TE Vwgh Erkenntnis 1997/10/3 96/19/1946

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Veröffentlicht am 03.10.1997
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;
60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;

Norm

AufG 1992 §1 Abs1;
AufG 1992 §1 Abs2 Z2;
AufG 1992 §5 Abs1;
AuslBG §1 Abs2 litl;
FrG 1993 §10 Abs1 Z4;
FrG 1993 §5;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Zens,

Dr. Bayjones, Dr. Schick und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ferchenbauer, über die Beschwerde des 1969 geborenen ZZ in Wien, vertreten durch Dr. Günther Romauch und Dr. Thomas Romauch, Rechtsanwälte in 1030 Wien, Landstraßer Hauptstraße 7, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 11. März 1996, Zl. 301.181/3-III/11/96, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesministerium für Inneres) Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 11. März 1996 wurde der Antrag des Beschwerdeführers, eines Staatsangehörigen Kroatiens, vom 5. Juli 1995 auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gemäß § 5 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Z. 4 des Fremdengesetzes (FrG) abgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde aus, gemäß § 3 Abs. 1 AufG sei Ehegatten österreichischer Staatsbürger nach Maßgabe des § 2 Abs. 3 Z. 3 und 4 AufG eine Bewilligung zu erteilen, sofern kein Ausschließungsgrund im Sinne des § 5 Abs. 1 AufG vorliege. Nach der letztgenannten Bestimmung dürfe eine Bewilligung Fremden nicht erteilt werden, bei denen ein Sichtvermerksversagungsgrund im Sinne des § 10 Abs. 1 FrG vorliege. Dies sei gemäß § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG dann der Fall, wenn der Aufenthalt des Sichtvermerkswerbers die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit gefährden würde. Nach der auf den eigenen Angaben des Beschwerdeführers beruhenden Aktenlage sei er zunächst im August 1993 nach Österreich eingereist und habe sich etwa drei Monate im Bundesgebiet aufgehalten. Nach seiner neuerlichen Einreise habe der Beschwerdeführer zunächst "von seinem Freund" gelebt. Am 23. März 1994 habe er eine österreichische Staatsbürgerin geheiratet. Am 29. März 1994 habe er bei einem näher bezeichneten österreichischen Unternehmen eine Erwerbstätigkeit aufgenommen. Seit 1. Juli 1994 sei er laufend bei einem anderen inländischen Unternehmen beschäftigt. Der Beschwerdeführer habe niemals über eine Aufenthaltsbewilligung oder einen Sichtvermerk verfügt. Der Beschwerdeführer habe sich durchgehend unrechtmäßig in Österreich aufgehalten. Dies stelle im Hinblick auf die Beispielswirkung für andere Fremde ein Verhalten dar, welches die Prognose rechtfertige, sein weiterer Aufenthalt werde die öffentliche Ordnung gefährden. Im Hinblick auf ein geordnetes Fremdenwesen überwögen die öffentlichen Interessen die durch die Anwesenheit seiner österreichischen Ehegattin im Bundesgebiet begründeten persönlichen Interessen des Beschwerdeführers im Sinne des Art. 8 Abs. 2 MRK.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, nach Ablehnung ihrer Behandlung durch den Verfassungsgerichtshof dem Verwaltungsgerichtshof abgetretene Beschwerde. Der Beschwerdeführer macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften mit dem Antrag geltend, den angefochtenen Bescheid aus diesen Gründen aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 1 Abs. 1 und 2, § 3 Abs. 1 und 2 sowie § 5 Abs. 1 AufG lauten:

"§ 1. (1) Fremde (§ 1 Abs. 1 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl. Nr. 838/1992) brauchen zur Begründung eines Hauptwohnsitzes in Österreich eine besondere Bewilligung (im folgenden "Bewilligung" genannt). Die auf Grund anderer Rechtsvorschriften für Fremde vorgesehenen besonderen Regelungen bleiben unberührt.

(2) Von Fremden, die sich

...

2. zur Ausübung einer selbständigen oder unselbständigen Erwerbstätigkeit in Österreich aufhalten, wird für Zwecke dieses Bundesgesetzes jedenfalls angenommen, daß sie in Österreich einen Hauptwohnsitz begründen.

§ 3. (1) Ehelichen und außerehelichen minderjährigen Kindern und Ehegatten

1. von österreichischen Staatsbürgern oder

...

ist nach Maßgabe des § 2 Abs. 3 Z. 3 und 4 eine Bewilligung zu erteilen, sofern kein Ausschließungsgrund (§ 5 Abs. 1) vorliegt.

(2) Die Erteilung einer Bewilligung gemäß Abs. 1 für Ehegatten setzt voraus, daß die Ehe zum Zeitpunkt der Antragstellung bereits mindestens ein halbes Jahr besteht.

§ 5. (1) Eine Bewilligung darf Fremden nicht erteilt werden, bei denen ein Sichtvermerksversagungsgrund (§ 10 Abs. 1 FrG) vorliegt, insbesondere aber, wenn deren Lebensunterhalt oder eine für Inländer ortsübliche Unterkunft in Österreich für die Geltungsdauer der Bewilligung nicht gesichert ist."

§ 10 Abs. 1 Z. 4 FrG lautet:

"§ 10. (1) Die Erteilung eines Sichtvermerkes ist zu versagen, wenn

...

4. der Aufenthalt des Sichtvermerkswerbers die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit gefährden würde;"

Den Feststellungen im angefochtenen Bescheid ist zu entnehmen, daß der Beschwerdeführer vor dem 29. März 1994 in das Bundesgebiet wiedereingereist ist. Im Zeitpunkt dieser Wiedereinreise stand im Verhältnis der Republik Österreich zur Republik Kroatien das pragmatisch weiterangewendete Abkommen zwischen der Bundesregierung der Republik Österreich und der Regierung der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien über die Aufhebung der Sichtvermerkspflicht, BGBl. Nr. 365/1965, in Kraft. Es wurde im Verhältnis zur Republik Kroatien erst durch das Abkommen zwischen der österreichischen Bundesregierung und der Regierung der Republik Kroatien über die Aufhebung der Sichtvermerkspflicht, BGBl. Nr. 487/1995, abgelöst.

Art. 1 Abs. 1 und 2 des erstgenannten Abkommens lauteten:

"Artikel 1

(1) Die Staatsbürger der Vertragsstaaten, die einen der im Artikel 3 angeführten Reiseausweise mit sich führen, können ohne Sichtvermerk des anderen Vertragsstaates die Grenzen der Vertragsstaaten überschreiten und sich drei Monate auf dem Hoheitsgebiet des anderen Vertragsstaates aufhalten.

(2) Den Personen, die sich länger als drei Monate auf dem Hoheitsgebiet des anderen Vertragsstaates aufhalten wollen, können die zuständigen Behörden dieses Vertragsstaates die Aufenthaltsberechtigung verlängern."

Art. 1 des zweitgenannten Abkommens lautet:

"Artikel 1

Die Staatsbürger der Vertragsstaaten, die einen der im Artikel 3 angeführten Reiseausweise mit sich führen, können ohne Sichtvermerke des anderen Vertragsstaates die Grenzen der Vertragsstaaten überschreiten und sich drei Monate auf dem Hoheitsgebiet des anderen Vertragsstaates aufhalten."

§ 1 Abs. 2 lit. l AuslBG in der Fassung BGBl. Nr. 475/1992 lautete:

"§ 1. ...

(2) Die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes sind nicht anzuwenden auf

...

l) Ausländer, die Ehegatten österreichischer Staatsbürger sind, sowie Kinder (einschließlich Adoptiv- und Stiefkinder) österreichischer Staatsbürger, die noch nicht 21 Jahre alt sind oder denen der österreichische Staatsbürger Unterhalt gewährt."

Durch das Antimißbrauchsgesetz, BGBl. Nr. 895/1995, wurde dem § 1 Abs. 2 lit. l AuslBG folgender Satzteil angefügt:

"sofern sie über eine Aufenthaltsbewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz, BGBl. Nr. 466/1992, in der Fassung BGBl. Nr. 351/1995, verfügen;".

In dieser Fassung stand § 1 Abs. 2 lit. l AuslBG im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides (28. März 1996) in Kraft.

Der Beschwerdeführer tritt den Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Bescheid nicht entgegen. Auf Basis dieser Bescheidfeststellungen hält sich der Beschwerdeführer jedenfalls nach Ablauf der in Art. 1 Abs. 1 des Abkommens BGBl. Nr. 365/1965 gesetzten Frist von drei Monaten seit seiner (vor dem 29. März 1994 erfolgten) Wiedereinreise unrechtmäßig im Bundesgebiet auf.

Daran vermag auch der Hinweis in der Beschwerde auf die Bestimmung des § 1 Abs. 2 lit. l AuslBG i.d.F. BGBl. Nr. 475/1992 nichts zu ändern. Nach dem klaren Wortlaut dieser Bestimmung war das Ausländerbeschäftigungsgesetz auf Ausländer, die Ehegatten österreichischer Staatsbürger sind, nicht anzuwenden. Wenn der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang meint, es sei Wille des Gesetzgebers gewesen, daß ein Ausländer im Fall der Eheschließung mit einem Österreicher "mit dem Tag der Eheschließung zulässigerweise einer offiziellen Beschäftigung nachgehen" könne, ist ihm entgegenzuhalten, daß der Wille des Gesetzgebers lediglich dahin ging, das Ausländerbeschäftigungsgesetz auf eine solche Beschäftigung nicht anzuwenden. Keinesfalls kann aus dem Regelungssystem des § 1 Abs. 1 und 2 Z. 2 AufG in Verbindung mit § 1 Abs. 2 lit. l AuslBG in seiner Fassung vor der Novellierung durch das BGBl. Nr. 895/1995 abgeleitet werden, daß Fremde, die mit einem österreichischen Staatsbürger verheiratet sind, berechtigt gewesen wären, ohne Aufenthaltsbewilligung oder Sichtvermerk in das Bundesgebiet einzureisen und sich beliebig lange in Österreich aufzuhalten. Die Bestimmung des § 1 Abs. 2 lit. l AuslBG entband daher den Beschwerdeführer nicht von der Einhaltung fremden- bzw. aufenthaltsrechtlicher Regelungen.

Der Verwaltungsgerichtshof vertritt in ständiger Rechtsprechung, daß ein längerdauernder unberechtigter Aufenthalt im Bundesgebiet im Anschluß an den dreimonatigen rechtmäßigen Aufenthalt nach sichtvermerksfreier Einreise die Annahme rechtfertigt, der weitere Aufenthalt dieses Fremden gefährde die öffentliche Ordnung (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Juni 1996, Zl. 95/19/0269). Daran ändert auch der Umstand nichts, daß ein solcher Fremder ausländerbeschäftigungsrechtlich zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit berechtigt war.

Insoweit der Beschwerdeführer die Auffassung vertritt, ihm stünde ein Rechtsanspruch auf Erteilung einer Bewilligung zu, ist er darauf zu verweisen, daß ein solcher Rechtsanspruch nach dem klaren Wortlaut des § 3 Abs. 1 AufG voraussetzt, daß kein Ausschließungsgrund im Sinne des § 5 Abs. 1 AufG vorliegt.

Im Gegensatz zur Auffassung des Beschwerdeführers erweist sich auch der Eingriff in ein allfälliges durch Art. 8 Abs. 1 MRK geschütztes Recht auf Familiennachzug zu seiner österreichischen Ehegatten unter dem Gesichtspunkt des Schutzes der öffentlichen Ordnung und dem damit verbundenen Recht des Staates auf Regelung einer solchen Neuzuwanderung im Sinne des Art. 8 Abs. 2 MRK als gerechtfertigt, weil sich der Beschwerdeführer im Anschluß an eine - vom Gesetz nicht zum Zweck der Einwanderung vorgesehene - sichtvermerksfreie Einreise unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhält (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. Mai 1997, Zlen. 96/19/0661 bis 0664).

Aus diesen Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1996191946.X00

Im RIS seit

02.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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