TE Bvwg Erkenntnis 2020/8/27 W119 2150628-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 27.08.2020
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Entscheidungsdatum

27.08.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs3
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §58 Abs11 Z2
AsylG-DV 2005 §4
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §52 Abs3
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs3

Spruch

W119 2150628-1/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag.a Eigelsberger als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA: Mongolei, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Gregor KLAMMER, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 27.2.2017, Zahl: 1133744506/161479193/BMI-BFA, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 4 AsylG-DV, §§ 10 Abs. 3, 55, 58 Abs. 11 Z 2 AsylG 2005, § 9 BFA-VG, §§ 52 Abs. 3 und 9, 55 Abs. 1 bis 3 FPG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.




Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Der damals minderjährige Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger der Mongolei, brachte, vertreten durch seine Mutter, gemeinsam mit seinen Eltern und dem jüngeren Bruder (GZ W119 2150633-1, GZ W119 2150638-1 und GZ W119 2150630-1) am 31.10.2016 beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: Bundesamt) einen Erstantrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK ein. Beigelegt war unter anderem die Übersetzung der Geburtsurkunde des Beschwerdeführers, ein Melderegisterauszug sowie eine Kopie der Schulbesuchsbestätigung eines Bundesrealgymnasiums und Bundesoberstufenrealgymnasiums 2015/16.

Mit Schriftsatz vom 31.10.2016 wurde seitens der belangten Behörde ein Verbesserungsauftrag erteilt, laut dem binnen vier Wochen eine ausführliche schriftliche Begründung sowie ein gültiges Reisedokument im Original samt Kopie und Übersetzung vorgelegt werden müssten. Im Falle der Nichtvorlage erforderlicher Urkunden könne ein begründeter Antrag auf Heilung nach § 4 Abs. 1 Z 3 Asylgesetz Durchführungsverordnung eingebracht werden, wobei jedoch nachzuweisen sei, dass die Beschaffung nicht möglich oder nicht zumutbar wäre. Sollte der Beschwerdeführer dem Verbesserungsauftrag nicht nachkommen, wäre sein Antrag auf Erteilung des Aufenthaltstitels gemäß § 58 Abs. 11 Z 2 AsylG zurückzuweisen.

Am 25.11.2016 langten beim Bundesamt der (gemeinsame) Antrag auf Heilung des Mangels der Vorlage der Reisepässe des Beschwerdeführers und seiner Familie und die Antragsbegründung ein. Demnach sei es nicht möglich, die mongolischen Reisepässe vorzulegen, weil diese im Moment nicht auffindbar wären und die Neubeantragung eine längere Zeit in Anspruch nehmen würde.

Die Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels wurden im Wesentlichen damit begründet, dass der Beschwerdeführer und seine Familie im Jahre 2011 nach Österreich eingereist seien und sich seither durchgehend im Bundesgebiet befänden. Der Vater des Beschwerdeführers könne nach Erhalt eines Aufenthaltstitels bei einem Restaurant eine Vollzeitbeschäftigung aufnehmen, die Mutter arbeite selbstständig als Babysitterin im geringfügigen Rahmen und sei deshalb zusammen mit der Familie bei der Sozialversicherungsanstalt krankenversichert. Die Familie, besonders die Kinder, hätten hier ihren Lebensmittelpunkt und bereits einen großen Freundeskreis aufgebaut. Der jüngere Sohn besuche den Kindergarten und der Beschwerdeführer das Bundesrealgymnasium. Aufgrund seines Schulbesuches bestehe ein privates Interesse nach Art. 8 EMRK auf Kontinuität des Aufenthaltes. Er habe gute Chancen, eine höhere Ausbildung in Österreich zu verfolgen, weshalb sich eine Rückkehrentscheidung negativ auf seine Entwicklung auswirken würde.

Am 2.2.2017 wurden die Eltern des Beschwerdeführers vor dem Bundesamt niederschriftlich einvernommen.

Die Mutter begründete ihren Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels damit, sie wolle, dass ihre Kinder hier zur Schule gehen können. Sie seien gemeinsam vor fünf Jahren eingereist, dass sie erst seit 5.8.2016 im Bundesgebiet gemeldet seien begründete sie damit, sie hätten eine Wohnung gemietet, die ohne Meldezettel billiger gewesen wäre. Es sei ihnen finanziell sehr schlecht gegangen.

Nachgefragt, ob sie beweisen könne, dass sie, der Beschwerdeführer und dessen Bruder im September 2011 ins Bundesgebiet eingereist seien, erwiderte sie, der Beschwerdeführer besuche seit 2011 in Österreich die Schule. Dazu kündigte der Beschwerdeführervertreter an, die Zeugnisse würden vorgelegt werden.

Die Anträge gemäß § 4 AsylG-DV zur Heilung des Mangels der Vorlage eines Reisepasses begründete die Mutter des Beschwerdeführers damit, sie hätte sämtliche Pässe der Familie im Oktober 2016 verloren, Kopien gebe es keine, ebenso wenig wie Verlustbestätigungen. Sie habe Angst davor gehabt, es der Polizei zu sagen. Neue Pässe hätten sie deswegen nicht beantragt, weil sie nicht gewusst hätten, ob sie dies nach ihren Anträgen beim Bundesamt noch dürften. Eingereist seien sie alle mit ungarischen Visa, diese hätten sich in ihren Pässen befunden und wären nunmehr verloren gegangen.

Ihren Lebensunterhalt bestreite sie damit, dass sie auf fremde Kinder aufpasse. Gewerbeschein habe sie keinen. Dazu brachte die rechtliche Vertretung vor, dass die Kleinkinderbetreuung von der Gewerbeordnung ausgenommen sei und es eine Steuernummer beim Finanzamt gebe. In der Mongolei habe die Mutter des Beschwerdeführers für ein chinesisch-mongolisches Unternehmen gearbeitet und in einem Restaurant das Essen vorbereitet.

Seit 1.8.2016 seien sie und ihre Söhne in Österreich sozialversichert. Vorgehalten, laut einer aktuellen Abfrage beim Hauptverband existiere keine Sozialversicherung, kündigte sie an, die rechtliche Vertretung würde dies vorlegen.

Außer dem Beschwerdeführer, dessen Bruder und dessen Vater - ihrem Gatten - gebe es keine Familienangehörigen im Bundesgebiet. In der Mongolei habe die Mutter des Beschwerdeführers noch eine Schwester, der Vater sei vor 20 Jahren gestorben, ihre Mutter erst kürzlich. Kontakt zur Schwester bestehe nicht.

Sie selbst besuche eine christliche Kirche, der Beschwerdeführer und sein Bruder seien nicht Mitglieder in Vereinen.

Gegen eine Rückkehr in die Mongolei spreche, dass sie wolle, dass ihre Kinder hier zur Schule gehen.

Der Beschwerdeführer besuche in Österreich seit fünf Jahren die Schule, von Mai bis Juli 2011 seien sie in Ungarn aufhältig gewesen. In der Mongolei sei er ebenfalls in die Schule gegangen und ein guter Schüler gewesen. Sein Schulalter sei dort jedoch zu Ende und er habe trotzdem nicht die Universität besuchen können, es wäre ungewiss, in welche Klasse er kommen würde, das Schulsystem sei erst kürzlich auf zwölf Jahre umgestellt worden.

Der Vater des Beschwerdeführers erklärte im Rahmen seiner Einvernahme zunächst ausdrücklich, keine politischen Gründe zu haben. Seiner Meinung nach sei das Leben in der Mongolei schlecht geworden, er wünsche sich, dass seine Kinder eine gute Bildung bekämen und halbwegs gut leben könnten, weshalb er und seine Familie die Anträge gestellt hätten. In der Mongolei wäre dieselbe Ausbildung nicht möglich.

Er selbst verrichte in Österreich nur Hilfstätigkeiten, wenn ihn jemand bitte einzuspringen, zum Beispiel, wenn es Schnee gebe. Offiziell habe er keine Arbeit, jedoch eine Beschäftigungszusage. Außerdem verkaufe er die Zeitschrift Augustin. Eingereist sei er vor ca. fünf Jahren, seitdem habe er das österreichische Bundesgebiet nicht mehr verlassen.

Damit, dass sein Reisepass im Moment nicht auffindbar wäre, sei gemeint, dass seine Ehegattin im November 2016 die Mappe mit allen Reisepässen und Kopien verloren hätte. Einen neuen Reisepass habe er bei der zuständigen Botschaft nicht beantragt, weil er vorher die Dinge in Ordnung bringen wolle. Verlustbestätigung habe er keine.

Seinen nunmehrigen Antrag begründete der Vater des Beschwerdeführers damit, er hätte erst jetzt die Ratschläge erhalten, dass er sich um die Verlängerung des Aufenthaltstitels der MA 35 kümmern müsse. Vorher habe er die gesetzlichen Prozesse nicht gekannt.

Die Familie sei mit ihm gemeinsam Ende des Jahres 2011 eingereist. Dass seine Gattin erst seit dem 5.8.2016 behördlich gemeldet sei, erklärte der Vater des Beschwerdeführers damit, ein Freund habe ihm geraten zu studieren, weshalb er sich behördlich gemeldet hätte. Später sei ihm geraten worden, einen Anwalt zu nehmen und daraufhin hätten sie alles in die Wege geleitet.

Nachgefragt, ob er beweisen könne, dass seine Ehegattin im Jahr 2011 eingereist sei, erwiderte der Vater des Beschwerdeführers, es gebe vielleicht Krankenhausunterlagen von seinem Kind. Die gesamte Familie habe bei der Einreise nach Österreich ungarische Visa gehabt, diese hätten sich in den verlorenen Reisepässen befunden.

Über Aufenthaltstitel eines anderen EU Staates verfüge die Familie nicht. Nachgefragt, wie die Familie ihren Lebensunterhalt bestreite, erklärte der Vater des Beschwerdeführers, seine Ehegattin putze und passe auf Kinder auf. Er verrichte Hilfstätigkeiten und verkaufe Zeitungen, womit er monatlich € 700 bis € 800 verdiene. In der Mongolei habe er als Privatlehrer für die Sprachen Russisch und Japanisch gearbeitet.

Deutschprüfung habe er noch keine bestanden, er wolle jetzt die Prüfung B2 machen. Seit August 2016 sei er bei seiner Ehegattin mitversichert. Außer seiner Frau und seinen Söhnen gebe es keine Angehörigen im Bundesgebiet. Die Eltern und die ältere Schwester lebten in der Mongolei, manchmal telefoniere er mit seinen Eltern zu den Feiertagen. Mitglied in einem Verein sei er nicht, er habe hier Bekannte, aber keine engen Freunde. Bei einer Rückkehr in die Mongolei würde das Leben viel schwieriger werden. Er habe dort alles verkauft, werde jedoch nicht wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung verfolgt.

Am 2.2.2017 wurde dem Bundesamt aufgrund seiner Anfrage seitens der ungarischen Behörden mitgeteilt, dass die Aufenthaltstitel der Familie für den Zweck der Handelstätigkeit ausgestellt gewesen und am 31.3.2013 abgelaufen seien.

Am 16.2.2017 langte bei der belangten Behörde eine gemeinsame Stellungnahme des Beschwerdeführers und seiner Familie ein. Demnach seien sie seit sechs Jahren hier, der Beschwerdeführer besuche ein Bundesrealgymnasium, der jüngere Bruder den Kindergarten. Beide Kinder hätten sehr viele Freunde und fühlten sich hier sehr wohl. Das private Recht zu einem weiteren Verbleib in Österreich überwiege das öffentliche Interesse am geordneten Fremdenwesen.

Mit dem gegenständlich angefochtenen Bescheid wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 55 Asylgesetz gemäß § 58 Abs. 11 Z 2 AsylG 2005 zurückgewiesen (Spruchpunkt I.) Gemäß § 10 Abs. 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA- Verfahrensgesetz wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 3 FPG erlassen (Spruchpunkt II.). Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG in die Mongolei zulässig sei (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 betrage die Frist für seine freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.). Unter Spruchpunkt V wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 25.11.2016 gemäß § 4 Abs. 2 AsylG-DV abgewiesen.

Dagegen wurde fristgerecht Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben.

Am 29.6.2020 führte das Bundesverwaltungsgericht unter Beiziehung einer Dolmetscherin für die Sprache Mongolisch eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an der das Bundesamt als Verfahrenspartei nicht teilnahm.

Dabei gab der Vater des Beschwerdeführers im Wesentlichen an, Anfang August 2011, vor Schulbeginn, erstmals in das österreichische Bundesgebiet eingereist zu sein. Der Beschwerdeführer sei in die Schule aufgenommen worden und für die Anmeldung hätten sie einen Meldezettel vorlegen müssen. Da sie im September 2011 noch nicht gewusst hätten, welche Schule er besuchen solle, habe er erst im Oktober begonnen. Ob man den Impfpass des jüngeren Bruders vorlegen könne, wisse seine Frau. Die Zeugnisse des Beschwerdeführers aus dieser Zeit könnten sie übermitteln.

Seitens der erkennenden Richterin wurde der Vater des Beschwerdeführers ausdrücklich aufgefordert, diese Zeugnisse, beginnend 2011 bis zur Absolvierung der Matura, binnen zwei Wochen vorzulegen.

Im Jahr 2011 sei die Familie zu viert eingereist und befinde sich seit damals ununterbrochen im Bundesgebiet. Mehrfach nachgefragt, warum seine Gattin erst im August 2016 behördlich angemeldet worden sei, antwortete der Vater des Beschwerdeführers ausweichend.

In der Mongolei hätten sie keine Zukunft mehr, der Beschwerdeführer und sein Bruder würden nun in Österreich die Schule besuchen, der jüngste Sohn spreche Englisch, weil der Beschwerdeführer mit ihm Englisch gesprochen habe. Jetzt besuche der jüngere Bruder die Volksschule auf Deutsch und spreche sehr schlecht Mongolisch. Auf Mongolisch könne er weder lesen noch schreiben. Der Beschwerdeführer studiere hier, dies wollten sie nicht unterbrechen.

Der Vater des Beschwerdeführers wurde aufgefordert, die Schulzeugnisse des jüngeren Sohnes vorzulegen.

Auch die Mutter des Beschwerdeführers brachte eingangs vor, im August 2011 ins österreichische Bundesgebiet eingereist sei, sie wisse nicht, welche Nachweise sie dafür haben sollten. Dass sie sich erst im August 2016 gemeldet habe, erklärte sie damit, der Vermieter habe sie nicht anmelden wollen, das Zimmer sei günstig gewesen, weshalb sie es genommen hätten. Es gebe jedoch den Impfpass des jüngeren Bruders des Beschwerdeführers, der im November 2011 eine Impfung bekommen habe. Die Mutter des Beschwerdeführers wurde ausdrücklich aufgefordert, dieses Dokument vorzulegen.

Zu den Pässen gab sie an, sie seien bei der mongolischen Botschaft gewesen, hätten jedoch so viele Unterlagen vorlegen müssen, die sie nicht einreichen hätten können. Sie hätten sie aus der Mongolei beschaffen müssen, jedoch seit 2011 keinen Kontakt dorthin. Vorgehalten, ihr Gatte hätte erklärt, Kontakt zu seinen Eltern zu haben, erwiderte sie, diese wären sehr alt und nicht in der Lage dazu.

In der Mongolei könnten sie nicht mehr leben, sie seien so lange in Österreich. Die Kinder würden die Schule besuchen, der jüngere Sohn spreche leider schlecht Mongolisch, der Beschwerdeführer besuche zurzeit die Uni. In der Mongolei gebe es diese Möglichkeiten nicht. Ihre Mutter sei im Sommer gestorben, zu ihrer Schwester habe sie keine Beziehung. Sie selbst sei in der Mongolei Köchin gewesen.

Im Bundesgebiet arbeite sie gelegentlich, sei jedoch nicht angemeldet. Sie führe bei mongolischen Familien Babysitter Tätigkeiten durch. Zudem habe sie Freunde, darunter auch österreichische. Diese würden sehr einfaches Deutsch sprechen und sie aufklären, wenn sie sie nicht verstehe. Kurse habe sie keine besucht und sei auch nicht Mitglied in einem Verein.

Vorgelegt wurde eine SVS Jahresvorschau 2020 der Mutter.

Der mittlerweile volljährige Beschwerdeführer legte im Rahmen der mündlichen Verhandlung Studienbestätigungen der WU Wien, das Unterstützungsschreiben eines Freundes, des ihn seit 2016 kenne, das Schreiben seines Klassenvorstandes sowie das Reifeprüfungszeugnis vor.

Zunächst erklärte er, im August 2011 gemeinsam mit seinen Eltern und seinem Bruder eingereist zu sein. Im gleichen Jahr im September oder Oktober habe er hier das erste Mal die Schule besucht, eingestiegen sei er in der dritten Klasse der Neuen Mittelschule.

Ausdrücklich wurde er aufgefordert, sein erstes Zeugnis sowie die Zeugnisse bis zum Jahr 2016 binnen zwei Wochen vorzulegen.

Nachgefragt, warum er sich nicht um einen Reisepass bemüht habe, antwortete er, dazu müsste man seine Eltern fragen, er habe darüber keine Kontrolle gehabt. Als er ins Bundesgebiet eingereist sei, habe er einen besessen. Nachgefragt was damit passiert sei, erwiderte er, er sei damals minderjährig gewesen und die Eltern hätten die Dokumente gehabt. Er habe sich damit nicht beschäftigt und auch nicht das Bedürfnis gehabt, sich einen Reisepass ausstellen zu lassen.

Der Beschwerdeführer lebe mit seinen Eltern im gemeinsamen Haushalt und studiere im zweiten Semester Wirtschafts- und Sozialwissenschaften. Mitglied in einem Verein sei er nicht, habe sich jedoch auf der Uni für Sportkurse angemeldet, die wegen der Coronakrise abgesagt worden seien. Er besuche aber ein Fitnessstudio. Freundin habe er keine, jedoch Freunde, die er im Gymnasium kennengelernt habe und zu denen er weiterhin in Kontakt stehe.

Zu seiner Rückkehrbefürchtung brachte er vor, er sei sehr klein gewesen, als er die Mongolei verlassen hätte und könne sich nicht mehr gut an diese und auch an die Sprache erinnern. In Österreich sei er sozial gut integriert, studiere, was ihn interessiere und es gehe ihm dabei gut. In der Mongolei wüsste er nicht, wie die finanzielle Situation der Eltern wäre.

Bis 2019 hätten sie zu Hause zumeist Mongolisch gesprochen, mit seinem Bruder unterhalte er sich in einer Mischung aus Englisch und Deutsch. Englisch deshalb, weil es für ihn wichtig sei, dass er eine Sprache spreche, die der Beschwerdeführer ebenfalls gut könne und Deutsch deshalb, weil sein Bruder diese für die Schule benötige und es hier Alltagssprache sei. Auch der Beschwerdeführer selbst spreche im Alltag natürlich Deutsch. Durch seinen Freundeskreis habe er sich an die deutsche Sprache so gewöhnt, dass er in dieser denke.

Anzumerken ist, dass die Befragung des Beschwerdeführers in deutscher Sprache durchgeführt wurde.

Die Länderfeststellungen zur Situation in der Mongolei wurden in das Verfahren eingeführt und dem Beschwerdeführervertreter unter Einräumung einer zweiwöchigen Frist zur Abgabe einer Stellungnahme übergeben.

Am 13.7.2020 langte beim Bundesverwaltungsgericht die Stellungnahme zur ausgehändigten Länderinformation ein. Darin wurde im Wesentlichen wie bisher vorgebracht, dass sich die Familie seit neun Jahren durchgehend in Österreich befinde und bestens integriert sei. Der ältere Sohn studiere, der jüngere besuche die Schule und die Mutter arbeite freiberuflich als Babysitterin im geringfügigen Rahmen. Der Vater des Beschwerdeführers hätte nach Erhalt eines Aufenthaltstitels eine Stelle in einem Restaurant in Aussicht. Zudem verfüge die Familie über ein großes soziales Netzwerk, die Deutschkenntnisse der beiden Söhne seien ausgezeichnet. Ein Neustart in der Mongolei wäre ihnen nicht zumutbar, zumal sich sowohl das Studiensystem als auch das Schulsystem gänzlich von jenem in Österreich unterscheide. Außerdem hätten sie hier viele Freunde. Die Eltern seien beide über 50 Jahre alt und hätten bei ihrer Rückkehr in die Mongolei deswegen und aufgrund der Tatsache, dass sie sich seit über neun Jahren im Ausland befänden, massiv mit Arbeitslosigkeit zu kämpfen. Angesichts der derzeitigen Corona-Pandemie stelle sich die wirtschaftliche Lage im Land noch prekärer dar.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger der Mongolei. Seine Identität steht fest.

Am 31.10 2016 stellte der damals minderjährige Beschwerdeführer vertreten durch seine Mutter gemeinsam mit seinen Eltern und dem jüngeren Bruder (GZ W119 2150633-1, GZ W119 2150638-1 und GZ W119 2150630-1) einen Erstantrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Artikels 8 EMRK.

Der mittlerweile volljährige Beschwerdeführer ist gesund und arbeitsfähig. Er wuchs zunächst in der Mongolei auf, wurde dort sozialisiert und besuchte laut den Angaben seiner Mutter im Rahmen der mündlichen Verhandlung dort die Schule. Seine Muttersprache ist Mongolisch.

Auch im Bundesgebiet lebt er noch mit seiner mongolischen Familie zusammen, laut seinen eigenen Angaben wurde bis 2019 zuhause vorwiegend Mongolisch gesprochen, nun redet er mit seinem kleinen Bruder Englisch und Deutsch.

In der Heimat leben noch seine Großeltern väterlicherseits sowie zwei Tanten. Beide Elternteile waren in der Mongolei berufstätig.

Die Anträge auf Erteilung von Aufenthaltstiteln der Angehörigen wurden mit Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichts vom heutigen Tag negativ entschieden.

Im Bundesgebiet absolvierte der Beschwerdeführer die Matura und konnte das Reifeprüfungszeugnis eines Bundesrealgymnasiums und Bundesoberstufenrealgymnasiums vom 25.10.2019 vorlegen. Er studiert im zweiten Semester an der Wirtschaftsuniversität Wien Wirtschafts- und Sozialwissenschaften.

Der Beschwerdeführer ist nicht Mitglied in Vereinen, besucht jedoch ein Fitnessstudio und hat österreichische Freunde. Eine Freundin bzw. Partnerin hat er nicht.

Der Beschwerdeführer war im Bundesgebiet zwar vom 29.11.2011 gemeldet, jedoch bis 5.8.2016 nur mit Nebenwohnsitz und erst seit 5.8.2016 gemeinsam mit seiner Familie mit Hauptwohnsitz. Seine Mutter und sein jüngerer Bruder waren bis zu diesem Zeitpunkt nicht in Österreich gemeldet, der Vater mit Unterbrechungen und zunächst auch mit Nebenwohnsitz.

Der Beschwerdeführer konnte seine Behauptung, seit August oder September 2011 tatsächlich im Bundesgebiet durchgehend aufhältig gewesen zu sein, trotz mehrfacher Aufforderung nicht belegen. So wurden weder durch ihn noch durch seine Eltern trotz mehrfacher Zusage vor der belangten Behörde und dem Bundesverwaltungsgericht die Schulzeugnisse von 2011 bis 2015 nachgereicht, lediglich das Jahreszeugnis 2015/16 und eine Schulbesuchsbestätigung vom 19.9.2016 liegen vor.

Der Beschwerdeführer hatte einen am 16.12.2010 ausgestellten mongolischen Reisepass und sein Vater legte anlässlich seiner Antragstellung auf Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung gemäß § 55 Asylgesetz eine Bestätigung über die mongolische Staatsangehörigkeit der gesamten Familie, ausgestellt von der Botschafter Mongolei mit Sitz in Wien am 24.10.2016, vor.

Der Beschwerdeführer konnte weder nachweisen, dass sein mongolischer Reisepass verloren wurde, noch, dass ihm die Beschaffung eines Ersatzdokumentes nicht möglich oder zumutbar ist.

Zur allgemeinen Situation betreffend COVID-19

COVID-19 ist eine durch das Corona-Virus SARS-CoV-2 verursachte Viruserkrankung, die erstmals im Jahr 2019 in Wuhan/China festgestellt wurde und sich seither weltweit verbreitet.

Die Wahrscheinlichkeit von schweren Erkrankungen und Todesfällen steigt bei Personen über 65 Jahren und bei Personen mit definierten Risikofaktoren wie Bluthochdruck, Diabetes, Herz-Kreislauf- Erkrankungen, chronischen Atemwegserkrankungen, geschwächtem Immunstatus, Krebs und Fettleibigkeit deutlich an. Diese Risikogruppen sind bis heute für die Mehrheit der schweren Erkrankungen und Todesfälle verantwortlich. Nach der Infektion gibt es aktuell (noch) keine spezifische Behandlung für COVID-19, jedoch kann eine frühzeitige unterstützende Therapie, sofern die Gesundheitsfürsorge dazu in der Lage ist, die Ergebnisse verbessern. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Krankheitsverlauf des COVID-19, sofern es durch das Coronavirus ausgelöst wurde, für die Allgemeinbevölkerung als mild bis moderat, für ältere Menschen mit definierten Risikofaktoren jedoch als gravierend bis tödlich eingeschätzt wird (s. www.who.int/health topics/coronavirus).

Im Hinblick auf die derzeit bestehende Pandemie, aufgrund des Corona-Virus, wird festgestellt, dass der Beschwerdeführer nicht unter die Risikogruppe der Personen über 65 Jahren und der Personen mit Vorerkrankungen fällt. Ein bei einer Überstellung des Beschwerdeführers nach Afghanistan vorliegendes „real risk“ einer Verletzung des Art. 2 oder 3 EMRK ist hierzu nicht erkennbar.


Feststellungen zur Situation in der Mongolei:

Auszug aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom September 2018:

Politische Lage:

Die Mongolei ist ein Binnenstaat zwischen der Russischen Föderation und der Volksrepublik China. Mit einer Bevölkerung von knapp über drei Millionen Menschen auf einer Fläche von knapp über 1,5 Millionen Quadratkilometern ist sie einer der am dünnsten besiedelten Staaten der Welt. In der Hauptstadt Ulaanbaatar leben (2018) ca. 1,5 Millionen Menschen (CIA 28.8.2018). Die Mongolei ist eine parlamentarische Demokratie mit einem Mehrparteiensystem (ÖB Peking 12.2017; vgl. USDOS 20.4.2018). Die Verfassung von 1992 basiert auf den Grundprinzipien Demokratie, Gerechtigkeit, Freiheit, Gleichheit, nationale Einheit, Rechtsstaatlichkeit und Gewaltenteilung (ÖB Peking 12.2018; vgl. AA 3.2018a). In den vergangenen 20 Jahren wurden in der Mongolei 13 erfolgreiche Präsidentschafts-, und Parlamentswahlen abgehalten (USDOS 19.7.2018). Das Parlament (Großer Staats-Chural) ist ein Einkammernparlament mit 76 Sitzen (ÖB Peking 12.2017). Die 76 Abgeordneten werden in allgemeiner, freier, unmittelbarer und geheimer Wahl im Wege des Mehrheitswahlrechts für vier Jahre gewählt. Bei der letzten Parlamentswahl am 29.6.2016 löste die Mongolische Volkspartei (MVP) die Demokratische Partei (DP) in der Regierung ab. (AA 3.2018a). Die MVP erhielt 65 Mandate, die bisher regierende DP neun, die Mongolische Revolutionäre Volkspartei (MRVP) und der unabhängige Musiker S. Javkhlan erhielten je ein Mandat. Die Wahlbeteiligung lag bei 72,1% (Mongolei Online 10.7.2016; vgl. KAS 1.7.2016). Die Einführung des Mehrheitswahlrechtes nur fünf Wochen vor dem Wahltermin hat auf das Ergebnis Einfluss genommen (Sarantuya/Batmunkh 2017; vgl. ÖB Peking 12.2017). Unter dieser Entscheidung litten vor allem die Chancen von kleinen Parteien und Frauen. So wurde zum Beispiel die Frauenquote von bisher 30% auf 20% gesenkt (KAS 1.7.2016). Die OSZE war mit etwa 300 Wahlbeobachtern in der Mongolei vertreten und attestierte, dass die Wahl, nach hartem, die Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit respektierendem Wahlkampf, geordnet ablief (OSZE 4.10.2016; vgl. AA 3.2018a). Die 2016 gebildete Regierung unter Ministerpräsident Erdenebat bestehend aus 16 Ministern (davon zwei Frauen), einer Reduktion um drei Ämter im Vergleich zur vorherigen Regierung (ÖB Peking 12.2017), wurde bereits im Sommer 2017 aufgrund parteiinterner Machtkämpfe durch eine Regierung unter Ministerpräsident Khurelsukh abgelöst (AA 3.2018a). Das Staatsoberhaupt ist der Präsident, der in einer Direktwahl für vier Jahre gewählt wird und der selbst den Premierminister nominieren kann. Das Präsidentenamt kann für maximal zwei Amtsperioden bekleidet werden (ÖB Peking 12.2017). Am 10. Juli legte Kh. Battulga im Großen Saal der Staatsversammlung den Amtseid als 5. Präsident der Mongolei ab (LIP 9.2018). Er setzte sich in einer Stichwahl mit 50,6% gegen den Gegenkandidat M. Enkhbold der regierenden Mongolischen Volkspartei (MVP), der 41,2 % der Stimmen erhielt, durch (Reuters 8.7.2017; vgl. AA 3.2018a). Der Staatspräsident ist Vorsitzender des Nationalen Sicherheitsrates (weitere Mitglieder: Premierminister und Parlamentspräsident) und Oberbefehlshaber der Streitkräfte. Er setzt die vom Parlament verabschiedeten Gesetze in Kraft. Er kann Gesetze initiieren und mit seinem Veto verhindern, das nur mit der Zwei-Drittel-Mehrheit des Parlaments überstimmt werden kann (AA 3.2018a).

Quellen: - AA – Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (3.2018a): Mongolei – Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/mongolei-node/-/222882, Zugriff 13.9.2018 - CIA – Central Intelligence Agency (28.8.2018): The World Factbook – Mongolia, https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/mg.html, Zugriff 14.9.2018 - LIP – LIPortal, Das Länderinformationsportal (9.2018): Mongolei, Geschichte und Staat, https:// www.liportal.de/mongolei/geschichte-staat/, Zugriff 20.9.2018 - KAS – Konrad-Adenauer-Stiftung (1.7.2016): Erdrutschsieg der Mongolischen Volkspartei, Parlamentswahlen in der Mongolei, http://www.kas.de/mongolei/de/publications/45759/, Zugriff 13.9.2018 - Mongolei Online, Bormann (10.7.2016): Wahlergebnisse – Wahlen 2016, http://www.mongolei.de/news/Ergebnisse2016.htm, Zugriff 13.9.2018 - ÖB Peking (12.2017): Asylländerbericht 2017 Mongolei. - OSZE – Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (4.10.2016): Mongolia, Parliamentary Elections, 29 June 2016: Final Report, http://www.osce.org/odihr/elections/mongolia/237626, Zugriff 13.9.2018 - Reuters (8.7.2017): Former martial arts star Battulga wins Mongolian presidential election, https://www.reuters.com/article/us-mongolia-election/former-martial-arts-star-battulga-winsmongolian-presidential-election-idUSKBN19T05Z, Zugriff 13.9.2018 - Tserenbaltavyn, Sarantuya / Tsevelmaa Batmunkh (2017): Wahlrechtsreform und Wirtschaftskrise – die Mongolei nach den Parlamentswahlen; in: Argumente und Materialien der Entwicklungszusammenarbeit 19, S 24-32, https://www.hss.de/download/publications/AMEZ_19_Demokratie_im_Aufbruch_05.pdf, Zugriff 13.9.2018 - USDOS – U.S. Department of State (19.7.2018): Investment Climate Statements for 2018, https://www.state.gov/e/eb/rls/othr/ics/investmentclimatestatements/index.htm? year=2018&dlid=281519#wrapper, Zugriff 13.9.2018 - USDOS – U.S. Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 – Mongolia, https://www.ecoi.net/en/document/1430186.html, Zugriff 13.9.2018

Sicherheitslage

Im regionalen Vergleich hat die Mongolei nach dem Zerfall des Ostblocks einen vorbildlichen Weg in Richtung Demokratie und Marktwirtschaft eingeschlagen. Seit 1990 finden regelmäßig allgemeine, freie und faire Wahlen statt, die Regierungswechsel verlaufen friedlich. Die Menschenrechte sind in der Mongolei in der Verfassung festgeschrieben und werden allgemein geachtet. Das Land verfügt über eine aktive Zivilgesellschaft mit einer Vielzahl von Bürgerbewegungen und Selbsthilfegruppen (BMZ o.D.). Der Staat hat im gesamten Staatsgebiet das unangefochtene Gewaltmonopol. Die gesamte Bevölkerung der Mongolei akzeptiert den Nationalstaat als legitim. Es gibt keine organisierten Gruppen, die stark genug wären, das staatliche Gewaltmonopol herauszufordern. Alle bedeutenden politischen Akteure bekennen sich zur Demokratie. Eine geringe Zahl antidemokratischer Akteure wie hypernationalistische Parteien oder Banden haben keinen Einfluss auf die Öffentlichkeit oder die Regierung und werden ausgegrenzt. Die Armee hatte in der Vergangenheit kein Interesse, politische Kontrolle zu übernehmen und es gibt keine Hinweise, dass sie es derzeit hätte (Bertelsmann 2018). Es gibt keine Berichte über terroristische Angriffe oder aktive terroristische Gruppen in der Mongolei (USDOS 10.7.2018). Es kommt selten zu Unruhen oder politischer Gewalt. In Folge umstrittener Parlamentswahlen im Juli 2008 wurden Proteste, bei denen fünf Personen ums Leben kamen, rasch unter Kontrolle gebracht und die Ordnung wieder hergestellt. Seither kam es zu keinen Vorfällen ähnlichen Ausmaßes mehr (USDOS 19.7.2018). Sozioökonomische Konflikte - primär zwischen der städtischen und ländlichen Bevölkerung - eskalieren nicht, sind jedoch aufgrund einer instabilen politischen Umgebung, angeheizt durch Populismus und Kampagnen in den sozialen Medien, im Ansteigen begriffen (Bertelsmann 2018). In den vergangenen drei Jahren kam es zu vermehrten Anfeindungen chinesischer, koreanischer und vietnamesischer Staatsbürger, die in der Mongolei leben (USDOS 19.7.2018) und es kam zu einzelnen gewalttätigen Übergriffen durch Ultranationalisten gegen diese Personen (USDOS 19.7.2018; vgl. ÖB Peking 12.2017) sowie gegen LGBTI-Personen (ÖB Peking 12.2017). Die Binnenlage des Flächenstaates zwischen Russland und China bestimmt die mongolische Außenpolitik, die sich daher um ein gutes, ausgewogenes Verhältnis zu diesen beiden Nachbarn bemüht. So verfolgt die Mongolei eine Politik der Bündnisfreiheit und hat sich 1992 zur kernwaffenfreien Zone erklärt. Gleichzeitig sucht das Land internationale Absicherung, die es in einer immer aktiveren Mitarbeit in internationalen Organisationen, vor allem den Vereinten Nationen, sowie in einer stärkeren Zusammenarbeit mit den USA, Japan und der Europäischen Union (insbesondere Deutschland) zu finden hofft ("Politik des Dritten Nachbarn") (AA 3.2018c).

Quellen: - AA - Auswärtiges Amt (3.2018c): Mongolei, Außenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/ aussenpolitik/laender/mongolei-node/-/222880, Zugriff 18.9.2018 - Bertelsmann Stiftung (2018): BTI 2016, Mongolia Country Report; https://www.ecoi.net/en/file/local/1427464/488348_en.pdf, Zugriff 13.9.2018 BMZ – Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (o.D.): Mongolei, Situation und Zusammenarbeit, http://www.bmz.de/de/laender_regionen/asien/mongolei/zusammenarbeit/index.html, Zugriff 13.9.2018 - USDOS – U.S. Department of State (19.7.2018): Investment Climate Statements for 2018, https://www.state.gov/e/eb/rls/othr/ics/investmentclimatestatements/index.htm? year=2018&dlid=281519#wrapper, Zugriff 13.9.2018 - USDOS - U.S. Department of State, Bureau of Diplomatic Security (10.7.2018): Mongolia 2018 Crime & Safety Report, https://www.osac.gov/pages/ContentReportDetails.aspx?cid=24452, Zugriff 18.9.2018 - ÖB Peking (12.2017): Asylländerbericht 2017 Mongolei.

Rechtsschutz / Justizwesen

Das mongolische Rechtssystem orientiert sich am römisch-germanischen System und kennt eine Unterscheidung zwischen Verwaltungs- und Zivilrecht (ÖB Peking 12.2017). Die Verfassung der Mongolei sieht eine Gewaltenteilung vor, die Justiz ist formell unabhängig. Diese Unabhängigkeit wird jedoch durch systemimmanente Korruption geschwächt (ÖB Peking 12.2017; vgl. FH 2018, USDOS 20.4.2018). Soum-, Intersoum- und Bezirksgerichte sind Gerichte 1. Instanz und für kleinere Verbrechen sowie für Zivilverfahren unter einem Streitwert von zehn Millionen Tögrök (MNT) zuständig. AimagGerichte sind die Erstinstanz für schwerwiegendere Verbrechen und Zivilverfahren mit einem Streitwert von über zehn Millionen MNT, sowie die Berufungsgerichte für die unteren Gerichte. Der Oberste Gerichtshof ist für alle anderen Verfahren zuständig. Der Verfassungsgerichtshof (Tsets) kann vom Parlament, dem Staatspräsidenten, dem Premier, dem Obersten Staatsanwalt, auf Eigentinitative oder durch Petitionen durch Bürger befasst werden. Die neun Richter werden durch das Parlament für sechs Jahre ernannt. (ÖB Peking 12.2017). Der Präsident ernennt die Richter des Obersten Gerichtshofes. Der Judicial General Council (JGC) ist für die Nominierung sowie die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit von Richtern verantwortlich. Er ist jedoch politisch abhängig und hat nicht die Befugnis, bei Vorwürfen von richterlichem Fehlverhalten zu ermitteln (Bertelsmann 2018). Die unabhängige Gerichtsbarkeit sowie das Recht auf ein faires, öffentliches Verfahren ohne Verzögerungen wird in der Regel durchgesetzt. Für Angeklagte gilt die Unschuldsvermutung und sie haben das Recht, über die Vorwürfe gegen sie in Kenntnis gesetzt zu werden. Angeklagte können einen Rechtsbeistand selbst auswählen oder erhalten auf Staatskosten einen solchen gestellt (USDOS 20.4.2018). NGOs und Privatunternehmen berichten, dass Korruption und Einflussnahme im Justizsystem stattfindet (USDOS 20.4.2018; vgl. Bertelsmann 2018). Die Rechte von Angeklagten wie die Befragung und Einberufung von Zeugen würden in manchen Fällen missachtet. NGOs berichten weiters über Einschüchterung von Zeugen und mangelnde Transparenz bei der Urteilsfindung (USDOS 20.4.2018). Jedoch wurde in der Justice Integrity Study 2016 der Mongolei deutliche Fortschritte bei der Verbesserung der Transparenz der Urteilsfindung attestiert (Bertelsmann 2018). Gerichte verhängen nur selten Freisprüche oder stellen das Verfahren ein, auch wenn es keine substanziellen Beweise für einen Schuldspruch gibt. Gerichte spielen Fälle häufig an die Staatsanwaltschaft zurück, obwohl ein Freispruch angemessen erscheint. Dadurch wechseln auch einzelne prominente Kriminalfälle jahrelang zwischen Staatsanwaltschaft und Gericht hin und her, ohne dass diese abgeschlossen werden (USDOS 20.4.2018). Haftstrafen sind in der Mongolei schon für kleine Delikte aus generalpräventiven Gründen sehr hoch. Sie reichen für Gewalt-, Raub- und Sexualdelikte deutlich über Strafmaße europäischer Rechtsordnungen hinaus. Die Möglichkeit der vorzeitigen Entlassungen oder der Strafaussetzungen zur Bewährung ist formal vorhanden, aber es wird davon wenig Gebrauch gemacht (ÖB Peking 12.2017).

Quellen: - Bertelsmann Stiftung (2018): BTI 2018, Mongolia Country Report; https://www.ecoi.net/en/file/local/1427464/488348_en.pdf, Zugriff 13.9.2018 - FH - Freedom House (2018): Freedom in the world 2018, Mongolia, https://freedomhouse.org/report/freedom-world/2018/mongolia, Zugriff 13.9.2018 - ÖB Peking (12.2017): Asylländerbericht 2017 Mongolei - USDOS – U.S. Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 – Mongolia, https://www.ecoi.net/en/document/1430186.html, Zugriff 13.9.2018

Sicherheitsbehörden

Dem Ministerium für öffentliche Sicherheit unterstehen das Milizbüro (Polizei) und ein diesem unterstelltes Netz von Polizeiämtern, die Staatssicherheitsverwaltung, das Brandschutzamt, die Fremdenpolizei und die Grenztruppen sowie der Justizvollzugswachkörper (ÖB Peking 12.2017). Die zivilen Behörden üben größtenteils Kontrolle über die internen und externen Sicherheitskräfte aus, jedoch bleiben die Mechanismen zur Untersuchung von Polizeiübergriffen inadäquat. So gibt es Fälle von ungestraftem Missbrauch Verdächtiger durch Sicherheitskräfte. Aufsichtsorgan über nationale und lokale Polizeiaktionen ist die National Police Agency (NPA) (USDOS 20.4.2018). Sicherheitskräften wird vorgeworfen, willkürliche Verhaftungen und Verkehrsanhaltungen durchzuführen, angehaltene Personen für längere Zeit festzuhalten und Häftlinge zu schlagen (HRW 2018). Obwohl Sicherheitsbeamte für absichtliche Körperverletzung zur Verantwortung gezogen werden, waren Verfolgungen dieser Vergehen selten. Der NPA wurden bis August 2016 insgesamt 24 Beschwerden wegen körperlicher Übergriffe durch die Polizei gemeldet, von denen sechs zu strafrechtlichen Ermittlungen führten (USDOS 20.4.2018).

Die nationale Polizei, die Miliz, welche auch als Kriminalpolizei fungiert, unterhält in jeder Provinz ein Referat und in jedem Bezirk ein Büro. Sie hat alle notwendigen Maßnahmen (Ermittlungen, Zwangsmaßnahmen und Beschlagnahme sowie den Gebrauch von Waffen) einzuleiten, um den Schutz der öffentlichen Ordnung zu gewährleisten. Die Fahndung nach vermissten Personen, die Verkehrssicherheit (durch Verkehrsinspektorate in jedem Milizbüro) und die Brandbekämpfung fallen ebenfalls in die Zuständigkeit der Miliz. Zusammen mit der Lokalverwaltung beaufsichtigen die lokalen Sicherheitsbüros außerdem die Vollstreckung der Zwangsarbeitsstrafen. Das Ministerium für öffentliche Sicherheit ist schließlich auch für die Staatssicherheit (Spionageabwehr, Staatsschutz und Sabotageabwehr) zuständig. Der Fremdenpolizei und den Grenztruppen unterstehen ca. 15.000 Beamte. Sie sind für die Einhaltung der Ein- und Ausreisevorschriften sowie des Fremdenrechts zuständig (ÖB Peking 12.2017).

Quellen: - FH - Freedom House (2018): Freedom in the world 2018, Mongolia, https://freedomhouse.org/report/freedom-world/2018/mongolia, Zugriff 13.9.2018 - ÖB Peking (12.2017): Asylländerbericht 2017 Mongolei - USDOS – U.S. Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 – Mongolia, https://www.ecoi.net/en/document/1430186.html, Zugriff 13.9.2018
Folter und unmenschliche Behandlung

Artikel 251 des Strafgesetzbuchs definiert den Straftatbestand der Folter und legt eine Höchststrafe von fünf Jahren Haft und ein Berufsverbot von bis zu drei Jahren fest. In besonders schlimmen Fällen kann die Strafe sogar auf bis zu zehn Jahren ausgeweitet werden. Gemäß Kapitel 11, §44 wird die Entschädigung in Fällen von Folter von der Strafprozessordnung festgelegt. Der Höchste Gerichtshof zitiert in seiner Interpretation dieses Artikels ausdrücklich die Definition der UN-Konvention gegen Folter (ÖB Peking 12.2017). Dennoch sind Folter und andere Misshandlungen verbreitet (USDOS 20.4.2018; vgl. AI 22.2.2018), insbesondere zum Erzwingen von Geständnissen (USDOS 20.4.2018) in Haftanstalten, wo auch Personen mit Behinderungen oder ausländische Staatsbürger betroffen sind. Seit Juli 2017, mit Inkrafttreten der neuen Strafprozessordnung, fehlen unabhängige Ermittlungsmechanismen, was zu einer unvollständigen Erfassung und einer Straflosigkeit von Folter führt (AI 22.2.2018). Rechtliche Rahmenbedingungen und Maßnahmen zur Verhinderung von Folter sind unzureichend (Bertelsmann 2018). Auch wird von Drohungen gegen Familienmitglieder berichtet, um Geständnisse zu erzwingen (USDOS 20.4.2018). Im Februar 2015 ratifizierte die Mongolei das Zusatzprotokoll zur UNAntifolterkonvention (OPCAT). Das UN-Antifolterkomitee (CAT) überprüfte die Mongolei im August 2016 und drückte unter anderem Sorgen über vorherrschende Straflosigkeit in Fällen von Folter aus (ÖB Peking 12.2017).

Quellen: - AI – Amnesty International (22.2.2018): Amnesty International Report 2017/18 - The State of the World's Human Rights - Mongolia, https://www.ecoi.net/en/document/1425540.html, Zugriff 13.9.2018 - Bertelsmann Stiftung (2018): BTI 2016, Mongolia Country Report; https://www.ecoi.net/en/file/local/1427464/488348_en.pdf, Zugriff 13.9.2018 - ÖB Peking (12.2017): Asylländerbericht 2017 Mongolei - USDOS – U.S. Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 – Mongolia, https://www.ecoi.net/en/document/1430186.html, Zugriff 13.9.2018

Korruption

Korruption ist in der gesamten öffentlichen Verwaltung und in der Industrie (Bergbau) weit verbreitet (ÖB 12.2017; vgl. TI 9.7.2018). Die kleine Korruption ist jedoch rückläufig (TI 9.7.2018). Die Nichtregierungsorganisation Transparency International listet die Mongolei in ihrem Korruptionswahrnehmungsindex 2017 auf Platz 103 von 180 analysierten Ländern (TI 21.2.2018); 2016 lag die Mongolei auf Platz 87 von 176 untersuchten Staaten (TI 25.1.2017). Der Großteil der Bevölkerung ist mit den Anti-Korruptionsmaßnahmen der Regierung unzufrieden (TI 9.7.2018). Auch in der Politik setzt sich zunehmend die Erkenntnis durch, dass Korruption die Entwicklung der Mongolei stark behindert. Es wurden Antikorruptionsgesetze verabschiedet und entsprechende Kontrolleinrichtungen geschaffen. Weitere Reformen und eine konsequente strafrechtliche Verfolgung von Korruption sind jedoch erforderlich (BMZ o.D.). Das am 1. Juli 2017 in Kraft getretene Strafgesetz führte höhere Strafen für Korruptionsvergehen von öffentlich Bediensteten und Regierungsvertretern sowie deren nächster Verwandtschaft ein. Das Gesetz erfordert von Regierungsvertretern auch die Offenlegung ihrer Vermögen an die Independent Authority Against Corruption (IAAC). Im März 2017 wurde ein staatliches Korruptionsbekämpfungsprogramm mit einer Laufzeit von drei Jahren implementiert (USDOS 19.7.2018). Seit 2006 wurde das Anti-Korruptionsgesetz mehrfach erweitert, jedoch gibt es noch kein Gesetz zum Schutz von NGOs und anderen Institutionen, die Korruptionsfälle öffentlich machen (USDOS 19.7.2018; vgl. ÖB 12.2017). Eine gesetzliche Schutzvorschrift liegt seit Ende 2016 jedoch im Entwurf vor. Journalisten, die Korruptionsfälle aufdecken, werden mitunter von einflussreichen Betroffenen mittels Diffamierungs-Klagen in den Ruin getrieben (ÖB Peking 12.2017). Es gibt eine weitreichende Immunität von Amtsträgern gegenüber strafrechtlicher Verfolgung (TI 9.7.2018) und es gibt Bedenken, dass Teile der Justiz und der IAAC weitgehend von politischen Kreisen kontrolliert werden, welche verhindern möchten, durch eine tatsächlich unabhängige Behörde selbst der Korruption bezichtigt zu werden (Bertelsmann 2018).

Quellen: - Bertelsmann Stiftung (2018): BTI 2016, Mongolia Country Report; https://www.ecoi.net/en/file/local/1427464/488348_en.pdf, Zugriff 13.9.2018 - BMZ – Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (o.D.): Mongolei, Situation und Zusammenarbeit, http://www.bmz.de/de/laender_regionen/asien/mongolei/zusammenarbeit/index.html, Zugriff 13.9.2018 - ÖB Peking (12.2017): Asylländerbericht 2017 Mongolei - TI - Transparency International (21.2.2018): Corruption Perceptions Index 2017, https://www.transparency.org/country/MNG, Zugriff 13.9.2018 - TI – Transparency International (25.1.2017): Corruption Perceptions Index 2016, https://www.transparency.org/news/feature/corruption_perceptions_index_2016, Zugriff 24.9.2018 - TI – Transparency International (9.7.2018): Mongolia: Overview of Corruption and AntiCorruption, https://knowledgehub.transparency.org/helpdesk/mongolia-overview-of-corruptionand-anti-corruption, Zugriff 13.9.2018 - USDOS – U.S. Department of State (19.7.2018): Investment Climate Statements for 2018, https://www.state.gov/e/eb/rls/othr/ics/investmentclimatestatements/index.htm? year=2018&dlid=281519#wrapper, Zugriff 13.9.2018

Allgemeine Menschenrechtslage
Die schwerwiegendsten Menschenrechtsprobleme stellen die Misshandlung von Häftlingen, Korruption, Gewalt gegen LGBTI-Personen und harte Arbeitsbedingungen für Fremdarbeiter, insbesondere aus Nordkorea, dar. Maßnahmen der Regierung zur Bestrafung von Missbrauch oder Korruption im öffentlichen Dienst waren inkonsequent (USDOS 20.4.2018). Mit 17 der 18 internationalen Menschenrechtsverträge und deren Zusatzprotokolle hat die Mongolei mehr einschlägige Verträge ratifiziert als jedes andere asiatische Land, und um zwei Verträge mehr als Österreich (ÖB Peking 12.2017). Als neuntes Land in Asien hat die Mongolei im Jahr 2000 eine nationale Menschenrechtskommission eingerichtet. Nach den gesetzlichen Vorgaben besteht diese aus drei für sechs Jahre berufenen Mitgliedern, die vom Obersten Gerichtshof, dem Staatspräsidenten und dem Parlament nominiert werden. Vorsitzender des Gremiums ist ein bisheriger Richter am Obersten Gerichtshof. Die Befugnisse dieser Kommission beziehen sich v.a. auf die Ausarbeitung von Bildungs-, Rechtsverbreitungs- und Forschungsmaßnahmen, aber auch auf die Behandlung von Bürgerbeschwerden. Die Mongolei orientierte sich dabei eng an den Vorschlägen des UNHochkommissariats für Menschenrechte, welches die Anstrengungen der Mongolei auf diesem Gebiet als vorbildlich bezeichnet (ÖB Peking 12.2017).

Quellen: - ÖB Peking (12.2017): Asylländerbericht 2017 Mongolei - USDOS – U.S. Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 – Mongolia, https://www.ecoi.net/en/document/1430186.html, Zugriff 13.9.2018

Frauen

Die Verfassung bestimmt, dass keine Person ob ihrer Herkunft, Sprache, Abstammung, Alters, Geschlechts, sozialer Herkunft oder ihres Status diskriminiert werden darf und dass gemäß Art. 16 Abs. 11 VerfG Männer und Frauen in politischen, wirtschaftlichen, sozialen, kulturellen und familiären Angelegenheiten gleich behandelt werden müssen. Seit 2011 gibt es ein Gesetz zur Geschlechtergleichstellung (ÖB Peking 11.2017). Mongolische Frauen sind an sich emanzipiert, gebildet und nehmen aktiv am gesellschaftlichen und politischen Leben teil. Dennoch ist die mongolische Gesellschaft eine patriarchalische, in der der Mann das Familienoberhaupt ist, auch wenn die Zahl der allein von Frauen geführten Haushalte zunimmt (LIP 7.2018). Die Mongolei liegt in der Erreichung der genderspezifischen Millenniums-Entwicklungsziele (MDGs - Millennium Development Goals) stark zurück, v.a. die Versorgung im Bereich reproduktive Gesundheit ist schlecht (ÖB Peking 12.2017). Die Zahl der Teenagerschwangerschaften nimmt von Jahr zu Jahr zu. Hatten 2014 3.259 Frauen im Alter zwischen 15 und 19 Jahren ein Kind zur Welt gebracht, waren es 2016 3.829. Als Hauptursachen werden mangelnde Aufklärung und Unkenntnis über Verhütungsmöglichkeiten benannt (LIP 7.2018).

Das gesetzliche Pensionsantrittsalter für Frauen liegt mit 55 Jahren fünf Jahre unter jenem der Männer. Geschiedene Frauen stehen laut Familiengesetz Alimente zu. Es gibt keine Gesetzgebung gegen sexuelle Belästigung (ÖB Peking 12.2017). Gewalt gegen Frauen, insbesondere im Zusammenhang mit Alkoholmissbrauch, ist laut Berichten von NGOs im Zunehmen begriffen (ÖB Peking 12.2017). Häusliche Gewalt stellt ein schwerwiegendes und weit verbreitetes Problem dar, wobei das neue Strafgesetz, das 2017 in Kraft getreten ist, diese erstmals auch strafrechtlich unter Strafe stellt. Nun sind auch Gefängnisstrafen möglich. Häusliche Gewalttäter werden in einer Datenbank erfasst und beim zweiten Vergehen wird automatisch ein Verfahren nach dem Strafgesetz eingeleitet. Alternative Maßnahmen zum Schutz vor häuslicher Gewalt wie Wegweisungen oder einstweilige Verfügungen sind in der Praxis schwer durchzusetzen. Das National Center Against Violence (NCAV), einer lokalen NGO, die Kampagnen gegen häusliche Gewalt betreibt, berichtet, dass die Reaktion der Polizei auf Meldungen häuslicher Gewalt sich 2017 verbessert hätte, die Strafverfolgung jedoch weiterhin mangelhaft sei (USDOS 20.4.2018). UNFPA, der Bevölkerungsfonds der Vereinten Nationen, führt gemeinsam mit der mongolischen Polizei Projekte zum Kapazitätsaufbau im Bereich häusliche Gewalt und Gewalt gegen Frauen durch (ÖB Peking 12.2017). Gemäß NCAV gibt es landesweit 17 Notunterkünfte von NGOs und in lokalen Krankenhäusern, wo Opfer häuslicher Gewalt bis zu 72 Stunden Unterkunft bekommen können (USDOS 20.4.2018). Das einzige Frauenhaus des Landes in Ulan Bator wird von einer NGO geführt und erhält keinerlei öffentliche Unterstützung (ÖB 12.2017). Insbesondere im ländlichen Raum stellt die geringe Anzahl von Schutzeinrichtrungen für Schutzsuchende eine Herausforderung dar (USDOS 20.4.2018). Zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist kaum davon auszugehen, dass vor familiärer Gewalt flüchtende Frauen in der Mongolei Schutzmöglichkeiten zur Verfügung stehen (ÖB Peking 12.2017). Für alleinerziehende Mütter ist das Risiko, ein Leben in extremer Armut zu führen, generell sehr hoch (ÖB 12.2017). Die Mongolei ist ein Ursprungs- und Transitland für den illegalen Handel von Personen zur sexuellen Ausbeutung und Zwangsarbeit, sowie Kinderprostitution. China gehört zu den Hauptzielländern. Prostitution, insbesondere von Minderjährigen, ist weitverbreitet. Primär wurde in Richtung Westeuropa in den letzten Jahren vermehrt mit jungen Frauen gehandelt, die mit Arbeit oder Studien im Ausland gelockt wurden. In letzter Zeit gibt es verstärkt Berichte über gezielten Menschenhandel Richtung China, wobei Frauen als Ehefrauen verkauft werden oder Opfer von Organhändlerbanden werden. Mit dem zunehmenden Wohlstand werden auch vermehrt illegale Hausangestellte von den Philippinen in die Mongolei geschleust (ÖB Peking 12.2017). Die Mongolei erfüllt die Minimumstandards für die Eliminierung von Menschenhandel nur unzureichend, unternimmt in diesem Bereich jedoch große Bemühungen (USDOS 6.2018). Im Jänner 2012 wurde das erste Gesetz gegen den Menschenhandel verabschiedet, allerdings wird dessen mangelnde Umsetzung kritisiert (ÖB Peking 12.2017). Im Juli 2017 trat das neue Strafgesetz in Kraft. Die Artikel 12.3 und 13.1 stellen Menschenhandel zum Zwecke von Arbeit und Sex unter Strafe. Menschenhandel wird mit einem Strafmaß von zwei bis acht Jahren Haft – sind Kinder betroffen fünf bis zwölf Jahre – geahndet. 2017 wurden von den Behörden zwölf Menschenhandelsfälle ermittelt (2016: drei) und sieben Personen angeklagt (2016: 14) (USDOS 6.2018). Der Kampf gegen Menschenhandel wird durch Korruption und mangelnden Willen der Behörden jedoch erschwert (FH 2018; vgl. USDOS 6.2018).

Quellen: - FH - Freedom House (2018): Freedom in the world 2018, Mongolia, https://freedomhouse.org/report/freedom-world/2018/mongolia, Zugriff 13.9.2018 - LIP – LIPortal, Das Länderinformationsportal (7.2018): Mongolei, http://liportal.giz.de/mongolei/ gesellschaft/, Zugriff 17.9.2018 - ÖB Peking (12.2017): Asylländerbericht 2017 Mongolei - USDOS – U.S. Department of State (6.2018): Trafficking in Persons Report 2018, S 307ff, https://www.state.gov/documents/organization/282798.pdf, Zugriff 17.9.2018 - USDOS – U.S. Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 – Mongolia, https://www.ecoi.net/en/document/1430186.html, Zugriff 13.9.2018

Kinder

Kindesmissbrauch in Form häuslicher Gewalt und sexuellem Missbrauch ist ein bedeutendes Problem. Das neue Strafgesetz (2017) beinhaltet einen Abschnitt zu Verbrechen gegen Kinder, darunter erzwungenes Betteln, Vernachlässigung, Herbeiführen einer Abhängigkeit, Benutzen von Kindern für Straftaten oder Pornografie sowie der Handel und Missbrauch von Kindern. Die Regierungsbehörde Family, Child, and Youth Development Authority (FCYDA) berichtet, dass mit der verpflichtenden Meldung von Kindesmissbrauch, die im neuen Strafgesetz festgelegt ist, die gemeldete Zahl von Fällen häuslicher Gewalt gegen Kinder gestiegen ist (USDOS 20.4.2018). Einige Kinder sind als Folge armutsbedingter Vernachlässigung oder Misshandlungen durch ihre Eltern verwaist oder von zu Hause weggelaufen. Laut den Angaben der Polizei werden Kinder von misshandelnden Eltern in Schutzhäuser gebracht, einige Beobachter meinen allerdings, dass viele Jugendliche wieder zu ihren misshandelnden Eltern gebracht werden (USDOS 20.4.2018). Manche mongolische Kinder sind gezwungen zu betteln, zu stehlen, oder in informellen Wirtschaftssektoren wie als Jockeys bei Pferderennen, im Bergbau, der Vieh- und Weidewirtschaft, im Bauwesen oder als Müllsucher zu arbeiten. Andere Kinder sind auch dem Sexhandel ausgeliefert. Berichte der letzten Jahre legen nahe, dass Touristen aus Japan und Südkorea zum Zwecke sexueller Aktivitäten mit Kindern in die Mongolei reisen würden. Aufgrund der Fehlannahme vieler mongolischer Regierungsbeamter, dass nur Mädchen Opfer von Sexhandel sein können, werden die Artikel 13.1, 12.3, 113 oder 124 des mongolischen Strafgesetzes selten angewendet, um Missbrauchsfälle von Buben zu ahnden. Stattdessen werden Bestimmungen, die geringere Strafen vorsehen, angewandt (USDOS 6.2018). Sexuelle Ausbeutung von Minderjährigen, darunter Zwangsprostitution, ist problematisch. NGOs berichten, dass Kinderpornografie verbreitet ist. Die Polizei unternimmt Aktivitäten, um ihre Kapazitäten beim Kampf gegen Kinderpornografie zu verbessern, verfügt jedoch nicht über die notwendige technische Expertise. Der Strafrahmen für das Benutzen von Kindern für pornografische Zwecke wurde mit dem neuen Strafgesetzbuch auf acht Jahre Haft (vorher: fünf) erhöht (USDOS 20.4.2018).

Quellen: - USDOS – U.S. Department of State (6.2018): Trafficking in Persons Report 2018, S 307ff, https://www.state.gov/documents/organization/282798.pdf, Zugriff 17.9.2018 - USDOS – U.S. Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 – Mongolia, https://www.ecoi.net/en/document/1430186.html, Zugriff 13.9.2018

Bewegungsfreiheit

Mongolischen Staatsbürgern ist das Reisen innerhalb des Landes und auch ins Ausland gestattet (FH 2018). Bei Reisen in die Grenzregionen sind besondere Genehmigungen der Grenzorgane erforderlich (BMEIA 17.4.2018). Der Zuzug aus den Provinzen nach Ulaanbaatar ist seit Jänner 2017 untersagt. Eine Wohnsitznahme in der Hauptstadt ist nur mehr unter bestimmten Voraussetzungen möglich (u.A. medizinische Langzeitbehandlung oder Besitz von Wohneigentum) (GoGo 10.1.2017; vgl. Montsame 28.12.2017); diese Regelung wird vorläufig bis 1.1.2020 in Kraft bleiben (Montsame 28.12.2017). Mongolische Staatsangehörige dürfen ohne Genehmigung das Land verlassen, benötigen jedoch einen Reisepass. An den Grenzkontrollstellen findet eine genaue Überprüfung statt, wobei bei mongolischen Staatsangehörigen auch der Personalausweis als weitere Überprüfungsgrundlage herangezogen werden kann (ÖB Peking 12.2017). Einige hundert Personen, darunter auch ausländische Staatsbürger, sind in Folge laufender Ermittlungen oder Verfahren vom Staatsanwalt mit einem Ausreiseverbot belegt. Gemäß des neuen Strafgesetzes, welches im Juli 2017 in Kraft getreten ist, bedarf die Verhängung eines Ausreiseverbotes nun einer richterlichen Genehmigung, um Willkür zu vermeiden (FH 2018). Das Straßennetz in der Mongolei ist mangelhaft ausgebaut. Obwohl das Land äußerst dünn besiedelt ist, fehlen vielerorts Verkehrswege (GIZ 3.2016; vgl. BMEIA 17.4.2018).


Quellen: - BMEIA – Bundesministerium Europa, Integration und Äußeres (17.4.2018): Reiseinformation Mongolei, https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/mongolei/, Zugriff 18.9.2018

FH - Freedom House (2018): Freedom in the world 2018, Mongolia, https://freedomhouse.org/report/freedom-world/2018/mongolia, Zugriff 13.9.2018 - GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (3.2016): Neue Märkte – Neue Chancen | Ein Wegweiser für deutsche Unternehmer – Mongolei, https://www.giz.de/de/downloads/2016-de-neue-maerkte-neue-chancen-mongolei.pdf, Zugriff 17.9.2018 - GoGo Mongolia (10.1.2017): Migration to Ulaanbaatar city stops until 2018, http://mongolia.gogo.mn/r/156735, Zugriff 18.9.2018 - Montsame (21.12.2017): Migration from provinces to be halted until 2020, http://montsame.mn/ en/read/12912, Zugriff 18.9.2018 - ÖB Peking (12.2017): Asylländerbericht 2017 Mongolei

Grundversorgung

Die Mongolei entwickelt sich seit ihrer politischen Wende Anfang der 1990er-Jahre kontinuierlich von einem Agrar- zu einem Rohstoffexportland und die Umstellung der ehemaligen sozialistischen Planwirtschaft auf eine Marktwirtschaft ist inzwischen sehr weit vorangeschritten. Das Steuerrecht entspricht inzwischen internationalen Maßstäben. Seit 2003 ist auch privater Erwerb von Grund und Boden durch mongolische Staatsbürger möglich, nicht aber durch Ausländer (AA 3.2018b). Die mongolische Wirtschaft bleibt weiterhin stark vom Bergbau abhängig. Auch im Jahr 2017 war der Bergbausektor mit einem Anteil von rund 23% des Bruttoinlandsprodukts die treibende Kraft, obwohl dieser mit einem Minus von 9% gegenüber dem Vorjahr kein Wachstum zu verzeichnen hatte (ÖB Peking 12.2017). Die Mongolei verfügt über einige der weltweit größten Kupfer-, Kohle- und Goldvorkommen sowie von Zink, Uran, Erdöl, seltenen Metallen und Erden, was die Entwicklung von einem Agrar- zu einem Rohstoffexportland förderte (AA 3.2018b). Das Wachstum der mongolischen Wirtschaft entwickelt sich solide. Nachdem 2015 die niedrigen Rohstoffpreise und die sinkende Nachfrage des größten Handelspartners China zu rückläufigen Exporten führten, erholten sich 2017 die Weltrohstoffpreise und die ausländischen Direktinvestitionen in die Mongolei. Außerdem stieg der private Konsum wieder an, was 2017 zusammen mit Investitionen zu einem deutlich stärkeren Wirtschaftswachstum führte. Nach dem schwachen Jahr 2016 mit einem Wachstum von lediglich 1,2%, betrug dieses 2017 5,1%. 2016 drohte der Mongolei beinahe der Staatsbankrott. Durch Beistandskredite des Internationalen Währungsfonds (IWF), der Weltbank, der Asiatischen Entwicklungsbank (ADB), Japans und Südkoreas für die nächsten drei Jahre konnte eine weitere Verschlechterung der Situation aber verhindert werden (ÖB Peking 12.2017). Die Staatsverschuldung ist massiv angestiegen. Lag sie 2011 noch bei rund 32% im Verhältnis zum BIP, ist sie bis September 2016 auf 90% gestiegen und hat sich Stand November 2017 auf 73,8 % des BIP verringert. Seit Mitte 2013 hat sich der Kurs der mongolischen Landeswährung gegenüber US-Dollar und Euro erheblich verschlechtert (AA 3.2018b). Die Inflationsrate wurde 2016 auf 0,6 % und 2017 auf 4,6 % geschätzt (CIA 28.8.2018). Die Arbeitslosenrate lag 2017 bei 8 %, war jedoch erheblich höher unter Jugendlichen (fast 20 %). Der Mindestlohn liegt bei umgerechnet 90 USD im Monat. Es gibt eine gesetzliche 40Stundenwoche, jedoch arbeiten geschätzte 60 % der mongolischen Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen in der Schattenwirtschaft (v.a. Landwirtschaft, Bergbau). Die Regierung gewährt aber auch diesen ArbeitnehmerInnen Zugang zu grundlegenden Sozial- und Gesundheitsleistungen

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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