TE Bvwg Erkenntnis 2020/7/29 I422 2227488-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 29.07.2020
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Entscheidungsdatum

29.07.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §58 Abs1
AsylG 2005 §58 Abs2
AsylG 2005 §58 Abs3
AsylG 2005 §8 Abs1 Z1
AsylG 2005 §8 Abs2
AsylG 2005 §8 Abs3
AVG §69 Abs1 Z1
AVG §69 Abs3
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art2
EMRK Art3
EMRK Art8
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs2
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I422 2227488-1/10E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Thomas BURGSCHWAIGER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Kamerun, vertreten durch den Verein Legal Focus, Lazarettgasse 28/3, 1090 Wien gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 17.12.2019, Zl. 1109722610-170208385, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 15.06.2020 zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer reiste unter Umgehung der Grenzkontrollen in das Bundesgebiet ein und stellte erstmalig am 29.03.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz, den er im Wesentlichen mit seiner „Homosexualität“ begründete.

Nachdem dem Beschwerdeführer von den italienischen Behörden ein Schengen-Visum des Typ C für den Gültigkeitszeitraum vom 03.02.2016 bis 19.03.2016 ausgestellt wurde, wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: belangte Behörde) den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz mit Bescheid vom 01.07.2016, Zl. 1109722610/160445363 als unzulässig zurück und sprach die Zuständigkeit Italiens für die Antragsprüfung aus. Des Weiteren erklärte sie die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Italien als zulässig. Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 29.07.2016, GZ: W233 2130489-1/3E als unbegründet ab.

Am 16.02.2017 stellte der Beschwerdeführer den gegenständlichen Folgeantrag. Wegen seines unbekannten Aufenthaltes von 26.04.2017 bis 19.07.2018 war das Verfahren eingestellt.

Nach Wiederaufnahme des Verfahrens und niederschriftlicher Einvernahme des Beschwerdeführers am 24.09.2018 gab die belangte Behörde dem Folgeantrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz mit Bescheid vom 03.01.2019, Zl. 1109722610-170208385 statt und erkannte sie ihm den Status des Asylberechtigten zu.

Am 02.04.2019 brachte der Beschwerdeführer im Rahmen eines Familiennachzuges für seine Ehefrau sowie für seine vier Kinder bei der Österreichischen Botschaft Abuja Einreiseanträge gemäß § 35 AsylG ein.

Mit Schreiben vom 08.04.2019 regte die Österreichische Botschaft Abuja die Wiederaufnahme des Asylverfahrens des Beschwerdeführers an. Grund dafür sei, dass die Ehefrau des Beschwerdeführers zwecks Abgabe des vorgesehenen Befragungsformulars bei der Österreichischen Botschaft Abuja vorstellig geworden sei. Sie habe dabei unter anderem berichtet, dass nicht der Vorwurf der Homosexualität für die Ausreise des Beschwerdeführers ausschlaggebend gewesen sei, sondern dessen Probleme wegen eines ihm nachgewiesenen Diebstahls.

Mit dem gegenständlich angefochtenen Bescheid vom 17.12.2019, Zl. 1109722610-170208385, nahm die belangte Behörde das mit rechtskräftigem Bescheid vom 03.01.2019 abgeschlossene Verfahren gemäß § 69 Abs. 1 Z 1 AVG wieder auf (Spruchpunkt I.) und wies sie den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt II.) sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Heimatstaat Kamerun (Spruchpunkt III.) ab. Des Weiteren erteilte sie dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt IV.), erließ gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt V.) und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Kamerun zulässig ist (Spruchpunkt VI.). Des Weiteren setzte die belangte Behörde eine Frist für die freiwillige Ausreise von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest (Spruchpunkt VII.).

Gegen diesen Bescheid richtete sich die fristgerecht erhobene Beschwerde vom 13.01.2020. Begründend führte der Beschwerdeführer im Wesentlichen aus, dass er aufgrund seiner „Bisexualität“ ein anerkannter Flüchtling im Sinne der GFK sei. Seine Ehefrau und die gemeinsamen Kinder würden an ihm hängen und sei es „logisch“, dass sie sich eine Wiedervereinigung wünschen würden, was für das Wohl der Kinder zudem ungemein wichtig wäre. Deshalb habe er zeitnah einen Antrag auf Familiennachzug gestellt. Zudem seien die festgestellten Widersprüche leicht aufzudecken. So sei es auch „logisch“, dass die Ehefrau die Ereignisse rund um den Beschwerdeführer anders wahrgenommen habe. Zudem habe sie bei der Botschaft nicht vor den Kindern über die „Bisexualität“ des Beschwerdeführers sprechen wollen. Ebenso habe es sprachliche Probleme bei der Einvernahme seiner Ehefrau, durch die Österreichische Botschaft Abuja gegeben, da ihre Muttersprache Französisch sei. Auch werde die Einvernahme durch die Österreichische Botschaft in Abuja kritisiert. Einerseits stelle sich generell die Frage, auf welcher rechtlichen Grundlage Österreichische Botschaften oder andere Stellen des Außenministeriums Befragungen zu Asylgründen stützen. Andererseits liege es der Österreichischen Botschaft in Abuja offensichtlich daran, dem Beschwerdeführer und seiner Familie zu schaden und „massive Probleme zu züchten“. Angezweifelt werde auch, ob es überhaupt ein Protokoll der Befragung der Ehefrau des Beschwerdeführers gebe, zumal es die Österreichische Botschaft bislang vermeide, dieses herauszugeben. Des Weiteren verwies der Beschwerdeführer auch auf seinen angeschlagenen Gesundheitszustand. Seine psychische Belastung mache es erforderlich, hinsichtlich seiner Glaubwürdigkeit einen besonderen, angepassten Maßstab anzulegen.

Am 15.06.2020 fand in Anwesenheit des Beschwerdeführers und seiner Rechtsvertretung eine mündliche Verhandlung durch das Bundesverwaltungsgericht statt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der volljährige Beschwerdeführer ist kamerunischer Staatsangehöriger und Angehöriger der Volksgruppe der Mbamileke. Er bekennt sich zum christlichen Glauben. Seine Identität steht fest.

Der Beschwerdeführer leidet an Bluthochdruck (arterieller Hypertonie), einer Überschreitung der physiologischen intraventrikulären Erregungsdauer des Herzens (QT-Zeit Verlängerung), anhaltendem Drehschwindel (neuritis vestibularis), Fehlsichtigkeit an beiden Augen (unterschiedlicher Astigmatismus rechts und links) sowie an chronischen Spannungskopfschmerzen. Hinsichtlich seiner Leiden unterzieht sich der Beschwerdeführer in Österreich einer medizinischen Betreuung. Hinsichtlich seiner gesundheitlichen Leiden wurden ihm die Einnahme folgender Medikation empfohlen: Amlodibene 5mg (morgens), Novalgin 20 ggt (bei Bedarf) und Gewacalm 5 mg (1 Tablette zur Nacht für 10 Tage). Abgesehen von einer (zeitlich befristeten) Schonung wurde der Beschwerdeführer ergänzend um eine regelmäßige Kontrolle seines Blutdrucks mit Blutdruckprotokoll und Optimierung der antihypertensiven Therapie durch den Hausarzt und eine internistisch-kardiologische Vorstellung beim Hausarzt sowie ein regelmäßiges Ausdauertraining mit reichlich Flüssigkeit empfohlen. Im Falle des Anhaltens seiner Kopfschmerzen wurden dem Beschwerdeführer die Durchführung von Entspannungstechniken wie progressive Muskelrelaxation nach Jacobson angeraten. Eine medizinische Behandlung der gesundheitlichen Leiden des Beschwerdeführers ist im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers möglich. Somit leidet der Beschwerdeführer an keinen derartigen psychischen oder physischen Beeinträchtigungen, die einer Rückkehr in seinen Heimatstaat entgegenstehen. Der Beschwerdeführer ist erwerbsfähig.

Der Beschwerdeführer reiste erstmals (spätestens) im März 2016 unter Umgehung der Grenzkontrollen in das Bundesgebiet ein, er war jedoch während seines Aufenthaltes in Österreich nicht durchgehend aufrecht gemeldet. So war er von 30.03.2016 bis 26.08.2016 melderechtlich erfasst und weist er ab 17.07.2018 einen durchgehenden Hauptwohnsitz bzw. im Zeitraum vom 18.04.2019 bis 23.05.2019 eine Obdachlosenmeldung auf.

Der Beschwerdeführer wurde in Yaoundé geboren. Er verfügt über eine mehrjährige Schulbildung in Kamerun und absolvierte ein Universitätsstudium im Fachbereich elektrische Gebäudetechnik. Anschließend sammelte der Beschwerdeführer zwölf Jahre Berufserfahrung als Leiter der Elektrotechnik in einem kamerunischen Unternehmen. Im Falle einer Rückkehr hat der Beschwerdeführer sohin eine Chance am kamerunischen Arbeitsmarkt unterzukommen. Bis zu seiner Ausreise lebte der Beschwerdeführer im Haus seines Vaters in Yaoundé. Der Beschwerdeführer ist verheiratet und hat aus der Beziehung zu seiner Ehefrau vier Kinder. Diese sind mit der Kindesmutter in Kamerun aufhältig und steht der Beschwerdeführer mit ihnen in aufrechtem Kontakt. Die weitere Familie des Beschwerdeführers, unter anderem bestehend aus seinen zwei Schwestern, seinem Onkel und zahlreichen Halbbrüdern, lebt nach wie vor im Herkunftsstaat.

In Österreich verfügt der Beschwerdeführer über keine familiären Beziehungen.

Der Beschwerdeführer spricht auf einfachem Niveau Deutsch und besuchte im Jahr 2019 einen Kurs zur Deutschqualifizierung und einen Deutschkurs für gewerblich-technische Berufe inklusive Hubstapler. Er absolvierte im Februar 2017 ein zweitägiges Seminar mit dem Titel „Einführung in die Arbeit mit dem Medium Radio“. Der Beschwerdeführer ist Mitglied in einem Karateklub und besucht regelmäßig Gottesdienste und Treffen einer französisch sprechenden Gruppe seiner Kirchengemeinde.

Seit 17.02.2020 ist der Beschwerdeführer als Arbeiter beim Unternehmen F [...] beschäftigt und er betätigt sich zudem seit 20.03.2020 auf Werkvertragsbasis als Medienzusteller.

Der Beschwerdeführer ist strafgerichtlich unbescholten.

1.2. Zu den Fluchtmotiven des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer ist weder homo- noch bisexuell. Er hat seinen Herkunftsstaat Kamerun nicht aufgrund der von ihm behaupteten Homo- bzw. Bisexualität verlassen. Er wird in Kamerun weder aufgrund seiner Rasse, Religion, Nationalität, noch wegen seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung verfolgt.

Der Beschwerdeführer wird daher im Fall seiner Rückkehr nach Kamerun mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner derartigen Verfolgung oder sonstigen existentiellen Bedrohung ausgesetzt sein.

1.3. Zu den Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat:

Zur aktuellen Situation in Kamerun werden in Hinblick auf das Vorbringen des Beschwerdeführers auf Basis des aktuellen Länderinformationsblattes folgende Feststellungen getroffen:

Zur Situation von homo-, bi- und transsexuellen Menschen:

Diskriminierung aufgrund von Rasse, Sprache, Geschlecht oder sozialem Status ist durch die Verfassung verboten. Die freie sexuelle Orientierung ist jedoch nicht in der Verfassung verankert und wird nicht als Menschenrecht anerkannt. Homosexuelle Handlungen stehen auch im neuen Strafgesetzbuch (2016) unter Strafandrohung (AA 15.1.2019), und zwar gemäß Artikel 347a des Strafgesetzbuches. Dieser sieht für homosexuelle Handlungen Gefängnisstrafen von sechs Monaten bis zu fünf Jahren sowie Geldstrafen zwischen 30 und 300 Euro vor. Wohl auf Weisung von höchster Regierungsebene ist 2014 die strafrechtliche Verfolgung homosexueller Delikte nahezu eingestellt worden, wenn auch die Diskriminierung auf verschiedenen staatlichen Ebenen anhält. Festnahmen und Verurteilungen aufgrund homosexueller Handlungen sind zwar selten, kommen jedoch vor. Rechtsorganisationen sexueller Minderheiten berichteten von mehreren Verhaftungen. Außerdem erhielten Angehörige sexueller Minderheiten anonyme Drohungen per Telefon, SMS und E-Mail. Die Behörden untersuchen Vorwürfe von Belästigung nicht. Zur Festnahme kommt es meist aufgrund von Denunziationen oder übler Nachrede.

Die Diskriminierung von Angehörigen sexueller Minderheiten ist weit verbreitet, und Gewalt ist keine Seltenheit. Der menschenrechtswidrige Umgang mit Angehörigen sexueller Minderheiten ist weiterhin ein Problem. Es kommt zu sozialer Ächtung oder gar zu Lynchjustiz. Gewalt oder Gewaltdrohungen gegen Angehörige sexueller Minderheiten kommen vor.

Die Organisation ADEFHO (Association pour la Défense des Droits des Homosexuel(le)s) setzt sich für die Rechte sexueller Minderheiten in Kamerun ein. Der Zusammenschluss verschiedener Organisationen in der Plattform „Unity“ hat in seinem Bericht über die Lage sexueller Minderheiten in Kamerun Mitte 2018 für die ersten sechs Monate 2018 13 Menschenrechtsverletzungen dokumentiert. Häufig werden fingierte Gründe, wie z.B. Beleidigung oder Körperverletzung, für eine Strafverfolgung herangezogen. Sowohl Amnesty International als auch Human Rights Watch weisen in zahlreichen Berichten auf die oftmals prekäre Lage für sexuelle Minderheiten hin. Homosexuelle erfahren demnach Festnahmen, strafrechtliche Verfolgungen und Verurteilungen aufgrund ihrer sexuellen Identität. Verurteilungen stehen oft in Verbindung mit anderen Straftaten.

Aufgrund der Rechtslage sind Homosexuelle gezwungen, ihre Beziehungen zu verbergen. In der öffentlichen Wahrnehmung wird Homosexualität in Zusammenhang mit Gewaltverbrechen und Drogenmissbrauch gebracht, geächtet und verurteilt. Fast alle gesellschaftlichen Gruppen - auch zahlreiche Kirchen - setzen sich für ein strikteres staatliches Vorgehen gegen Homosexuelle ein.

Zur medizinischen Versorgung:

Die medizinische Versorgung ist in Yaoundé und Douala im Vergleich zum Landesinneren besser, entspricht jedoch bei weitem nicht dem europäischen Standard. In den Krankenhäusern kommt es immer wieder zu Engpässen bei der Versorgung mit Medikamenten, Verbands- und anderem medizinischen Verbrauchsmaterialien, die generell vom Patienten selbst beschafft werden müssen. Bei Aufnahme in ein Krankenhaus wird ausnahmslos Barzahlung im Voraus verlangt. In den Städten gibt es Krankenhäuser und andere medizinische Einrichtungen, in denen überlebensnotwendige Maßnahmen durchgeführt werden können. Die Behandlung chronischer Krankheiten, insbesondere in den Bereichen Innere Medizin und Psychiatrie, wird in den öffentlichen Krankenhäusern der größeren Städte vorgenommen.

Laut der kamerunischen Apothekervereinigung DPML (Direction de la Pharmacie du Medicament et des Laboratoires - https://dpml.cm/images/docs/Repertoire/LNME/LNME%20Cameroun%202017.pdf bzw. https://dpml.cm/repertoireDesAmm/index.php) sind die gängigsten Medikamente bzw. Wirkstoffe wie im gegenständlichen Fall beispielsweise die Wirkstoffe Amlodipin (Nr. 264), Diazepam (Nr. 1), Metamizol-Natrium-Monohydrat [Novalgin] (Nr. 28) oder Sertralin in Kamerun erhältlich.

COVID-19 in Kamerun:

Wie sich aus den Informationen der WHO und des kamerunischen Gesundheitsministeriums (https://www.minsante.cm/site/?q=en) ergibt, setzt Kamerun einerseits ebenfalls auf eine strenge Eingrenzung des öffentlichen Lebens und andererseits auf die Eigenverantwortung der Bevölkerung im Kampf um die Eindämmung der Pandemie. So erfolgte die Einrichtung spezialisierter COVID-19-Behandlungszentren in allen regionalen Hauptstädten; die Intensivierung der Screening-Kampagne in Zusammenarbeit mit dem Center Pasteur und die Intensivierung der Sensibilisierungskampagne in städtischen und ländlichen Gebieten in beiden Amtssprachen; (https://www.minsante.cm/site/?q=en/epid-mie-de-coronavirus-covid---19). Mit Stand 11.06.2020 gab es in Kamerun insgesamt 8.681 positiv auf COVID-19 Fälle getestete Personen von denen 251 Personen verstarben nachweislich an COVID-19 (https://www.who.int/docs/default-source/coronaviruse/situation-reports/20200611-covid-19-sitrep-143.pdf?sfvrsn=2adbe568_4).

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zum Sachverhalt:

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben des Beschwerdeführers vor dieser und den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes, der Stellungnahmen der Österreichischen Botschaft Abuja vom 08.04.2019, der Stellungnahme des Roten Kreuzes vom 25.09.2019, des bekämpften Bescheides, des Beschwerdeschriftsatzes und der ergänzend eingeholten Stellungnahme der Österreichischen Botschaft Abuja vom 15.05.2020 sowie in das aktuelle "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation" zu Kamerun. Am 15.06.2020 erfolgte zudem in Anwesenheit des Beschwerdeführers und seiner Rechtsvertretung eine mündliche Verhandlung. Einsicht genommen wurde außerdem in den vorliegenden Gerichtsakt und wurden Auskünfte aus dem Strafregister der Republik Österreich, dem Zentralen Melderegister (ZMR), dem Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister (IZR), dem Auszug des Dachverbandes der österreichischen Sozialversicherungen (SVA) und dem Betreuungsinformationssystem der Grundversorgung (GVS) ergänzend eingeholt.

2.2. Zur Person des Beschwerdeführers:

Die Feststellungen zu seinen Lebensumständen, seiner Staatsangehörigkeit und seiner Volkszugehörigkeit gründen sich auf die diesbezüglichen glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers vor der belangten Behörde. Die belangte Behörde hat diese Feststellungen korrekt und nachvollziehbar gewürdigt. Aus dem Beschwerdevorbringen sind keine Zweifel an der Richtigkeit dieser Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers aufgekommen.

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer Anhänger der christlichen Glaubensgemeinschaft ist, ergibt sich aus der Zusammenschau seiner Ausführungen im Verwaltungsverfahren.

Die Identität des Beschwerdeführers steht aufgrund des von ihm vorgelegten Personalausweises fest.

Die Feststellungen zum derzeitigen gesundheitlichen Zustand des Beschwerdeführers und seiner medizinischen Betreuung ergeben sich zunächst aus den Angaben des Beschwerdeführers vor der belangten Behörde und im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 15.06.2020. Belegt sind seine gesundheitlichen Beeinträchtigungen zudem aus dem sich im Verwaltungsakt befindlichen Arztbrief der Salzkammergut-Kliniken vom 17.08.2016, Schreiben der Neurologischen Ambulanz des Krankenhauses der Barmherzigen Brüder Wien vom 10.09.2018, Neurologischer Befundbericht vom 06.09.2019 und Entlassungsbrief der Universitätsklinik für Neurologie Innsbruck vom 10.09.2019 sowie einer im Rahmen der mündlichen Verhandlung vorgelegten Verordnung der TGKK zum Erhalt einer Fernbrille, datierend vom 27.12.2019. Aktueller medizinische Unterlagen brachte der Beschwerdeführer nicht in Vorlage. Dass erkennende Gericht übersieht nicht, dass dem Beschwerdeführer in den älteren medizinischen Unterlagen aus dem Jahr 2016 bzw. 2018 eine posttraumatische Belastungsstörung, ein Hexenschuss (Lumbago) und ein Zustand nach einer Sprunggelenks OP links (aus dem Jahr 2012) attestiert wurde. Hinsichtlich seines Hexenschusses und seines Sprunggelenks ergaben sich im Rahmen der Verhandlung augenscheinlich keine Probleme und wurde derartiges vom Beschwerdeführer auch nicht vorgebracht. Hinsichtlich seiner posttraumatischen Belastungsstörung ist auszuführen, dass die behandelnden Ärzte laut Arztbrief vom 17.08.2018 davon ausgehen, dass der Beschwerdeführer die von ihnen verschriebene Medikation nicht regelmäßig eingenommen habe dürfte, nichtsdestotrotz wurde nach Adaptierung der Medikation eine Verbesserung seines Schlafzustandes und seiner Stimmung festgestellt und wurde sein psychischer Zustand als stabil erachtet [AS 137]. Bei dem von ihm in der Verhandlung vorgelegten Medikamente (Paracetamol, Novalgin und Seractil forte) handelt es sich um schmerzlindernde, fiebersenkende und entzündungshemmende Medikamente. Aus ihnen kann ebenfalls kein Rückschluss auf eine aktuelle psychische Beeinträchtigung des Beschwerdeführers geschlossen werden. Nachdem dahingehend keinerlei Befunde vorgelegt wurden und er in seinem Verhandlungsvorbringen lediglich unsubstantiiert vorbringt „traumatisiert“ zu sein bzw. an „Schlafstörungen“ zu leiden, sind seine dahingehenden psychischen Beeinträchtigungen als relativiert zu betrachten. Das erkennende Gericht lässt nicht außer Acht, dass der Beschwerdeführer im Beschwerdeschriftsatz die Beibringung aktueller medizinischer Befunde ankündigte und er dahingehend im Zuge der Ladung zur mündlichen Verhandlung nochmals durch das erkennende Gericht erinnert bzw. aufgefordert wurde. Somit kann in Ermangelung anderslautender medizinischer Unterlagen seinem Beschwerdeeinwand einer körperlich und psychisch schlechter werdenden Verfassung nicht gefolgt werden. Dass die gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Beschwerdeführers in seinem Herkunftsstaat behandelbar sind und sie seiner Rückkehr nicht entgegenstehen, ergibt sich aus folgenden Überlegungen: Auch wenn das kamerunische Gesundheitssystem laut den Länderberichten nicht mit dem europäischen Standard vergleichbar ist und ein starker Stadt-Land- bzw. Nord-Süd-Unterschied vorherrscht, werden chronische Krankheiten und auch jene der inneren Medizin in den öffentlichen Krankenhäusern der größeren Städte vorgenommen. Die Angaben der Länderberichte über die Behandlungsmöglichkeiten durch Fachabteilungen bestätigen sich auch durch die beispielsweise Einsichtnahme auf die Webseite des Zentralkrankenhauses von Yaoundé (https://www.hopitalcentral.cm/), des Regionalkrankenhauses von Bamenda (https://www.bamendaregionalhospital.com/) oder des Generalkrankenhauses von Douala (http://www.hgdcam.com/). Demzufolge verfügt das Zentralkrankenhaus von Yaoundé – wo der Beschwerdeführer geboren wurde und zuletzt auch gelebt hat, über einen Fachbereich Kardiologie sowie einen Fachbereich Hämatologie. Wie sich zudem der Webseite der kamerunischen Apothekervereinigung DPML (Direction de al Pharmacie du Médicament et des Laboratoires (https://dpml.cm/index.php/fr/) entnehmen lässt, sind die vom Beschwerdeführer vorgelegten Medikamente bzw. Wirkstoffe (Amlodibene, Novalgin, Gewacalm [Wirkstoff Diazepam]) in Kamerun ebenso erhältlich, wie gängige schmerzlindernde, fiebersenkende und entzündungshemmende Medikamente (Diclofenac, Paracetamol oder Ibuprofen). Des Weiteren können auch die zuletzt mit ärztlichem Entlassungsbrief vom 19.09.2019 ausgesprochenen Empfehlungen (Blutdruckkontrolle mittels Blutdruckprotokoll, regelmäßiges Ausdauertraining, reichliche Flüssigkeitszufuhr, Durchführung von Entspannungsübungen) ohne ärztliche Betreuung vorgenommen werden. Unter Berücksichtigung der Bestimmungen der COVID-19-Risikogruppe-Verordnung kann dem in der Beschwerde vorgebrachten Einwand, wonach der Beschwerdeführer aufgrund seiner diversen Vorerkrankungen und Erkrankungen hinsichtlich COVID-19 zu einer Risikogruppe gehöre, ebenfalls nicht gefolgt werden. Aus den vorgelegten medizinischen Unterlagen ergeben sich keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass es sich bei seiner Überschreitung der physiologischen intraventrikulären Erregungsdauer des Herzens (QT-Zeit Verlängerung) um keine chronische Herzerkrankung mit Endorganschaden handelt, die dauerhaft therapiebedürftig ist – dies vor allem auch unter dem Aspekt, dass der Beschwerdeführer nach wie vor Kampfsport betreibt. Hinsichtlich seines Bluthochdruck (arterieller Hypertonie) ist auszuführen, dass aus den vorgelegten medizinischen Unteralgen ebenfalls keine bestehenden Endorganschäden – insbesondere chronische Herz- oder Niereninsuffizienz – ableitbar sind. Sein Blutdruck ist durch die medikamentöse Behandlung eingestellt sowie als kontrollierbar zu erachten und kann die medikamentöse Behandlung in Kamerun fortgeführt werden.

Aus den Angaben des Beschwerdeführers, wonach er bereits in Kamerun jahrelang als Leiter der Elektrotechnik seinen Lebensunterhalt verdient habe, ergibt sich in Zusammenschau mit den getroffenen Feststellungen zu seinem Gesundheitszustand die Feststellung hinsichtlich seiner Erwerbsfähigkeit.

Die Feststellungen zu seiner Einreise sowie seinem zeitweise unbekannten Aufenthalt in Österreich lassen sich zweifellos dem vorliegenden Verwaltungsakt sowie dem eingeholten aktuellen ZMR-Auszug entnehmen.

Aus der sich im Verwaltungsakt befindlichen Kopie seiner Heiratsurkunde und seinen eigenen Angaben ist belegt, dass der Beschwerdeführer in Yaoundé geboren wurde und er bis zu seiner Ausreise dort gelebt hat. Die Feststellungen hinsichtlich seiner Schulbildung und Berufserfahrung ergeben sich vorrangig aus seinen glaubhaften Angaben vor der belangten Behörde in Zusammenschau mit den vorgelegten beglaubigten Übersetzungen einer Arbeitsbescheinigung sowie eines Universitätsabschlusszeugnisses. Aufgrund dessen ergibt sich auch die Feststellung, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr eine Chance am kamerunischen Arbeitsmarkt hat.

Die Feststellungen hinsichtlich seines Familienstandes und der Tatsache, dass sich seine Ehefrau und die gemeinsamen vier Kinder in Kamerun aufhalten sowie seinen darüber hinausgehenden familiären Anknüpfungspunkten, ergeben sich primär aus seinen glaubhaften Ausführungen vor der belangten Behörde und dem erkennenden Gericht. Glaubhaft werden auch die Angaben des Beschwerdeführers vor der belangten Behörde erachtet, wonach er rund zwei Mal pro Woche mit seiner Familie über WhatsApp oder Skype kommuniziere und bestätigte er dieses Vorbringen auch im Rahmen seiner mündlichen Verhandlung. Unterstützend legte der Beschwerdeführer unter anderem seine Heiratsurkunde, die Geburtsurkunden seiner vier Kinder sowie diverse Familienfotos vor.

Dass der Beschwerdeführer in Österreich über keine familiären Beziehungen verfügt, bestätigte er zuletzt bei fer mündlichen Verhandlung. Die integrativen Bemühungen des Beschwerdeführers ergeben sich einerseits aus dessen glaubhaften Angaben und andererseits aus den von ihm vorgelegten Unterlagen und Bilddokumenten. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung konnte sich der erkennende Richter einen persönlichen Eindruck von den Deutschkenntnissen des Beschwerdeführers machen. Auch wenn im Verwaltungsakt kein Zertifikat einer positiv abgeschlossenen Sprachprüfung einliegt und dahingehend auch im Rahmen der mündlichen Verhandlung keinerlei Unterlagen vorgelegt wurden, die die Absolvierung von Deutschprüfungen belegen, erachtet das erkennende Gericht die Angaben des Beschwerdeführers als glaubhaft, wonach er die Deutschprüfungen für A1 und A2 positiv abgeschlossen hat. Den Besuch des Kurses zur Deutschqualifizierung und des Deutschkurses für gewerblich-technische Berufe inklusive Hubstapler belegte der Beschwerdeführer mittels Bestätigungen des BFI. Der Besuch des Seminars „Einführung in die Arbeit mit dem Medium Radio“ wird durch eine sich im Verwaltungsakt befindliche Teilnahmebestätigung belegt. Die Mitgliedschaft des Beschwerdeführers in einem Karateverein sowie seine Besuche der Kirche ergeben sich aus seinen glaubhaften Angaben vor der belangten Behörde und dem erkennenden Gericht. Zudem legte der Beschwerdeführer ein Konvolut an Bilder vor, die ihn beim Karatetraining und im beim Seminar des „Einführung in die Arbeit mit dem Medium Radio“ zeigen. Glaubhaft erachtet das erkennende Gericht auch, dass der Beschwerdeführer durch den regelmäßigen Besuch von Gottesdiensten private Bekanntschaften geschlossen hat.

Aus der Einsichtnahme in einen aktuellen SVA-Auszug und dem vom Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Verteilvertrag sowie eines zwischen ihm und dem Unternehmen F [...] abgeschlossenen Dienstvertrages gründet die Feststellung hinsichtlich seiner beruflichen Tätigkeit im Bundesgebiet.

Die Feststellung über die strafgerichtliche Unbescholtenheit des Beschwerdeführers ergibt sich aus einer aktuellen Abfrage des Strafregisters der Republik Österreich.

2.3. Zu den Fluchtmotiven des Beschwerdeführers:

Die Feststellung, wonach der Beschwerdeführer weder homo- noch bisexuell ist, er seinen Herkunftsstaat Kamerun nicht aufgrund der von ihm behaupteten Homo- bzw. Bisexualität verlassen hat und er in Kamerun weder aufgrund seiner Rasse, Religion, Nationalität, noch wegen seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung verfolgt wird, ergibt sich aus einer Gesamtbetrachtung der Aussagen des Beschwerdeführers vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes, der belangten Behörde und des erkennenden Gerichtes sowie der Angaben seiner Ehefrau vor der Österreichischen Botschaft Abuja.

Dabei beruht die Feststellung, dass der Beschwerdeführer weder homo- noch bisexuell ist aus folgenden Überlegungen:

Zunächst spricht hierfür die mangelnde Stringenz hinsichtlich seines Vorbringens zu seiner sexuellen Orientierung. So bezeichnet sich der Beschwerdeführer in seiner Erstbefragung vom 29.03.2016 explizit als homosexuell. Erst im Laufe seines Verfahrens ergeben sich aus seinen Angaben Anzeichen für eine Bisexualität. Er bringt erstmals in der Einvernahme vom 24.09.2018 vor, dass er „bevor er in Unwissenheit diese Sache gemacht habe“, er „normal“ gewesen sei. Seit ihm der Pater diese Sache beigebracht habe, habe er „auf beide Arten funktioniert“ [AS 194]. Explizit wird seine Bisexualität erstmals in der Beschwerde geltend gemacht. Berücksichtigt man dahingehend seine Ausführungen im Rahmen der mündlichen Verhandlung, deuten diese wiederum auf eine ausschließliche Homosexualität seiner Person hin. So verneint der Beschwerdeführer die Frage des erkennenden Gerichtes, ob es auch noch andere Beziehungen zu Frauen gegeben habe und bringt wenig später vor, dass er sich mehr zu Männern hingezogen fühle. Aufgrund sexueller Gelüste habe er Kontakte mit Männern gehabt. Beziehungen oder sexuelle Kontakte zu Frauen schloss der Beschwerdeführer aus [Verhandlungsprotokoll S 10 und S 11]. Wenn der Beschwerdeführer in Folge auf die Frage des erkennenden Gerichtes vermeint, dass er bisexuell sei und er auch bisexuell empfinde, widerspricht er dadurch wieder seiner eigenen Angabe einer (ausschließlichen) sexuellen Bevorzugung von Männern.

Auch unterschiedliche Angaben über den Zeitpunkt und die näheren Umstände des Bewusstwerdens seiner sexuellen Orientierung bestätigen die mangelnde Glaubhaftigkeit seines diesbezüglichen Vorbringens. Der Beschwerdeführer verweist im Administrativverfahren darauf, dass ihm der Pater „das beigebracht“ habe und er bis zu diesem Zeitpunkt normal gewesen sei. Folgt man den Schilderungen des Beschwerdeführers fand der Kontakt zum Pater erstmals im Jahr 2003 statt. Zu diesem Zeitpunkt wies der Beschwerdeführer ein Alter von rund 27 Jahren auf und war er zu diesem Zeitpunkt bereits berufstätig. Demnach erfolgte der erste sexuelle Kontakt mit dem und die Anziehung zum eigenen Geschlechts erst sehr spät. Ausgelöst wurde sie seiner Angabe nach durch den Pater. Vor dem erkennenden Gericht schildert der Beschwerdeführer den Zeitpunkt um das Bewusstwerden seiner sexuellen Orientierung allerdings gänzlich anders. Hier bringt er diametral vor, dass er sich bereits seit dem Alter von 15 Jahren zum eigenen Geschlecht hingezogen fühle. Er habe in diesem Alter eine Missionsschule besucht und sei es unter den Schülern und seinen Zimmerkollegen zu „Berührungen“ und „Zärtlichkeiten“ gekommen.

Wenn der Beschwerdeführervor dem erkennenden Gericht vermeint, dass er bisexuell sei und er sich auch bisexuell fühle und man in Kamerun alles verallgemeinere, egal ob man bi-, homosexuell oder lesbisch sei [Verhandlungsprotokoll S 11], erhärtet dies ebenfalls den Verdacht einer mangelnden Glaubhaftigkeit seines Vorbringens zu seiner eigenen sexuellen Orientierung. Egal ob in Kamerun, Österreich oder einem anderen Teil der Welt, die sexuelle Vielfalt bildet ein wesentliches Kernelement der LGBTQ-Gemeinschaft. Hätte sich der Beschwerdeführer – der über eine gehobene Bildung verfügt und mittlerweile auch mehrere Jahre in Österreich lebt – somit ernsthaft mit seiner eigenen Sexualität auseinandergesetzt und wäre er tatsächlich homo- oder bisexuell, wäre er sich als Teil der LGBTQ-Gemeinschaft bewusst, dass sich gerade sie über die sexuelle Diversität definiert und ist davon auszugehen, dass er seine Sexualität bzw. allgemein die sexuellen Orientierungen nicht derartig lapidar verallgemeinert.

Dass der Beschwerdeführer auch in Österreich sexuellen Kontakt zu Männern pflege, erweist sich angesichts der vorangegangenen Ausführungen als nicht glaubhaft. Dahingehend vermag auch seine Kenntnis zweier allgemeinhin bekannter Treffpunkte des homosexuellen Nachtlebens in Innsbruck seine vermeintliche Homo- bzw. Bisexualität nicht zu untermauern.

Ebenso erachtet das Bundesverwaltungsgericht das Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers, wonach er aufgrund seiner Homo- bzw. Bisexualität eine staatliche Verfolgung in Kamerun befürchte, für unglaubhaft. Dies aus folgenden Überlegungen:

Allgemein betrachtet kommt es zunächst einmal primär dem Asylwerber zu, sein Verfolgungsschicksal glaubhaft darzulegen. Es obliegt dem Asylwerber, bei den in seine Sphäre fallenden Ereignissen, insbesondere seinen persönlichen Erlebnissen und Verhältnissen, von sich aus eine Schilderung zu geben, die geeignet ist, seinen Asylanspruch lückenlos zu tragen und er hat unter Angabe genauer Einzelheiten einen in sich stimmigen Sachverhalt zu schildern. Die Behörde bzw. das Gericht muss somit die Überzeugung von der Wahrheit des von einem Asylwerber behaupteten individuellen Schicksals erlangen, aus dem er seine Furcht vor asylrelevanter Verfolgung herleitet. Es kann zwar durchaus dem Asylwerber nicht die Pflicht auferlegt werden, dass dieser hinsichtlich asylbegründeter Vorgänge einen Sachvortrag zu Protokoll geben muss, der auf Grund unumstößlicher Gewissheit als der Wirklichkeit entsprechend gewertet werden muss, die Verantwortung eines Antragstellers muss jedoch darin bestehen, dass er bei tatsächlich zweifelhaften Fällen mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit die Ereignisse schildert.

Die Behörde muss somit die Überzeugung von der Wahrheit des von einem Asylwerber behaupteten individuellen Schicksals erlangen, aus dem er seine Furcht vor asylrelevanter Verfolgung herleitet. Es kann zwar durchaus dem Asylwerber nicht die Pflicht auferlegt werden, dass dieser hinsichtlich asylbegründeter Vorgänge einen Sachvortrag zu Protokoll geben muss, der auf Grund unumstößlicher Gewissheit als der Wirklichkeit entsprechend gewertet werden muss, die Verantwortung eines Antragstellers muss jedoch darin bestehen, dass er bei tatsächlich zweifelhaften Fällen mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit die Ereignisse schildert (vgl. VwGH 27.05.2019, Ra 2019/14/0153).

Im gegenständlichen Fall entsprach das Vorbringen des Beschwerdeführers nicht den zuvor genannten Anforderungen.

Zunächst ist hinsichtlich seines erstmals vor der belangten Behörde getätigten Vorbringens, dass er beim bzw. nach dem Geschlechtsverkehr mit dem Patter von seiner Ehefrau erwischt, er vom herbeikommenden Mob festgehalten und beinahe gelyncht worden sei, er von der ebenfalls herbeigerufenen Polizei mitgenommen, inhaftiert und gefoltert worden sei und er schlussendlich entkommen habe können, auszuführen, dass es sich hierbei um eine Steigerung des im Rahmen der Erstbefragung getätigten Fluchtvorbringens handelt. Diesbezüglich ist auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hinzuweisen, wonach ein spätes, gesteigertes Vorbringen als unglaubwürdig qualifiziert werden kann. Denn kein Asylwerber würde wohl eine sich bietende Gelegenheit, zentral entscheidungsrelevantes Vorbringen zu erstatten, ungenützt vorübergehen lassen (VwGH 07.06.2000, 2000/01/0250).

Das erkennende Gericht lässt nicht außer Acht, dass der Verwaltungsgerichtshof wiederholt Bedenken gegen die unreflektierte Verwertung von Beweisergebnissen der Erstbefragung erhoben hat, weil sich diese Einvernahme nicht auf die näheren Fluchtgründe zu beziehen hat. Gleichwohl erachtet er es aber nicht generell als unzulässig, sich auf eine Steigerung des Fluchtvorbringens zwischen der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes und der weiteren Einvernahme eines Asylwerbers zu stützen (vgl. VwGH 21.11.2019, Ra 2019/14/0429).

In diesem Zusammenhang ist es aber nicht nachvollziehbar, dass der Beschwerdeführer zwei entscheidungswesentliche Punkte seines Fluchtmotives in der Erstbefragung unerwähnt lässt bzw. in weiterer Folge abgeändert ausführt. So bringt er in seiner Erstbefragung vom 29.03.2016 vor, dass ihn die Nachbarn beim Geschlechtsverkehr erwischt hätten. Seine Ehefrau bleibt bei der wesentlichen Darstellung seiner Fluchtmotive in der Erstbefragung vollkommen unerwähnt. Zudem bleiben bei der Erstbefragung vom 29.03.2016 auch seine Inhaftierung durch die Polizei und seine Folterung durch die Polizei unerwähnt. Die beiden zuvor genannten Details stellen entscheidungswesentliche und gewichtige Punkte seines Fluchtvorbringens dar und bilden den eigentlichen Grund für seine Ausreise aus Kamerun. Erst die Aufdeckung seiner gleichgeschlechtlichen Affäre durch seine Ehefrau und die darauffolgende Inhaftierung und Folterung durch die Polizei löst im Beschwerdeführer jene Furcht aus, die ihn folglich zur Flucht veranlasste. Somit ist es nicht nachvollziehbar und widerspricht es der allgemeinen Lebenserfahrung, dass er diese beiden Umstände seiner Fluchtgründe bei der Erstbefragung gänzlich unerwähnt lässt bzw. widersprüchlich schildert.

Abgesehen von der zuvor dargestellten inhaltlichen Steigerung ist das Fluchtvorbringen auch von mangelnder Stringenz und mehrfachen Widersprüchen geprägt. So führt der Beschwerdeführer in seiner Erstbefragung vom 29.03.2016 aus, dass er in das Haus seiner Großmutter flüchten habe können, die Nachbarn jedoch vom Vorfall rund um den Geschlechtsverkehr erfahren hätten und diese in weiterer Folge die Hütte der Großmutter angezündet hätte, woraufhin sich der Beschwerdeführer sich im Busch versteckt habe. Das doch markante und einschneidende Erlebnis des Anzündens des Haus der Großmutter wird in keiner der weiteren Ausführungen des Beschwerdeführers mehr erwähnt – weder vor der belangten Behörde noch vor dem Bundesverwaltungsgericht.

Auch hinsichtlich des Namens des Paters ergeben sich Ungereimtheiten. Im Administrativ und Beschwerdeverfahren wird der Name des Paters und zugleich homosexuellen Lebensgefährten des Beschwerdeführers „Severin KUANANG“ (auch Jean Severin KOUANA [AS 191]) angegeben. In dem von ihm vorgelegten Zeitungsausschnitt lautet der Name des Paters jedoch vollkommen anders, nämlich „Jean MARTIN“ [AS 131]. Dass der Pater allenfalls einen zweiten Namen bzw. einen anderslautenden Ordensnamen gehabt hätte, wird zu keinem Zeitpunkt des Verfahrens behauptet. In diesem Zusammenhang lässt das erkennende Gericht nicht unberücksichtigt, dass der Verwaltungsdirektor jenes kamerunischen Unternehmens, bei dem der Beschwerdeführer über Jahre hinweg tätig war, zufälligerweise ebenfalls phonetisch ähnlich „Severin KOUANANG [TCHANTCHO]“ hieß [AS 99].

Auffallend allgemein gehalten sind die Angaben des Beschwerdeführers bezüglich der zentralen Handlungsschauplätze. Nähere Angaben wo sich beispielsweise in welcher Pfarre sich das besagte Pfarrhaus bzw. Büro befand, in dem der Beschwerdeführer mit dem Pater erwischt oder auf welche Polizeistation sie verbracht worden seien, bleiben in jeglichen Erzählungen ausgespart.

Ebenso gestalten sich Vorbringen rund um die Inhaftierung und die behauptete Folterung des Beschwerdeführers als vage und weisen sie keine Stringenz auf. So vermeinte der Beschwerdeführer vor der belangten Behörde, dass ihn die Polizei aus den Händen des Mobs befreit und ihn auf die Polizeistation mitgenommen habe. Dort wäre er mit einer Kalaschnikov auf den Kopf geschlagen worden und wäre er am nächsten Tag in einer Zelle erwacht. Die Polizei habe ihm dann mitgeteilt, dass Homosexualität in Kamerun nicht existiere und ihn zur Preisgabe der Namen seiner bisherigen Sexualpartner aufgefordert. Des Weiteren führte der Beschwerdeführer aus, dass er über einen Zeitraum von 13 Tagen gefoltert und geschlagen worden sei und habe man ihn mit einer Kerze verbrannt, wovon er Narben davongetragen habe [AS 192]. Demgegenüber brachte er vor dem erkennenden Gericht vor, dass die Polizei sie [Anm. gemeint der Beschwerdeführer und der Pater] aus den Händen des Mobs befreit hätte. Der Pater und er wären in Folge auf die Polizeistation verbracht und in zwei separate Zellen gesteckt worden. Gegen zwei Uhr in der Nacht, habe man ihm Handschellen angelegt, seine Beine gefesselt und ihn kopfüber aufgehängt. Um ihn zur Herausgabe der Namen seiner Sexualpartner zu bewegen, sei er misshandelt und gepeinigt worden. Er habe eine Woche in der Zelle verbracht, kein Essen bekommen und sei misshandelt worden [Verhandlungsprotokoll S 7]. Es ist für das erkennende Gericht nicht nachvollziehbar, dass eine offenbar über mehrere Tage andauernde Folterung lediglich sehr vage und äußerst allgemein gehalten beschrieben werden („misshandelt“, „gepeinigt“, „sie haben mich mit einer Kerze verbrannt“, „kopfüber aufhängten“). Details über die Folterungen bleiben völlig ausgespart. Augenscheinlich ist auch, dass in der jeweiligen Befragung auch nur ein pauschales Beispiel zur Folterung genannt wird. Vor der belangten Behörde ist dies das Verbrennen mit der Kerze. Vor dem erkennenden Gericht ist es das kopfüber Aufhängen bzw. dass er kein Essen bekam. Es ist nicht verständlich, dass der Beschwerdeführer seine vermeintlich erlittenen Folterungen nicht annähernd gleichbleibend zu schildern vermag. Es bleibt auch nicht unberücksichtigt, dass jegliche im Zuge der Folterung empfundenen Emotionen vom Beschwerdeführer ebenso vollkommen unerwähnt bleiben. In diesem Zusammenhang verkennt das erkennende Gericht auch nicht, dass dem Beschwerdeführer die Benennung annähernd gleichbleibenden Haftdauer ebenfalls nicht möglich ist. So bringt er in seiner Einvernahme vor der belangten Behörde vom 24.09.2018 vor, dass die Inhaftierung und Folterung rund 13 Tage gedauert habe [AS 192]. Bei seiner neuerlichen Einvernahme durch die belangte Behörde vom 08.08.2019 gibt er an, dass er sich an die Dauer der Inhaftierung und Folterung nicht genau erinnern könne [AS 270]. Wohingegen er vor dem erkennenden Gericht die Dauer seiner Inhaftierung und Folterung mit einer Dauer von einer Woche beziffert und auch das Entlassungstag und -zeit präzise mit einem Samstag gegen fünf Uhr früh benennt [Verhandlungsprotokoll S 8].

In diesem Zusammenhang sind letztlich auch die vom Beschwerdeführer vorgebrachten Narben einer Beweiswürdigung zu unterziehen, wobei seitens des erkennenden Gerichtes das Vorliegen dieser Narben unbestritten bleibt. Nachdem aufgrund der vorangegangenen (und auch nachstehenden) Ausführungen zur Glaubhaftigkeit seines Fluchtvorbringens – im Besonderen der Inhaftierung und Folter und somit auch der behaupteten Entstehung dieser Narben – kein glaubhafter Kern entnommen werden kann, erübrigt sich eine weitere Auseinandersetzung über das Zustandekommen seiner Narben. Somit war auch dem Antrag seiner Rechtsvertretung in der mündlichen Verhandlung – zur Einholung eines fachärztlichen Gutachtens um eine Beurteilung der Narben vornehmen zu können – nicht stattgegeben.

Widersprüchlich gestalten sich auch seinen Angaben rund um seine Freilassung. Laut seinen Ausführungen vor der belangten Behörde sei er zur Vorführung vor einen Richter von zwei maskierten Polizisten mitgenommen worden. Sie wären mit dem Auto weggefahren und hätten an einem ihn unbekannten Ort angehalten. Dort hätten die Polizisten gemeint, dass er weitergehen solle. Anschließend habe ihm ein Polizist die Maske vom Kopf und die Handschellen (ab)genommen, eine Sack Kleider geben und gemeint, dass der Beschwerdeführer loslaufen und sich nicht umdrehen solle [AS 192]. Bei seiner Einvernahme durch die belangte Behörde vom 08.08.2019 modifizierte der Beschwerdeführer seine dahingehenden Ausführungen bereits, indem er vermeint, dass man ihn eines Tages in Handschellen aus dem Gefängnis geführt und in ein Auto gesetzt habe. Man sei irgendwohin gefahren und sie hätten ihm den Sack vom Kopf gezogen. In weiterer Folge hätten die Polizisten die Waffe auf ihn gerichtet und vermeint: „Bringt uns nicht die Sachen von den Weißen, das nächste Mal bringen wir euch um.“ [AS 270]. Bei seinen Ausführungen vor dem erkennenden Gericht schildert der Beschwerdeführer sein Freikommen wiederum gänzlich anders. Sein Entkommen habe sich so zugetragen, dass nach einer Woche an einem Samstag um rund 5 Uhr in der Früh vier maskierten Polizisten in seine Zelle gekommen wären. Diese hätten ihn in ein Fahrzeug gebracht, mit dem sie anschließend aus der Stadt gefahren seien. Während der Fahrt hätte ihm einer der Polizisten die Maske des Beschwerdeführers vom Kopf genommen und gemeint, dass er Glück habe, da er eigentlich vor Gericht gestellt gehöre, aber sich sein Freund der Pater für ihn eingesetzt habe. Lediglich mit einer Hose bekleidet hätten ihn die Polizisten in der Nähe eines Baumes freigelassen [Verhandlungsprotokoll S 8]. Alleine die divergierende Zahl der Polizeibeamten und seine unterschiedliche Schilderung der Freilassung sprechen dafür, dass dieser Vorfall so nicht stattgefunden haben kann. Erhärtet wird dieser Verdacht, dass er vor der belangten Behörde die nicht unwesentliche Auskunft des Polizeibeamten – wonach er seine Freilassung dem Pater zu verdanken habe – vollkommen unerwähnt lässt. Folgt man nämlich den dahingehenden Angaben des Beschwerdeführers vor der belangten Behörde, sei es nämlich der Pater selbst gewesen, der dem Beschwerdeführer darüber informiert habe, dass er hinter seiner Freilassung stecke [AS 192].

In seinem mehrfach geschilderten Fluchtvorbringen ergeben sich zudem große Diskrepanzen in der zeitlichen Abfolge der Geschehnisse. In seiner Einvernahme durch die belangte Behörde am 24.09.2018 gab der Beschwerdeführer zu Protokoll, er sei im Jahr 2003 zu einer Mission geschickt worden um dort zu arbeiten. Bereits zwei Wochen nach seiner Ankunft habe ein Pater ihn zu sich gerufen und ihm das Angebot gemacht, gegen sexuelle Dienste eine Beförderung zu erhalten. Der Beschwerdeführer habe das Angebot angenommen und mit dem Pater regelmäßig geschlafen. Erst im Jahr 2016 habe die Ehefrau des Beschwerdeführers die Beziehung entdeckt [AS 191f]. Demgegenüber erklärte der Beschwerdeführer in seiner neuerlichen Einvernahme am 04.10.2019, er habe die Beziehung zu dem Pater erst im Jahr 2009 begonnen und davor bereits fünf Jahre lang als Elektrotechniker gearbeitet. Nachdem der Pater ihm Vorschläge bereitet habe, sei er drei Monate später zum technischen Leiter der Kontrollabteilung befördert worden [AS 355]. In der vorgelegten Arbeitsbescheinigung seines früheren Arbeitgebers wird wiederum bestätigt, dass der Beschwerdeführer von 01.09.2003 bis 30.11.2015 als Leiter der Elektrotechnik tätig war. Insofern wird deutlich, dass der Beschwerdeführer in seinem Fluchtvorbringen grobe zeitliche Abweichungen schildert. Ein lediglich kurzes Durcheinander oder Missverständnis kann bei derartigen groben Unterschieden nicht angenommen werden und wird auch aufgrund dessen von der fehlenden Glaubhaftigkeit seines Fluchtvorbringens ausgegangen.

Ebenso vermochten die vom Beschwerdeführer im Rahmen seines Administrativverfahrens vorgelegten Dokumente – insbesondere der Haftbefehl vom 22.02.2016, der Zeitungsausschnitt datierend vom 14.03.2016 und der Arztbrief (medizinisches Zertifikat) vom 15.01.2016 – sein Fluchtvorbringen nicht zu untermauern. Im Gegenteil. Sie bestätigten zusätzlich, dass sich die von ihm dargebrachte Fluchtgeschichte so nicht zugetragen haben kann und es sich um ein geistiges Konstrukt des Beschwerdeführers handelt. Dies aus folgender Überlegung heraus: Laut vorgelegtem Zeitungsbericht ereignete sich der Vorfall rund um den Beschwerdeführer am 11.01.2016 [AS 131]. Nach seinem Freikommen sei der Beschwerdeführer von einem befreundeten Arzt eines Bekannten medizinisch behandelt worden [AS 192, Verhandlungsprotokoll S 8] und belegte der Beschwerdeführer dies mit einem medizinischen Zertifikat [AS 145]. Vergleicht man dies nun mit den Angaben des Beschwerdeführers, wonach er für rund eine Woche (bzw. 13 Tage) inhaftiert gewesen sei und an einem Samstag freigelassen worden sei [Verhandlungsprotokoll S 8], kann seine Freilassung demzufolge frühestens am 18.01.2016 (bzw. am 25.01.2016) erfolgt sein. Allerdings widerspricht dies dem medizinischen Zertifikat, welches drei (bzw. acht) Tage zuvor, am 15.01.2016, vom Arzt unterfertigt wurde. Auch der vorgelegte Haftbefehl [AS 97] vermag das erkennende Gericht nicht von der Glaubhaftigkeit seines Fluchtvorbringens zu überzeugen. Geht man davon aus, dass der Beschwerdeführer bereits Ende Jänner 2016 freigekommen („entkommen“) war, ist es nicht nachvollziehbar, dass die Polizei- bzw. Justizbehörden einen Zeitraum von rund einem Monat vergehen lässt, ehe sie den mit 22.02.2016 datierten Haftbefehl ausstellt. Dieser Überlegung wird auch durch den vorgelegten Zeitungsausschnitt belegt, demzufolge der Haftbefehl wenige Tage („a few days after his detention“) nach seinem Entkommen ausgestellt worden sei. Abgesehen von der Tatsache, dass sich die vorgelegten Dokumente gegenseitig widersprechen, geht das erkennende Gericht zudem davon aus, dass es sich bei den Dokumenten um Fälschungen handelt. Diese Überlegung beruht einerseits auf den Angaben der Länderberichte, wonach es in Kamerun praktisch für jede Urkunde und jedes Dokument professionelle Fälschungen gibt. Andererseits auch aufgrund der Tatsache, dass die Dokumente eine schlechte Qualität und Machart aufweisen [vgl. insbesondere AS 131].

Bereits aus einer Gesamtbetrachtung der zuvor aufgezeigten Umstände ergibt sich, dass es sich beim Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers um ein gedankliches Konstrukt handelt, welches sich so nicht zugetragen haben kann.

Aber auch darüber hinaus, ergaben sich aus dem Verfahren Anhaltspunkte dafür, die darauf schließen lassen, dass es sich beim vorgebrachten Fluchtmotiv um einen vorgeschobenen Ausreisegrund handelt. Hierfür sprechen insbesondere die Angaben der Ehefrau des Beschwerdeführers vor der Österreichischen Botschaft Abuja und das unmittelbare Verhalten des Beschwerdeführers nach Erhalt des Asylstatus: So sprach der Beschwerdeführer bereits in seiner Einvernahme durch die belangte Behörde am 24.09.2018 von firmeninternen Problemen, ohne jedoch im Detail darauf einzugehen [AS 195]. Die belangte Behörde wurde auf die weitreichendere Bedeutung dieser Firmenangelegenheiten erst durch das Schreiben der österreichischen Botschaft Abuja vom 08.04.2019 aufmerksam. Demzufolge führte die Ehefrau des Beschwerdeführers in der dortigen Einvernahme aus, dass das eigentliche Problem des Beschwerdeführers in Kamerun nicht der Vorwurf der Homosexualität gewesen sei, sondern ein nachgewiesener Diebstahl im Unternehmen des Beschwerdeführers [AS 247]. Er habe das gestohlene Material einem Bekannten, welcher einen Elektrobetrieb führte, weitergegeben. Aus diesem Grund sei der Beschwerdeführer in sein Heimatdorf zu seinen Cousins geflüchtet und habe sich dort versteckt. Der Beschwerdeführer versuchte in seiner Einvernahme am 04.10.2019 den Vorhalt des Diebstahls damit zu schwächen, dass seine Ehefrau bei ihrer Einvernahme unter Stress gestanden hätte, Englisch sprechen habe müssen und vor den gemeinsamen Kindern nicht über seine Homosexualität sprechen habe wollen, da sie ihren Kindern von politischer Verfolgung erzählt hätte. Schon aufgrund der Tatsache, dass seine Ehefrau trotz der Anwesenheit ihrer Kinder über die Homosexualität gesprochen und keinerlei politische Motive genannt hatte, ist seinen Einwänden zweifellos nicht zu folgen. Seitens der Botschaft wurde in ihrer Stellungnahme schlüssig dargelegt, dass die Ehefrau die englische Sprache gut beherrschte. Auch lassen die inhaltlich nachvollziehbaren Angaben seiner Ehefrau nicht auf Verständnisschwierigkeiten schließen. Es wird der Ehefrau zum Zeitpunkt ihrer Befragung durch Österreichischen Botschaft Abuja als persönlich Glaubwürdigkeit erachtet und ist ihren dort getätigten und nachvollziehbaren Angaben grundsätzlich zu folgen. Der anderslautenden Stellungnahme der Ehefrau vom 29.11.2019 vermag das erkennende Gericht nicht zu folgen. Vielmehr wertet das erkennende Gericht darin einen Versuch ihrerseits, dass Scheitern des Familiennachzuges nachträglich zu verhindern. In diesem Zusammenhang ist jedoch nicht erklärbar, weshalb sie diese Stellungnahme nicht unmittelbar nach ihrer Einvernahme durch die Österreichische Botschaft im April 2019 abgibt, sondern erst rund acht Monate später.

Bezüglich der in der Beschwerde aufgeworfenen Frage der Zuständigkeit der Österreichischen Botschaft Abuja ist auf die höchstgerichtliche Judikatur zu verweisen, wonach für Verfahren auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 35 AsylG 2005 die vom AVG abweichenden Bestimmungen über das Verfahren vor den österreichischen Vertretungsbehörden nach dem FrPolG 2005 zur Anwendung kommen (vgl. VwGH 25.02.2019, Ra 2017/19/0361). Aus den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen des § 11 FPG leitet sich zweifelsfrei ab, dass die Antragsteller unter Anleitung der Behörde die für die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes erforderlichen Urkunden und Beweismittel selbst vorzulegen haben. Der Antragssteller hat über Verlangen der Vertretungsbehörde vor dieser persönlich zu erscheinen, erforderlichenfalls in Begleitung eines Dolmetschers (§ 39a AVG). Die Vertretungsbehörde haben nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Demzufolge lag es im Aufgabenbereich der Österreichischen Botschaft Abuja die Ehefrau des Beschwerdeführers bezüglich ihrer Gründe für die Einreise nach Österreich zu befragen. Es lag jedoch an der Ehegattin notwendigenfalls für einen geeigneten Dolmetsch zu sorgen. Dem Ansuchen in der Beschwerde wurde entsprochen und die Österreichische Botschaft Abuja im Rahmen des Ermittlungsverfahrens um Übermittlung des Befragungsprotokolls der Ehefrau gebeten. Laut Auskunft der Botschaft vom 12.05.2020 existiert kein detailliertes Befragungsprotokoll, sondern lediglich handschriftliche Aufzeichnungen einer Botschaftsmitarbeiterin und wurde in der Auskunft der Botschaft nochmals darauf verwiesen, dass eine Verständigung mit der Ehefrau einwandfrei möglich gewesen sei. Es ergeben sich keinerlei Zweifel, dass die handschriftlichen Notizen der Botschaftsmitarbeiterin in der Stellungnahme der Österreichischen Botschaft Abuja ihren Niederschlag gefunden hat. Unter Verweis auf die vorangegangenen Ausführungen zur mangelnden Glaubhaftigkeit der Angaben des Beschwerdeführers einerseits und zur Schlüssigkeit und persönlichen Glaubwürdigkeit der Ehefrau andererseits, erachtete es das erkennende Gericht somit als nicht erforderlich weitere Ermittlungen zur Angaben der Ehegattin zu tätigen.

Aber auch bezüglich des Kontakts zu seinen Angehörigen ergaben sich Ungereimtheiten. So gab der Beschwerdeführer in der Einvernahme durch die belangte Behörde am 24.09.2018 an, er wisse dazu seit etwa zwei Jahren und sieben Monaten nichts mehr [AS 191] und bestätigte seine damaligen Angaben in der Einvernahme vom 08.08.2019 [AS 264]. Er präzisierte seine Angaben am 24.09.2018 dahingehend, dass er, seitdem seine Ehefrau ihn und seinen Liebhaber entdeckt habe, keinen Kontakt mehr zu ihr gehabt habe. In ihrer Einvernahme vor der österreichischen Botschaft Abuja am 08.04.2019 sprach die Ehefrau des Beschwerdeführers wiederum davon, dass ihr Ehemann sie circa ein Jahr nach seiner Flucht, in jenem Zeitpunkt sei sie etwa im dritten Monat schwanger gewesen, angerufen habe. Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass das erkennende Gericht ihren nachvollziehbaren und glaubhaften Angaben folgt, wonach der Beschwerdeführer sich circa ein Jahr nach seiner Flucht bei ihr meldete. Auch wenn die Zeitangabe der Ehefrau, die Kontaktaufnahme habe nach ihrer Erinnerung im Dezember 2017 stattgefunden, objektiv unrichtig ist, da der Beschwerdeführer bereits im März 2016 seinen ersten Asylantrag stellte und somit im Dezember 2017 seit seiner Flucht fast zwei Jahre vergangen waren. Auch hat seine Ehefrau am 23.05.2016 ihre Tochter entbunden und war sie somit Ende des Jahres 2015 im dritten Monat schwanger. Die Angaben des Beschwerdeführers sind darüber hinaus aufgrund der Tatsache, dass der Beschwerdeführer den österreichischen Behörden bereits am 16.02.2017 den Namen seiner jüngsten Tochter nennen konnte, unglaubhaft. Es habe somit bereits vor 16.02.2017 Kontakt zu Angehörigen haben müssen, auch wenn eine präzisere Bestimmung nicht möglich ist.

Des Weiteren steht das Verhalten des Beschwerdeführers, wonach er direkt nach seinem positiven Bescheid und der Gewährung von Asyl für seine Ehefrau und die gemeinsamen Kinder Einreiseanträge im Rahmen des Familiennachzuges im Sinne des § 35 AsylG stellte, im direkten Konflikt mit seinem mehrmaligen Vorbringen, dass seine Frau keinen Kontakt zu ihm gewollt habe und auch eine Scheidung im Raum gestanden sei [AS 267]. Auch gab der Beschwerdeführer an, seine Ehefrau habe ihm berichtet, sie wäre durch den Schock der Entdeckung seiner Beziehung fast gestorben und hätte ihr ungeborenes Kind verloren [AS 269]. Plötzlich möchte sie jedoch ihr gewohntes Leben sowie das ihrer vier Kinder aufgeben und ihrem Ehemann, der nach seinen eigenen Angaben ein solch schwerwiegendes Verhalten an den Tag gelegt habe und in ehebrecherischer Weise über Jahre hinweg homosexuelle Kontakte zu verschiedenen Männern gepflegt habe, folgen. Seine Ehefrau gab auch gegenüber der Österreichischen Botschaft Abuja an, es bestehe nach wie vor ein aufrechtes Familienleben mit dem Beschwerdeführer und wusste sie genauestens über sein Asylverfahren Bescheid. Eine derartige Kehrtwende seiner Ehefrau erscheint in Hinblick auf die vom Beschwerdeführer vorgebrachten Geschehnisse jedenfalls nicht nachvollziehbar. Aber auch die dahingehenden Angaben des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung, dass er seine Frau „traditionell“ noch liebe vermochte das erkennende Gericht ebenfalls nicht zu überzeugen.

Bezüglich der zuletzt aufgeworfenen Frage nach dem politischen Engagement des Beschwerdeführers ist darauf hinzuweisen, dass der Beschwerdeführer in seiner Einvernahme vom 24.09.2018 laut eigenen Angaben kein Wissen über politische Tätigkeiten seiner Familie habe und selbst lediglich für die Partei SDF sympathisiert habe, jedoch kein Mitglied gewesen sei [AS 191]. In seiner Einvernahme am 08.08.2019 sprach er wiederum davon, für die Demokratie gekämpft zu haben und seien auch schon sein Vater und Großvater politisch aktiv gewesen [AS 270f]. Seine Ehefrau unterstützte seine erstmaligen Angaben in ihrer Einvernahme durch die Österreichische Botschaft in Abuja am 08.04.2019 [AS 247], wonach weder der Beschwerdeführer noch dessen Familie jemals politisch aktiv gewesen sei. Eine politische Tätigkeit in der Familie des Beschwerdeführers erscheint somit weder schlüssig noch nachvollziehbar und wird dementsprechend nicht angenommen. Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich den Überlegungen der belangten Behörde somit vollinhaltlich an.

In Anbetracht der vorangegangenen Ausführungen kommt das erkennende Gericht zu dem Schluss, dass es dem Beschwerdeführer nicht gelungen ist, eine konkrete, gegen seine Person gerichtete Verfolgung oder Verfolgungsgefahr glaubhaft zu machen, der auch Asylrelevanz zukommt. Sein Vorbringen hinsichtlich seiner vermeintlichen Homo- bzw. Bisexualität und auch die angebliche Bedrohungssituation entspricht offensichtlich nicht den Tatsachen.

2.3. Zur Lage im Herkunftsstaat:

Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat beruhen auf dem Länderinformationsbericht der Staatendokumentation für Kamerun (Gesamtaktualisierung am 17.05.2019) samt den dort publizierten Quellen und Nachweisen. Dieser Länderinformationsbericht stützt sich auf Berichte verschiedener ausländischer Behörden, etwa die allgemein anerkannten Berichte des Deutschen Auswärtigen Amtes, als auch jene von Nichtregierungsorganisationen, wie bspw. dem UNHCR, sowie Berichte von allgemein anerkannten unabhängigen Nachrichtenorganisationen.

Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängigen Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wissentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

Der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers vereinbarte in der niederschriftlichen Einvernahme des Beschwerdeführers am 04.10.2019 das Zukommen der aktuellen Länderfeststellungen zu Kamerun per E-Mail [AS 360] und erhielt zur Einbringung einer diesbezüglichen Stellungnahme eine Frist von 14 Tagen. Mit Schreiben vom 22.10.2019 langte bei der belangten Behörde eine Stellungnahme des Beschwerdeführers ein, jedoch ohne Bezugnahme auf die Länderfeststellungen. Z

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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