TE Vwgh Erkenntnis 1997/10/28 97/04/0094

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 28.10.1997
beobachten
merken

Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
50/01 Gewerbeordnung;

Norm

AVG §66 Abs4;
GewO 1994 §87 Abs1 Z2;
GewO 1994 §91 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Gruber, Dr. Stöberl und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Marihart, über die Beschwerde der C Consulting Vermögensberatungsgesellschaft mbH in W, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 19. März 1997, Zl. MA 63 - C 209/96, betreffend Entziehung der Gewerberechtigung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.860,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid vom 15. Juli 1996 entzog der Magistrat der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 1./8. Bezirk in Wien der Beschwerdeführerin gemäß § 87 Abs. 1 Z. 2 GewO 1994 eine näher bezeichnete Gewerbeberechtigung mit der Begründung, mit Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 26. Juni 1995 sei über ihr Vermögen der Konkurs eröffnet worden, das Parteiengehör sei gewährt aber nicht in Anspruch genommen worden und damit die gesetzlichen Voraussetzungen für die Entziehung der Gewerbeberechtigung erfüllt gewesen.

Aufgrund der dagegen erhobenen Berufung bestätigte der Landeshauptmann von Wien mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 19. März 1997 den erstbehördlichen Bescheid gemäß § 66 Abs. 4 AVG mit der Maßgabe, daß sich die Entziehung der Gewerbeberechtigung auf § 91 Abs. 2 GewO 1994 in Verbindung mit § 87 Abs. 1 Z. 2 und § 13 Abs. 3 leg. cit. stütze. In der Begründung dieses Bescheides wird ausgeführt, die Beschwerdeführerin sei eine juristische Person. Unbestritten sei, daß mit Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 26. Juni 1995 der Antrag auf Eröffnung des Konkurses über das Vermögen des handelsrechtlichen Geschäftsführers der Beschwerdeführerin, dem ein maßgeblicher Einfluß auf den Betrieb ihrer Geschäfte zukomme, mangels eines zur Deckung der Kosten des Konkursverfahrens voraussichtlich hinreichenden Vermögens abgewiesen worden sei. Die Beschwerdeführerin sei aufgefordert worden, innerhalb einer Frist von drei Monaten den handelsrechtlichen Geschäftsführer zu entfernen, widrigenfalls die Gewerbeberechtigung entzogen werde. Diesem Auftrag sei die Beschwerdeführerin nicht nachgekommen und sie habe auch zu der ihr zugegangenen Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme keine Stellungnahme abgegeben. Damit lägen die gesetzlichen Voraussetzungen für die Entziehung der Gewerbeberechtigung nach § 91 Abs. 2 GewO 1994 vor, weshalb die erstbehördliche Entscheidung unter Richtigstellung der angewendeten Gesetzesstellen zu bestätigen gewesen sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin nach ihrem gesamten Vorbringen in dem Recht auf Unterbleiben der Entziehung der Gewerbeberechtigung verletzt. In Ausführung des so zu verstehenden Beschwerdepunktes macht sie unter anderem geltend, die Erstbehörde habe die Entziehung auf die Bestimmung des § 87 Abs. 1 Z. 2 GewO 1994 gestützt, während dagegen mit dem angefochtenen Bescheid die Entziehung aus dem Grund des § 91 Abs. 2 GewO 1994 erfolgt sei.

Die Beschwerde erweist sich schon aufgrund folgender Erwägungen als berechtigt:

Gemäß § 66 Abs. 4 AVG hat die Berufungsbehörde außer dem (hier nicht in Betracht kommenden) in Abs. 2 erwähnten Fall, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist "Sache" im Sinn des § 66 Abs. 4 AVG die Angelegenheit, die den Gegenstand des Verfahrens bzw. den Inhalt des Spruches des Bescheides der Unterbehörde gebildet hat. Die Berufungsbehörde darf demnach nicht über anderes entscheiden, als Gegenstand der Entscheidung der Vorinstanz war (vgl. die in Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, Seite 568, referierte hg. Judikatur).

Im vorliegenden Fall entzog die Behörde erster Instanz der Beschwerdeführerin die Gewerbeberechtigung aus dem Grund des § 87 Abs. 1 Z. 2 GewO 1994, weil gegen sie einer der im § 13 Abs. 3 angeführten Umstände, die den Gewerbeausschluß bewirken - konkret, wie sich aus der diesem Bescheide beigegebenen Begründung ergibt, der Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 26. Juni 1995, mit dem der Konkurs über ihr Vermögen eröffnet worden sei - vorliege. Die belangte Behörde überschritt daher die ihr in § 66 Abs. 4 nur in bezug auf den erstbehördlichen Entscheidungsgegenstand eingeräumte Entscheidungsbefugnis, wenn sie mit ihrem Berufungsbescheid der Beschwerdeführerin diese Gewerbeberechtigung gemäß § 91 Abs. 2 GewO 1994 mit der Begründung entzog, sie habe ihren handelsrechtlichen Geschäftsführer, dem ein maßgebender Einfluß auf den Betrieb ihrer Geschäfte zustehe und auf den der Entziehungsgrund des § 87 Abs. 1 Z. 2 zutreffe, innerhalb der ihr gesetzten Frist nicht entfernt.

Da die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit. Er war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Von der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z.4 VwGG abgesehen werden.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 416/1994. Der verzeichnete Verhandlungsaufwand war nicht zuzusprechen, da eine mündliche Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof nicht stattfand. Das auf Zuspruch von Umsatzsteuer zum Schriftsatzaufwand gerichtete Mehrbegehren war im Hinblick auf die Pauschlierung des diesbezüglichen Aufwandersatzes in der zitierten Verordnung, die auch die Umsatzsteuer umfaßt, abzuweisen.

Schlagworte

Beschränkungen der Abänderungsbefugnis Beschränkung durch die Sache

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1997040094.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten