TE Bvwg Erkenntnis 2020/6/29 G306 2212830-4

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Veröffentlicht am 29.06.2020
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Entscheidungsdatum

29.06.2020

Norm

B-VG Art133 Abs4
FPG §60 Abs1

Spruch

G306 2212830-4/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dietmar MAURER über die Beschwerde des XXXX, geboren am XXXX, StA.: Serbien, vertreten durch die RAin Dr.in Vera WELD, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 11.11.2019, Zl. XXXX, zu Recht erkannt:

A)       

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)       

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichts (im Folgenden: VWG) Wien, GZ.: VGW-151/023/7619/2014, vom 20.01.2014, wurde gegen den Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) letztinstanzlich eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 FPG sowie gemäß § 53 Abs. 1 iVm. Abs. 2 Z 7 iVm. Abs. 2 FPG ein auf 18 Monaten befristetes Einreiseverbot erlassen.

2. Mit Schriftsatz vom 31.12.2014, brachte der BF durch seine Rechtsvertreterin (im Folgenden: RV) einen Antrag auf Aufhebung des unter I.1. genannten Einreisverbotes beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) ein.

3. Am 01.10.2018 fand eine niederschriftliche Einvernahme des BF vor dem BFA statt.

4. Mit Schriftsatz vom 30.10.2018 gab der BF durch seine RV eine Stellungnahme ab.

5. Mit Bescheid des BFA, Zl.: XXXX, vom 05.12.2018, wurde der Antrag des BF auf Verkürzung/Behebung des besagten Einreiseverbotes gemäß § 60 Abs. 1 FPG abgewiesen (Spruchpunkt I.), und dem BF gemäß § 78 AVG die Entrichtung von Bundesverwaltungsabgaben in der Höhe EUR 6,50 auferlegt (Spruchpunkt II.).

6. Mit Beschluss des BVwG, GZ.: 2212830-2/2E, vom 05.08.2019, wurde in Erledigung der Beschwerde des BF, der unter I.5. genannte Bescheid des BFA aufgehoben und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG zur Erlassung eines neuen Bescheides an das BFA zurückverwiesen.

7. Mit oben im Spruch genannten Bescheid des BFA, der RV des BF zugestellt am 15.11.2019, wurde der Antrag des BF vom 31.12.2014 auf Verkürzung/Aufhebung des mit Bescheid/Erkenntnis der LPD XXXX, vom 16.09.2013, Zl. XXXX, gegen den BF erlassenen Einreiseverbot gemäß § 60 Abs. 1 FPG zurückgewiesen.

8. Mit per Telefax am 10.12.2019 beim BFA eingebrachtem Schreiben, erhob der BF durch seine RV Beschwerde gegen den im Spruch genannten Bescheid.

Darin wurde die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung sowie die Abänderung des angefochtenen Bescheides dahingehend, dass das gegenständliche Einreiseverbot aufgehoben werde, beantragt.

9. Die gegenständliche Beschwerde und die Bezug habenden Verwaltungsakten wurden dem BVwG am 18.12.2019 vom BFA vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der BF trägt die im Spruch angeführte Identität (Name und Geburtsdatum) und ist Staatsangehöriger von Serbien.

Mit Bescheid der LPD XXXX, Zl. XXXX, vom 16.09.2013, bestätigt durch das Erkenntnis des VWG Wien, GZ.: VGW-151/023/7619/2014, vom 20.01.2014, wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung und ein auf 18 Monate befristetes Einreiseverbot erlassen.

Der BF verblieb jedoch weiterhin im Bundesgebiet.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Der Verfahrensgang ergibt sich aus dem unbedenklichen und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des BVwG.

2.2. Der festgestellte Sachverhalt beruht auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gericht auf Grund der vorliegenden Akten durchgeführten Ermittlungsverfahrens und wird in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung als maßgeblicher Sachverhalt zugrunde gelegt:

Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zur Identität, zur Staatsangehörigkeit sowie zum Verbleib des BF im Bundesgebiet nach erfolgter Erlassung einer Rückkehrentscheidung und eines Einreiseverbotes getroffen wurden, beruhen diese auf den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen, jenen in der gegenständlichen Beschwerde nicht substantiiert entgegengetreten wurde.

Ferner gestand der BF vor dem BFA wiederholt ein das Bundesgebiet, jedenfalls seit 2011 nicht verlassen zu haben und brachte er bis dato keinen Beweis in Vorlage, welche eine Ausreise desselben nachweisen könnte. Insofern der BF in der gegenständlichen Beschwerde die Ermittlungstätigkeit der belangten Behörde im Hinblick auf eine allfällig erfolgte Ausreise aus dem Bundesgebiet moniert, ist dem BF entgegenzuhalten, trotz seitens des BFA wiederholt gebotener Möglichkeiten bis dato weder konkret behauptet zu haben das Bundesgebiet verlassen, noch eine tatsächliche Ausreise nachgewiesen zu haben. Mit Verweis auf § 60 Abs. 1 FPG, wonach der BF seine Ausreise nachzuweisen hätte, vermag der BF durch die bloße Beanstandung allfälliger Ermittlungsschritte der belangten Behörde, Ermittlungsmängel nicht zu substantiieren. Ferner genügt die Behauptung unbegründeter Ermittlungsmängel auch nicht als substantiierte Entgegnung in Bezug auf die im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen.

Die erfolgte Erlassung des gegenständlichen Einreisverbotes beruht wiederum auf einer jeweiligen Ausfertigung des oben zitierten Bescheides der LPD Wien, Zl. XXXX, vom 16.09.2013 sowie des oben zitierten Erkenntnisses des VWG Wien.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zur Abweisung der Beschwerde:

3.1.1. Der mit „Verkürzung, Gegenstandslosigkeit und Aufhebung“ betitelte § 60 FPG lautet:

„ § 60. (1) Das Bundesamt kann ein Einreiseverbot gemäß § 53 Abs. 2 auf Antrag des Drittstaatsangehörigen unter Berücksichtigung der für die Erlassung der seinerzeitigen Rückkehrentscheidung oder des seinerzeitigen Einreiseverbotes maßgeblichen Umstände verkürzen oder aufheben, wenn der Drittstaatsangehörige das Gebiet der Mitgliedstaaten fristgerecht verlassen hat. Die fristgerechte Ausreise hat der Drittstaatsangehörige nachzuweisen.

(2) Das Bundesamt kann ein Einreiseverbot gemäß § 53 Abs. 3 Z 1 bis 4 auf Antrag des Drittstaatsangehörigen unter Berücksichtigung der für die Erlassung der seinerzeitigen Rückkehrentscheidung oder des seinerzeitigen Einreiseverbotes maßgeblichen Umstände verkürzen, wenn der Drittstaatsangehörige das Gebiet der Mitgliedstaaten fristgerecht verlassen hat und seither einen Zeitraum von mehr als die Hälfte des seinerzeitigen Einreiseverbotes im Ausland verbracht hat. Die fristgerechte Ausreise hat der Drittstaatsangehörige nachzuweisen.

(3) Die Rückkehrentscheidung wird gegenstandslos, wenn einem Drittstaatsangehörigen
1.         der Status des Asylberechtigten zuerkannt wird;
2.         ein Aufenthaltstitel gemäß §§ 55 bis 57 AsylG 2005 erteilt wird.

(Anm.: Abs. 4 und 5 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 87/2012)“

Gemäß § 53 Abs. 4 FPG beginnt die Frist des Einreiseverbotes mit Ablauf des Tages der Ausreise des Drittstaatsangehörigen.

3.1.2. Gegen den BF wurde eine Rückkehrentscheidung und ein auf 18 Monate befristetes Einreiseverbot gemäß § 53 Abs. 2 Z 6 FPG am 20.01.2014 erlassen. Der BF reiste dennoch bis dato nicht aus dem Bundesgebiet aus, weshalb das besagte Einreiseverbot gemäß § 53 Abs. 4 FPG weiterhin in Geltung ist.

Gemäß dem Wortlaut des § 60 Abs. 1 FPG kommt eine Verkürzung oder Aufhebung eines gemäß § 53 Abs. 2 FPG erlassenen Einreiseverbotes nur dann in Frage, wenn der Fremde das Bundesgebiet fristgerecht verlassen hat. Demzufolge bedarf es um inhaltlich in den Antrag des BF einzutreten jedenfalls einer Ausreise aus dem Bundesgebiet, welche vom BF nachzuweisen gewesen wäre.

Insofern der BF dazu vorbringt, dass eine derartige Lesart der besagten Bestimmung geänderte Sachverhalte iSd. 8 EMRK zur Gänze ausblende und damit unzulässig sei, ist dem BF entgegenzuhalten, dass selbst der VwGH – unter Verweis auf den VfGH – keine verfassungsrechtlichen Bedenken bei der besagten Bestimmung hegt, und keinen Raum für eine verfassungskonforme Interpretation sieht, zumal selbst dann wenn gemäß dem Wortlaut des § 60 FPG ein Einreiseverbot einer Verkürzung oder Aufhebung nicht zugänglich ist, Fremden die Möglichkeit der Stellung eines Antrages nach § 55 AsylG, und über dieses bei zwingenden Gründe des Art 8 EMRK die Gegenstandslosigkeit einer Rückkehrentscheidung und eines damit verbundenen Einreiseverbotes zu erwirken zukommt. (vgl. VwGH 25.01.2018, Ra 2017/21/0256)

Aus dem besagten Erkenntnis geht letztlich im Umkehrschluss hervor, dass selbst zwingende Gründe iSd. Art 8 EMRK nicht dazu geeignet sind, unter Missachtung des konkreten Wortlautes des § 60 Abs. 1 FPG, bei unterlassener Ausreise aus dem Bundesgebiet, eine Verkürzung oder Aufhebung eines Einreiseverbotes zu bewirken. Vielmehr wäre in einem solchen Fall der Weg über einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen iSd. § 55 AsylG zu beschreiten.

Vor diesem Hintergrund, kann der belangten Behörde sohin nicht entgegengetreten werden, wenn diese mangels Vorliegens der zwingenden Voraussetzung einer nachgewiesenen fristgerechten Ausreise des BF nach Erlassung des in Rede stehenden Einreiseverbotes den gegenständlichen Antrag des BF auf Verkürzung oder Aufhebung desselben unter Verweis auf § 60 Abs. 1 FPG zurückgewiesen hat.

Die Beschwerde war sohin als unbegründet abzuweisen.

3.2. Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint, konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA VG eine mündliche Verhandlung unterbleiben.

Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) hat mit Erkenntnis vom 28.05.2014, Zl. Ra 2014/20/0017 und 0018-9, für die Auslegung der in § 21 Abs. 7 BFA-VG enthaltenen Wendung „wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint“ unter Bezugnahme auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes (VfGH) vom 12.03.2012, Zl. U 466/11 ua., festgehalten, dass der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen muss. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt. Schließlich ist auf verfahrensrechtlich festgelegte Besonderheiten bei der Beurteilung Bedacht zu nehmen.

Im gegenständlichen Fall ist dem angefochtenen Bescheid ein umfassendes Ermittlungsverfahren durch die belangte Behörde vorangegangen. Für eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens ergeben sich aus der Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes keinerlei Anhaltspunkte. Vielmehr wurde den Grundsätzen der Amtswegigkeit, der freien Beweiswürdigung, der Erforschung der materiellen Wahrheit und des Parteiengehörs entsprochen. So ist die belangte Behörde ihrer Ermittlungspflicht hinreichend nachgekommen. Der entscheidungswesentliche Sachverhalt wurde nach Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens unter schlüssiger Beweiswürdigung der belangten Behörde festgestellt und es wurde in der Beschwerde auch kein dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens der belangten Behörde entgegenstehender oder darüber hinaus gehender Sachverhalt in konkreter und substantiierter Weise behauptet.

Vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes konnte im vorliegenden Fall die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beim Bundesverwaltungsgericht gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG unterbleiben, weil der maßgebliche Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde samt Ergänzung geklärt war. Was das Vorbringen des BF in der Beschwerde betrifft, so findet sich in dieser kein neues bzw. kein ausreichend konkretes Tatsachenvorbringen, welches die Durchführung einer mündlichen Verhandlung notwendig gemacht hätte.

Zur Unzulässigkeit der Revision (Spruchpunkt B.):

Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem BVwG hervorgekommen. Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH ist teilweise zwar zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Schlagworte

Einreiseverbot mangelnder Anknüpfungspunkt Voraussetzungen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:G306.2212830.4.00

Im RIS seit

06.10.2020

Zuletzt aktualisiert am

06.10.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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