TE Vwgh Erkenntnis 2020/9/24 Ra 2019/03/0048

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 24.09.2020
beobachten
merken

Index

E000 EU- Recht allgemein
E3R E07201000
E3R E07202000
E6J
001 Verwaltungsrecht allgemein
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
19/05 Menschenrechte
19/15 Vertragsrecht
40/01 Verwaltungsverfahren
50/03 Personenbeförderung Güterbeförderung

Norm

AVG §13 Abs1
AVG §37
AVG §39 Abs2
AVG §45 Abs2
AVG §45 Abs3
AVG §52
AVG §56
AVG §59 Abs1
AVG §62 Abs2
AVG §68 Abs1
B-VG Art130
B-VG Art130 Abs1 Z3
EURallg
KflG 1952 §14 Abs2
KflG 1952 §14 Abs4
KflG 1952 §7 Abs1 Z4 litb
KflG 1999 §1
KflG 1999 §14 Abs2
KflG 1999 §2
KflG 1999 §29
KflG 1999 §5
KflG 1999 §6
KflG 1999 §6 Abs1
KflG 1999 §7
KflG 1999 §7 Abs1 Z4 litb
MRK Art6 Abs1
VwGG §42 Abs2 Z1
VwGG §42 Abs2 Z3 litc
VwGG §42 Abs3
VwGG §53 Abs2
VwGVG 2014 §10
VwGVG 2014 §13 Abs2
VwGVG 2014 §17
VwGVG 2014 §28
VwGVG 2014 §28 Abs2
VwGVG 2014 §28 Abs3
VwGVG 2014 §28 Abs4
VwGVG 2014 §8 Abs1
VwRallg
WrÜbk über das Recht der Verträge Art31 Abs1
31969R1191 Verpflichtungen öffentl Dienst - öffentl Verkehr Art2 Abs1
32007R1370 öffentliche Personenverkehrsdienste Schiene Strasse Art2 lite
62009CJ0338 Yellow Cab Verkehrsbetrieb VORAB

Beachte


Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):
Ra 2019/03/0049
Ra 2019/03/0050
Ra 2019/03/0051

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Handstanger und die Hofräte Dr. Lehofer, Mag. Nedwed und Mag. Samm als Richter sowie die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober als Richterin, unter Mitwirkung des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Revisionen 1. der H G GesmbH in G, vertreten durch die DSC Doralt Seist Csoklich Rechtsanwälte GmbH in 1090 Wien, Währinger Straße 2-4 (protokolliert zu Ra 2019/03/0048), 2. der A Kraftfahrlinienbetriebsgesellschaft m.b.H. in W, vertreten durch die Schneider & Schneider Rechtsanwalts GmbH in 1010 Wien, Stephansplatz 8a (protokolliert zu Ra 2019/03/0049, 0050) und 3. des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie (nunmehr Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie, protokolliert zu Ra 2019/03/0051) gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Wien vom 14. Jänner 2019, Zlen. VGW-101/042/9424/2015-27, VGW-101/042/9426/2015, VGW-101/042/11904/2017, VGW-101/042/12752/2018/E, VGW-101/042/11905/2017, VGW-101/042/12751/2018/E, VGW-101/042/16053/2018, VGW-101/V/042/16268/2018, VGW-101/042/16057/2018, VGW-101/V/042/16270/2018, betreffend Kraftfahrlinienkonzession (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie; mitbeteiligte Partei: L T d.o.o. in U (Serbien), vertreten durch Dr. Karin Rest, Rechtsanwältin in 1010 Wien, Rotenturmstraße 12/6), zu Recht erkannt:

Spruch

1. Den Revisionen wird, soweit sie sich gegen die Spruchpunkte 1. und 2. des angefochtenen Beschlusses richten, Folge gegeben.

Die Spruchpunkte 1. und 2. des angefochtenen Beschlusses (betreffend VWG-101/042/9424/2015-27 und VWG-101/042/9426/2015) werden dahingehend abgeändert, dass die Beschwerden der zweitrevisionswerbenden Partei als gegenstandslos geworden erklärt und die Beschwerdeverfahren dahingehend eingestellt werden.

2. Der angefochtene Beschluss wird hinsichtlich der übrigen Spruchpunkte wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der erstrevisionswerbenden Partei und der zweitrevisionswerbenden Partei Aufwendungen in der Höhe von jeweils EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1        Die gegenständlichen Revisionen betreffen die internationale Kraftfahrlinie Wien - Belgrad - Ub - Arandelovac. Dem angefochtenen Beschluss liegen je drei Anträge der erstrevisionswerbenden Partei (im Folgenden G GmbH) und der mitbeteiligten Partei (im Folgenden L T) auf Erteilung der Konzessionen zum Betrieb der österreichischen Teilstrecke der genannten internationalen Kraftfahrlinie zugrunde.

Zu den Anträgen vom 1. November 2011 und 17. November 2011 (betreffend Spruchpunkte 1. und 2. des angefochtenen Beschlusses):

2        Die L T und die G GmbH stellten erstmals am 1. November 2011 bzw. am 17. November 2011 Anträge auf Erteilung von Konzessionen für den Betrieb der österreichischen Teilstrecke der internationalen Kraftfahrlinie Wien - Belgrad - Ub - Arandelovac (und umgekehrt). Zur Vorgeschichte wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. Februar 2015, 2012/03/0108-0111, verwiesen, mit welchem (unter anderem) die in dieser Sache zuvor ergangenen Bescheide wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben wurden.

3        Im zweiten Rechtsgang erteilte die belangte Behörde (nunmehr drittrevisionswerbende Partei) der G GmbH und der L T mit Bescheiden je vom 8. Juli 2015 gemäß §§ 1, 3 und 7 Abs. 1 Z 1 bis 3 Kraftfahrliniengesetz (KflG) unter Vorschreibung mehrerer Auflagen neuerlich die Konzessionen zum Betrieb der österreichischen Teilstrecke der internationalen Kraftfahrlinie Wien - Belgrad - Ub - Arandelovac (und umgekehrt) bis zum 5. Juni 2017. Aus Anlass der gegen diese beiden Bescheide erhobenen Beschwerden der zweitrevisionswerbenden Partei wurden die Bescheide mit dem nunmehr angefochtenen Beschluss gemäß § 28 Abs. 1 iVm § 31 iVm § 28 Abs. 4 VwGVG aufgehoben und die Angelegenheiten zur Erlassung neuer Bescheide an die Behörde zurückverwiesen (Spruchpunkte 1. I. und 2. I.). Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof wurde für nicht zulässig erklärt (Spruchpunkte 1. II. und 2. II.).

4        Mit Beschlüssen des Verwaltungsgerichts je vom 8. Juli 2016 wurde die aufschiebende Wirkung der Beschwerden gegen diese Bescheide auf Antrag der G GmbH und der L T ausgeschlossen. Die dagegen erhobenen Revisionen der zweitrevisionswerbenden Partei wurden mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. Dezember 2017, Ra 2016/03/0092-0093, als gegenstandslos geworden erklärt und die Verfahren eingestellt, weil die Konzessionen nach Erhebung der Revisionen im Juni 2017 ausgelaufen waren.

Zu den Anträgen vom 22. Dezember 2016 und 9. März 2017 (betreffend Spruchpunkte 5.1. und 5.2. sowie 6.1. und 6.2. des angefochtenen Beschlusses):

5        Im Hinblick auf das bevorstehende Auslaufen der Konzessionen am 5. Juni 2017 stellten die G GmbH am 22. Dezember 2016 sowie die L T am 9. März 2017 Anträge auf Wiedererteilung der Konzessionen zum Betrieb der österreichischen Teilstrecke der internationalen Kraftfahrlinie Wien - Belgrad - Ub - Arandelovac (und umgekehrt).

6        Mit Bescheiden der belangten Behörde vom 10. März 2017 (betreffend die G GmbH) und vom 12. April 2017 (betreffend die L T) wurden die Anträge auf Wiedererteilung der Konzessionen gemäß § 13 Abs. 3 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG) zurückgewiesen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Wiedererteilung einer Konzession gemäß § 29 KflG setze voraus, dass dem bisherigen Konzessionsinhaber rechtskräftig eine Kraftfahrlinienkonzession verliehen worden sei. Das Verfahren über die erstmalige Erteilung der Konzessionen zum Betrieb der österreichischen Teilstrecke der internationalen Kraftfahrlinie Wien - Belgrad - Ub - Arandelovac (und umgekehrt) sei noch beim Verwaltungsgericht Wien (im Folgenden: Verwaltungsgericht) und (aufgrund der vom Verwaltungsgericht beantragten Gesetzesprüfung) beim Verfassungsgerichtshof anhängig. Damit seien die Konzessionen nicht rechtskräftig und eine Wiedererteilung gemäß § 29 KflG nicht möglich. Die belangte Behörde trug der G GmbH und der L T auf, die Konzessionsansuchen in Form eines Antrags auf Neuerteilung der Konzessionen einzubringen. Da diese dem Verbesserungsauftrag nicht innerhalb der aufgetragenen Frist nachgekommen seien, wies die belangte Behörde die Anträge auf Wiedererteilung der Konzessionen zurück.

7        Mit Beschlüssen des Verwaltungsgerichts je vom 30. Juni 2017 wurden den gegen diese Bescheide erhobenen Beschwerden der L T und der G GmbH gemäß § 28 VwGVG Folge gegeben, die angefochtenen Bescheide behoben und eine ordentliche Revision für unzulässig erklärt. Das Verwaltungsgericht führte dazu zusammengefasst aus, das KflG unterscheide ausdrücklich zwischen „normalen Anträgen“ auf Erteilung einer Kraftfahrlinienkonzession im Sinne des § 2 KflG (gemeint wohl: Anträge auf Neuerteilung) und Anträgen auf Wiedererteilung einer Kraftfahrlinienkonzession. Durch einen „normalen Antrag“ auf Erteilung einer Kraftfahrlinienkonzession im Sinne des § 2 KflG werde kein Antrag auf Wiedererteilung einer Kraftfahrlinienkonzession gestellt. Umgekehrt sei die Beantragung der Wiedererteilung einer Kraftfahrlinienkonzession nicht als ein „normaler“ Antrag auf Erteilung einer Kraftfahrlinienkonzession im Sinne des § 2 KflG einzustufen. Mit jedem der beiden Anträge werde daher jeweils ein eigenständiges Verwaltungsverfahren eingeleitet. Wenn daher nach der Stellung eines Antrags auf Wiedererteilung einer Kraftfahrlinienkonzession ein weiterer Antrag, nämlich ein „normaler Antrag“ auf Erteilung einer Konzession im Sinne des § 2 KflG eingebracht werde, seien zwei Antragsverfahren anhängig. In diesem Fall sei daher über beide Anträge getrennt und unabhängig voneinander zu entscheiden. Es sei evident, dass die Nichtstellung eines „normalen Antrags“ auf Erteilung einer Kraftfahrlinienkonzession im Sinne des § 2 KflG keinesfalls einen Mangel in einem Verfahren auf Wiedererteilung einer Kraftfahrlinienkonzession darstellen könne, weshalb die belangte Behörde zu Unrecht das Vorliegen eines Verfahrensmangels angenommen habe. Daraus folge, dass die von der belangten Behörde erteilten, auf § 13 Abs. 3 AVG gestützten Verbesserungsaufträge ohne Rechtsgrundlage ergangen und daher rechtswidrig seien.

8        Mit Bescheiden der belangten Behörde je vom 15. Oktober 2018 wurden der G GmbH und der L T auf Grundlage ihrer Wiedererteilungsanträge vom 22. Dezember 2016 bzw. vom 9. März 2017 gemäß §§ 1, 3 und 7 Abs. 1 Z 1 bis 3 KflG unter Vorschreibung mehrerer Auflagen neuerlich die Konzessionen zum Betrieb der österreichischen Teilstrecke der internationalen Kraftfahrlinie Wien - Belgrad - Ub - Arandelovac (und umgekehrt) bis zum 31. Mai 2022 erteilt und die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen diese Bescheide ausgeschlossen.

9        Mit dem angefochtenen Beschluss wurden die Bescheide aus Anlass der dagegen erhobenen Beschwerden der zweitrevisionswerbenden Partei gemäß § 28 Abs. 1 iVm § 31 iVm § 28 Abs. 4 VwGVG aufgehoben, die Angelegenheiten zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückverwiesen (Spruchpunkte 5.1. I. und 6.1 I.) und eine ordentliche Revision für unzulässig erklärt (Spruchpunkte 5.1 II. und 6.1 II). Unter Spruchpunkt 5.2. I. und Spruchpunkt 6.2. I. wurden die Verfahren betreffend die Beschwerden der zweitrevisionswerbenden Partei gegen den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung gemäß § 28 Abs. 1 iVm § 31 VwGVG wegen Wegfalls des rechtlichen Interesses an einer Entscheidung über die gegenständlichen Rechtsmittel eingestellt und (unter Spruchpunkt 5.2. II. und Spruchpunkt 6.2. II.) eine ordentliche Revision für unzulässig erklärt.

Zu den Anträgen vom 15. März 2017 und 24. Mai 2017 (betreffend Spruchpunkte 3.1. und 3.2. sowie 4.1. und 4.2. des angefochtenen Beschlusses):

10       Aufgrund der Zurückweisungsbeschlüsse der belangten Behörde vom 10. März 2017 und vom 12. April 2017 stellten die G GmbH am 15. März 2017 sowie die L T am 24. Mai 2017 neuerliche Anträge auf Erteilung der Konzessionen für den Betrieb der österreichischen Teilstrecke der internationalen Kraftfahrlinie Wien - Belgrad - Ub - Arandelovac (und umgekehrt).

11       Mit Bescheiden der belangten Behörde je vom 1. Juni 2017 wurden der G GmbH und der L T gemäß §§ 1, 3 und 7 Abs. 1 Z 1 bis 3 KflG die Konzessionen zum Betrieb der österreichischen Teilstrecke der internationalen Kraftfahrlinie Wien - Belgrad - Ub - Arandelovac für die Dauer von fünf Jahren erteilt (1. Juni 2017 - 31. Mai 2022).

12       Gegen diese Bescheide erhob die zweitrevisionswerbende Partei Beschwerden, welche zunächst die belangte Behörde mit Beschwerdevorentscheidungen je vom 20. Juli 2017 abwies und zusammen mit den Beschwerdevorentscheidungen auch entschied, die aufschiebende Wirkung der Beschwerden der zweitrevisionswerbenden Partei auszuschließen.

13       Mit Beschlüssen des Verwaltungsgerichts je vom 4. September 2017 wurden die Beschwerden der zweitrevisionswerbenden Partei gegen den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung abgewiesen. Aufgrund der dagegen erhobenen Revision der zweitrevisionswerbenden Partei hob der Verwaltungsgerichtshof die Beschlüsse des Verwaltungsgerichts mit Erkenntnis vom 5. September 2018, Ra 2017/03/0105-0106, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes auf.

14       Gegen die Beschwerdevorentscheidungen vom 20. Juli 2017 brachte die zweitrevisionswerbende Partei rechtzeitig Vorlageanträge ein, aufgrund welcher das Verwaltungsgericht die angefochtenen Bescheide mit dem in Revision gezogenen Beschluss unter Spruchpunkt 3.1. I und Spruchpunkt 4.1. I gemäß § 28 Abs. 1 iVm § 31 iVm § 28 Abs. 4 VwGVG aufhob und die Angelegenheiten zur neuerlichen Entscheidung an die belangte Behörde zurückverwies. Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erklärte es für unzulässig (Spruchpunkte 3.1. II und 4.1. II).

15       Die Verfahren über die Beschwerden der zweitrevisionswerbenden Partei gegen den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung wurden im zweiten Rechtsgang gemäß § 28 Abs. 1 iVm § 31 VwGVG wegen Wegfalls des rechtlichen Interesses eingestellt (unter Spruchpunkt 3.2. I und Spruchpunkt 4.2. I) und eine ordentliche Revision für unzulässig erklärt (Spruchpunkte 3.2. II und 4.2. II).

16       Das Verwaltungsgericht gab auf den ersten 170 Seiten des insgesamt 330 Seiten umfassenden angefochtenen Beschlusses unter der Überschrift „Darstellung der bekämpften Bescheide und der dagegen erhobenen Rechtsmittel“ sämtliche angefochtenen Bescheide sowie Beschwerdevorentscheidungen, Stellungnahmen und die gegen die Bescheide erhobenen Beschwerden und Vorlageanträge auszugsweise wörtlich wieder. Ab Seite 170 folgte die Darstellung des bisherigen Verfahrensganges mit ausführlichen Zitaten aus Schriftsätzen der Parteien und dem Protokoll der mündlichen Verhandlung. Auf rund 50 Seiten gab das Verwaltungsgericht zudem den von ihm gestellten (insgesamt dritten) Gesetzesprüfungsantrag an den Verfassungsgerichtshof wieder, welcher mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 4. Oktober 2018, G 132/2018, abgewiesen wurde.

17       In rechtlicher Hinsicht legte das Verwaltungsgericht zusammengefasst dar, dass es sich bei der beantragten Kraftfahrlinie entgegen der Auffassung der belangten Behörde um eine Linie handle, die nicht im Wesentlichen touristischen Zwecken im Sinne des § 7 Abs. 1 Z 4 lit. b KflG diene. Unter Hinweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 30. Juni 2015, Ra 2014/03/0054-0055, führte es näher aus, dass unter einem touristischen Verkehr nur ein Kraftfahrlinienverkehr zu verstehen sei, welcher einen Zweck verfolge, der mit der Verfolgung eines bloß historischen Interesses vergleichbar sei. Unter Zugrundelegung dieses Begriffsverständnisses handle es sich weder bei der Konkurrenzlinie der zweitrevisionswerbenden Partei, welche die Strecke Wien - Belgrad befahre, noch bei der gegenständlich beantragten Kraftfahrlinie für die Strecke Wien - Belgrad - Ub - Arandelovac um eine Kraftfahrlinie, welche im Wesentlichen touristischen Zwecken diene. Folglich finde auf das gegenständliche Konzessionsverfahren § 7 Abs. 1 Z 4 lit. b zweiter Satz KflG keine Anwendung.

18       In weiterer Folge prüfte das Verwaltungsgericht die Anwendbarkeit des Konzessionsausschließungsgrundes des § 7 Abs. 1 Z 4 lit. b erster Satz KflG. Dazu führte es näher aus, dass der Gesetzgeber zwischen Anträgen auf Wiedererteilung, Änderungsanträgen und „neuen“ Anträgen unterscheide. Es stelle sich daher die Frage, ob bzw. in welchem Umfang auf Änderungsverfahren und auf Wiedererteilungsverfahren die verfahrensrechtlichen Vorgaben für die Führung eines Neukonzessionserteilungsverfahrens im Sinn des § 2 KflG Anwendung fänden.

19       Eine Auslegung der §§ 6 und 29 KflG ergebe, dass die Verfahrensarten der Wiedererteilung und der Änderung einer Konzession nur durch die §§ 6 und 29 KflG ausdrücklich geregelt seien, sodass infolge der diesfalls zwingenden Annahme einer planwidrigen Lücke zusätzlich zu ermitteln sei, welche weiteren Verfahrensvorgaben in diesen Verfahren zu beachten seien. Dabei stelle sich die Frage, was der Gesetzgeber unter einem Änderungsantrag im Sinne des § 6 KflG verstehe. In diesem Zusammenhang dränge sich die Übereinstimmung des Gegenstands des Änderungsverfahrens im Sinne des § 6 KflG mit dem Gegenstand einer unwesentlichen Antragsänderung im Sinne des § 13 Abs. 8 AVG auf. Durch einen Änderungsantrag im Sinne des § 6 KflG werde etwas begehrt, das sich nur unwesentlich im Sinne des § 13 Abs. 8 AVG von einem bereits rechtskräftig genehmigten Antrag auf Erteilung einer Kraftfahrlinienkonzession bzw. -genehmigung unterscheide. Der Unterschied zwischen einem Änderungsantrag gemäß § 6 KflG und einem Wiedererteilungsantrag im Sinne des § 29 KflG liege lediglich darin, dass bei einem Änderungsantrag eine im Sinne des § 13 Abs. 8 AVG unwesentliche Änderung des noch aufrechten Regelungskonsenses (daher eine Abänderung noch vor Ablauf der Bewilligungsdauer) des rechtskräftigen Bewilligungsbescheides beantragt werde, während beim Wiedererteilungsantrag die Bewilligung einer Kraftfahrlinie begehrt werde, welche sich nur unwesentlich im Sinne des § 13 Abs. 8 AVG von einer dem Bewilligungswerber bereits zuvor rechtskräftig erteilten, zum beantragten Bewilligungszeitpunkt aber nicht mehr aufrechten, Bewilligung unterscheide. Weiters lege der Umstand, dass der Gesetzgeber in § 29 KflG nur eine Regelung im Hinblick auf Mitbewerber vorsehe, nahe, dass der Gesetzgeber im Bewilligungswiedererteilungsverfahren insbesondere den Bewilligungsausschließungsgrund des § 7 Abs. 1 Z 4 lit. b KflG nicht zur Anwendung bringen wolle, wobei schon der Größenschluss gebiete, dass der Konkurrenzkraftfahrlinienbetreiber auch im Änderungsverfahren im Hinblick auf eine bereits erteilte Bewilligung keinen Konkurrenzschutz genießen könne, sei es doch in der Sache unerheblich, ob eine Änderung noch ab einem Zeitpunkt während des aufrechten Bewilligungskonsenses oder aber erst ab einem Zeitpunkt nach dem Ablauf des Bewilligungskonsenses begehrt werde.

20       Folglich werde durch einen „normalen Antrag“ auf Erteilung einer Kraftfahrlinienkonzession gemäß § 2 KflG kein Antrag auf Wiedererteilung einer Kraftfahrlinienkonzession und auch kein Antrag auf Änderung einer bestehenden Konzession gestellt (und umgekehrt). Der Bewilligungsausschließungsgrund des § 7 Abs. 1 Z 4 lit. b erster Satz KflG sei nicht auf Änderungsverfahren im Hinblick auf eine dem Antragsteller erteilte Konzession oder Genehmigung und auch nicht auf Wiedererteilungsverfahren im Sinne des § 29 KflG, sondern nur auf Erstkonzessionsverfahren anzuwenden.

21       In seinen weitwendigen Ausführungen zu der Frage, wann vom Vorliegen einer „ernsthaften Gefährdung“ im Sinne des § 7 Abs. 1 Z 4 lit. b KflG iVm § 14 KflG auszugehen sei, führte das Verwaltungsgericht zusammengefasst aus, dass eine solche dann vorliege, wenn ein die wirtschaftliche Betriebsführung sichtlich in Frage stellender Einnahmeausfall und eine ernstliche Gefährdung der Rentabilität eintreten würden. Nachdem das Verwaltungsgericht den Begriff der wirtschaftlichen Betriebsführung näher definierte, kam es zu dem Ergebnis, dass der Gesetzgeber darauf abstelle, dass die Konkurrenzkraftfahrlinie mit Gewinn weitergeführt werden müsse. Es führte unter anderem weiter aus, dass bereits die Möglichkeit einer ernsthaften Gefährdung einen Versagungsgrund darstelle. Das Vorliegen der Möglichkeit einer ernsthaften Gefährdung sei aber nur dann zu verneinen, wenn mit Sicherheit eine ernsthafte Gefährdung auszuschließen sei. Ein Konzessionsantrag sei daher bereits dann abzuweisen, wenn nicht ausgeschlossen werden könne, dass im Falle der Konzessionserteilung die Konkurrenzlinie nicht mehr dauerhaft gewinnbringend geführt werden könnte.

22       Das Verwaltungsgericht führte weiter aus, dass die belangte Behörde überhaupt keine Ermittlungsschritte im Hinblick auf die Frage des Vorliegens einer ernsthaften Gefährdung im Sinne des § 7 Abs. 1 Z 4 lit. b iVm § 14 Abs. 2 KflG gesetzt habe. Es sei schon deshalb vom Vorliegen der Voraussetzungen für eine Zurückverweisung der gegenständlichen Verfahrensführungen an die belangte Behörde gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG auszugehen.

23       In der Folge trug das Verwaltungsgericht der belangten Behörde die im weiteren Verfahren zu setzenden Ermittlungsschritte auf. Dazu führte es zusammengefasst aus, dass zu prüfen sei, ob es sich bei den verfahrensgegenständlichen Anträgen der L T vom 1. November 2011 und der G GmbH vom 17. November 2011 tatsächlich um Neuerteilungsanträge im Sinne des § 2 KflG und daher nicht bloß um Änderungsanträge handle. Unter der hypothetischen Annahme, dass der Antrag der L T vom 1. November 2011 als ein Abänderungsantrag einzustufen sei, wären nun aber die gegenständlichen Beschwerden alle zurückzuweisen gewesen. Diesfalls wäre nämlich durch diesen Antrag kein Neuantrag im Sinne des § 2 KflG erfolgt. Soweit ersichtlich unterscheide sich der gegenständliche Antrag der L T vom 1. November 2011 von dem zu diesem Zeitpunkt bestandenen Bewilligungskonsens zwischen der zweitrevisionswerbenden Partei und der L T laut Konzessionsbescheid vom 20. Mai 2008 (aufrecht bis zum Jahr 2013 für die Strecke Wien - Ub - Arandelovac) lediglich dadurch, dass mit dem Antrag vom 1. November 2011 die Bewilligung eines zusätzlichen Halts in Belgrad beantragt worden sei. Von der belangten Behörde wäre deshalb zu prüfen gewesen, ob durch den Antrag der L T vom 1. November 2011, mit welchem eigentlich „nur“ die Genehmigung einer zusätzlichen Haltestelle beantragt worden sei, eine bloß unwesentliche Änderung im Sinne des § 13 Abs. 8 AVG des durch den Konzessionsbescheid vom 20. Mai 2008 erteilten Bewilligungskonsenses beantragt worden sei. Die belangte Behörde hätte jedenfalls eine Prüfung im Hinblick auf die Frage der Qualifizierung der gegenständlichen Anträge durchzuführen gehabt, wobei zu klären gewesen sei, ob durch die Aufnahme einer Haltestelle in Belgrad bewirkt werde, dass „eine bereits konzessionierte Linie iSd § 14 Abs. 1 iVm Abs. 2 und iVm § 7 Abs. 1 Z 4 lit. b KflG ernsthaft gefährdet“ worden sei.

24       Das Verwaltungsgericht wies weiters darauf hin, dass die von der belangten Behörde vorzunehmende Prüfung zweifellos komplex und nur mit umfangreichen Sachverständigengutachten durchzuführen sei. Dafür legte es auf rund 15 Seiten detailliert dar, welche Prüfungsschritte für die Beurteilung einer ernsthaften Gefährdung durchzuführen seien, „ohne einen Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben“.

25       Sollte das Ergebnis dieser Prüfung dazu führen - so das Verwaltungsgericht weiter - dass durch die Aufnahme der gegenständlichen Haltestelle in Belgrad eine andere, denselben Markt versorgende Kraftfahrlinie nicht mehr gesichert gewinnbringend geführt werden könnte, wäre der gegenständliche Haltestellenantrag als eine wesentliche Änderung des ursprünglichen Antrags einzustufen. Die Anträge vom November 2011 wären dann als Neuanträge zu qualifizieren und die Beschwerden nicht zurückzuweisen. Da nur in diesem Fall die gegenständlichen Anträge vom 1. November 2011 und 17. November 2011 als Neuanträge im Sinne des § 2 KflG einzustufen wären, habe die belangte Behörde auch nur in diesem Fall gemäß § 7 Abs. 1 Z 4 lit. b KflG zu prüfen, ob der in dieser Bestimmung normierte Konzessionsversagungsgrund vorliege.

26       Zur Prüfung der weiteren Anträge aus den Jahren 2016 und 2017 führte das Verwaltungsgericht aus, dass die Konkurrenzbestimmung des § 7 Abs. 1 Z 4 lit. b erster Satz KflG in den Verfahren betreffend die beiden Wiedererteilungsanträge keine Anwendung finde, sofern die belangte Behörde zu dem Ergebnis kommen sollte, dass die Anträge vom 1. November 2011 und 17. November 2011 lediglich Änderungsanträge im Sinne des § 6 KflG darstellten. In diesen Verfahren habe daher die zweitrevisionswerbende Partei keine Parteistellung. Sofern die belangte Behörde diese Anträge bewilligen sollte, wären die beiden nachfolgenden, auf die Erteilung einer Neukonzession im Sinne des § 2 KflG gerichteten Anträge, abzuweisen.

27       Anders sehe es aus, wenn die belangte Behörde zu dem Ergebnis kommen sollte, dass durch die Anträge vom 1. November 2011 und vom 17. November 2011 Neubewilligungsanträge im Sinne des § 2 KflG gestellt worden seien. In diesem Fall wäre im Hinblick auf die gestellten Neubewilligungsanträge im Sinne des § 2 KflG insbesondere neuerlich die Prüfung des Vorliegens der ernsthaften Gefährdung eines Konkurrenzunternehmens durchzuführen, jedoch unter Zugrundelegung der Sachlage zum Zeitpunkt der Entscheidung der belangten Behörde (und daher nicht zum Zeitpunkt der Antragsstellung durch die L T am 1. November 2011). Dagegen wären die Anträge der Antragsteller auf Wiedererteilung der Konzessionen zurückzuweisen, zumal aufgrund des Nichtbestehens einer Vorkonzession die Voraussetzungen für einen Konzessionswiedererteilungsantrag im Sinne des § 29 KflG nicht vorlägen.

28       Das Verwaltungsgericht setzte sich in der Folge mit der Frage auseinander, ob trotz Ablaufs der Konzessionen mit 5. Juni 2017 (betreffend die Anträge vom 1. November 2011 bzw. vom 17. November 2011) weiterhin ein rechtliches Interesse der zweitrevisionswerbenden Partei an der Entscheidung über ihre Beschwerden bestehe, wobei es ein solches mit Blick auf § 29 KflG bejahte.

29       Zur Begründung der Zurückverweisung führte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen aus, dass diese dem gesetzlichen Ziel der Verfahrensbeschleunigung entspräche, weil die aufgetragenen Ermittlungsschritte zweckmäßiger von der Behörde zu setzen seien. Hinzu komme, dass „dem Verwaltungsgericht schon aufgrund seiner Funktion als Überprüfungsinstanz keine Fachkompetenz im Kraftfahrrecht und schon gar keine Sach- und Fachkunde im Hinblick auf die bei der [...] Prüfung zu tätigenden Ermittlungsschritte“ zukomme und es „schon deshalb nicht in der Lage [sei], selbständig die relevanten Fachfragen zu formulieren, die geeigneten Sachverständigen zu ermitteln und die Sachverständigengutachten fachkundig zu überprüfen“. Zudem erforderten die notwendigen Prüfungen eine „eingehende Kenntnis der Aktenlage der belangten Behörde, wie insbesondere eine Kenntnis der denselben Markt nach Belgrad bzw. den gesamten Markt zwischen Wien und Arandelovac versorgenden Kraftfahrlinien und die Kenntnis zu den zu diese[n] Kraftfahrlinien durchgeführten Verwaltungsverfahren“.

30       Zu den Beschwerden gegen den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung führte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen aus, dass durch den angefochtenen Beschluss insbesondere alle Bescheide, durch welche die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde ausgeschlossen worden sei, aufgehoben und damit aus dem Rechtsbestand entfernt worden seien. Folglich vermöge auch der Umstand, dass den gegenständlichen Beschwerden der zweitrevisionswerbenden Partei gegen die erstinstanzlichen Konzessionsbewilligungsbescheide nicht die aufschiebende Wirkung aberkannt worden wäre, keinerlei Rechtsvorteil mehr zu verschaffen. Da das Gesetz keinen Anspruch auf Feststellung der Gesetzwidrigkeit von Bescheiden schlechthin einräume und auch sonst nicht ersichtlich sei, inwiefern die Rechtssphäre der zweitrevisionswerbenden Partei durch eine allfällige Aufhebung der gegenständlich angefochtenen Bescheide zu deren Gunsten verändert werden könnte, sei von einer mangelnden Beschwer der zweitrevisionswerbenden Partei im Hinblick auf die gegenständlichen Bescheide, durch welche bestimmten allfälligen Beschwerden die aufschiebende Wirkung aberkannt worden sei, auszugehen, weshalb die Verfahren einzustellen seien.

31       Die Revision sei unzulässig, weil keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen gewesen sei, der grundsätzliche Bedeutung zukomme. Weder weiche die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehle es an einer Rechtsprechung. Weiters sei die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls lägen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

32       Gegen diesen Beschluss richten sich die vorliegenden außerordentlichen Revisionen der G GmbH, der zweitrevisionswerbenden Partei und der belangten Behörde.

33       Zur Begründung der Zulässigkeit ihrer Revision macht die G GmbH (protokolliert zu Ra 2019/03/0048) eine Verletzung des Parteiengehörs geltend, weil dieser die Beschwerden der zweitrevisionswerbenden Partei gegen die Bescheide vom 15. Oktober 2018 nicht zur Kenntnis gebracht worden seien und es ihr somit auch nicht möglich gewesen sei, zu dem darin enthaltenen Vorbringen Stellung zu beziehen. Die G GmbH habe erstmals durch die Ausführungen im angefochtenen Beschluss von den Beschwerden erfahren. In den Beschwerden seien neue, im Verfahren vor der belangten Behörde und in den früheren Beschwerden noch nicht ausgeführte Behauptungen aufgestellt worden, denen die G GmbH nicht habe entgegentreten können. Darüber hinaus bringt die G GmbH das Fehlen von Rechtsprechung zum Vorliegen eines „touristischen Verkehrs“ im Sinne des § 7 Abs. 1 Z 4 lit. b zweiter Satz KflG sowie das Abweichen von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Gefährdungsprüfung nach § 14 KflG als Gründe für die Zulässigkeit der Revision vor.

34       Die zweitrevisionswerbende Partei wendet sich in ihrer Begründung für die Zulässigkeit der vorliegenden Revisionen (protokolliert zu Ra 2019/03/0049, 0050) gegen die die Aufhebung und Zurückverweisung tragende Rechtsansicht und bringt dazu zusammengefasst vor, das Verwaltungsgericht sei von näher angeführter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Anwendbarkeit des Konzessionsausschließungsgrundes des § 7 Abs. 1 Z 4 lit. b erster Satz KflG sowie zur Gefährdungsprüfung nach § 14 KflG abgewichen. Darüber hinaus rügt die zweitrevisionswerbende Partei, dass zu den Konzessionsbewilligungen für die österreichische Teilstrecke der in Rede stehenden Kraftfahrlinie keine Anträge der L T vorlägen und entgegen den Ausführungen im angefochtenen Beschluss ein rechtliches Interesse der zweitrevisionswerbenden Partei an einer Entscheidung über die Beschwerden gegen den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung bestehe.

35       Die belangte Behörde rügt in der Zulässigkeitsbegründung ihrer Revision (protokolliert zu Ra 2019/03/0051) mit näheren Ausführungen ein Abweichen von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Anwendbarkeit des Konzessionsausschließungsgrundes des § 7 Abs. 1 Z 4 lit. b erster Satz KflG sowie - in den Revisionsgründen - ein Abweichen von (näher genannter) Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Zulässigkeit der Zurückverweisung gemäß § 28 VwGVG.

36       Die G GmbH, die zweitrevisionswerbende Partei, die belangte Behörde und die mitbeteiligte Partei erstatteten Revisionsbeantwortungen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die wegen ihres sachlichen und persönlichen Zusammenhangs zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbundenen Revisionen erwogen:

37       Die Revisionen erweisen sich als zulässig und berechtigt, weil das Verwaltungsgericht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Aufhebung und Zurückverweisung nach § 28 VwGVG abgewichen ist, dem Beschluss eine unrichtige Rechtsansicht zur Anwendbarkeit des Konzessionsausschließungsgrundes des § 7 Abs. 1 Z 4 lit. b erster Satz KflG zugrunde gelegt sowie das Parteiengehör der G GmbH in relevanter Weise verletzt hat.

38       Die Bestimmungen des KflG, BGBl. I Nr. 203/1999, in der hier maßgeblichen Fassung BGBl. I Nr. 37/2018 lauten (auszugsweise):

Begriffsbestimmungen, Inhalt und Umfang der Berechtigungen

§ 1. (1) Kraftfahrlinienverkehr ist die regelmäßige Beförderung von Personen mit Kraftfahrzeugen durch Personenkraftverkehrsunternehmer in einer bestimmten Verkehrsverbindung, wobei Fahrgäste an vorher festgelegten Haltestellen aufgenommen und abgesetzt werden. Der Kraftfahrlinienverkehr ist ungeachtet einer etwaigen Verpflichtung zur Buchung für jedermann zugänglich.

[...]

(3) Der innerstaatliche und grenzüberschreitende Kraftfahrlinienverkehr nach Abs. 1 bedarf einer Konzession, der grenzüberschreitende Kraftfahrlinienverkehr, dessen Endhaltestellen auf dem Staatsgebiet von Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder Vertragsparteien des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz liegen, bedarf einer dieser gleichzuhaltenden Genehmigung.

[...]“

Antragspflicht für Konzessionen und Genehmigungen, Inhalt des Konzessionsantrages

§ 2. (1) Die Erteilung einer Konzession oder einer Genehmigung bedarf eines Antrages des Personenkraftverkehrsunternehmers. Dieser ist unmittelbar bei der Aufsichtsbehörde (§ 3) einzubringen.

[...]“

Grenzüberschreitende Kraftfahrlinienverkehre, zwischenstaatliche Vereinbarungen

§ 4. (1) Wenn dies zur leichteren Durchführung grenzüberschreitender Verkehre mit anderen Staaten erforderlich ist, können zwischenstaatliche Vereinbarungen über diese Verkehre auf Grund dieses Bundesgesetzes abgeschlossen werden.

(2) In den Vereinbarungen ist vorzusehen, daß die Einrichtung grenzüberschreitender Kraftfahrlinien auf der Grundlage der Gegenseitigkeit der von diesen Kraftfahrlinien berührten Staaten zu erfolgen hat und nach Maßgabe der jeweiligen innerstaatlichen Rechtsvorschriften einer Konzession bedarf. Ferner ist grundsätzlich nur die grenzüberschreitende Beförderung von Fahrgästen vorzusehen.

(3) Weiters kann vereinbart werden:

1.   die Einbringung aller Ansuchen im Wege der zuständigen Behörden des Heimatstaates des Berechtigungswerbers. Diese schließen den Ansuchen ihre Stellungnahmen an und leiten sie an die zuständigen Behörden der anderen Vertragspartei und erforderlichenfalls an die zuständigen Behörden dritter Staaten, die vom beabsichtigten Kraftfahrlinienverkehr berührt sind, weiter;

2.   das regelmäßige Zusammentreffen der zuständigen Behörden der Vertragsparteien zur Besprechung der Anträge auf Einrichtung, Änderung oder Einstellung des Betriebes von Kraftfahrlinien sowie zur Abstimmung der Fahrpläne, Beförderungspreise und Beförderungsbedingungen;

3.   der wechselseitige Entfall nationaler Gebühren und Abgaben für die Erteilung von Konzessionen und mit diesen in Zusammenhang stehenden Bewilligungen.“

Weitere Verfahrensvorschriften

§ 6. (1) Die Vorschriften des § 5 sind sinngemäß auch in Verfahren über Anträge auf Änderung oder Wiedererteilung von Konzessionen und auf das Koppeln von Kraftfahrlinien (§ 17) sowie weiters in Verfahren über Anträge auf Änderung oder Erneuerung von Genehmigungen anzuwenden.

(2) Sofern sich ein Antrag auf Änderung einer Konzession oder Genehmigung nur auf eine bloß in einer einzigen Gemeinde gelegenen Strecke bezieht, ist im Verfahren nach § 5 Abs. 1 Z 4 und 5 nur die betroffene Gemeinde zu hören.“

Voraussetzungen und Ausschließungsgründe für die Erteilung von Berechtigungen

§ 7. (1) Die Konzession ist zu erteilen, wenn:

[...]

4.   die Erteilung einer Konzession auch sonst öffentlichen Interessen nicht zuwiderläuft. Dieser Ausschließungsgrund liegt insbesondere dann vor, wenn

[...]

b)   der beantragte Kraftfahrlinienverkehr die Erfüllung der Verkehrsaufgaben durch die Verkehrsunternehmen, in deren Verkehrsbereich (§ 14 Abs. 1, 2 und 4) die beantragte Linie ganz oder teilweise fällt, ernsthaft zu gefährden geeignet ist; dies gilt nicht im Falle der Gefährdung eines Kraftfahrlinienverkehrs, der im Wesentlichen touristischen Zwecken dient, und die Entscheidung über dessen Gefährdung alleine aufgrund der Angaben des konkurrenzierten Verkehrsunternehmens wegen der geminderten Rentabilität dieses Kraftfahrlinienverkehrs

[...]“

Verkehrsbereich

§ 14. (1) Der Verkehrsbereich erstreckt sich so weit, wie sich eine beantragte Kraftfahrlinie auf einen bereits konzessionierten öffentlichen Verkehr ernsthaft gefährdend auswirken (§ 7 Abs. 1 Z 4 lit. b) oder diesen ernsthaft beinträchtigen (§ 7 Abs. 1 Z 4 lit. c) kann.

(2) Eine ernsthafte Gefährdung der Erfüllung der Verkehrsaufgaben liegt dann vor, wenn ein Verkehrsunternehmen bei der Führung seines öffentlichen Verkehrs hinsichtlich der gefährdeten Linie einen die wirtschaftliche Betriebsführung sichtlich in Frage stellenden Einnahmenausfall erleiden würde.

(3) Eine ernsthafte Beeinträchtigung der Erfüllung der Verkehrsaufgaben liegt dann vor, wenn bei der Führung eines nicht-kommerziellen öffentlichen Verkehrs (§ 3 Abs. 3 ÖPNRV-G 1999) hinsichtlich der beeinträchtigen Linie die wirtschaftliche Betriebsführung nur durch zusätzliche Ausgleichszahlungen aus öffentlichen Mitteln gesichert wäre.

(4) Behauptet ein Verkehrsunternehmen, durch die Erteilung einer neuen oder einer hinsichtlich der Streckenführung abzuändernden Konzession eine ernsthafte Gefährdung im Sinne des Abs. 2, so hat es der Aufsichtsbehörde jene zum Teil nur ihm bekannten Daten zu liefern, anhand derer diese beurteilen kann, wie sich der Einnahmenausfall auf die wirtschaftliche Betriebsführung seiner Linie auswirken wird. Sofern dies für die Beurteilung erforderlich ist, hat das Unternehmen auch eine entsprechende betriebswirtschaftliche Kalkulation vorzulegen, aus der das Einnahmenerfordernis für eine wirtschaftliche Betriebsführung hervorgeht.

(5) Ist durch die Erteilung einer neuen oder einer hinsichtlich der Streckenführung abzuändernden Konzession eine ernsthafte Beeinträchtigung im Sinne des Abs. 3 zu erwarten, so hat auch das Verkehrsunternehmen der Aufsichtsbehörde jene zum Teil nur ihm bekannten Daten zu liefern, anhand derer diese beurteilen kann, wie sich der Einnahmenausfall auf die wirtschaftliche Betriebsführung dieser Linie auswirken wird. Sofern dies für die Beurteilung erforderlich ist, hat das Unternehmen auch eine entsprechende betriebswirtschaftliche Kalkulation vorzulegen, aus der das Einnahmenerfordernis sowie das Erfordernis zusätzlicher Ausgleichszahlungen aus öffentlichen Mitteln für eine wirtschaftliche Betriebsführung hervorgeht.

[...]“

Wiedererteilung der Konzession, Ersatz- und Nachfolgeverkehr

§ 29. (1) Soll die Konzession für eine Kraftfahrlinie wiedererteilt werden, so ist in Konkurrenz mit einem anderen Konzessionswerber bei sonst gleichem Angebot der bisherige Konzessionsinhaber vor allem zu berücksichtigen.

(2) Ebenso sind Ersatz- und Nachfolgeverkehre von Schienenbahnen mit öffentlicher Personenbeförderung in Konkurrenz mit einem anderen Konzessionswerber bei sonst gleichem Angebot vor allem zu berücksichtigen. Die Rechte betroffener Kraftfahrlinienunternehmer nach § 7 Abs. 1 Z 4 lit. b, c und e bleiben hiedurch unberührt.“

Zu 1. (Spruchpunkte 1. und 2. des angefochtenen Beschlusses):

39       Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes lässt sich § 33 Abs. 1 VwGG entnehmen, dass der Gesetzgeber das Rechtsschutzbedürfnis als Prozessvoraussetzung für das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof versteht. Liegt diese Voraussetzung schon bei Einbringung einer Revision nicht vor, ist diese unzulässig, fällt die Voraussetzung erst nach Einbringung einer zulässigen Revision weg, so führt dies zu einer Einstellung des Verfahrens. Diese Überlegungen über das Bestehen eines Rechtsschutzinteresses als Voraussetzung für eine zulässige Beschwerdeerhebung können auch auf das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht übertragen werden (vgl. VwGH 23.9.2019, Ra 2019/03/0106, mwN).

40       Das Rechtsschutzinteresse besteht demnach bei einer Bescheidbeschwerde im objektiven Interesse des Beschwerdeführers an einer Beseitigung des angefochtenen, ihn beschwerenden Verwaltungsaktes. Dieses Interesse wird daher immer dann zu verneinen sein, wenn es für die Rechtsstellung des Beschwerdeführers keinen Unterschied mehr macht, ob der angefochtene Bescheid aufrecht bleibt oder aufgehoben wird bzw. wenn die Erreichung des Verfahrenszieles für den Beschwerdeführer keinen objektiven Nutzen hat, die in der Beschwerde aufgeworfenen Rechtsfragen soweit nur (mehr) theoretische Bedeutung besitzen (vgl. VwGH 31.1.2018, Ra 2018/10/0022, mwN).

41       Die mit den vor dem Verwaltungsgericht im zweiten Rechtsgang angefochtenen Bescheiden vom 8. Juli 2015 erteilten Konzessionen waren jeweils bis zum 5. Juni 2017 befristet. Die Konzessionen sind somit - nach Erhebung der Beschwerden vor dem Verwaltungsgericht, aber noch vor der Entscheidung des Verwaltungsgerichtes über diese Beschwerden - ausgelaufen, sodass die G GmbH und die L T zur Ausübung dieser Konzessionen nicht mehr berechtigt waren. Damit bestand für die zweitrevisionswerbende Partei im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Beschlusses auch kein rechtliches Interesse mehr an der Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Bescheide betreffend die Anträge vom 1. November 2011 bzw. vom 17. November 2011.

42       Gemäß § 42 Abs. 4 VwGG kann der Verwaltungsgerichtshof in der Sache selbst entscheiden, wenn sie entscheidungsreif ist und die Entscheidung in der Sache selbst im Interesse der Einfachheit, Zweckmäßigkeit und Kostenersparnis liegt. Dies trifft im vorliegenden Fall zu.

43       Ausgehend davon waren die Spruchpunkte 1. und 2. des angefochtenen Beschlusses dahingehend abzuändern, dass die Beschwerden betreffend diese Spruchpunkte (Erteilung der Konzessionen aufgrund der Anträge vom 1. November 2011 bzw. 17. November 2011) als gegenstandslos geworden erklärt und die Beschwerdeverfahren eingestellt werden.

Zu 2. (Spruchpunkte 3.1., 3.2., 4.1., 4.2., 5.1., 5.2., 6.1., 6.2. des angefochtenen Beschlusses):

Beurteilung nach dem KflG

44       Soweit die zweitrevisionswerbende Partei vorbringt, dass dem Verfahren keine Anträge auf Erteilung von Konzessionen der L T zugrunde lägen, ist sie auf Artikel 4 des Abkommens zwischen der Österreichischen Bundesregierung und der Regierung der Föderativen Volksrepublik Jugoslawien über den grenzüberschreitenden Personen- und Güterverkehr auf der Straße, BGBl. Nr. 223/1961, zu verweisen, wonach der Unternehmer ein begründetes Ansuchen bei der zuständigen Behörde des Heimatstaates in zweifacher Ausfertigung einzubringen hat (Z 1). Nach Prüfung des Bewerbers im Sinne der nationalen Gesetze leitet die zuständige Behörde des Heimatstaates eine Ausfertigung des Ansuchens und der Anlagen an die zuständige Behörde des Vertragsstaates weiter (Z 2).

45       Den Ausführungen im angefochtenen Beschluss ist zu entnehmen, dass das serbische Infrastrukturministerium dem österreichischen Verkehrsministerium unter Beischluss von Beilagen mitgeteilt hat, dass ein entsprechender Antrag beim serbischen Infrastrukturministerium eingebracht wurde, wobei dieses Schreiben unter Befolgung zwischenstaatlicher Gepflogenheiten als Antrag gewertet wurde.

46       Dem Umstand, dass die belangte Behörde das Schreiben des serbischen Infrastrukturministeriums im Sinne der zwischenstaatlichen Gepflogenheiten als Antrag wertete, kann schon vor dem Hintergrund, dass die Auslegung eines völkerrechtlichen Vertrags grundsätzlich nicht beim Wortlaut stehen bleiben darf, sondern gemäß Art. 31 Abs. 1 des Wiener Übereinkommens über das Recht der Verträge, BGBl. Nr. 40/1980, nach Treu und Glauben in Übereinstimmung mit der gewöhnlichen, seinen Bestimmungen in ihrem Zusammenhang zukommenden Bedeutung und im Lichte seines Zieles und Zweckes auszulegen ist, nicht entgegengetreten werden (vgl. VwGH 22.10.2018, Ro 2018/16/0017, mwN).

47       Zur inhaltlichen Beurteilung der Anträge ist vorweg festzuhalten, dass entgegen dem Vorbringen in der Revision der G GmbH bereits Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dazu besteht, wann gemäß § 7 Abs. 1 Z 4 lit. b zweiter Satz KflG ein Kraftfahrlinienverkehr vorliegt, der im Wesentlichen touristischen Zwecken dient:

48       Der Gerichthof der Europäischen Union (EuGH) hat in seinem Urteil vom 22. Dezember 2010, C-338/09, Yellow Cab, die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Kraftfahrlinie - eine Linie zur Personenbeförderung in Autobussen auf einer Strecke innerhalb des Gebietes der Stadt Wien - als im Wesentlichen touristischen Zwecken dienend eingestuft und die mit dem Betrieb solcher Linien verbundenen Verpflichtungen den „Verpflichtungen des öffentlichen Dienstes“ im Sinne des Art 2 Abs. 1 der VO 1191/69 gegenübergestellt (Urteil Yellow Cab, Rn. 44). Die Definition des Art 2 Abs. 1 der VO 1191/69 entspricht im Wesentlichen der Definition des Art. 2 lit. e der VO 1370/2007 (Urteil Yellow Cab, Rn. 10). Gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen im Sinne des Art. 2 lit. e der VO 1370/2007 betreffen wiederum nur „öffentliche Personenverkehrsdienste“. Im Erwägungsgrund 13 der VO 1370/2007 werden Verkehrsdienste, die aufgrund ihres historischen Interesses oder zu touristischen Zwecken betrieben werden, von „öffentlichen Personenverkehrsdiensten“ abgegrenzt.

49       Eine Kraftfahrlinie wird daher jedenfalls dann nicht zu touristischen Zwecken betrieben, wenn es sich um einen öffentlichen Personenverkehrsdienst handelt, d.h. wenn Personenbeförderungsleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse für die Allgemeinheit diskriminierungsfrei und fortlaufend erbracht werden (vgl. VwGH 30.6.2015, Ra 2014/03/0054-0055).

50       Den Ausführungen des Verwaltungsgerichts kann noch hinreichend entnommen werden, dass es sich bei der beantragten Kraftfahrlinie um einen öffentlichen Personenverkehrsdienst im Sinne der zuvor zitierten Rechtsprechung handelt. Das Verwaltungsgericht ist (jedenfalls im Ergebnis) nicht von dieser Rechtsprechung abgewichen, wenn es die vorliegende Kraftfahrlinie als eine nicht im Wesentlichen touristischen Zwecken dienende Linie qualifiziert hat.

51       In weiterer Folge vertrat das Verwaltungsgericht die Auffassung, dass das KflG zwischen den eigenständigen Verfahrensarten der Neuerteilung, der Wiedererteilung sowie der Änderung einer Konzession unterscheide. Mit näherer Begründung legte das Verwaltungsgericht dar, dass der Konzessionsausschließungsgrund des § 7 Abs. 1 Z 4 lit. b erster Satz KflG nur im Fall der neuen (erstmaligen) Beantragung einer Konzession zur Anwendung gelange.

52       Wie die zweitrevisionswerbende Partei und die belangte Behörde zutreffend vorbringen, erweist sich diese Rechtsansicht allerdings in mehrfacher Hinsicht als verfehlt:

53       Zum einen ist in § 7 Abs. 1 Z 4 lit. b KflG von der „beantragten“ Kraftfahrlinie die Rede, ohne dass dabei zwischen Neu- und Wiedererteilung (vgl. VwGH 18.2.2015, 2012/03/0128-0129) oder auch einer Änderung differenziert wird.

54       Zum anderen ergibt sich auch aus der Systematik der §§ 6 und 29 KflG, dass es für die Anwendbarkeit des Konzessionsausschließungsgrundes nach § 7 Abs. 1 Z 4 lit. b erster Satz KflG nicht auf die Beurteilung des Antrags als neuer Antrag bzw. als Wiedererteilungs- oder Änderungsantrag ankommt. § 6 Abs. 1 KflG regelt unter der Überschrift „weitere Verfahrensvorschriften“, dass die Vorschriften des § 5 KflG sinngemäß auch in Verfahren über Anträge auf Änderung oder Wiedererteilung von Konzessionen anzuwenden sind. Schon der Wortlaut der Überschrift des § 6 KflG lässt somit erkennen, dass es sich dabei um ergänzende Verfahrensvorschriften handelt und damit kein genereller Ausschluss der materiellen Konzessionsvoraussetzungen des § 7 KflG bewirkt werden sollte. Dies wird durch eine nähere Betrachtung der Entstehungsgeschichte des § 6 KflG verdeutlicht. § 6a Abs. 2 KflG 1952, welcher bis zum 31. Dezember 1999 in Geltung stand, erklärte § 5 KflG 1952 ursprünglich im Verfahren über die Verlängerung der Konzessionsdauer für unanwendbar (vgl. erneut VwGH 18.2.2015, 2012/03/0128-0129). Nunmehr enthält § 6 KflG in seinem zweiten Absatz die Einschränkung, dass bei einem Antrag auf Änderung einer Konzession oder Genehmigung, sofern sich dieser nur auf eine bloß in einer einzigen Gemeinde gelegene Strecke bezieht, im Verfahren nach § 5 Abs. 1 Z 4 und 5 KlfG nur die betroffene Gemeinde zu hören ist. Auch für § 29 KflG gilt, dass dieser ergänzend zu den für Anträge auf Erteilung von Konzessionen ohnehin zur Anwendung gelangenden Vorschriften im Fall der Wiedererteilung einer Konzession anzuwenden ist.

55       Entgegen der vom Verwaltungsgericht vertretenen Auffassung liegt somit keine planwidrige Lücke vor. Für die Frage, ob die Konkurrenzbestimmung des § 7 Abs. 1 Z 4 lit. b erster Satz KflG anzuwenden und zu prüfen ist, kommt es nach dem Gesagten nicht darauf an, welche Art von Antrag dem Verfahren zugrunde liegt. Die Zurückverweisung nach § 28 Abs. 4 (bzw. Abs. 3) VwGVG erweist sich schon deshalb als rechtswidrig, zumal es dem letzten Satz dieser gesetzlichen Bestimmung nicht entsprechen kann, die Verwaltungsbehörde an eine unzutreffende Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts zu binden (vgl. VwGH 22.6.2016, Ra 2016/03/0027, mwN).

56       Auf die weiteren weitwendigen Ausführungen des Verwaltungsgerichts zu der Qualifikation der Anträge vom 1. November 2011 bzw. 17. November 2011 als Neuerteilungs-, Änderungs- oder Wiedererteilungsanträge, war schon deshalb nicht weiter einzugehen, weil die Konzessionen der L T und der G GmbH bereits am 5. Juni 2017 ausgelaufen sind und die Beschwerdeverfahren deshalb einzustellen waren (siehe die Ausführungen zu 1.).

57       Die daran anschließend gestellten, als Anträge auf Wiedererteilung der Konzessionen für den Betrieb der österreichischen Teilstrecke der Kraftfahrlinie Wien - Belgrad - Ub - Arandelovac bezeichneten, Anträge vom 22. Dezember 2016 und vom 9. März 2017 unterliegen (ebenso wie Änderungen bestehender Kraftfahrlinienkonzessionen) entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts denselben Grundsätzen, die das KflG auch für die Erteilung der Konzession selbst aufstellt (vgl. sinngemäß VwGH 27.11.1991, 90/03/0189).

58       In diesem Zusammenhang ist hervorzuheben, dass die Kraftfahrlinie Arandelovac - Ub - Belgrad - Wien (und umgekehrt) nicht mit der Kraftfahrlinie Wien - Ub - Arandelovac gleichgesetzt werden kann (vgl. VwGH 5.9.2018, Ra 2017/03/0105-0106 Rz 21). Dass Belgrad an der bereits ursprünglich (der zweitrevisionswerbenden Partei und der L T als Reziprokpartnerin bis zum 19. März 2013) bewilligten Strecke Wien - Ub - Arandelovac gelegen war, ändert nichts an der fehlenden Vergleichbarkeit dieser beiden Strecken. Bei der gegenständlich beantragten Kraftfahrlinie handelt es sich vielmehr um eine neue Linie, für die der Konzessionsausschließungsgrund des § 7 Abs. 1 Z 4 lit. b erster Satz

Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten