TE Bvwg Erkenntnis 2019/8/21 L514 2219028-1

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Veröffentlicht am 21.08.2019
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Entscheidungsdatum

21.08.2019

Norm

BFA-VG §18 Abs2 Z1
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs1 Z1
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3 Z1
FPG §69 Abs2
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §31 Abs1

Spruch

L514 2219028-1/28E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Mariella KLOIBMÜLLER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA Türkei, vertreten durch RA Dr. Wilfried Ludwig WEH und Mag. Stefan HARG, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 10.04.2019, 410250610/190214428-RD Vorarlberg, zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. wird mangels Beschwer als unzulässig zurückgewiesen.

II. In Erledigung der Beschwerde wird Spruchpunkt II. bis VI. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG ersatzlos aufgehoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Sachverhalt

1. Der Beschwerdeführer, ein türkischer Staatsbürger, wurde nach illegaler Einreise in das Bundesgebiet am XXXX .2018 betreten und in der Folge festgenommen.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) hob mit angefochtenem Bescheid vom 10.04.2019, 410250610/190214428-RD Vorarlberg, antragsgemäß nach § 69 Abs. 2 FPG das Aufenthaltsverbot vom XXXX .2009 (Spruchpunkt I.) auf. Weiters wurde eine Rückkehrentscheidung gemäß § 9 BFA-VG iVm § 52 Abs. 1 Z 1 FPG erlassen (Spruchpunkt II.), und wurde gleichzeitig festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG in die Türkei zulässig sei (Spruchpunkt III.). Darüber hinaus wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG ein auf die Dauer von 10 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt IV.) und wurde keine Frist für die freiwillige Ausreise gewährt (Spruchpunkt V.). Das BFA erkannte letztlich einer Beschwerde gegen diese Entscheidung gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung ab (Spruchpunkt VI.).

2. Der rechtsfreundliche Vertreter des Beschwerdeführers hat gegen den ihm am 12.04.2019 zugestellten Bescheid des BFA mit Schriftsatz vom 10.05.2019 Beschwerde erhoben und diesen zur Gänze angefochten.

3. Am 06.06.2019 stellte der Beschwerdeführer aus dem Stande der Schubhaft - und einen Tag vor der geplanten Abschiebung - einen Antrag auf internationalen Schutz. Dieses Verfahren wurde mit Bescheid des BFA vom 02.07.2019, 410250610/190573487-RD Wien, negativ entschieden und wurde dagegen innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben. Dieses Verfahren ist seit dem 02.08.2019 beim Bundesverwaltungsgericht anhängig.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Zum Sachverhalt

1.1. Die Feststellungen zum gegenständlich angefochtenen Bescheid sowie zur Zustellung an den rechtsfreundlichen Vertreter des Beschwerdeführers ergeben sich aus dem Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsverfahrensaktes des BFA zum gegenständlichen Verfahren.

1.2. Die Feststellungen zum anhängigen Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz ergeben sich aus dem vorgelegten Verwaltungsverfahrensaktes des BFA.

2. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

I. Zur Zurückweisung mangels Beschwer

Das Rechtsschutzinteresse besteht bei einer Bescheidbeschwerde im objektiven Interesse des Beschwerdeführers an einer Beseitigung des angefochtenen, ihn beschwerenden Verwaltungsaktes. Dieses Interesse wird daher immer dann zu verneinen sein, wenn es für die Rechtsstellung des Beschwerdeführers keinen Unterschied mehr macht, ob der angefochtene Bescheid aufrecht bleibt oder aufgehoben wird bzw. wenn die Erreichung des Verfahrenszieles für den Beschwerdeführer keinen objektiven Nutzen hat, die in der Beschwerde aufgeworfenen Rechtsfragen soweit nur (mehr) theoretische Bedeutung besitzen (vgl. VwGH 29. September 2010, 2008/10/0029; 24. Jänner 1995, 93/04/0204).

Voraussetzung für die Behandlung einer Beschwerde vor dem Bundesverwaltungsgericht ist somit das Vorliegen einer formellen Beschwer. Der angefochtene Bescheid des BFA gibt in Spruchpunkt I. dem Antrag vollinhaltlich statt und hebt das angefochtene Aufenthaltsverbot auf. Beim Beschwerdeführer fehlte es somit schon zum Zeitpunkt der Erhebung der vorliegenden Beschwerde hinsichtlich Spruchpunkt I. an der Möglichkeit, dass er durch den angefochtenen Bescheid in einem gesetzlich normierten subjektiven Recht verletzt wurde. Die Beschwerde war daher in diesem Punkt wegen des Mangels der Berechtigung zu ihrer Erhebung als unzulässig zurückzuweisen.

II. Zur Stattgabe der Beschwerde und Behebung des angefochtenen Bescheides

Gesetzliche Grundlage

2.1. Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn 1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder 2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Zum gegenständlichen Verfahren

2.2. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Erlassung einer Rückkehrentscheidung vor der Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz nicht zulässig. In einem solchen Fall ist ein anhängiges Rückkehrentscheidungsverfahren einzustellen, und eine bereits erlassene erstinstanzliche, mit Beschwerde bekämpfte Rückkehrentscheidung vom Verwaltungsgericht ersatzlos zu beheben. Eine Aussetzung des Rückkehrentscheidungsverfahrens bis zur Beendigung des Verfahrens über den Antrag auf internationalen Schutz kommt nicht in Betracht, weil es nach der Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz jedenfalls einzustellen wäre: sei es, weil Asyl oder subsidiärer Schutz gewährt wurde, sei es, weil eine negative Entscheidung und damit einhergehend eine Rückkehrentscheidung gemäß § 10 Abs. 1 AsylG 2005 iVm § 52 Abs. 2 FrPolG 2005 bzw ein Ausspruch über die dauerhafte Unzulässigkeit der Rückkehrentscheidung oder ein Ausspruch nach § 8 Abs. 3a AsylG 2005 ergangen ist. Dies gilt auch für ein anhängiges Verfahren über einen Asylfolgeantrag (VwGH 31.08.2017, Ra 2017/21/0078).

2.3. Da fallbezogen gegenwärtig beim Bundesverwaltungsgericht ein Verfahren über einen Antrag auf internationalen Schutz anhängig ist, war der Beschwerde im Hinblick auf Spruchpunkt II. bis VI. stattzugeben und Spruchpunkt II. bis VI. des angefochtenen Bescheides ersatzlos zu beheben.

III. Entfall der mündlichen Verhandlung

2.4. Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte im gegenständlichen Fall gemäß § § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG entfallen, da bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass die Beschwerde hinsichtlich Spruchpunkt I. als unzulässig zurückzuweisen bzw der Rest des mit Beschwerde angefochtenen Bescheides aufzuheben ist.

IV. Zum Verzicht auf die Übersetzung von Spruch und Rechtsbelehrung in die türkische Sprache

2.5. Der Beschwerdeführer wurde in Österreich geboren und hat ausschließlich hier seine Schulbildung erhalten. Überdies haben sowohl der Beschwerdeführer am 04.04.2019 als auch der rechtsfreundliche Vertreter in der gegenständlichen Beschwerde die Deutschkenntnisse des Beschwerdeführers betont. Für eine Übersetzung besteht daher kein Erfordernis.

Zu B)

Revision

Da die für den vorliegenden Fall relevante Rechtslage durch die zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes geklärt ist, ist die Revision nicht zulässig.

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

anhängiges Verwaltungsverfahren Asylantragstellung ersatzlose Teilbehebung mangelnde Beschwer Rechtsschutzinteresse Rückkehrentscheidung Rückkehrentscheidung behoben Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:L514.2219028.1.00

Im RIS seit

12.10.2020

Zuletzt aktualisiert am

12.10.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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