TE Vwgh Erkenntnis 2020/10/6 Ra 2019/16/0143

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Veröffentlicht am 06.10.2020
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

AVG §58 Abs2 implizit
AVG §59 Abs1 implizit
AVG §60 implizit
VwGG §42 Abs2 Z1
VwGVG 2014 §28
VwGVG 2014 §29 Abs1
VwGVG 2014 §31 Abs3

Beachte


Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):
Ra 2019/16/0144

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und den Hofrat Dr. Thoma sowie die Hofrätin Dr. Reinbacher als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Galli, LL.M., in der Revisionssache des 1. M R in U und der 2. J GmbH in W, beide vertreten durch Mag. Julia Eckhart, Rechtsanwältin in 8010 Graz, Hofgasse 3, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom 17. April 2019, Zl. VGW-002/011/4266/2019/E-2 und VGW-002/011/4267/2019/E, betreffend Übertretung des Glücksspielgesetzes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landespolizeidirektion Wien), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat den revisionswerbenden Parteien Aufwendungen in der Höhe von zusammen € 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1        Zur Vorgeschichte des Revisionsfalls wird auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 28. Februar 2019, Ra 2018/16/0181 bis 0182 (im Folgenden: Vorerkenntnis), verwiesen.

2        Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 17. April 2019 sprach das Verwaltungsgericht Wien aus:

„I. Gemäß § 50 VwGG wird die Beschwerde, die sich gegen die Verhängung der Strafen und gegen die Haftung der [Zweitrevisionswerberin] gemäß § 9 Abs. 7 VStG wendet, in der Schuldfrage als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt; in der Straffrage wird der Beschwerde insoweit stattgegeben, dass die verhängte Strafe in Ansehung des Gerätes e-Kiosk aufgehoben wird. Weiters wird unter Bindung an die Rechtsauffassung des VwGH zu Ra 2018/16/0181 vom 28.2.2019 gem. § 44a Z 3 VStG als Strafnorm § 52 Abs 2 erster Strafsatz eingefügt.

Im Übrigen wird der Beschwerde in der Straffrage insoweit Folge gegeben, als zufolge der langen Verfahrensdauer [...] und des bereits im 1. Verfahrensgang gem. § 52 Abs 2 erster Strafsatz GspG reduzierten Strafsatzes (bei bis zu 3 illegalen Eingriffsgegenständen) die Geldstrafen von € 8.000,- je illegalem Eingriffsgegenstand auf € 4.000,- herabgesetzt werden, Ersatzfreiheitsstrafen werden reduziert von 72 Stunden auf 36 Stunden je illegalem Eingriffsgegenstand.

Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG werden dem Beschwerdeführer keine Kosten des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht Wien auferlegt.“

3        Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erklärte das Verwaltungsgericht für nicht zulässig.

4        Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Revision über die der Verwaltungsgerichtshof nach Einleitung des Vorverfahrens gemäß § 36 VwGG (die belangte Behörde verzichtete auf die Erstattung einer Revisionsbeantwortung) erwogen hat:

5        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

6        Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

7        In der Revision wird zu ihrer Zulässigkeit vorgebracht, das angefochtene Erkenntnis weiche neuerlich von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, wonach zwischen dem Spruch und der Begründung eines Erkenntnisses kein Widerspruch bestehen dürfe. Das Verwaltungsgericht habe ausdrücklich den Schuldspruch des behördlichen Straferkenntnisses hinsichtlich dreier Glücksspielgeräte und eines „e-Kiosks“ bestätigt und die Beschwerde insoweit abgewiesen. Dem stünden nach wie vor die Entscheidungsgründe gegenüber, wonach das Verwaltungsgericht den „e-Kiosk“ nicht als Glücksspielgerät oder sonstigen Eingriffsgegenstand ansehe.

8        Die Revision erweist sich insoweit als zulässig und begründet.

9        Mit dem angefochtenen Erkenntnis hat das Verwaltungsgericht durch die Abweisung der Beschwerde der revisionswerbenden Parteien „in der Schuldfrage“ - wie im ersten Rechtsgang - den Schuldspruch des Straferkenntnisses der Landespolizeidirektion Wien vom 26. April 2017 bestätigt, wonach der Erstrevisionswerber als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Zweitrevisionswerberin der Übertretung des § 52 Abs. 1 Z 1 erster Fall GSpG hinsichtlich dreier näher bezeichneter Glücksspielgeräte und eines E-Kiosks für schuldig erkannt wurde, weil die Zweitrevisionswerberin verbotene Ausspielungen auf eigene Rechnung und Gefahr veranstaltet hat.

10       Durch die teilweise Stattgabe der Beschwerde „in der Straffrage“ und Aufhebung der verhängten Strafe hinsichtlich des E-Kiosks hat das Verwaltungsgericht den Schuldspruch des Straferkenntnisses hinsichtlich des E-Kiosks nicht abgeändert.

11       Der Spruch des angefochtenen Erkenntnisses enthält somit weiterhin einen Schuldspruch hinsichtlich dreier Glücksspielgeräte und eines weiteren Eingriffsgegenstands, nämlich des „e-Kiosks“. Dem stehen die Entscheidungsgründe (S. 20, 22 des angefochtenen Erkenntnisses) gegenüber, wonach das Verwaltungsgericht den „e-Kiosk“ nicht als Glücksspielgerät oder sonstigen Eingriffsgegenstand ansieht.

12       Dieser Widerspruch zwischen Spruch und Begründung des angefochtenen Erkenntnisses führt nach der ständigen Rechtsprechung (vgl. neben dem Vorerkenntnis etwa VwGH 31.1.2018, Ra 2017/17/0045; 28.9.2011, 2006/13/0087) bereits dazu, dass das angefochtene Erkenntnis gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben war, ohne dass auf das übrige Revisionsvorbringen eingegangen werden musste.

13       Von der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 4 VwGG abgesehen werden.

14       Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 6. Oktober 2020

Schlagworte

Spruch und Begründung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RA2019160143.L00

Im RIS seit

15.12.2020

Zuletzt aktualisiert am

15.12.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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