TE Vwgh Erkenntnis 1986/10/16 86/16/0155

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Veröffentlicht am 16.10.1986
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Index

Zollrecht
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht
35/02 Zollgesetz

Norm

BAO §1
FinStrG §16
FinStrG §18
ZollG 1955 §174 Abs3 lita
ZollG 1955 §3 Abs1

Beachte


Besprechung in:
AnwBl 2/1987, S 85;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Karlik und die Hofräte Dr. Närr und Mag. Meinl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Samonig, über die Beschwerde des H T in W, vertreten durch den zur Verfahrenshilfe beigegebenen Rechtsanwalt Dr. Helmut Albrecht in Wien III, Untere Viaduktgasse 10, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Kärnten vom 3. Februar 1986, Zl. 7/2/T-8/2/-85, betreffend Entstehung der Eingangsabgabenschuld kraft Gesetzes hinsichtlich 59,60 kg Cannabisharz, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Das Landesgericht für Strafsachen Wien als Schöffengericht hatte den Beschwerdeführer mit Urteil vom 14. Mai 1980, AZ. 6d Vr 2097/80, Hv 44/80, des Verbrechens nach § 6 Abs. 1 Suchtgiftgesetz (zum Teil als Beteiligter nach § 12 SGG) und des Finanzvergehens des gewerbsmäßigen und bandenmäßigen Schmuggels (als Beteiligter) gemäß §§ 11, 35 Abs. 1, 38 Abs. 1 lit. a und b FinStrG schuldig erkannt und ihn zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 4 Jahren, zu einer Wertersatzstrafe in Höhe von S 400.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 8 Monate) und zu einer Geldstrafe in Höhe von S 500.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 10 Monate) verurteilt. Nach den Feststellungen des - vom Obersten Gerichtshof mit Urteil vom 11. Dezember 1980, GZ. 12 Os 163/80-7, bestätigten - Strafurteiles war der Schuldspruch u.a. deshalb erfolgt, weil der Beschwerdeführer im Juli und im September 1977 je 30 kg Cannabisharz, welches von dem vom Beschwerdeführer angewiesenen R H eingeschmuggelt worden war, entgegen genommen und in der Folge an unbekannte Personen zwecks Weiterverarbeitung übergeben hatte.

In dem anschließenden sachgleichen Abgabenverfahren wurde mit Bescheid des Zollamtes Klagenfurt vom 31. Oktober 1984 - im Zusammenhang mit dem bei ihm als Finanzstrafbehörde erster Instanz gegen den Beschwerdeführer anhängigen Finanzstrafverfahren (§ 4 Abs. 2 lit. b der Verordnung des Bundesministers für Finanzen vom 11. Dezember 1979, BGB1. Nr. 509/1979, in der Fassung der BGB1. Nr. 532/1980, 418/1981 und 210/1982, zur Durchführung des Abgabenverwaltungsorganisationsgesetzes) - ausgesprochen, daß für den Beschwerdeführer hinsichtlich 59,60 kg Cannabisharz („Haschisch“) gemäß § 174 Abs. 3 lit. a in Verbindung mit § 3 Abs. 2 ZollG die Eingangsabgabenschuld kraft Gesetzes entstanden sei, und zwar

S 596.000,--

an Zoll,

S 429.120,--

an Einfuhrumsatzsteuer und

S 5.364,--

an Außenhandelsförderungsbeitrag, was zuzüglich

S 20.610,--

an 2 % Säumniszuschlag

S 1,051.094,--

als Summe ergebe.

In der Begründung des Bescheides wurde im wesentlichen ausgeführt, der Beschwerdeführer habe nach den Feststellungen des gegen ihn erflossenen Strafurteiles das eingeschmuggelte, eingangsabgabenpflichtige und zollhängige Cannabisharz an sich gebracht, obwohl ihm die Zollhängigkeit bekannt oder nur infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt gewesen sei. Solcherart habe er den Zollschuldtatbestand des § 174 Abs. 3 lit. a zweiter Halbsatz ZollG erfüllt.

Die Finanzlandesdirektion für Kärnten gab mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der Berufung des Beschwerdeführers, in der dieser im wesentlichen die Aufhebung der gegen ihn geltend gemachten persönlichen Haftung begehrte und darauf hinwies, daß er selbst abgabenpflichtig und bereits zu einer Geldstrafe in Höhe von S 50.000,-- und zu einer Wertersatzstrafe in Höhe von S 400.000,-- verurteilt worden sei, keine Folge. Zur Begründung führte die belangte Behörde im wesentlichen aus, zunächst sei festzuhalten, daß es nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes im vorliegenden Falle zulässig gewesen sei, der Geltendmachung des Abgabenanspruches den Sachverhalt zugrunde zu legen, der auch Gegenstand eines rechtskräftigen Strafurteiles gewesen sei. Die bindende Wirkung eines rechtskräftigen Strafurteiles erstrecke sich auch auf die tatsächlichen Feststellungen, auf denen der Spruch des angefochtenen Bescheides beruhe. Für die belangte Behörde stehe daher auf Grund des Spruches des gegen den Beschwerdeführer ergangenen und in Rechtskraft erwachsenen Strafurteiles fest, daß er die bezeichnete Menge Cannabisharz, die von R H ohne Stellung und Erklärung beim Eintrittszollamt Spielfeld in das Zollgebiet eingebracht worden sei, in Wien übernommen, demnach in seine Gewahrsame gebracht und von der Tatsache, daß das Suchtgift durch Schmuggel in das Zollgebiet gelangt und deshalb zollhängig gewesen sei, Kenntnis gehabt habe. Nach Wiedergabe des § 174 Abs. 3 lit. a ZollG führte die belangte Behörde im Zusammenhang weiter aus, gemäß § 179 Abs. 2 ZollG würden mehrere Zollschuldner, im Beschwerdefall seien dies R H und der Beschwerdeführer, in derselben Sache zur ungeteilten Hand haften. Unter einer Haftung zur ungeteilten Hand sei zu verstehen, daß dieselbe Zollschuld gleichzeitig oder nacheinander für mehrere Personen entstehe. Welchen der Gesamtschuldner die Abgabenbehörde zur Leistung heranziehe, sei ihrem Ermessen überlassen. Durch die einmalige Entrichtung des Abgabenbetrages erlösche die Zollschuld für alle Gesamtschuldner. Im Beschwerdefalle habe die Abgabenbehörde an beide Gesamtschuldner ihr Leistungsgebot gerichtet. Eine persönliche Haftung sei hier nicht gegeben, denn der Beschwerdeführer habe nicht für die Schuld eines anderen einzustehen, er sei selbst Zollschuldner kraft Gesetzes. Schließlich sei dem Beschwerdeführer entgegenzuhalten, daß die im erstinstanzlichen Bescheid des Zollamtes getroffene Feststellung der Zollschuldentstehung losgelöst von den Strafsanktionen des rechtskräftig abgeschlossenen Strafverfahrens zu sehen sei. Eine Anrechnung der fällig gestellten Eingangsabgaben samt Säumniszuschlag auf die dort verhängten Vermögensstrafen sei rechtlich undenkbar, eine allenfalls ins Auge gefaßte Umwandlung der Abgabenschuld in eine Wertersatzstrafe sei, da im Abgabenfestsetzungs- und Einhebungsverfahren nicht vorgesehen, ausgeschlossen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit erhobene Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof.

Der Bundesminister für Finanzen legte die Akten des Verwaltungsverfahren und die von der belangten Behörde erstattete Gegenschrift vor, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt wurde.

Der Gerichtshof hat erwogen:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer nach seinem gesamten Vorbringen in dem Recht verletzt, daß die in Streit stehende Eingangsabgabenschuld für ihn nicht entstanden sei. In Ausführung des so aufzufassenden Beschwerdepunktes trägt der Beschwerdeführer vor, der angefochtene Bescheid sei seinem Inhalte nach rechtswidrig, weil auf Grund der bindenden Entscheidung des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 14. Mai 1980 die Höhe der entgangenen Eingangsabgaben nur S 596.000,-- betrage, auf welchen Betrag die durch Verbüßung der Ersatzfreiheitsstrafe von 8 Monaten entrichtete Wertersatzstrafe in Höhe von S 400.000,-- und die durch Verbüßung der Ersatzfreiheitsstrafe von 10 Monaten entrichtete Geldstrafe in Höhe von S 500.000,-- anzurechnen gewesen wären, sodaß keine Eingangsabgabenschuld mehr bestehe.

Mit diesem Vorbringen verkennt der Beschwerdeführer den normativen Gehalt der von der belangten Behörde ihrem Bescheid zugrundegelegten Bestimmung des § 174 Abs. 3 lit. a zweiter Tatbestand ZollG insoweit, als diese sich - unabhängig von der finanzstrafrechtlichen Qualifikation - lediglich auf die den Zollschuldner treffende Verbindlichkeit zur Entrichtung der kraft Gesetzes entstandenen Eingangsabgabenschuld bezieht. Nach der bezogenen Gesetzesstelle entsteht die Zollschuld kraft Gesetzes für den, der eine einfuhrzollpflichtige zollhängige Ware an sich bringt, obwohl ihm die Zollhängigkeit bekannt oder nur infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt war. Dieser Tatbestand begründet eine persönliche Verpflichtung zur Entrichtung der Zollschuld und knüpft diese Abgabenverpflichtung an ein bestimmtes individuelles Verhalten des Zollschuldners. Es ist unbestritten, daß der Beschwerdeführer das Cannabisharz an sich gebracht hat, worunter gemäß § 51 ZollG jeder Erwerb der Gewahrsame über eine einfuhrzollpflichtige zollhängige Ware durch den (weiteren) Zollschuldner zu verstehen ist. Der Umstand, daß ein anderes Bandenmitglied, das die 60 kg Cannaisharz („Haschisch“) nach Österreich einschmuggelte, nach dem ersten Tatbestand des § 174 Abs. 3 lit. a ZollG Zollschuldner geworden ist, schließt keineswegs aus, daß hinsichtlich derselben Ware die Zollschuld kraft Gesetzes für den Beschwerdefahrer nach dem zweiten Tatbestand dieser Bestimmung entstanden ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. Oktober 1965, Zl. 951/65, Slg. Nr. 3346/F). Zur Realisierung dieser Eingangsabgabenschuld bedurfte es jedoch noch des das Leistungsgebot enthaltenden Eingangsabgabenbescheides.

Mit dem Vorbringen, die im Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien getroffene Feststellung, es seien an Eingangsabgaben nur der auf das streitverfangene Cannabisharz entfallende Zoll in Höhe von S 596.000,-- hinterzogen worden, sei für die Abgabenbehörden bindend, verkennt der Beschwerdeführer die Rechtslage insoferne grundlegend, als sich die bindende Wirkung eines rechtskräftigen Strafurteiles nur auf die tatsächlichen Feststellungen erstreckt, auf denen der Spruch beruht. Hiezu gehören die Tatumstände, aus denen sich die jeweilige strafbare Handlung nach ihren gesetzlichen Tatbestandsmerkmalen zusammensetzt (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. November 1984, Zlen. 84/16/0179, 0180, Slg. Nr. 5935/F). Dagegen sind nicht bindend die Feststellungen über den Wert des geschmuggelten Suchtgiftes und die damit in Zusammenhang stehende Höhe der hinterzogenen Eingangsabgaben (vgl. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. Jänner 1978, Zlen. 1399/77, 254/78, Slg. Nr. 5214/F, vom 20. Februar 1978, Zl. 1727/77 und vom 27. Oktober 1983, Zlen. 83/16/0104, 0105, Slg. Nr. 5823/F). Diese Feststellungen hat die für die Abgabenfestsetzung zuständige Behörde zu treffen.

Cannabisharz („Haschisch“), die streitgegenständliche Einfuhrware, ist der Zolltarifnummer 12.07 B1 zu unterstellen und unterliegt einem Gewichtszoll von S 10.000,-- pro kg.

Gemäß § 3 Abs. 1 ZollG werden anläßlich der Einfuhr von Waren nach näherer Anordnung der zolltarifarischen Bestimmungen Zölle und daneben nach Maßgabe der betreffenden Abgabengesetze sonstige Abgaben von den Zollämtern erhoben. Auf die darnach neben den Zöllen zur Erhebung gelangenden sonstigen Eingangsabgaben finden nach der Anordnung des Abs. 2 der zitierten Gesetzesstelle die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes sinngemäß Anwendung, sofern in diesem Bundesgesetz oder in den betreffenden Abgabengesetzen nicht anderes bestimmt ist. Im Grunde des § 3 Abs. 1 ZollG werden Eingangsabgaben auch für Waren erhoben, die einem Verbote oder einer Beschränkung zuwider eingeführt werden. Nach § 1 Abs. 1 Z. 3 UStG 1972 unterliegt der Umsatzsteuer die Einfuhr von Waren im Sinne des Zollgesetzes (Einfuhrumsatzsteuer). Eine Einfuhr liegt vor, wenn eine Ware aus dem Zollausland in das Zollgebiet gelangt. Für die Einfuhrumsatzsteuer gelten nach § 24 Abs. 2 erster Satz UStG 1972, soweit im Umsatzsteuergesetz 1972 nicht anderes bestimmt ist, sinngemäß die Rechtsvorschriften für Zölle.

Bemessungsgrundlage für die nicht einem Wertzoll unterliegenden einfuhrumsatzsteuerpflichtigen Waren ist das dem Lieferer für die einführte Ware geschuldete Entgelt. Liegt ein Entgelt nicht vor oder kann dieses nicht nachgewiesen werden, so ist die Einfuhrumsatzsteuer für die eingeführte Ware nach dem Zollwert (§ 2 des Wertzollgesetzes 1980) zu bemessen (§ 5 Abs. 2 UStG 1972). Die Einfuhrumsatzsteuer betrug im maßgebenden Zeitpunkt (§ 6 Abs. 2 ZollG) gemäß § 10 Abs. 1 UStG 1972 18 vom Hundert der Bemessungsgrundlage.

Solcherart aber war es der belangten Behörde nicht als Verletzung des Gesetzes anzulasten, wenn sie in ihrem sachlichen Wirkungsbereich dem Beschwerdeführer der Rechtslage entsprechend neben dem Zoll auch die auf das unbestrittenermaßen eingeschmuggelte Cannabisharz („Haschisch“) entfallenden und kraft Gesetzes entstandenen sonstigen Eingangsabgaben zur Entrichtung vorschrieb.

Als völlig haltlos erweist sich der unter dem Gesichtspunkt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit erhobene Einwand, die in einem Finanzstrafverfahren verhängten Geldstrafen und Wertersätze seien auf die Eingangsabgabenschuld anzurechnen. Wohl haben Geldstrafen eine Geldleistungspflicht zum Inhalt, sie stellen jedoch - ein Umstand den der Beschwerdeführer grundsätzlich verkennt, - keine Abgaben im Sinne der Bundesabgabenordnung dar.

Damit erweist sich das Vorbringen des Beschwerdeführers als unbegründet. Die Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen. Diese Entscheidung konnte gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG im Dreiersenat erfolgen.

Die Entscheidung über den Anspruch auf Ersatz des Aufwandes gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom 30. Mai 1985, BGB1. Nr. 243.

Wien, am 16. Oktober 1986

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1986:1986160155.X00

Im RIS seit

22.10.2020

Zuletzt aktualisiert am

22.10.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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