TE Vwgh Erkenntnis 2020/10/6 Ra 2019/16/0157

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Veröffentlicht am 06.10.2020
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
34 Monopole
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

B-VG Art133 Abs4
GSpG 1989 §52 Abs1 Z1
VStG §13
VStG §16 Abs2
VStG §19
VStG §44a
VStG §44a Z3
VwGG §28 Abs3
VwGG §42 Abs2 Z1
VwGVG 2014 §38

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und den Hofrat Dr. Thoma sowie die Hofrätin Dr. Reinbacher als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Galli, LL.M., über die Revision des M R in U, vertreten durch Mag. Rainer Hochstöger, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Breitwiesergutstraße 10, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom 5. Juni 2019, VGW-002/007/14909/2018, betreffend Übertretung des Glücksspielgesetzes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landespolizeidirektion Wien),

Spruch

I. zu Recht erkannt:

Das angefochtene Erkenntnis wird im Umfang seines Ausspruchs über die Strafe sowie die Verfahrenskosten (des Strafverfahrens vor der belangten Behörde sowie des Beschwerdeverfahrens) wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in Höhe von € 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

II. den Beschluss gefasst:

Im Übrigen wird die Revision zurückgewiesen.

Begründung

1        Mit Straferkenntnis vom 17. September 2018 erkannte die Landespolizeidirektion Wien den Revisionswerber als handelsrechtlichen Geschäftsführer einer näher bezeichneten Gesellschaft der Übertretung des § 52 Abs. 1 Z 1 viertes Tatbild iVm § 2 Abs. 2 und 4 iVm § 4 Glücksspielgesetz (GSpG) hinsichtlich acht näher bezeichneter Glücksspielgeräte schuldig, weil sich die von ihm vertretene Gesellschaft als Unternehmerin an verbotenen Ausspielungen beteiligt habe, indem sie ein näher bezeichnetes Spiellokal gegen ein monatliches Entgelt untervermietet habe, wodurch es der Untermieterin ermöglicht worden sei zu einem bestimmten Zeitpunkt die genannten Glücksspielgeräte zu betreiben. Über den Revisionswerber wurden acht Geldstrafen iHv jeweils 15.000 € (Ersatzfreiheitsstrafe für den Fall deren Uneinbringlichkeit: jeweils 4 Tage) verhängt. Weiters wurde ihm ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens iHv 12.000 € auferlegt.

2        Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht Wien die dagegen vom Revisionswerber erhobene Beschwerde mit der Maßgabe ab, dass es den Spruch auf zwei Glücksspielgeräte einschränkte und die dafür verhängten Geldstrafen auf jeweils 3.000 € (bei gleichbleibenden Ersatzfreiheitsstrafen von jeweils 4 Tagen) reduzierte. Weiters setze das Verwaltungsgericht den Kostenbeitrag für das Strafverfahren mit 600 € fest, legte dem Revisionswerber keine Kosten des Beschwerdeverfahrens auf und sprach aus, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshofnicht zulässig sei.

3        Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Revision, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Einleitung des Vorverfahrens gemäß § 36 VwGG (die belangte Behörde verzichtete auf die Erstattung einer Revisionsbeantwortung) erwogen hat:

4        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

5        Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

6        Liegen - wie hier in Bezug auf den Ausspruch von Schuld und Strafe - trennbare Absprüche vor, so ist die Zulässigkeit einer dagegen gerichteten Revision auch getrennt zu prüfen (vgl. etwa VwGH 14.5.2019, Ra 2018/16/0032, mwN).

7        Der Revision erweist sich mit ihrem Zulässigkeitsvorbringen zur nichterfolgten Herabsetzung der verhängten Ersatzfreiheitsstrafen als zulässig und begründet.

8        Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat das Verwaltungsgericht, wenn es in Verwaltungsstrafsachen eine Geldstrafe nicht nur auf Grund der Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten herabsetzt, gemäß § 38 VwGVG iVm § 16 Abs. 2 letzter Satz VStG auch die Ersatzfreiheitsstrafe zu reduzieren (vgl. VwGH 26.6.2019, Ra 2019/09/0004, mwN).

9        Ist der Ausspruch über die Ersatzfreiheitsstrafe rechtswidrig, so ist der Strafausspruch nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Gänze aufzuheben (vgl. nochmals VwGH 26.6.2019, Ra 2019/09/0004; sowie VwGH 23.8.2018, Ra 2017/17/0340, jeweils mwN).

10       Das Landesverwaltungsgericht Wien hat im angefochtenen Erkenntnis die Herabsetzung der Höhe der Geldstrafen mit der Einschränkung auf zwei Übertretungen des GSpG und der somit gebotenen Anwendung des ersten (statt des vierten) Strafsatzes des § 52 Abs. 2 GSpG begründet. Eine Reduktion der Höhe der jeweils verhängten Ersatzfreiheitsstrafe hat das Verwaltungsgericht jedoch - ohne nähere Begründung - nicht vorgenommen.

11       Damit hat das Landesverwaltungsgericht Wien den Strafausspruch des angefochtenen Erkenntnisses mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet.

12       Im Umfang des Strafausspruchs und im Ausspruch über die Verfahrenskosten war das angefochtene Erkenntnis daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben.

13       Zu dem den Schuldspruch betreffenden übrigen Zulässigkeitsvorbringen der Revision, wonach Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum Tatbild der unternehmerischen Beteiligung an verbotenen Ausspielungen durch die bloße Untervermietung eines Lokals fehle, genügt der Hinweis, dass der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen hat, dass auch das entgeltliche Überlassen von Räumlichkeiten das vierte Tatbild des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG erfüllen kann (vgl. VwGH 25.6.2020, Ra 2019/15/0144, mwN).

14       Im Übrigen hat das Landesverwaltungsgericht Wien - entgegen dem Revisionsvorbringen - die Feststellung getroffen, dass die vom Revisionswerber vertretene Gesellschaft die Räumlichkeiten des gegenständlichen Lokals gegen Entgelt einem Glücksspielveranstalter zur Verfügung gestellt hat, um fortgesetzt Einnahmen aus den mit den Eingriffsgegenständen veranstalteten Glücksspielen in Form von verbotenen Ausspielungen gemäß § 2 Abs. 4 GSpG zu erzielen. Dass der Revisionswerber von der Aufstellung der Glücksspielgeräte in den vermieteten Räumlichkeiten keine Kenntnis gehabt hätte, zeigt die Revision in ihrem Zulässigkeitsvorbringen nicht auf.

15       Die Revision war daher, soweit sie den Schuldspruch betrifft, gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG mit Beschluss zurückzuweisen.

16       Von der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 1 und 4 VwGG abgesehen werden.

17       Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 6. Oktober 2020

Schlagworte

Geldstrafe und Arreststrafe

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RA2019160157.L00

Im RIS seit

15.12.2020

Zuletzt aktualisiert am

15.12.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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