TE Vwgh Erkenntnis 1997/10/7 97/11/0143

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 07.10.1997
beobachten
merken

Index

24/01 Strafgesetzbuch;
90/02 Kraftfahrgesetz;

Norm

KFG 1967 §66 Abs1;
KFG 1967 §66 Abs2 litb;
StGB §207 Abs1;
StGB §212 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, über die Beschwerde des Dipl.Ing. D in S, vertreten durch Dr. Hans-Jörg Haftner, Rechtsanwalt in St. Pölten, Herrengasse 4, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 22. April 1997, Zl. MA 65-8/114/97, betreffend Entziehung der Lenkerberechtigung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.920,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 73 Abs. 1 KFG 1967 die Lenkerberechtigung für Kraftfahrzeuge der Gruppen A, B, C, E, F und G entzogen und gemäß § 73 Abs. 2 KFG 1967 ausgesprochen, daß dem Beschwerdeführer nicht vor dem 19. Februar 1999, unter Nichteinrechnung von Haftzeiten, eine neue Lenkerberechtigung erteilt werden darf.

In seiner an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend und beantragt dessen kostenpflichtige Aufhebung. Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Grund der bekämpften Entziehungsmaßnahme war, daß der Beschwerdeführer mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes Korneuburg vom 14. Februar 1996 wegen des Verbrechens nach § 207 Abs. 1 StGB (Unzucht mit Unmündigen) und des Vergehens nach § 212 Abs. 1 StGB (Mißbrauch eines Autoritätsverhältnisses) zu einer teilweise unbedingten Freiheitsstrafe verurteilt worden war. Daraus sei das Vorliegen einer bestimmten Tatsache nach § 66 Abs. 2 lit. c (richtig: b) KFG 1967 abzuleiten. Die Wertung dieser bestimmten Tatsache führe im Hinblick auf die Verwerflichkeit der strafbaren Handlungen, die auf eine aggressive und sich über alle sittlichen Wertvorstellungen hinwegsetzende Sinnesart des Beschwerdeführers schließen ließen, zur Annahme der Verkehrsunzuverlässigkeit des Beschwerdeführers und dazu, daß nicht vor dem im Spruch genannten Zeitpunkt mit der Wiederherstellung der Verkehrszuverlässigkeit des Beschwerdeführers gerechnet werden könne.

Der Beschwerdeführer ist zunächst darauf hinzuweisen, daß sein Vorbringen betreffend sein Verhalten im Straßenverkehr im gegenständlichen Zusammenhang insofern verfehlt ist, als er nicht wegen Gefährdung der Verkehrssicherheit als verkehrsunzuverlässig beurteilt wurde, sondern weil er strafbare Handlungen begangen hat, deren Begehung durch die Verwendung von Kraftfahrzeugen erleichtert wird (§ 66 Abs. 1 lit. b KFG 1967). Daß dies auf die im § 66 Abs. 2 lit. b KFG 1967 aufgezählten Sittlichkeitsdelikte zutrifft, auch wenn im konkreten Fall kein Kraftfahrzeug verwendet wurde, entspricht der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das Erkenntnis vom 16. Mai 1989, Zl. 89/11/0059).

Der Beschwerdeführer verweist aber darauf, daß die strafbaren Handlungen "im Winter 1991/Frühjahr 1992" begangen worden seien. Die Wertungskriterien der seit der Tat verstrichenen Zeit und des Verhaltens während dieser seien - vor allem auch in Ansehung der Bemessung der Zeit nach § 73 Abs. 2 KFG 1967 - nicht ausreichend berücksichtigt worden.

Damit ist der Beschwerdeführer im Recht. Hinsichtlich der im gegenständlichen Zusammenhang relevanten Fakten enthält die Begründung des angefochtenen Bescheides keine Feststellungen. Auf die Umstände der Begehung der strafbaren Handlungen wird darin nicht eingegangen; soweit auf eine aggressive Sinnesart des Beschwerdeführers geschlossen wird, fehlen ebenso jegliche Feststellungen. Dasselbe gilt für den Umstand, daß nach Behauptung des Beschwerdeführers zwischen dem Tatzeitpunkt und der Einleitung des Strafverfahrens drei Jahre gelegen sein sollen, während derer er sich wohlverhalten habe.

Auch dem vorgelegten Verwaltungsakt können keine diesbezüglichen Feststellungen entnommen werden.

Ein derartiges näheres Eingehen auf die im Lichte der Wertungskriterien des § 66 Abs. 3 KFG 1967 relevanten Umstände wäre schon deswegen notwendig gewesen, weil die Behörde immerhin zur Annahme gelangt ist, der Beschwerdeführer sei über sieben Jahre lang als verkehrsunzuverlässig anzusehen. Für eine derart schwerwiegende Annahme fehlt es nach den in der Begründung des angefochtenen Bescheides getroffenen Feststellungen an den erforderlichen Anhaltspunkten.

Der angefochtene Bescheid war aus den angeführten Gründen gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1997110143.X00

Im RIS seit

19.03.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten