TE Vwgh Erkenntnis 1997/10/16 96/06/0020

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Veröffentlicht am 16.10.1997
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Index

L80006 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan
Steiermark;
L82000 Bauordnung;
L82256 Garagen Steiermark;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §1;
AVG §8;
BauRallg;
B-VG Art10 Abs1 Z8;
B-VG Art15 Abs1;
GaragenO Stmk 1979 §5 Abs1;
GaragenO Stmk 1979 §5 Abs2;
ROG Stmk 1974 §25 Abs4 Z2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten und Dr. Köhler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Gritsch, über die Beschwerde 1. des F K und 2. der O K, beide in G, vertreten durch Dr. T und Dr. S, Rechtsanwälte in S, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 14. Juni 1997, Zl. 3 12.10 G 1-94/1, betreffend eine Widmungsänderungsbewilligung (mitbeteiligte Parteien:

1. A GesmbH, 2. Marktgemeinde G, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Land Steiermark Aufwendungen in Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

Mit Eingabe vom 5. März 1992 suchte die erstmitbeteiligte Partei um Erteilung der Widmungsänderungsbewilligung zum Zweck der Errichtung von Abstellflächen für Busse auf einem Teil des Grundstückes Nr. 241/6, KG K, welches aus einer 248 m2 großen Baufläche und einer 2.814 m2 großen Gartenfläche besteht und sich nach dem geltenden Flächenwidmungsplan im landwirtschaftlichen Freiland befindet, an. Für das auf dem Grundstück errichtete Wohnhaus besteht eine Widmungsbewilligung aus dem Jahre 1967. Der dem Verfahren beigezogene raumplanungstechnische Amtssachverständige stellte in seinem Gutachten fest, daß die beabsichtigte Widmungsänderung einer Nutzungsänderung des Verwendungszweckes für die Ausübung von betrieblichen Tätigkeiten im Sinne des § 25 Abs. 4 Steiermärkisches Raumordnungsgesetz entspreche, wobei die überwiegende Erhaltung des bisherigen Nutzungscharakters als Bewilligungsvoraussetzung gemäß § 25 Abs. 4 leg. cit. gelte. Die dem Antrag zugrundeliegenden Flächenausmaße der "Parkfläche für Busse" von ca. 270 m2 und jenes der "Parkfläche für Pkw und VW-Busse" mit ca. 130 m2 zuzüglich eines 50 %igen Anteils der Zufahrtsflächen verblieben deutlich unterhalb des bisher bestehenden Garten- und Grünflächenanteils auf der Widmungsfläche. Auch bei Inanspruchnahme der im Bestandsplan als Parkfläche für Busse, Pkw und VW-Busse sowie der als Zufahrtsfläche bezeichneten Teile bliebe der bisherige Nutzungscharakter der Freifläche innerhalb des Widmungsgrundstückes als dem Wohnhaus zugeordnete Garten- und Grünflächen überwiegend (im Ausmaß von ca. 1.800 bis 1.900 m2) erhalten. Mit Bescheid vom 23. März 1993 wurde die Widmungsänderung bewilligt, wobei "die betrieblich für Garagen bzw. Buslenker-Aufenthaltsräume genutzten Flächen innerhalb des Gebäudebestandes" mit 50 % der bestehenden Nutzfläche beschränkt wurden und dies auch ausdrücklich für den Fall einer Vergrößerung der Wohnfläche (durch Angabe der höchstzulässigen Quadratmeter) festgehalten wurde. Das zulässige Ausmaß der (offenen) Abstellflächen für Busse wurde (antragsgemäß) mit 270 m2 "und einer nordwestseitig oberhalb des Wohnhauses befindlichen Situierung" festgelegt. Die Einwendungen der Beschwerdeführer betreffend die unzumutbare Lärm- und Abgasentwicklung wurden als unbegründet abgewiesen, da Immissionen, die im Zusammenhang mit einer höheren Frequentierung öffentlicher Verkehrsflächen stünden, nicht Gegenstand subjektiv öffentlicher Nachbarrechte seien. Die Einwendung einer Grundstücks- und Objektentwertung sei privatrechtlicher Natur und ihre Geltendmachung dem Zivilrechtsweg vorbehalten. Für die Entscheidung über die Widmungsänderungsbewilligung seien unter Zugrundelegung des Amtssachverständigengutachtens die Kriterien des Steiermärkischen Raumordnungsgesetzes geprüft worden.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung wendeten die Beschwerdeführer ein, daß aufgrund des rechtskräftigen Flächenwidmungsplanes eine Widmung zu einer betrieblichen Nutzung überhaupt nicht möglich sei und die verfahrensgegenständliche Widmungsänderung in den Bestimmungen des § 25 Steiermärkisches Raumordnungsgesetz keine Deckung finde. § 25 leg. cit. sehe nämlich eine betriebliche Nutzung im Rahmen eines Transport- und Beförderungsgewerbes nicht vor, eine solche Widmungsänderung sei daher unzulässig. Die Einwendungen betreffend die zu erwartenden Immissionen stellten insoferne die Geltendmachung eines subjektiv öffentlichen Rechtes dar, als die Immissionen nicht nur auf der öffentlichen Verkehrsfläche, sondern auf der Liegenschaft der erstmitbeteiligten Partei entstünden. Der Verwaltungsgerichtshof habe in diesem Zusammenhang mehrfach darauf hingewiesen, daß ein Garagenbau (in dem Fall Kfz-Abstellflächen) das Recht auf Schutz vor Immissionen der Nachbarn verletzen könne und es sich dabei um eine subjektiv öffentliche Einwendung handle. Darüber hinaus sei das Verfahren auch infolge unvollständiger Planunterlagen mangelhaft.

Die Berufungsbehörde bestätigte mit Bescheid vom 24. Februar 1994 den erstinstanzlichen Bescheid vollinhaltlich und wies die Berufung der Beschwerdeführer als unbegründet ab. Ausgehend von § 25 Abs. 4 Steiermärkisches Raumordnungsgesetz sei unter Berücksichtigung des bisherigen Verwendungszweckes "Wohnen" die Prüfung des Überwiegens des Nutzungscharakters gegen die künftige von der Widmungsänderung umfaßte betriebliche Nutzung vorzunehmen. Im Ergebnis bliebe der bisherige Nutzungscharakter überwiegend erhalten. Hinsichtlich der von den Beschwerdeführern befürchteten Immissionen verwies die Berufungsbehörde erneut auf den Umstand, daß die Nachbarn keinen Rechtsanspruch darauf hätten, daß die Immissionssituation auf der öffentlichen Verkehrsfläche unverändert bliebe. Zum Vorbringen der Beschwerdeführer betreffend die auf der Liegenschaft der erstmitbeteiligten Partei durch Zu- und Abfahrten verursachten Immissionen führte die Berufungsbehörde aus, daß der Schutz der Nachbarn vor Immissionen, die im Zusammenhang mit einer gewerblichen Betriebsanlage entstünden, gemäß § 5 Steiermärkische Garagenordnung nicht von der Bau-, sondern der Gewerbebehörde wahrzunehmen sei. Die Prüfung der von der in Rede stehenden Anlage allenfalls ausgehenden Beeinträchtigung der Nachbarschaft sei der Kompetenz der Baubehörde entzogen. Bezugnehmend auf die geltend gemachte Mangelhaftigkeit bzw. Unvollständigkeit der Pläne verwies die Baubehörde zweiter Instanz auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, der zufolge die Parteien keinen Rechtsanspruch darauf besäßen, daß Pläne in jeder Hinsicht den gesetzlichen Bestimmungen entsprächen. Das diesbezügliche Recht beziehe sich lediglich auf die Vermittlung der zur Verfolgung der Rechte ausreichenden Information.

Die Beschwerdeführer erhoben gegen diesen Bescheid Vorstellung, in der sie im wesentlichen ihr Berufungsvorbringen wiederholten.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Vorstellung als unbegründet ab. Mit der Einwendung, daß § 25 Abs. 4 Z. 2 Steiermärkisches Raumordnungsgesetz fälschlicherweise herangezogen worden sei, da diese Bestimmung eine Nutzungsänderung eines betrieblichen Nutzungscharakters im Auge habe und nicht eine Nutzungsänderung eines Wohnhauses zu einer betrieblichen Nutzung, zielten die Beschwerdeführer nach Auffassung der belangten Behörde auf das subjektiv öffentliche Nachbarrecht gemäß § 61 Abs. 2 lit. b Steiermärkische Bauordnung ab. Der genannten Bestimmung zufolge dienten Vorschriften über die Übereinstimmung des Bauvorhabens mit dem Flächenwidmungsplan, Bebauungsplan und den Bebauungsrichtlinien, soweit damit ein Immissionsschutz verbunden sei, auch dem Interesse der Nachbarn. Da § 25 Steiermärkisches Raumordnungsgesetz keinen Immissionsschutz beinhalte, hätten die Beschwerdeführer jedoch kein subjektiv öffentliches Recht auf Einhaltung der im Flächenwidmungsplan festgelegten Widmungs- und Nutzungsart "Freiland". Bezüglich der geltend gemachten Belästigung durch Lärm und Abgase wiederholte die belangte Behörde die von der Berufungsbehörde in diesem Zusammenhang gewählte Begründung unter Hinweis auf § 5 der Steiermärkischen Garagenordnung, dem zufolge der Schutz der Nachbarschaft vor von einem gewerblichen Kraftfahrzeugbetrieb ausgehenden Immissionen nicht von der Baubehörde wahrzunehmen sein. Infolge der Zuständigkeit der Gewerbebehörde könne im Bauverfahren eine Verletzung von subjektiv öffentlichen Rechten im Zusammenhang mit den von einer gewerblichen Betriebsanlage ausgehenden Immissionen nicht mit Erfolg geltend gemacht werden. Abschließend stellte die belangte Behörde fest, daß weder die Frage der Eignung des Zufahrtsweges noch jene der Vollständigkeit der Planunterlagen ein subjektives Recht begründe und verwies in diesem Zusammenhang auf entsprechende Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte. Die mitbeteiligte Marktgemeine erstattete eine Mitteilung zu einem Sachverhaltsdetail, ohne eine formelle Gegenschrift einzubringen oder einen Kostenantrag zu stellen.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführer machen geltend, daß die belangte Behörde unter Mißachtung der im geltenden Flächenwidmungsplan festgelegten Widmung des Grundstückes als Freiland das Grundstück "ohne Revision des Flächenwidmungsplanes zur betrieblichen Nutzung" freigebe.

Dazu ist folgendes festzustellen:

Gemäß § 3 Abs. 1 Steiermärkische Bauordnung 1968 sind im Rahmen des Widmungsbewilligungsverfahrens die Bestimmungen über die Bauverhandlung sinngemäß anzuwenden. § 61 Abs. 2 Steiermärkische Bauordnung 1968, der eine taxative Aufzählung der subjektiv öffentlichen Nachbarrechte enthält, normiert in lit. b, daß der Nachbar (im vorliegenden Zusammenhang: gegen die Erteilung einer Widmungsänderungsbewilligung) Einwendungen im Zusammenhang mit der Übereinstimmung des Bauvorhabens (des Antrags auf Widmungsänderung) mit dem Flächenwidmungsplan erheben kann, soweit damit ein Immissionsschutz verbunden ist.

§ 25 Stmk. ROG enthält jedoch keinen Immissionsschutz, sodaß den Beschwerdeführern insoweit keine subjektiven Rechte zukommen. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes besitzt der Nachbar keinen Rechtsanspruch auf Einhaltung der Widmung Freiland (vgl. das hg. Erkenntnis vom 6. Juli 1989, Zl. 88/06/0142). Die von den Beschwerdeführern insoweit behauptete Rechtsverletzung liegt daher nicht vor. Die Beschwerdeausführungen zur Frage der Einhaltung des Flächenwidmungsplanes gehen mangels subjektiv-öffentlichen Mitspracherechtes ins Leere.

Im übrigen ist ergänzend darauf hinzuweisen, daß § 25 Abs. 4 Z. 2 ROG - entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer - die Möglichkeit der Bewilligung der Änderung des Verwendungszweckes eines Grundstücks im Freiland unter den dort genannten Voraussetzungen kannte. Einer Änderung des Flächenwidmungsplanes bedurfte es im Falle der Anwendbarkeit des § 25 Abs. 4 Z. 2 ROG hiefür nicht. Im Hinblick auf das Fehlen eines subjektiven Rechtes bezüglich der Einhaltung der Vorschriften des § 25 ROG ist jedoch weder auf die Frage, ob § 25 Abs. 4 in der von der Behörde angewendeten Fassung im Beschwerdefall anwendbar war, noch auf die Frage, ob die belangte Behörde im Beschwerdefall zu Recht von der Bewilligungsfähigkeit nach § 25 Abs. 4 Z. 2 ROG ausgegangen ist, näher einzugehen.

Soweit sich die belangte Behörde mit der Frage der Anwendung der § 4 Abs. 3 Steiermärkische Bauordnung und § 5 Steiermärkische Garagenordnung auseinandergesetzt hat (diesbezüglich kommt den Nachbarn grundsätzlich - auch im Widmungsverfahren - ein subjektiv-öffentliches Recht zu, vgl. das hg. Erkenntnis vom 5. Mai 1994, Zl. 91/06/0073), ist festzuhalten, daß die Beschwerde lediglich den Hinweis enthält, daß die "belangte Behörde wesentliche Bestimmungen der Steiermärkischen Bauordnung 1968 und des Steiermärkischen Raumordnungsgesetzes 1974 falsch interpretiert hat, insbesondere die Bestimmungen des § 61 Abs. 2 und § 4 Abs. 3 Steiermärkische Bauordnung, § 5 Abs. 1 Steiermärkische Garagenorndung und § 25 Abs. 4 Z. 2 Steiermärkisches Raumordnungsgesetz 1974". Die Beschwerdeführer machen keine weiteren Ausführungen und legen nicht dar, worin die falsche Interpretation der genannten Bestimmungen bestehen soll.

Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits mehrfach ausgesprochen hat, ist bei einem Kraftfahrzeugbetrieb, der im Zusammenhang mit einer gewerblichen Betriebsanlage erfolgt, der Schutz der Nachbarschaft vor Immissionen in Bezug auf den Kraftfahrzeugbetrieb im Hinblick auf § 5 Abs. 2 Steiermärkische Garagenordnung nicht von der Baubehörde wahrzunehmen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 6. Dezember 1990, Zl. 90/06/0123, oder das hg. Erkenntnis vom 17. Juni 1992, Zl. 87/06/0131 und 0132). In einem Widmungsverfahren (Bauverfahren) kann gemäß § 5 Abs. 2 Steiermärkische Garagenordnung zufolge der insoweit gegebenen Zuständigkeit der Gewerbebehörde nicht mit Erfolg einer Verletzung der sich aus § 5 Abs. 1 Steiermärkische Garagenordnung ergebenden Nachbarrechte geltend gemacht werden (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 17. Juni 1992, Zl. 87/06/0131 und 87/06/0132, und vom 9. Juni 1994, Zl. 92/06/0246).

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Gewerberecht Nachbar Rechtsnachfolger Planung Widmung BauRallg3 sachliche Zuständigkeit in einzelnen Angelegenheiten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1996060020.X00

Im RIS seit

03.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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