TE Vwgh Erkenntnis 1997/10/28 97/04/0091

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Veröffentlicht am 28.10.1997
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Index

23/01 Konkursordnung;
50/01 Gewerbeordnung;

Norm

GewO 1973 §87 impl;
GewO 1973 §91 Abs2 impl;
GewO 1994 §13 Abs3;
GewO 1994 §87;
GewO 1994 §91 Abs2;
KO §72 Abs2;

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn):99/04/0013 E 3. März 1999

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Gruber, Dr. Stöberl und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Marihart, über die Beschwerde der J Gesellschaft mbH in U, vertreten durch Dr. S, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 26. März 1997, Zl. WST1-B-96121, betreffend Entziehung der Gewerberechtigung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Baden vom 25. September 1996 wurde der Beschwerdeführerin eine näher bezeichnete Gewerbeberechtigung gestützt auf § 87 Abs. 1 in Verbindung mit den §§ 13 und 91 Abs. 2 GewO 1994 entzogen, weil mit Beschluß des Landesgerichtes Wiener Neustadt vom 19. Oktober 1995 ein Antrag auf Eröffnung des Konkurses über das Vermögen des J, dem aufgrund seiner Funktion in der Gesellschaft ein maßgebender Einfluß auf den Betrieb der Geschäfte zustehe, mangels Deckung der Verfahrenskosten abgewiesen worden sei und die Beschwerdeführerin nicht nachgewiesen habe, daß sie J innerhalb der ihr gemäß § 91 Abs. 2 GewO 1994 gesetzten Frist von drei Monaten aus der Gesellschaft entfernt habe.

Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 26. März 1997 wies der Landeshauptmann von Niederösterreich die dagegen erhobene Berufung der Beschwerdeführerin gemäß § 66 Abs. 4 AVG als unbegründet ab. Zur Begründung führte der Landeshauptmann aus, sowohl über das Vermögen des J als auch über das Vermögen der Beschwerdeführerin seien Anträge auf Eröffnung des Konkurses gestellt, beide Anträge aber mangels eines zur Deckung der Kosten des Konkursverfahrens voraussichtlich hinreichenden Vermögens abgewiesen worden. Das ergänzende Ermittlungsverfahren habe ergeben, im Jahr 1966 seien gegen J drei Exekutionsverfahren und gegen die Beschwerdeführerin zehn Exekutionsverfahren bewilligt worden, wobei insgesamt Beträge in der Höhe von etwa S 300.000,-- geltend gemacht worden seien. Vier dieser Exekutionsverfahren seien nach Abweisung des Konkursantrages bewilligt worden. Weiters bestünden Schulden bei der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft in der Höhe von etwa S 140.000,--; eine Ratenzahlung von monatlich S 5.000,-- sei angeboten worden. Die Schulden bei der Niederösterreichischen Gebietskrankenkasse in der Höhe von etwa S 300.000,-- seien beglichen worden. Die Berufung der Beschwerdeführerin hätte nur dann Erfolg haben können, wenn keine Bedenken vorlägen, die die Erwartung, die Gewerbetreibende würde den Zahlungsverpflichtungen nachkommen, ausschließe. Eine solche Erwartung setze aber die erforderlichen liquiden Mittel voraus um die diesbezüglichen Verbindlichkeiten abzudecken. Aufgrund der offenen Verbindlichkeiten und der ständigen Exekutionsverfahren stehe fest, daß die Beschwerdeführerin nicht über solche liquide Mittel verfüge.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid in dem Recht auf Nichtentziehung der in Rede stehenden Gewerbeberechtigung verletzt. In Ausführung des so bezeichneten Beschwerdepunktes macht sie geltend, die belangte Behörde habe die Beschlüsse über die Abweisung der Konkursanträge unrichtig gewürdigt. Zu einem Gewerbeausschlußgrund könne es nur bei einer Konkursabweisung gemäß § 72 Abs. 3 KO kommen, also bei Prüfung des Konkursantrages dahin, ob ein für die Deckung der voraussichtlichen Kosten des Konkursverfahrens hinreichendes Vermögen vorhanden sei. Tatsächlich sei der Konkursantrag aber abgewiesen worden, weil ein Kostenvorschuß durch den Gläubiger nicht erlegt worden sei. Es liege daher in Wahrheit gar kein Gewerbeausschließungsgrund vor. In der Praxis würden ja Konkursanträge durch Gläubiger häufig deshalb gestellt, um ein Gewerbeentziehungsverfahren betreiben zu können bzw. um den säumigen Zahler zur Zahlung zu motivieren. Usus sei auch, bereits in den Anträgen schon die Abweisung des Konkursantrages zu begehren, wenn kein Kostenvorschuß erlegt werde. Derartige Anträge würden vom Konkursgericht mangels kostendeckenden Vermögens, wenngleich gemäß § 70 Abs. 2 KO abgewiesen. In der Regel könne daher die Unterscheidung aus welchen Gründen der Konkursantrag abgewiesen worden sei, nur anhand der Begründung des Beschlusses getroffen werden. Aber auch sonst sei die Gewerbeentziehung nicht gerechtfertigt. Es sei zwar richtig, daß Exekutionen eingebracht worden seien, jedoch habe es die Behörde unterlassen, die Beschwerdeführerin im Rahmen ihrer Anleitungspflicht darüber aufzuklären, welches entscheidungsrelevante Vorbringen sie zu erstatten gehabt hätte. Aktenkundig sei, daß sie die Forderung der Niederösterreichischen Gebietskrankenkasse über S 300.000,-- zur Gänze beglichen habe. Sie habe aber auch mit ihren anderen Gläubigern Raten über ihr Einkommen geschlossen, nur sei sie nicht angeleitet worden, entsprechende Vereinbarungen vorzulegen. Im Lichte der getroffenen Ratenvereinbarungen wäre ihre Liquidität gegeben gewesen, da lediglich die fälligen Raten zu betrachten gewesen wären.

Gemäß § 91 Abs. 2 GewO 1994 hat die Behörde, wenn der Gewerbetreibende eine juristische Person oder eine Personengesellschaft des Handelsrechtes ist und sich die im § 87 angeführten Entziehungsgründe sinngemäß auf eine natürliche Person, der ein maßgebender Einfluß auf den Betrieb der Geschäfte zusteht, beziehen, dem Gewerbetreibenden eine Frist bekanntzugeben, innerhalb der der Gewerbetreibende diese Person zu entfernen hat. Hat der Gewerbetreibende die genannte natürliche Person innerhalb der gesetzten Frist nicht entfernt, so hat die Behörde im Falle, daß der Gewerbetreibende der Gewerbeinhaber ist, die Gewerbeberechtigung zu entziehen und im Falle, daß der Gewerbetreibende der Pächter ist, die Übertragung der Ausübung des Gewerbes an den Pächter zu widerrufen.

Gemäß § 87 Abs. 1 Z. 2 leg. cit. ist die Gewerbeberechtigung von der Behörde zu entziehen, wenn einer der im § 13 Abs. 3 und 5 angeführten Umstände, die den Gewerbeausschluß bewirken, vorliegt.

Nach § 13 Abs. 3 leg. cit. sind Rechtsträger, über deren Vermögen der Konkurs eröffnet wurde oder gegen die der Antrag auf Konkurseröffnung gestellt, der Antrag aber mangels eines zur Deckung der Kosten des Konkursverfahrens voraussichtlich hinreichenden Vermögens abgewiesen wurde, von der Gewerbeausübung als Gewerbetreibende (§ 38 Abs. 2) ausgeschlossen.

Die Beschwerdeführerin bestreitet in ihrer Beschwerde nicht, daß J auf den Betrieb ihrer Geschäfte ein maßgebender Einfluß zukommt und daß sie diesen nicht innerhalb der ihr von der Erstbehörde nach § 91 Abs. 2 GewO 1994 gesetzten Frist entfernt hat. Sie meint aber offensichtlich, die Voraussetzungen der Entziehung der Gewerbeberechtigung nach § 91 Abs. 2 GewO 1994 seien deshalb nicht erfüllt, weil auf J das Tatbestandselement des § 13 Abs. 3 und damit der Entziehungsgrund des § 87 Abs. 1 Z. 2 GewO 1994 deshalb nicht zutreffe, weil die Abweisung des Antrages auf Eröffnung des Konkurses über das Vermögen des J mangels kostendeckenden Vermögens in Wahrheit nur deshalb erfolgt sei, weil vom antragstellenden Gläubiger der geforderte Kostenvorschuß nicht erlegt worden sei.

Mit diesem Vorbringen verkennt die Beschwerdeführerin die Rechtslage:

Gemäß § 72 Abs. 2 KO in der im Hinblick auf den Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides hier anzuwendenden Fassung vor dem Insolvenzrechtsänderungsgesetz 1997, BGBl. I Nr. 114, ist auch dann, wenn es an einem zur Deckung der Kosten des Konkursverfahrens voraussichtlich hinreichenden Vermögen fehlt, der Konkurs dennoch zu eröffnen, wenn der Antragsteller einen Anfechtungsanspruch glaubhaft macht oder auf Anordnung des Gerichtes innerhalb einer bestimmten Frist einen von diesem zu bestimmenden Betrag zur Deckung der Kosten vorschußweise erlegt.

Aus dieser Bestimmung ergibt sich zweifelsfrei, daß auch nach fruchtlosem Verstreichen der Frist zum Erlag eines Kostenvorschusses die darauf folgende Abweisung des Antrages auf Konkurseröffnung eine solche mangels eines zur Deckung der Kosten des Konkursverfahrens voraussichtlich hinreichenden Vermögens darstellt und damit die Tatbestandsvoraussetzung des § 13 Abs. 3 GewO 1994 erfüllt.

Treffen aber solcher Art die Tatbestandsvoraussetzungen des § 13 Abs. 3 und damit auch des § 87 Abs. 1 Z. 2 GewO 1994 auf J zu, so sind damit auch die Tatbestandsvoraussetzungen des § 91 Abs. 2 GewO 1994 für eine Aufforderung an die Beschwerdeführerin zur Entfernung dieser Person erfüllt. Da die Beschwerdeführerin dieser Aufforderung unbestrittenermaßen fristgerecht nicht nachgekommen ist, erweist sich die Entziehung ihrer Gewerbeberechtigung schon aus diesem Grund als frei von Rechtsirrtum, weil bei Beurteilung der Voraussetzungen des § 91 Abs. 2 GewO 1994 es allein auf das Vorliegen eines der im § 87 Abs. 1 leg. cit. angeführten Entziehungsgründe, nicht aber darauf ankommt, ob in bezug auf die Person, der ein maßgeblicher Einfluß auf den Betrieb der Geschäfte zusteht, auch die Tatbestände des § 87 Abs. 2 leg. cit. (Absehen von der Entziehung der Gewerbeberechtigung) zutreffen (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 21. Dezember 1993, Zl. 93/04/0078).

Bei dieser Rechtslage erübrigt es sich, auf die in der Begründung des angefochtenen Bescheides erörterte und in einer von der Beschwerde bekämpften Weise gelöste Frage einzugehen, ob die Beschwerdeführerin und J über die zur Befriedigung aller fälligen Forderungen erforderlichen liquiden Mittel verfügen.

Aus den dargelegten Gründen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1997040091.X00

Im RIS seit

20.11.2000

Zuletzt aktualisiert am

06.08.2010
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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