TE Lvwg Erkenntnis 2020/9/30 LVwG-2020/35/2051-1

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Veröffentlicht am 30.09.2020
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Entscheidungsdatum

30.09.2020

Index

L55007 Baumschutz Landschaftsschutz Naturschutz Tirol
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

NatSchG Tir 2005 §6 litd
NatSchG Tir 2005 §7 Abs2 lita Z1
VStG §44a Z1

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Dr. Christ aufgrund der Beschwerde von Herrn AA, Adresse 1, Z, vertreten durch Rechtsanwalt BB, Adresse 2, Y, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft X vom 27.7.2020, ***, betreffend eine Verwaltungsübertretung nach dem TNSchG 2005

zu Recht:

1.   Der Beschwerde wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis ersatzlos behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG eingestellt.

2.   Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I. Verfahrensablauf:

1. Verfahren betreffend das angefochtene Straferkenntnis vom 27.7.2020, ***:

Mit Email des Referates Umwelt der Bezirkshauptmannschaft X vom 23.5.2020 wurde die Errichtung eines Weges mit dem Verdacht angezeigt, dass dieser ohne erforderliche naturschutzrechtliche Bewilligung errichtet worden sei.

In weiterer Folge wurde der nunmehrige Beschwerdeführer zur Rechtfertigung aufgefordert und von diesem mit Schreiben vom 24.6.2020 eine Stellungnahme erstattet. Hierzu wurde wiederum mit Schreiben des Referates Umwelt der Bezirkshauptmannschaft vom 27.6.2020 Stellung genommen und darauf vom Beschwerdeführer mit Schreiben vom 15.7.2020 erwidert.

Mit dem in weiterer Folge erlassenen und nunmehr angefochtenen Straferkenntnis wurde Herrn AA Folgendes zur Last gelegt:

„Sie haben folgende Verwaltungsübertretung begangen:

Sie haben, wie am 19.05.2020 festgestellt wurde, ohne naturschutzrechtliche Bewilligung abzweigend von dem bereits errichteten Weg einen mehr als 500 lfm langen Weg in der Mitte des Hanges und einen mehr als 500 m langen Weg samt Zaun im Uferschutzbereich auf den Grundstücken **1 und **2 KG W und sohin außerhalb geschlossener Ortschaften errichtet, obwohl

1) der Neubau von Straßen und Wegen oberhalb der Seehöhe von 1.700 Metern oder mit einer Länge von mehr als 500 Metern, mit Ausnahme von Straßen, für die in einem Bebauungsplan die Straßenfluchtlinien festgelegt sind, und von Güterwegen nach § 4 Abs. 1 des Güter- und Seilwege-Landesgesetzes, einer naturschutzrechtlichen Bewilligung bedarf und

2) außerhalb geschlossener Ortschaften im Bereich der Uferböschung von fließenden natürlichen Gewässern und eines fünf Meter breiten, von der Uferböschungskrone landeinwärts zu messenden Geländestreifens und die Errichtung, Aufstellung und Anbringung von Anlagen sowie die Änderung von Anlagen, sofern die Interessen des Naturschutzes nach § 1 Abs. 1 berührt werden, was auch erfolgte, einer naturschutzrechtlichen Bewilligung bedarf.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

1) § 45 Abs. 1 lit. a i.V.m. § 6 lit. d Tiroler Naturschutzgesetz 2005

2) § 45 Abs. 1 lit. a i.V.m. § 7 Abs. 2 lit. a Ziffer 1 Tiroler Naturschutzgesetz 2005

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe (€):

1) 900,00

2) 900,00

Gemäß:

§ 45 Abs. 1 lit. a Tiroler Naturschutzgesetz

§ 45 Abs. 1 lit. a Tiroler Naturschutzgesetz

Ersatzfreiheitsstrafe:

10 Stunden

10 Stunden“

Begründend führte die belangte Behörde nach Wiedergabe der maßgeblichen Rechtsvorschriften im Wesentlichen aus, dass aufgrund der Anzeige des Referates Umwelt der Bezirkshauptmannschaft X vom 23.5.2020 und der ergänzenden Stellungnahme vom 27.6.2020 feststehe, dass im Bereich der Gst. **1 und **2, KG W, neue Wege errichtet worden seien, deren Länge die 500 lfm, unter denen ein Weg bewilligungsfrei sei, überschreiten würde, und dass sich der neu errichtete Weg am Fuße des Hanges im Uferschutzbereich befinde, weshalb es einer naturschutzrechtlichen Bewilligung bedurft hätte.

Da eine solche nicht erteilt worden sei, bestehe für die belangte Behörde kein Zweifel, dass der Beschuldigte die ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen zu verantworten hat.

Ein Schuldausschließungsgrund läge nicht vor, da es am Beschwerdeführer gelegen wäre, sich vor Ausführung des Vorhabens bei der zuständigen Behörde hinsichtlich einer Bewilligungspflicht zu erkundigen.

Hinsichtlich der Strafbemessung führt die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses aus, dass der Unrechtsgehalt der begangenen Übertretungen erheblich sei, da die einschlägigen Bestimmungen des Tiroler Naturschutzgesetzes dem Schutz der Natur dienen. Als Verschuldensform sei von Fahrlässigkeit auszugehen. Besondere Erschwerungs- und Milderungsgründe kämen nicht in Betracht; und mangels Angaben des Beschuldigten zu seinen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnissen könne von einem durchschnittlichen, aber ausreichenden Einkommen ausgegangen werden. Die verhängten Geldstrafen seien erforderlich, um den Beschuldigten in Hinkunft von der Begehung gleichartiger Verwaltungsübertretungen abzuhalten.

Laut dem im Akt beiliegenden Rückschein wurde der im vorliegenden Fall angefochtene Bescheid dem Beschwerdeführer am 30.7.2020 zugestellt.

2. Beschwerde:

Gegen das unter Z 1 genannte Straferkenntnis erhob Herr AA, vertreten durch Rechtsanwalt BB, Beschwerde, welche am 25.8.2020 mittels Email an die belangte Behörde übermittelt wurde und mit der insbesondere die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens begehrt wurde.

Begründend führte der Beschwerdeführer zunächst aus, dass die Feststellung, dass „während der letzten Jahre immer wieder Wege errichtet worden“ seien, aufgrund der zeitneutralen und personenneutralen Passivformulierung nicht konkret dem Beschuldigten zur Last zu legen sei. Vielmehr müsste im angefochtenen Straferkenntnis eine Feststellung enthalten sein, dass der Beschuldigte selbst diesen angeblich gesetzwidrigen Zustand herbeigeführt oder veranlasst hat bzw. die Weganlage tatbildmäßig verwirklicht hat. Diesbezüglich finde sich im Akt allerdings kein einziger Nachweis. Dem Straferkenntnis fehle daher eine hinreichende Feststellung einer konkreten Tatbildverwirklichung durch den Beschuldigten bzw. über ein gesetzwidriges Verhalten des Beschuldigten, sodass auch die Bestrafung rechtswidrig sei. Richtig sei vielmehr, dass die beiden Wege bereits seit Jahrzehnten bestünden, schon bestanden hätten, als der Beschuldigte noch nicht Eigentümer der Grundstücke war, zwar bis zur Durchführung der Sicherungsarbeiten mit Gras bewachsen gewesen wären, aber sehr wohl begangen und befahren worden seien. Durch die Baggerarbeiten sei lediglich der Grasbewuchs auf den Weganlagen entfernt worden, sodass irrtümlich von der Errichtung einer Weganlage ausgegangen wurde.

Die im Polizeibericht vom 7.4.2020 enthaltenen Fotos würden zu Unrecht als Weganlage beurteilt. Diese Abbildungen würden vielmehr den Baustellenplatz während der Befestigungs-/Hangsicherungsarbeiten darstellen und sei die natürliche Situation dieser Örtlichkeit zwischenzeitlich gänzlich geändert, da der Bereich nach Beendigung der Arbeiten rekultiviert worden sei.

Weiters wird vorgebracht, dass aus dem Finden einer Blume nicht auf einen ehemaligen Bestand und das gesetzwidrige Entfernen desselben geschlossen werden könne.

Zudem hätte die belangte Behörde zu Unrecht auf die Durchführung eines Lokalaugenscheins verzichtet. Bei einem solchen hätte das Vorbringen des Beschuldigten bestätigt werden können, dass die gegenständlichen Wege bereits seit Jahrzehnten bestehen würden, der für die Hangsanierung erforderliche Bereich der Baggerarbeiten (Baggerzufahrt) zwischenzeitlich rekultiviert wurde und dass auch der Uferschutzbereich nicht berührt worden wäre.

Vorgelegt wurde auch ein Schreiben vom Baggerfahrer CC vom 18.6.2020 zum Ausmaß der von ihm im gegenständlichen Zusammenhang durchgeführten Baggerarbeiten.

II. Rechtliche Erwägungen:

1. Zur Zulässigkeit der vorliegenden Beschwerde:

Die Zuständigkeit des Landesverwaltungsgerichts Tirol, in der vorliegenden Rechtssache zu entscheiden, gründet in der Bestimmung des Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG, wonach über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit die Verwaltungsgerichte erkennen.

Das Landesverwaltungsgericht ist in der gegenständlichen Angelegenheit gem Art 131 Abs 1 B-VG zuständig, zumal sich aus den Abs 2 und 3 dieser Bestimmung keine Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts des Bundes ergibt.

Herr AA ist als Beschuldigter des gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahrens gemäß § 32 Abs 1 VStG zweifellos Partei und war insofern zum Zeitpunkt der Erhebung der gegenständlichen Beschwerde hierzu legitimiert.

Die Beschwerde wurde auch innerhalb der vierwöchigen Beschwerdefrist eingebracht und ist insofern rechtzeitig.

Mangels gegenteiliger Anhaltspunkte ist die vorliegende Beschwerde auch zulässig.

2. Zur Sache:

Die im vorliegenden Fall maßgeblichen Bestimmungen des TNSchG 2005 (§§ 6, 7 und 45) lauten auszugsweise wie folgt:

㤠6

Allgemeine Bewilligungspflicht

Außerhalb geschlossener Ortschaften bedürfen folgende Vorhaben einer Bewilligung, sofern hiefür nicht nach einer anderen Bestimmung dieses Gesetzes, einer Verordnung aufgrund dieses Gesetzes oder einem der in der Anlage zu § 48 Abs. 1 genannten Gesetze eine naturschutzrechtliche Bewilligung erforderlich ist:

a) (…)

d) der Neubau von Straßen und Wegen oberhalb der Seehöhe von 1.700 Metern oder mit einer Länge von mehr als 500 Metern, mit Ausnahme von Straßen, für die in einem Bebauungsplan die Straßenfluchtlinien festgelegt sind, und von Güterwegen nach § 4 Abs. 1 des Güter- und Seilwege-Landesgesetzes;

e) (…)“

㤠7

Schutz der Gewässer

(1) (…)

(2) Außerhalb geschlossener Ortschaften bedürfen im Bereich

a) der Uferböschung von fließenden natürlichen Gewässern und eines fünf Meter breiten, von der Uferböschungskrone landeinwärts zu messenden Geländestreifens und

b) eines 500 Meter breiten, vom Ufer stehender Gewässer mit einer Wasserfläche von mehr als 2.000 m² landeinwärts zu messenden Geländestreifens

1. die Errichtung, Aufstellung und Anbringung von Anlagen sowie die Änderung von Anlagen, sofern die Interessen des Naturschutzes nach § 1 Abs. 1 berührt werden, und

2. Geländeabtragungen und Geländeaufschüttungen außerhalb eingefriedeter bebauter Grundstücke

einer naturschutzrechtlichen Bewilligung.

(3) (…)“

㤠45

Strafbestimmungen

(1) Wer

a) ein nach den §§ 6, 7 Abs. 1 und 2, 8, 9 Abs. 1 und 2, 14 Abs. 4, 27 Abs. 3 und 28 Abs. 3 bewilligungspflichtiges Vorhaben ohne naturschutzrechtliche Bewilligung ausführt;

b) (…)

begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe bis zu 30.000,– Euro zu bestrafen.

(2) (…)“

(7) Wurde ein Vorhaben ohne naturschutzrechtliche Bewilligung oder entgegen einem Verbot nach diesem Gesetz, einer Verordnung aufgrund dieses Gesetzes oder einem der in der Anlage zu § 48 Abs. 1 genannten Gesetze oder ohne die nach § 16 Abs. 1 erster Satz erforderliche Anzeige ausgeführt, so endet das strafbare Verhalten erst mit der Beseitigung des rechtswidrigen Zustandes.

(8) (…)“

Im vorliegenden Fall ist zunächst zu berücksichtigen, dass der Prüfumfang des Landesverwaltungsgerichtes nach § 27 VwGVG darauf beschränkt ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs 1 Z 3 und 4) zu überprüfen, wobei die Beschwerde nach § 9 Abs 1 Z 3 und 4 VwGVG die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt, und das Begehren zu enthalten hat.

Vom Beschwerdeführer wird die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Straferkenntnisses unter anderem damit begründet, dass dieses keine hinreichend konkreten Feststellungen zur Tatbildverwirklichung enthalte. Dieses Vorbringen trifft aus der Sicht des Landesverwaltungsgerichtes zu:

Maßgeblich ist in diesem Zusammenhang § 44a Z 1 VStG, der vorsieht, dass der Spruch, wenn er nicht auf Einstellung lautet, „die als erwiesen angenommene Tat“ zu enthalten hat. Diesbezüglich ist auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach „die Tat im Spruch so eindeutig umschrieben sein muss, dass kein Zweifel darüber besteht, wofür der Täter bestraft worden ist. Der angeführten Rechtsvorschrift ist dann entsprochen, wenn im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, dass er in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und weiters der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten (Bestraften) rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden. Das an Tatort- und Tatzeitumschreibung zu stellende Erfordernis wird nicht nur von Delikt zu Delikt, sondern auch nach den jeweils gegebenen Begleitumständen in jedem einzelnen Fall ein verschiedenes, weil an den oben wiedergegebenen Rechtsschutzüberlegungen zu messendes sein“ (vgl VwGH 12.9.2006, 2004/03/0126 ua).

Diesen Vorgaben entspricht das gegenständliche Straferkenntnis nicht. Als Tathandlung wird im Spruch ausgeführt, der Beschwerdeführer hätte „ohne naturschutzrechtliche Bewilligung abzweigend von dem bereits errichteten Weg einen mehr als 500 lfm langen Weg in der Mitte des Hanges und einen mehr als 500 m langen Weg samt Zaun im Uferschutzbereich auf den Grundstücken **1 und **2 KG W und sohin außerhalb geschlossener Ortschaften errichtet“.

Mangelt es dem Spruch eines Bescheides für sich allein an der gebotenen Deutlichkeit, so ist zwar die Bescheidbegründung zur Auslegung heranzuziehen (siehe etwa VwGH 30.3.2011, 2007/12/0098); im vorliegenden Fall lässt sich aber weder anhand der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses noch anhand des übrigen Behördenaktes hinreichend konkret erkennen, welche Wege vom Beschwerdeführer nun tatsächlich errichtet worden sein sollen. Die auf Seite 5 und 6 des Straferkenntnisses abgebildeten Lichtbilder zeigen zweifellos nicht die im Spruch angesprochenen Wegabschnitte, sondern stellen jenen Bereich dar, welcher im Aktenvermerk von DD von der BH X vom 1.6.2018 angesprochen wird und die Verlegung der dritten Kehre beim bestehenden Feldweg im EE-Tal betrifft, jedoch nach übereinstimmender Auffassung der belangten Behörde und des Beschwerdeführers in keinem unmittelbaren Zusammenhang mit dem gegenständlichen Verfahren steht. Diese Lichtbilder sind somit zur Konkretisierung der vorgeworfenen Tathandlung nicht geeignet.

Aber auch die weiteren im Straferkenntnis abgebildeten Lichtbilder auf den Seiten 7 und 8 sind nicht geeignet, den Ort und das Ausmaß der vorgeworfenen Wegerrichtungen hinreichend klar darzulegen. Alle diese Lichtbilder zeigen jeweils nur wenige Meter lange Wegabschnitte bzw Hangbereiche und lässt sich daraus in keiner Weise eine über 500m lange Wegerrichtung ableiten. Auch die Bezugnahme auf die Grundstücke **1 und **2, KG W, ermöglicht keine exaktere Feststellung der vorgeworfenen Wegeerrichtung. Eine Nachschau in der Webanwendung TIRIS-Maps hat nämlich ergeben, dass es die genannten Grundstücke schon von ihrem Ausmaß her nicht zulassen, dass auf ihnen, wie im Spruch angeführt, ein mehr als 500 lfm langer Weg in der Mitte des Hanges und ein mehr als 500 m langer Weg im Uferschutzbereich errichtet worden sein könnte.

Das angefochtene Straferkenntnis enthält auch keine hinreichenden Feststellungen darüber, was unter dem „bereits errichteten Weg“ zu verstehen ist. Solche Feststellungen wären aber umso mehr erforderlich gewesen, als vom Beschwerdeführer ausdrücklich bestritten wird, überhaupt neue Wege errichtet zu haben und in diesem Zusammenhang auch eine Stellungnahme des Baggerfahrers CC vom 18.6.2020 vorgelegt wurde, der lediglich von der vorübergehenden Errichtung einer 10 m langen Baggerzufahrt zur Durchführung der Sanierung einer Hangrutschung und von der Sanierung und Planierung eines bereits seit den 1980er-Jahren bestehenden Uferbegleitweges spricht, und insofern die Angaben des Beschwerdeführers zu bestätigen scheint.

Aus der Sicht des Landesverwaltungsgerichtes bewirkt die nicht hinreichend konkrete Umschreibung der als erwiesen angesehenen Tat eine Beschneidung der Verteidigungsrechte des Beschwerdeführers, da es diesem ohne genaue Kenntnis darüber, welche Wegerrichtung ihm tatsächlich vorgeworfen wird, nicht ausreichend möglich ist, diesen Tatvorwurf zu widerlegen. Insbesondere wird der Beschwerdeführer aber der Gefahr einer Doppelbestrafung ausgesetzt, da nicht nachvollziehbar ist, aufgrund welcher Wegerrichtung konkret die gegenständliche Bestrafung erfolgte und insofern nicht ausgeschlossen werden kann, dass der Beschwerdeführer im Falle einer tatsächlich erfolgten Wegerrichtung wegen eben dieser nochmals bestraft werden könnte.

Damit entspricht das gegenständliche Straferkenntnis aber nicht den Vorgaben des § 44a Z 1 VStG.

Eine aus diesem Grund vom Landesverwaltungsgericht vorgenommene Spruchkorrektur ginge über die dem Landesverwaltungsgericht nach § 50 VwGVG eingeräumte Befugnis zur Entscheidung in der Sache hinaus, zumal der vorliegende Verwaltungsakt eine genaue Konkretisierung jener über 500m langen, dem Beschwerdeführer vorgeworfenen Wegerrichtungen nicht zulässt und daher eine vom Landesverwaltungsgericht diesbezüglich vorgenommene Änderung des Tatvorwurfs zweifellos als nicht von der ursprünglichen Verfolgungshandlung umfasst angesehen werden müsste. Laut der zum vormaligen Berufungsverfahren ergangenen Entscheidung des VwGH vom 27.2.1995, 90/10/0092, ist die Berufungsbehörde (auch wenn die zur Individualisierung und Konkretisierung des vorgeworfenen Verhaltens erforderlichen Tatmerkmale im Spruch des Bescheides der ersten Instanz nicht enthalten sind) zwar zu einer - im Gegensatz zur unzulässigen Auswechslung der Tat rechtmäßigen – "Modifizierung der Tatumschreibung" berechtigt; dies allerdings nur unter der Voraussetzung, dass jenes konkrete, dem Beschuldigten durch den Strafbescheid der Berufungsbehörde zur Last gelegte Verhalten in konkretisierter Form bereits Gegenstand des Strafverfahrens erster Instanz war.

Dies ist vorliegend nicht der Fall.

Nach VwGH 5.11.2014, Ra 2014/09/0018, stellt etwa eine Ausdehnung des Tatzeitraums in Verwaltungsstrafsachen erst im Beschwerdeverfahren vor dem Verwaltungsgericht eine unzulässige Erweiterung des Tatvorwurfs und der Sache des Verfahrens im Sinn des § 50 VwGVG dar. Abgesehen davon, dass sich im vorliegenden Fall keine Feststellungen zur Tatzeit finden und offengelassen werden kann, welche Auswirkungen dies im Hinblick auf § 45 Abs 7 TNSchG 2005 hat, wonach bei ohne naturschutzrechtlicher Bewilligung ausgeführten Vorhaben das strafbare Verhalten erst mit der Beseitigung des rechtswidrigen Zustandes endet, muss diese Rechtsprechung auch auf den hier vorliegenden Fall übertragbar sein. Im gegenständlichen Verfahren werden nur kürzere, nicht näher definierte Wegabschnitte bzw Hangbereiche behandelt und käme insofern eine Ausdehnung auf weitere, im Verfahren nicht näher behandelte Wegabschnitte einer unzulässigen Erweiterung des Tatvorwurfes gleich.

Aus VwGH 20.5.2015, Ra 2014/09/0033, ergibt sich schließlich noch Folgendes:

Der Umstand allein, dass im Spruch der belangten Behörde ein im Ausland liegender Sitz des vom Mitbeteiligten vertretenen Unternehmens genannt wurde, hätte die Einstellung des Verfahrens noch nicht gerechtfertigt; es war vielmehr grundsätzlich nicht nur das Recht, sondern die Pflicht des Verwaltungsgerichts, einen allenfalls fehlerhaften Abspruch der belangten Behörde diesbezüglich richtig zu stellen oder zu ergänzen. Dies gilt allerdings nur dann, wenn innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist rechtzeitig eine alle der Bestrafung zu Grunde liegenden Sachverhaltselemente enthaltende Verfolgungshandlung (wozu auch der Tatort gehört) durch die Behörde gesetzt wurde (vgl. zur insofern auch für die Verwaltungsgerichte vor deren Einführung maßgeblichen Rechtslage das hg. Erkenntnis vom 27. Jänner 2011, 2010/09/0194, mwN).

Auch diese Entscheidung zeigt, dass im vorliegenden Fall der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses nicht richtig gestellt werden konnte, da im durchgeführten behördlichen Verwaltungsstrafverfahren dem Beschwerdeführer an keiner Stelle eine Tathandlung zur Last gelegt wurde, die hätte erkennen lassen, welche über 500m langen Wegerrichtungen dem Beschwerdeführer konkret zum Vorwurf gemacht werden.

Insgesamt war somit das angefochtene Straferkenntnisses ersatzlos zu beheben und das diesbezüglich geführte Strafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG einzustellen, da der Beschwerdeführer die ihm vorgeworfene Tat nicht begangen hat. Die im Straferkenntnis mittels Lichtbildern abgebildeten Wegabschnitte stellen keinesfalls, wie im Spruch behauptet, über 500m lange Wege auf den Grundstücken **1 und **2, KG W, dar, und kann der Beschwerdeführer daher auch nicht für deren angeblich ohne naturschutzrechtliche Bewilligung erfolgte Errichtung bestraft werden.

Kosten für das Beschwerdeverfahren waren nicht in Anschlag zu bringen, da solche nach § 52 Abs 1 VwGVG vom Beschwerdeführer nur zu tragen sind, wenn durch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes das angefochtene Straferkenntnis bestätigt wird.

3. Zum Entfall der öffentlichen mündlichen Verhandlung:

Nach § 44 Abs 2 VwGVG entfällt eine Verhandlung dann, wenn der Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist. Letzteres ist im vorliegenden Zusammenhang der Fall.

III. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die ordentliche Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Im vorliegenden Fall ist die ordentliche Revision unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die im vorliegenden Fall maßgeblichen Rechtsfragen, ob der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses den Vorgaben des § 44a VStG entspricht und ob die Voraussetzungen für eine Spruchkorrektur durch das Landesverwaltungsgericht vorliegen, wurden entsprechend der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung gelöst. Im Übrigen kommt der vorliegenden Entscheidung keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zu. Sie liegt insbesondere nicht auch im Interesse der Allgemeinheit an einer einheitlichen, auf zusätzlichen Argumenten gestützten Rechtsprechung. Die Entscheidung betrifft keine aus rechtssystematischen Gründen bedeutsame und auch für die einheitliche Rechtsanwendung wichtige Frage des materiellen oder des formellen Rechts (vgl. etwa VwGH 26.9.1991, 91/09/0144 zum vormaligen § 33a VwGG).

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Soweit die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof in Wien für zulässig erklärt worden ist, kann innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung dieser Entscheidung eine ordentliche Revision erhoben werden. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision kann innerhalb dieser Frist nur die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

Wenn allerdings in einer Verwaltungsstrafsache oder in einer Finanzstrafsache eine Geldstrafe von bis zu Euro 750,00 und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu Euro 400,00 verhängt wurde, ist eine (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichthof wegen Verletzung in Rechten nicht zulässig.

Jedenfalls kann gegen diese Entscheidung binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, erhoben werden.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.

Es besteht die Möglichkeit, für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Verfahrenshilfe zu beantragen. Verfahrenshilfe ist zur Gänze oder zum Teil zu bewilligen, wenn die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten bzw wenn die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel weder von der Partei noch von den an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.

Für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist beim Verfassungsgerichtshof einzubringen. Für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist im Fall der Zulassung der ordentlichen Revision beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision ist der Antrag auf Verfahrenshilfe beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen. Dabei ist im Antrag an den Verwaltungsgerichtshof, soweit dies dem Antragsteller zumutbar ist, kurz zu begründen, warum entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.

Zudem besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Landesverwaltungsgericht Tirol

Dr. Christ

(Richter)

Schlagworte

Wegerrichtung ohne naturschutzrechtliche Bewilligung;
Uferschutzbereich;
Tatbildverwirklichung;
als erwiesen angenommene Tat;
Auswechslung der Tat;
Modifizierung der Tatumschreibung;
Beeinträchtigung der Verteidigungsrechte;
Gefahr der Doppelbestrafung;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2020:LVwG.2020.35.2051.1

Zuletzt aktualisiert am

15.10.2020
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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