TE Vfgh Erkenntnis 2020/10/6 WIII2/2019

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Veröffentlicht am 06.10.2020
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Index

L0060 Volksabstimmung, Volksbefragung, Volksbegehren

Norm

B-VG Art141 Abs1 lith

Leitsatz

Stattgabe der Anfechtung der Volksabstimmung in der Gemeinde Ludesch

Spruch

I. Der Anfechtung wird stattgegeben. Das Verfahren zur Volksabstimmung betreffend "Widmung von Flächen im Neugut" in der Gemeinde Ludesch vom 10. November 2019 wird zur Gänze aufgehoben.

II. Kosten werden nicht zugesprochen.

Begründung

Entscheidungsgründe

I. Sachverhalt, Anfechtung und amtswegiges Gesetzes- und Verordnungsprüfungsverfahren

1. Am 23. April 2019 wurde in der Gemeinde Ludesch gemäß §58 Vbg Landes-Volksabstimmungsgesetz von Stimmberechtigten die Durchführung einer Volksabstimmung über die "Widmung von Flächen im Neugut" beantragt. Dieser Antrag wurde mit Bescheid der Gemeindewahlbehörde der Gemeinde Ludesch vom 17. Mai 2019 gemäß §60 Abs1 leg.cit. für zulässig erklärt. Nach Einbringung von Unterstützungserklärungen durch die Antragsteller wurde mit Bescheid der Gemeindewahlbehörde vom 20. August 2019 gemäß §62 leg.cit. die Durchführung der beantragten Volksabstimmung beschlossen. Mit der am 26. August 2019 an der Amtstafel der Gemeinde kundgemachten "Verordnung des Bürgermeisters über die Anordnung der Volksabstimmung 'Widmung von Flächen im Neugut'" wurde die beantragte Volksabstimmung für den 10. November 2019 angeordnet. Nach Durchführung der Volksabstimmung wurde deren Ergebnis durch die Wahlbehörde am 10. November 2019 an der Amtstafel der Gemeinde kundgemacht. Das Ergebnis lautete demnach wie folgt: Von den 1.745 gültigen Stimmen entfielen 982 auf "JA" und 763 auf "NEIN".

2. Mit der vorliegenden, auf Art141 Abs1 lith B-VG gestützten Anfechtung des Ergebnisses der Volksabstimmung begehren 15 Stimmberechtigte, die Volksabstimmung aufzuheben und das Volksabstimmungsverfahren sowie das Ergebnis der Volksabstimmung für nichtig zu erklären.

3. Aus Anlass dieser Anfechtung leitete der Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom 27. Februar 2020 von Amts wegen ein Verfahren gemäß Art140 B-VG zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit (bestimmter Wortfolgen) des Art76 Vbg Landesverfassung (im Folgenden: LV), des §22 Abs1 Vbg Gemeindegesetz (im Folgenden: GG) und der §§58 bis 63, §64 Abs1 litc und §69 Abs3 Vbg Landes-Volksabstimmungsgesetz (im Folgenden: LVAG) sowie gemäß Art139 B-VG zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit der vorläufig als Verordnung des Bürgermeisters der Gemeinde Ludesch qualifizierten Kundmachung vom 26. August 2019 über die Anordnung der Volksabstimmung "Widmung von Flächen im Neugut". Mit dem in diesem Gesetzes- und Verordnungsprüfungsverfahren ergangenen Erkenntnis vom 6. Oktober 2020, G166/2020 ua, stellte der Verfassungsgerichtshof die Zulässigkeit der Anfechtung fest und sprach aus, dass die Wortfolge "oder es mindestens von einer Zahl an Stimmberechtigten der Gemeinde (§20) verlangt wird, die wie folgt zu ermitteln ist: a) für die ersten bis zu 1.500 Stimmberechtigten: 20 % davon; zuzüglich b) für die nächsten bis zu 1.500 Stimmberechtigten: 15 % davon; zuzüglich c) für die darüber hinausgehende Zahl von Stimmberechtigten: 10 % davon" in §22 Abs1 GG sowie §§58 bis 63 und §64 Abs1 litc LVAG wegen Verfassungswidrigkeit und die Verordnung des Bürgermeisters der Gemeinde Ludesch vom 26. August 2019 über die Anordnung der Volksabstimmung "Widmung von Flächen im Neugut" wegen Gesetzwidrigkeit aufgehoben werden.

II. Erwägungen

1. Die vorliegende Anfechtung des Ergebnisses der Volksabstimmung in der Gemeinde Ludesch vom 10. November 2019 ist zulässig (s Punkt II.1.1. des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes vom 6. Oktober 2020, G166/2020 ua).

2. Der Anfechtung ist Folge zu geben:

Schon im Hinblick auf die mit dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 6. Oktober 2020, G166/2020 ua, erfolgte Aufhebung jener Bestimmungen, welche die Grundlage für die angefochtene Volksabstimmung bildeten, ist die Rechtswidrigkeit des Verfahrens zu dieser Volksabstimmung offenkundig (vgl zB VfSlg  19.651/2012 und VfGH 13.9.2013, WIII1/2013). Das Verfahren ist daher zur Gänze aufzuheben. Bei diesem Ergebnis erübrigt sich ein Eingehen auf das weitere Anfechtungsvorbringen.

III. Ergebnis

1. Der Anfechtung wird stattgegeben. Das Verfahren zur Volksabstimmung betreffend "Widmung von Flächen im Neugut" in der Gemeinde Ludesch vom 10. November 2019 wird zur Gänze aufgehoben.

2. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

3. Kosten sind nicht zuzusprechen, weil ein Kostenersatz im Verfahren nach Art141 B-VG nur in §71a Abs5 VfGG vorgesehen ist (vgl §27 erster Satz VfGG), dessen Anwendung im vorliegenden Fall nicht in Betracht kommt (VfSlg 15.357/1998, 15.942/2000, 16.147/2001, 16.311/2001, 17.329/2004).

Schlagworte

VfGH / Anlassverfahren, Volksabstimmung, VfGH / Anlassfall

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2020:WIII2.2019

Zuletzt aktualisiert am

09.11.2020
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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