RS Vfgh 2020/9/22 E1614/2020 ua

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Veröffentlicht am 22.09.2020
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Index

41/02 Staatsbürgerschaft, Pass- und Melderecht, Fremdenrecht, Asylrecht

Norm

BVG-Rassendiskriminierung ArtI Abs1
AsylG 2005 §8, §10, §34 Abs4, §57
FremdenpolizeiG 2005 §46, §52, §55
VfGG §7 Abs2

Leitsatz

Verletzung im Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander durch die Nichtzuerkennung des Status subsidiär Schutzberechtigter betreffend Familienmitglieder unterschiedlicher Staatsangehörigkeiten; keine Länderfeststellungen zu Moldawien; mangelhafte Auseinandersetzung mit allfälliger Trennung der Familienmitglieder

Rechtssatz

Während in den erstinstanzlichen Bescheiden - auf Basis von Länderfeststellungen zur Ukraine bzw zu Moldawien - jeweils getrennt geprüft wurde, ob die Abschiebungen des Erstbeschwerdeführers und der Vierteinschreiterin in die Ukraine bzw ob die Abschiebungen der Zweitbeschwerdeführerin und des Dritteinschreiters nach Moldawien eine Verletzung der in Art2 oder Art3 EMRK bzw im 6. oder 13. ZPEMRK gewährleitsteten Rechte zur Folge hätte, unterlässt das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) jegliche Länderfeststellungen zu Moldawien und trifft lediglich solche zur Ukraine. Auf dieser Grundlage bestätigt es ua die Nichtzuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten an die Zweitbeschwerdeführerin, obwohl diese (ausschließlich) Staatsangehörige Moldawiens ist (der minderjährige Dritteinschreiter ist sowohl Staatsangehöriger der Ukraine als auch Moldawiens), sodass Moldawien ihr Herkunftsstaat iSd §2 Abs1 Z17 AsylG 2005 ist. Damit hat das BVwG notwendige Ermittlungen und Feststellungen unterlassen und sein Erkenntnis mit Willkür belastet.

Zudem geht aus dem angefochtenen Erkenntnis nicht zweifelsfrei hervor, ob alle Beschwerdeführer in die Ukraine abgeschoben werden sollen oder ob - wie das in den erstinstanzlichen Bescheiden ausgesprochen wurde - eine Abschiebung des Ersteinschreiters und der Viertbeschwerdeführerin in die Ukraine sowie eine Abschiebung der Zweiteinschreiterin und des Drittbeschwerdeführers nach Moldawien für zulässig erklärt wird. Im zweiten Fall hätte sich das BVwG einerseits mit der Frage auseinandersetzen müssen, ob die Familienmitglieder unter dem Blickwinkel des durch Art8 EMRK geschützten Rechtes auf Familienleben - nach allfälliger vorübergehender Trennung - die Möglichkeit haben, ihr gemeinsames Familienleben in einem von mehreren Herkunftsstaaten der Familienmitglieder (oder einem anderen in Betracht kommenden Staat) zu führen. Andererseits hätte es auch im Hinblick auf die Situation minderjähriger Kinder in Moldawien Länderinformationen beiziehen müssen.

Entscheidungstexte

  • E1614/2020 ua
    Entscheidungstext VfGH Erkenntnis 22.09.2020 E1614/2020 ua

Schlagworte

Asylrecht, Entscheidungsbegründung, Ermittlungsverfahren, Rückkehrentscheidung, Kinder

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2020:E1614.2020

Zuletzt aktualisiert am

12.10.2020
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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