder Dienstleistungen erfolgt und

3. der Empfänger klar und deutlich die Möglichkeit erhalten hat, eine solche Nutzung der elektronischen Kontaktinformation bei deren Erhebung und zusätzlich bei jeder Übertragung kostenfrei und problemlos abzulehnen und

4. der Empfänger die Zusendung nicht von vornherein, insbesondere nicht durch Eintragung in die in § 7 Abs. 2 E-Commerce-Gesetz genannte Liste, abgelehnt hat.
[…]

Verwaltungsstrafbestimmungen

§ 109. [...]

(3) Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist mit einer Geldstrafe bis zu 37 000 Euro zu bestrafen, wer

[…]

20. entgegen § 107 Abs. 2 oder 5 elektronische Post zusendet;

[…]“

3.3. Im vorliegenden Fall ist unstrittig, dass die in den Feststellungen dargestellte E-Mail vom XXXX ausgehend von einer E-Mail-Adresse, die der Viertbeschwerdeführerin zuzuordnen ist, für die die Erst- bis Drittbeschwerdeführer im Tatzeitpunkt Geschäftsführer waren, dem Anzeiger zugesendet wurde. Ebenso unbestritten blieb im Beschwerdeverfahren, dass die E-Mail werblich gestaltet war, wobei das Bundesverwaltungsgericht der Ansicht der belangten Behörde in ihren diesbezüglichen Ausführungen folgt (vgl. I.1.5., 2. Absatz).

In ihren Rechtsmitteln monieren die Beschwerdeführer ausschließlich die Annahme der belangten Behörde, dass keine vorherige Einwilligung des Anzeigers zum Erhalt der verfahrensgegenständlichen E-Mail vorgelegen sei.

3.4. Der Begriff der „Einwilligung“ iSd § 107 Abs. 2 TKG 2003 wird in Anlehnung an die Bedeutung des Begriffes „Einwilligung“ iSd Art. 4 Z 11 DSVGO ausgelegt. Darunter ist demnach „jede freiwillig für den bestimmten Fall in informierter Weise und unmissverständlich abgegebene Willensbekundung in Form einer Erklärung oder einer sonstigen eindeutigen bestätigenden Handlung, mit der die betroffene Person zu verstehen gibt, dass sie mit dem Erhalt elektronischer Post zu Werbezwecke einverstanden ist“ zu verstehen.

Der Anzeiger hat eine derartige Einwilligung für die Zusendung der verfahrensgegenständlichen E-Mail nicht erteilt: Zwar ist den Beschwerdeführern beizupflichten, dass der Anzeiger mit der Betätigung des „Absenden“-Buttons dem vorformulierten Einwilligungstext der Viertbeschwerdeführerin zugestimmt hat, mit der Anerkennung dieser Zustimmungserklärung wurde aber nur eine Einwilligung zur Verarbeitung der angegebenen Personendaten für die Erstellung eines Versicherungsangebotes gegeben (wobei Angebote von der Viertbeschwerdeführerin nur für Kunden aus XXXX erstellt werden). Zur Datenverwendung für andere Zwecke, wie für Werbezusendungen, hätte der Einwilligungstext jedoch eine explizite Zustimmungserklärung vorsehen müssen; einem Kunden muss die Möglichkeit gegeben werden, einen angestrebten Vertrag auch ohne die Abgabe einer Zustimmungserklärung für Werbung, die nicht im synallagmatischen Zusammenhang mit der angebotenen Leistungen steht, einzugehen („Opt-in“-Lösung, etwa durch eine Gestaltung, bei der die Zustimmungserklärung gesondert anzuklicken ist; vgl. dazu DSB 22.05.2017, DSB-D216.396/0003-DSB/2017).

Auch eine konkludente Zustimmung des Anzeigers zum Versand der verfahrensgegenständlichen Werbe-E-Mail lag im konkreten Fall nicht vor, weil eine solche nur dann angenommen werden kann, wenn eine Handlung oder Unterlassung nach der Verkehrssitte und nach den üblichen Gewohnheiten und Gebräuchen eindeutig in einer Richtung zu verstehen ist. Es darf kein vernünftiger Grund bestehen, daran zu zweifeln, dass ein Rechtsfolgewillen in einer bestimmten Richtung vorliegt; dass also ein bestimmtes Verhalten nur als Einwilligung zum Erhalt elektronischer Post zu Werbezwecken verstanden werden kann (VwGH 30.07.2018, Ra 2018/03/0070). Die Angabe einer E-Mail-Adresse auf einer Homepage kann nicht dahingehend verstanden werden, dass damit zugleich eine Einwilligung zum Erhalt von Werbung erteilt wird. Auch in der Zustimmung zur Verwendung einer E-Mail-Adresse zur Beantwortung einer zuvor gestellten Anfrage ist keine Einwilligung zum Erhalt von Direktwerbung zu erkennen.

Eine Einwilligung des Anzeigers gemäß § 107 Abs. 2 TKG 2003 zum Erhalt von E-Mails zu Zwecken der Direktwerbung der Viertbeschwerdeführerin lag sohin nicht vor.

Um in den Anwendungsbereich des § 107 Abs. 3 TKG 2003 gelangen zu können, muss der Absender die elektronischen Kontaktinformationen „im Zusammenhang mit dem Verkauf eines Produktes oder einer Dienstleistung an seine Kunden erhalten“ haben. Nach der Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts setzt der Wortlaut des Gesetzes einen Konnex mit dem Verkauf eines Produkts oder einer Dienstleistung voraus, sodass der Ansicht der belangten Behörde zu folgen ist, dass eine bloße Anfrage des Anzeigers (damit kein Kauf einer Ware, noch Inanspruchnahme einer Dienstleistung) nicht zu einer „bestehenden Kundenbeziehung“ führt, sodass im konkreten Fall kein Anwendungsbereich des § 107 Abs. 3 Z 1 TKG 2003 gegeben ist. Eine Prüfung der anderen Voraussetzungen des § 107 Abs. 3 TKG 2003, die kumulativ vorliegen müssen, erübrigt sich demnach.

Die belangte Behörde ist daher zu Recht davon ausgegangen, dass im vorliegenden Fall das objektive Tatbild des § 107 Abs. 2 iVm § 109 Abs. 3 Z 20 TKG 2003 erfüllt ist.

3.5. Die Erst- bis Drittbeschwerdeführer trifft an dieser Verwaltungsübertretung auch ein Verschulden: Bei der in den Beschwerdefällen jeweils vorgeworfenen Verwaltungsübertretung des § 107 TKG 2003 handelt es sich um ein Ungehorsamsdelikt, weil zum Tatbestand dieser Verwaltungsübertretung nicht der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr gehört. In einem solchen Fall besteht gemäß § 5 Abs. 1 zweiter Satz VStG von Vornherein die Vermutung eines Verschuldens (in Form fahrlässigen Verhaltens) des Täters, das aber von ihm widerlegt werden kann (VwGH 13.12.1990, 90/09/0141; 12.03.1990, 90/09/0066). Bei einem Ungehorsamsdelikt iSd § 5 Abs. 1 VStG liegt es daher am Beschuldigten, glaubhaft zu machen, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft (VwGH 24.05.2012, 2010/03/0056). Zu einer solchen Glaubhaftmachung ist es erforderlich, dass der Beschuldigte initiativ von sich aus in substantiierter Form alles darlegt, was für seine Entlastung spricht (VwGH 19.01.1994, 93/03/0220; 14.10.1976, 1497/75; 20.05.1968, 0187/67). Dazu gehört u.a. die Darlegung, dass er Maßnahmen getroffen und insbesondere ein Kontrollsystem eingeführt habe, die im Ergebnis mit gutem Grund erwarten lassen, dass die Einhaltung der maßgeblichen Vorschriften gewährleistet ist (VwGH 20.02.2017, Ra 2017/02/0022). So ist es am Beschwerdeführer gelegen, alles zu seiner Entlastung Dienende vorzubringen, z.B. durch die Vorlage eines Kontrollsystems in Bezug auf die Einhaltung der Vorschriften des TKG, um zu beweisen, dass ihn an der Übertretung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft (VwGH 28.03.2014, 2014/02/0004; 24.05.2012, 2010/03/0056).

Die Erst- bis Drittbeschwerdeführer haben in ihren Beschwerden nichts vorgebracht, was die Vermutung eines Verschuldens hat entkräften können. Das Vorliegen eines Maßnahmen- und Kontrollsystems zur Überprüfung des Vorliegens der entsprechenden Einwilligung beim Versand des verfahrensgegenständlichen E-Mails wurde nicht einmal behauptet. Damit haben die Erst- bis Drittbeschwerdeführer nicht dargelegt, dass im Tatzeitpunkt sämtliche notwendige Maßnahmen getroffen worden sind, die aus gutem Grund die Einhaltung der gesetzlichen Vorschrift des § 107 TKG 2003 hätten erwarten lassen. Die Erst- bis Drittbeschwerdeführer trifft sohin ein Verschulden in Form des fahrlässigen Verhaltens.

3.6. Dass die objektiven und die subjektiven Kriterien des § 19 Abs. 1 VStG von der belangten Behörde bei der Strafbemessung nicht entsprechend berücksichtigt worden wären, wird in den Beschwerden ebenfalls nicht vorgebracht.

Die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsguts ist in Ansehung des Strafrahmens und der Eigenart des geschützten Rechtsguts nicht als gering zu betrachten. Auch die Intensität der Beeinträchtigung des geschützten Rechtsguts, der Privatsphäre, war nicht bloß gering: Der Anzeiger fühlte sich durch die Zusendung der E-Mail offensichtlich belästigt, und dieser entschloss sich zu einer Anzeige. Zudem haben die Beschwerdeführer das Bestehen eines Kontrollsystems nicht behauptet und auch sonst nichts vorgebracht, was ihr Verschulden als so gering erscheinen lässt, dass davon gesprochen werden könnte, dass das tatbildmäßige Verhalten der Täter hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechtsgehalt und Schuldgehalt erheblich zurückgeblieben wäre. Damit waren auch weder die Einstellung des Verfahren nach § 45 Abs. 1 Z 4 VStG noch eine Ermahnung nach § 45 Abs. 1 letzter Satz VStG möglich; ebensowenig eine vorgeschaltete Beratung nach § 33a VStG.

Erschwerungsgründe kamen im Verfahren nicht hervor. Die Milderungsgründe der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit der Erst- bis Drittbeschwerdeführer sowie, dass es zur Löschung der E-Mail-Adresse gekommen ist, fanden bereits bei der Bemessung der Strafe im Verfahren vor der belangten Behörde ausreichende Berücksichtigung. Weitere Milderungsgründe wurden von Seiten der Erst- bis Drittbeschwerdeführer nicht vorgebracht, und deren Vorliegen war für das Bundesverwaltungsgericht auch nicht erkennbar.

Ferner berücksichtigte die belangte Behörde die Familien-, Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Erst- bis Drittbeschwerdeführer, zu denen diese keine Angaben gemacht haben, in ausreichender Weise dadurch, als von durchschnittlichen finanziellen Verhältnissen ausgegangen worden ist bzw. diese die Höhe der Strafen auch bei bloß unterdurchschnittlichen Einkommensverhältnissen als nicht überhöht beurteilte; die Beschwerdeführer traten diesen Erwägungen der belangten Behörde in ihren Beschwerden auch nicht entgegen.

Hinweise, dass von der belangten Behörde auf das Ausmaß des Verschuldens der Erst- bis Drittbeschwerdeführer nicht ausreichend Bedacht genommen worden ist, sind im Verfahren nicht hervorgekommen. Außerdem wäre von der belangten Behörde auch bei einem allfällig vorliegenden geringen Verschulden mit einem nicht einmal zu 1% ausgeschöpften Strafrahmen ausreichend Rücksicht genommen worden.

Die jeweils verhängten Geldstrafen iHv EUR 300,00 waren daher (auch aus den Gründen der General- und Spezialprävention und unter Berücksichtigung eines bis zu EUR 37.000,00 reichenden Strafrahmens) tat- und schuldangemessen.

3.7. Die Beschwerden des XXXX und der XXXX waren aus den dargestellten Gründen als unbegründet abzuweisen (Spruchpunkt I.).

Die Entscheidung über den Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens gründet sich auf § 52 Abs. 1, Abs. 2 und Abs. 6 VwGVG (20% der verhängten Strafe, mindestens jedoch EUR 10,00; Spruchpunkt II.).

Die Entscheidung über die Solidarhaftung der XXXX gründet sich auf § 38 VwGVG iVm § 9 Abs. 7 VStG (Spruchpunkt III.).

Zu B)

3.8. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung zur Versendung von elektronischer Post zu Zwecken der Direktwerbung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Belästigung Direktwerbung E - Mail Einwilligung des Empfängers Erkundigungspflicht Fahrlässigkeit Geldstrafe Glaubhaftmachung Kontrolle Kontrollsystem Kostenbeitrag mündliche Verhandlung Nachweismangel Solidarhaftung Strafbemessung Ungehorsamsdelikt Verschulden Verwaltungsstrafe Verwaltungsstrafverfahren Verwaltungsübertretung vorherige Einwilligung Werbemail Werbung Zurechenbarkeit Zustimmungserfordernis

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W249.2223380.1.00

Im RIS seit

17.11.2020

Zuletzt aktualisiert am

17.11.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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