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StVONorm
StVO 1960 §4 Abs1 litcBetreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dkfm. Dr. Porias und die Hofräte DDr. Dolp, Dr. Schmid, Dr. Schmelz und Dr. Jurasek als Richter, im Beisein des Schriftführers Rat Dohnal, über die Beschwerde des V W in G, vertreten durch Dr. Leo Kaltenbäck, Dr. Franz Insam und Dr. Hans-Peter Pausch, Rechtsanwälte in Graz, Kaiserfeldgasse 15, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung von 21. August 1970, Zl. 11-393/I WU 5/2-1970, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von S 390,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Bundespolizeidirektion Graz sprach mit Straferkenntnis vom 23. April 1970 aus, der Beschwerdeführer habe am 7. September 1969 um 19.15 Uhr einen dem Kennzeichen nach bestimmten Personenkraftwagen auf der Landesstraße 180 im Gemeindegebiet Edelstauden im Bezirk Feldbach gelenkt, wobei er nach Beteiligung an einem Verkehrsunfall, bei welchem eine Person verletzt worden sei, nicht an der Feststellung des Sachverhaltes mitgewirkt und es unterlassen habe, unverzüglich die Anzeige beim nächsten Gendarmerieposten über den Unfall zu erstatten. Dadurch habe er Verwaltungsübertretungen nach 1) gemäß § 4 Abs. 1 lit. c StVO 1960, 2) § 4 Abs. 2 StVO begangen und es wurden gemäß § 99 Abs. 2 lit. a gegen ihn Geldstrafen von 1. S 500,--, 2. S 500,-- (Ersatzarreststrafen je 48 Stunden) verhängt. In der dem Straferkenntnis beigefügten Begründung heißt es, daß der Tatbestand auf Grund der vorhandenen Zeugenaussagen als erwiesen erscheine. Der Rechtfertigung des Beschwerdeführers, er habe von einem Unfall nichts bemerkt, sonst wäre er seinen Pflichten nachgekommen, habe die Behörde nicht folgen können, da zwei Zeugen getrennt voneinander den Beschwerdeführer verfolgt hätten, wobei er von einem der Zeugen eingeholt und hinreichend durch akustische und optische Signalzeichen zum Anhalten aufgefordert worden sei. Im Hinblick auf die Zeugenaussage des Karl R., welcher nicht Insasse eines der beteiligten Fahrzeuge gewesen, sondern als unbeteiligter Dritter hinzugekommen sei, erscheine kein Zweifel an dem vorliegenden Tatbestand. In Anbetracht der bisherigen Straflosigkeit sei die Mindeststrafe verhängt worden. In der gegen das Straferkenntnis erhobenen Berufung wurde der Antrag gestellt, das Verwaltungsstrafverfahren bis zur rechtskräftigen Beendigung des beim Bezirksgericht Kirchbach anhängigen Verfahrens zu unterbrechen. Weiters wurde u. a. ausgeführt, daß sich der Unfall nicht so zugetragen habe könne, wie es die Zeugen Karl R., Gertrude R., Rudolf R. und Sophie R. geschildert hätten. Durch die Vornahme eines Lokalaugenscheines unter Beiziehung eines kraftfahrtechnischen Sachverständigen werde hervorkommen, daß der Kraftfahrzeuglenker Karl R., der nach seinen eigenen Angaben ungefähr 50 bis 80 m hinter dem Beschwerdeführer nachgefahren sein soll, auf Grund der örtlichen Gegebenheiten überhaupt nicht in der Lage gewesen wäre, das Geschehen, wo und wie sich der Unfall zugetragen haben soll, zu beobachten. Stimmte der von diesem Zeugen angegebene Abstand des Fahrzeuges des Beschwerdeführers, so habe er wegen einer vor dem angeblichen Unfallszeitpunkt befindlichen Kurve zum Zeitpunkt des angeblichen Unfalles noch gar nicht die Gerade vor dem Unfall erreichen können, er hätte daher erst seine Beobachtungen aus einem Winkel machen können, von dem er aus unmöglich angeben könnte, ob das Fahrzeug des Beschwerdeführers rechts, oder wie der Zeuge behauptet, in der Straßenmitte gefahren sei. Das gleiche gelte selbstverständlich für die Aussagen der im Fahrzeug des Zeugen mitfahrenden anderen Personen. Durch den Ortsaugenschein hätte unter Beiziehung eines kraftfahrtechnischen Sachverständigen hervorkommen können, daß wegen einer vor dem angeblichen Unfallspunkt befindlichen leichten Böschung in der Innenkurve, die vor der Unfallsstelle liege, eine Sichtbehinderung eintrete, die es überhaupt unmöglich mache, ein allfälliges Unfallgeschehen für diesen Zeugen und die anderen Personen zu beobachten. Außerdem hätte sich bei Vornahme des Augenscheines klar herausgestellt, daß die Zeugin Gertrude R. überhaupt keinen Anlaß gehabt habe, nach rechts von der Fahrbahn hinunterzufahren, da sich an dieser Stelle kein Straßengraben bzw. nur eine Einfahrt befinde, sodaß schon aus diesem Grunde die Angaben dieser Zeugin absolut unrichtig seien. Weiters wäre hervorgekommen, daß die am Personenkraftwagen der Zeugin aufgetretenen Schäden unmöglich durch ein von der Fahrbahnabkommen an dieser Stelle entstanden sein konnten, wie dies die Zeugin bezeichne. Es hätten außerdem von der Gendarmerie keine Spuren vom Fahrzeug der Zeugin Gertrude R. festgestellt werden können, aus denen die Fahrspur des Kraftwagens der Zeugin entnommen hätte werden können. Die Praxis erweise, daß dann, wenn ein entgegenkommendes Fahrzeug so die Fahrbahnmitte überschreite, daß der Lenker eine Kollision befürchte, dieser Lenker sein Fahrzeug nicht nur von der Fahrbahn weglenke, sondern auch gleichzeitig zur Vermeidung eines Anpralles sein Fahrzeug stark abbremse. Derartige Bremsspuren seien aber nicht vorhanden gewesen, sodaß auch dieser Umstand gegen die Aussage der Zeugin Gertrude R. spreche. Darüberhinaus müsse festgestellt werden, daß in der Fahrtrichtung des Beschwerdeführers die Straße vor der angeblichen Unfallsstelle eine Linkskurve aufweise. Am Innenrand der Kurve befinde sich eine Böschung, sodaß aus dem vor dieser Kurve liegenden Teil der Straße nicht die Fahrbahn von der Kurve bis zum Gehöft Edelstauden Nr. 1 überblickt werden könne. Zumindest aber sei wegen der Steigungsverhältnisse von nachkommenden Fahrzeugen die Straße nicht einsehbar, daß überhaupt eine genaue Fahrlinie eines dort befindlichen Fahrzeuges aus einer Position, die mehr als 50 m weiter hinten liege, überblickt werden könne. Komme ein Fahrzeug entgegen, könne bei Dunkelheit nicht festgestellt werden, um welchen Typ eines Fahrzeuges es sich handle. Die diesbezüglichen Angaben der Zeugin Gertrude R. seien daher nicht glaubwürdig. Die Gendarmerie habe lediglich eine 16 m lange Fahrspur, nicht aber eine Bremsspur der Zeugin Gertrude R. feststellen können. Daher lägen keinerlei objektive Spuren vor, aus denen nunmehr festgestellt werden könne, welche Fahrlinie die Zeugin Gertrude R. tatsächlich eingehalten habe. Aus einer Aussage vom 8. September 1968 vor der Gendarmerie gehe hervor, daß sie, als sie dem Personenkraftwagen des Beschwerdeführers angeblich nachgefahren sei, vor sich das Fahrzeug des Zeugen Karl R. gesehen habe. Die Aussage der Zeugin Gertrude R. und des Zeugen Karl R. seien ungereimt und daher unglaubwürdig. Es müsse noch berücksichtigt werden, daß von der von der Zeugin Gertrude R. behaupteten Fahrlinie in Richtung Vorplatz zum Hause Edelstauden Nr. 1 keinerlei Hindernisse vorlagen, die zur Beschädigung der Ölwanne des rechten vorderen Kotflügels oder rechten Scheinwerfers bzw. Frontblechs des Fahrzeuges hätten führen können. Bei derartigem geringfügigem Abkommen von der Fahrbahn, noch dazu einem Befahren eines Zufahrtsweges und allenfalls Überfahren eines Rinnsals mit einer Tiefe von 15 cm hätten derartige Schäden am Fahrzeug der Gertrude R. nicht auftreten können. Der Ortsaugenschein und Beweis eines Sachverständigen hätten ergeben, daß die Angaben der Zeugen Gertrude R. und Karl R. bzw. dessen Fahrzeuginsassen unrichtig seien.
Mit Bescheid der belangten Behörde vom 21. August 1970 wurde dieser Berufung keine Folge gegeben. Zur Begründung wurde u. a. ausgeführt, es wende der Beschwerdeführer insbesondere ein, daß die Zeugin des Unfalles, insbesondere die Insassen des hinter dem Personenkraftwagen des Beschwerdeführers nachfahrenden Fahrzeuge, den Unfall infolge der Sichtbehinderung durch die Böschung nicht beobachten hätten können. Mit diesem Vorbringen bestreite der Beschwerdeführer offenbar, den Unfall überhaupt verursacht zu haben und daher auch verpflichtet gewesen zu sein, an der Feststellung des Sachverhaltes mitzuwirken und sofort die nächste Gendarmeriedienststelle zu verständigen. Er verweise in diesem Zusammenhang auf das zur Zeit der Einbringung der Berufung noch nicht rechtskräftig abgeschlossene Gerichtsverfahren wegen Übertretung gegen die Sicherheit des Lebens nach den §§ 431, 437 (337 c) StG. Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen in Graz vom 14. Mai 1970 sei die Berufung des Beschwerdeführers wegen Vorliegens von Nichtigkeitsgründen sowie wegen des Ausspruches über die Schuld und Strafe gegen das Urteil des Bezirksgerichtes Kirchbach vom 4. März 1970, womit der Beschwerdeführer wegen Übertretung nach §§ 431, 437 (337 c) zu 3 Wochen Arrest bedingt verurteilt worden sei, als unbegründet abgewiesen worden. In der Berufungsverhandlung, die an Ort und Stelle durchgeführt worden sei, sei auch ein Gutachten eines Kraftfahrzeug-Sachverständigen über den Unfallshergang eingeholt worden. Die Durchführung eines neuerlichen Ortsaugenscheines und die Einholung eines Sachverständigengutachtens im Verwaltungsverfahren könne somit unterbleiben, zumal die belangte Behörde finde, daß im gerichtlichen Berufungsverfahren der maßgebliche Sachverhalt so ausreichend geklärt worden sei, daß eine Berufungsentscheidung darauf gestützt werden könne. In der Begründung des Urteils des Landesgerichtes für Strafsachen, Graz, werde ausgeführt, daß die Insassen des dem Beschwerdeführer nachfahrenden Personenkraftwagens zufolge ihrer glaubwürdigen Aussage das Unfallsgeschehen hätten offenbar richtig beobachten können. Demzufolge sei der Beschwerdeführer mit seinem Personenkraftwagen, dessen Kennzeichen die Zeugen hätten einwandfrei ablesen können, in der Straßenmitte gefahren, so daß die entgegenkommende Lenkerin des Personenkraftwagens gezwungen gewesen sei, mit ihrem Fahrzeug die Fahrbahn zu verlassen, wodurch einerseits das Fahrzeug beschädigt worden sei und andererseits die Lenkerin Verletzungen erlitten habe. Damit stehe fest, daß der Beschwerdeführer den Unfall nicht nur verursacht, sondern auch verschuldet habe. Er wäre somit einerseits nach § 4 Abs. 1 lit. c StVO 1960 verpflichtet gewesen, an der Durchführung der Sachverhaltsfeststellung mitzuwirken, andererseits gemäß § 4 Abs. 2 leg. cit. den Unfall sofort der nächsten Gendarmeriedienststelle zu melden. Diesen Verpflichtungen sei der Beschwerdeführer unbestritten nicht nachgekommen. Wenn der Beschwerdeführer einwende, vom Unfall nichts gemerkt zu haben, so erscheine dies ebenfalls auf Grund des gerichtlichen Beweisverfahrens unglaubwürdig, da er, wie festgestellt worden sei, nach der Begegnung mit dem verunglückten Personenkraftwagen kurz gebremst habe, woraus geschlossen werden könne, daß er den Unfall bemerkt habe und er auch durch die Licht- und Hupsignale der nachfahrenden Zeugen unbedingt auf den Unfall hätte aufmerksam werden müssen. Abgesehen davon habe die Lenkerin des entgegenkommenden Personenkraftwagens noch vor dem Fahrzeug des Beschwerdeführers die Fahrbahn verlassen müssen, da ansonsten ein Frontalzusammenstoß unvermeidlich gewesen wäre. Auch auf Grund dieses Umstandes habe der Beschwerdeführer vom Unfall Kenntnis gehabt. Die dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Übertretungen erschienen somit auf Grund des Ergebnisses des im gerichtlichen Strafverfahren durchgeführten Ermittlungsverfahrens, zweifelsfrei erwiesen. Der Einwand des Beschwerdeführers, er hätte keine Gelegenheit erhalten, vor Erlassung des Straferkenntnisses vom Ergebnis des Ermittlungsverfahrens Kenntnis und dazu Stellung zu nehmen, gehe ins Leere, da der Beschwerdeführer nach der Aktenlage laut Niederschrift vom 15. April 1970 zum Ergebnis des Beweisverfahrens Stellung genommen habe.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach § 4 Abs. 1 lit. c StVO haben alle Personen, deren Verhalten am Unfallsort mit einem Verkehrsunfall in ursachlichem Zusammenhange steht, an der Feststellung des Sachverhaltes mitzuwirken. Nach Absatz 2 haben - soweit für den Beschwerdefall von Interesse - die eben genannten Personen, wenn bei einem Verkehrsunfall Personen verletzt worden sind, die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle sofort zu verständigen.
Die belangte Behörde ist, vor allem gestützt auf das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen in Graz vom 14. Mai 1970, Zl. 1 c BL 159/70, davon ausgegangen, daß der Beschwerdeführer mit seinem Personenkraftwagen in der Straßenmitte gefahren sei, sodaß die entgegenkommende Lenkerin gezwungen gewesen sei, mit ihrem Personenkraftwagen die Fahrbahn zu verlassen und in einen Obstgarten zu fahren, wodurch einerseits ihr Fahrzeug beschädigt und andererseits die Lenkerin verletzt worden sei. Der Beschwerdeführer müsse nach dem gerichtlichen Beweisverfahren den Unfall bemerkt haben, weil er nach der Begegnung mit dem verunglückten Personenkraftwagen kurz gebremst habe und auch durch die Licht- und Hupsignale des nachfahrenden Zeugen auf den Unfall hätte aufmerksam werden müssen.
Der Beschwerdeführer bestreitet den Verkehrsunfall selbst nicht, wendet aber ebenso wie im Verwaltungsstrafverfahren ein, er habe den Verkehrsunfall nicht bemerkt.
Wie der Verwaltungsgerichtshof wiederholt, so etwa in dem Erkenntnis vom 9. September 1968, Slg. Nr. 7391/A, ausgesprochen hat, setzt die Verpflichtung zur Meldung eines Verkehrsunfalles nach § 4 Abs. 5 StVO das Wissen um die Sachbeschädigung voraus. Weiters hat der Verwaltungsgerichtshof in dem Erkenntnis vom 19. Mai 1969, Zl. 62/69, zum Ausdruck gebracht, daß der Tatbestand des § 4 Abs. 2 StVO schon dann gegeben ist, wenn dem Täter objektive Umstände zu Bewußtsein gekommen sind, oder bei gehöriger Aufmerksamkeit hätten kommen müssen, aus denen er die Möglichkeit eines Unfalles, insbesondere die Möglichkeit der Tötung oder Verletzung einer Person zu erkennen vermocht hätte. Einen ähnlichen Standpunkt hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem vom Beschwerdeführer zitierten Erkenntnis vom 11. Juli 1963, Zl. 1983/62, vertreten. Auch in diesem Erkenntnis heißt es, daß, wenn der Beschwerdeführer die Sachbeschädigung bemerkt haben mußte, die Verpflichtung nach § 4 Abs. 5 StVO zur Meldung entstanden war. Es bestehen keine Bedenken, die in diesen Erkenntnissen enthaltenen Grundsätze auch bei den Tatbeständen des § 4 Abs. 1 lit. c und Abs. 2 StVO anzuwenden.
Auch der Oberste Gerichtshof hat in seiner Judikatur zu § 337 lit. c StG einen ähnlichen Standpunkt eingenommen. So hat er in seiner Entscheidung vom 11. März 1964, SStXXV/22, (abgedruckt bei Kaniak, Das österreichische Strafgesetz, Wien 1960, Seite 625, Anmerkung 47) ausgesprochen, daß es zur Herstellung des genannten Tatbestandes genügt, wenn der Täter annimmt oder doch annehmen konnte, daß ein Unfall eingetreten sein kann, er sich aber dennoch nicht vergewissert, ob dies der Fall ist.
Auf den Beschwerdefall angewendet, bedeutet dies, daß das Tatbild der Übertretung vollendet ist, wenn der Beschwerdeführer den Verkehrsunfall bemerkt hat, oder doch hätte bemerken müssen.
Die belangte Behörde hat sich, wie bereits gesagt, im wesentlichen auf die Beweisergebnisse des gerichtlichen Strafverfahrens gestützt. Der Beschwerdeführer erblickt nun eine Rechtswidrigkeit darin, daß die belangte Behörde ihm nicht Gelegenheit gegeben habe, zum schon erwähnten Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen in Graz Stellung zu nehmen. Er ist nämlich der Meinung, daß dieser Verfahrensmangel deshalb wesentlich sei, weil zu klären gewesen wäre, ob es sich um einen Fall der bewußten oder unbewußten Fahrerflucht handle. In letzterem Fall wäre der Beschwerdeführer seiner Ansicht nach nicht strafbar.
Der Verwaltungsgerichtshof kann aber der Meinung des Beschwerdeführers nicht beipflichten. Wohl hat der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung, z. B. in dem Erkenntnis vom 28. November 1966, Zl. 691/66, die Ansicht vertreten, daß die Verwaltungsbehörde bei ihrer Beweiswürdigung nicht an die der ordentlichen Gerichte gebunden ist. Jedoch wurde in diesem Erkenntnis auch erklärt, daß die Behörde das Ermittlungsverfahren nicht mehr zu ergänzen habe, wenn der Sachverhalt durch Heranziehung des dem Beschuldigten betreffenden Strafaktes und der darin enthaltenen Beweismittel hinlänglich geklärt war. Im übrigen hatte der Beschwerdeführer in seiner Berufung gegen das Straferkenntnis der Behörde erster Instanz den Antrag gestellt, das Verwaltungsstrafverfahren bis zur rechtskräftigen Beendigung des gerichtlichen Strafverfahrens zu unterbrechen. Diesem Begehren war die belangte Behörde nachgekommen und sie hatte das mehrfach genannte Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen in Graz nicht nur abgewartet, sondern auch die gerichtlichen Beweisergebnisse dem angefochtenen Bescheide zugrunde gelegt. Daß der Beschwerdeführer nach Einsichtnahme in den Gerichtsakt durch die belangte Behörde abermals angehört werden wolle, hat er im Berufungsverfahren nicht begehrt. Schließlich hat der Beschwerdeführer in der Beschwerde nicht aufgezeigt, welche sonstigen Beweismittel er in seiner Stellungnahme vorgebracht hätte, die die belangte Behörde hätten veranlassen können, ihrer Entscheidung einen anderen Sachverhalt als den im angefochtenen Bescheid angenommen zugrunde zu legen.
Der Verwaltungsgerichtshof konnte daher nicht finden, daß die belangte Behörde den Sachverhalt nicht hinreichend festgestellt hätte. Sie durfte sich auf Grund der ihr nach § 45 Abs. 2 AVG. 1950 zustehenden freien Beweiswürdigung der dem Landesgericht vorgelegenen Beweismittel bedienen, ihre Beweiswürdigung ist durchaus schlüssig und sie ist nicht rechtswidrig vorgegangen, als sie dem Beschwerdeführer das ihm ohnehin bekannte Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen in Graz nicht zur Stellungnahme vorgehalten hat. Hätte der Beschwerdefahrer hiezu etwas vorbringen wollen, dann war es an ihm gelegen, selbst tätig zu werden. Auf Grund der vorliegenden Beweise durfte die belangte Behörde jedenfalls annehmen, daß der Beschwerdeführer den Verkehrsunfall bemerkt hat.
War aber der Beschwerdeführer von der Tatsache eines Verkehrsunfalles in Kenntnis, dann durfte die belangte Behörde das Verhalten des Beschwerdeführers, der es unterlassen hatte, an der Sachverhaltsfeststellung mitzuwirken und die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienstetelle von dem Verkehrsunfall zu verständigen, den Vorschriften des § 4 Abs. 1 lit. c und Abs. 2 StVO unterstellen.
Wenn der Beschwerdeführer schließlich ohne dies näher zu begründen (eine in der Beschwerde enthaltene Begründung ist ausgestrichen) rügt, daß der angefochtene Bescheid von Oberregierungsrat F, als Abteilungsvorstand für die Steiermärkische Landesregierung erlassen worden sei, dann braucht der Verwaltungsgerichtshof nicht weiter darauf einzugehen, weil die Straßenpolizei nach Art. 11 Abs. 1 Z. 4 B.-VG in der Vollziehung Landessache ist und auch sonst nichts hervorgekommen ist, wodurch die Fertigung rechtswidrig wäre.
Sohin war die Beschwerde als unbegründet gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 abzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff. VwGG 1965 in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzleramtes BGBl. Nr. 4/1965.
Wien, am 11. März 1971
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1971:1970001867.X00Im RIS seit
22.10.2020Zuletzt aktualisiert am
22.10.2020