TE Lvwg Erkenntnis 2020/8/25 VGW-031/V/032/7380/2020

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Veröffentlicht am 25.08.2020
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Entscheidungsdatum

25.08.2020

Index

40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

VStG §54a
VStG §54b

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seinen Richter Mag. Pühringer über die Beschwerde des A. B. gegen den Bescheid der Landespolizeidirektion Wien vom 24. Februar 2020, Zl. …, mit welchem das Ansuchen um Teilzahlung gemäß § 54a und § 54b des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 – VStG abgewiesen wurde,

zu Recht e r k a n n t:

I.       Gemäß § 54b Abs. 3 VStG, BGBl. 52/1991 idF BGBl. I 57/2018, wird das Ansuchen um Teilzahlung in Form von drei Monatsraten zu je € 155,— mit der Maßgabe gewährt, dass alle noch aushaftenden Teilbeträge sofort fällig werden, wenn der Bestrafte mit mindestens zwei Ratenzahlungen in Verzug ist.

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.   Verfahrensgang

1.       Mit Bescheid der Landespolizeidirektion Wien vom 24. Februar 2020, Zl. …, wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 6. Februar 2020 auf Zahlungserleichterung durch Teilzahlung gemäß § 54a und § 54b VStG aufgrund Uneinbringlichkeit der Geldstrafe abgewiesen.

2.       Dagegen richtet sich die frist- und formgerecht eingebrachte Beschwerde vom 17. März 2020, in welcher der Beschwerdeführer vorbringt, dass sein Einkommen aufgrund einer geringfügigen Beschäftigung über dem Existenzminimum liege und er daher erneut um Gewährung einer Teilzahlung ersuche.

3.       Die belangte Behörde nahm von der Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung Abstand und legte die Beschwerde samt dem bezughabenden Verwaltungsakt dem Verwaltungsgericht Wien (einlangend am 24. Juni 2020) vor.

4.       Auf Aufforderung durch das Verwaltungsgericht Wien erstattete der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 19. Juli 2020 eine Stellungnahme und legte Unterlagen vor; darin erstattet er den Vorschlag für eine "monatliche Ratenzahlung" in der Höhe von "1x 65.- Euro + 10x 40.- Euro, oder 10x 46,50,- Euro".

II. Sachverhalt

1. Das Verwaltungsgericht Wien legt seiner Entscheidung folgende Feststellungen zugrunde:

Mit (rechtskräftiger) Strafverfügung vom 22. November 2018 wurde der Beschwerdeführer zur Leistung einer Geldstrafe in Höhe von € 460,— verpflichtet.

Mit Mahnung vom 13. Jänner 2020 wurde der Beschwerdeführer erneut aufgefordert, den offenen Betrag zuzüglich einer Mahngebühr iHv € 5,—, insgesamt sohin € 465,—, unverzüglich einzuzahlen.

Für den Beschwerdeführer scheinen ansonsten keine verwaltungsstrafrechtlichen Vormerkungen auf, aus denen sich ein Rückstand ergäbe.

Ein Vollstreckungsverfahren (im Sinne des § 3 VVG) oder ein Insolvenzverfahren wurden nicht durchgeführt.

Der Beschwerdeführer bezieht Notstandshilfe iHv € 38,13 täglich und hat zusätzlich ein Einkommen iHv € 460,66 monatlich aus einer geringfügigen Beschäftigung.

Der Beschwerdeführer ist sorgepflichtig für einen fünfjährigen Sohn, der mit ihm im gemeinsamen Haushalt wohnt. Der Beschwerdeführer teilt sich mit seiner Lebensgefährten die Kosten der gemeinsamen Lebensführung.

2. Diese Feststellungen ergeben sich aus folgender Beweiswürdigung:

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den verwaltungsbehördlichen Akt, Würdigung des Parteienvorbringens sowie Einholung von Unterlagen und einer Stellungnahme des Beschwerdeführers.

Anhaltspunkte für die Durchführung eines Vollstreckungs- oder eines Insolvenzverfahrens ergeben sich weder aus dem Akt noch wurde dies von den Verfahrensparteien behauptet. Ein gegenteiliges Ergebnis hat auch eine Abfrage in der Insolvenzdatei nicht gebracht.

Der festgestellte Zahlungsrückstand betreffend die rechtskräftige Verwaltungsübertretung ergibt sich aus der dem verwaltungsbehördlichen Akt einliegenden Strafverfügung (AS 13) sowie der diesbezüglichen Mahnung (AS 100). Der Rückstand blieb im Verfahren außerdem unbestritten.

Die Feststellungen zum Einkommen des Beschwerdeführers ergeben sich aus der dem verwaltungsbehördlichen Akt einliegenden AMS-Bezugsbestätigung (AS 104) sowie den vom Beschwerdeführer vorgelegten Lohnzetteln.

Die Feststellungen zu den Sorgepflichten des Beschwerdeführers und der Teilung der Lebensführungskosten mit seiner Lebensgefährtin ergeben sich aus den glaubwürdigen Angaben des Beschwerdeführers in der eingeholten Stellungnahme und der vorgelegten AMS-Bezugsbestätigung der Lebensgefährtin.

III. Rechtliche Beurteilung

1.       Anzuwendende Rechtsvorschriften:

§ 54b Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG, BGBl. 52, lautet in der hier anzuwendenden Fassung BGBl. I 57/2018 auszugsweise wie folgt:

"Vollstreckung von Geldstrafen

§ 54b. (1) Rechtskräftig verhängte Geldstrafen oder sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen sind binnen zwei Wochen nach Eintritt der Rechtskraft zu bezahlen. Erfolgt binnen dieser Frist keine Zahlung, kann sie unter Setzung einer angemessenen Frist von höchstens zwei Wochen eingemahnt werden. Nach Ablauf dieser Frist ist die Unrechtsfolge zu vollstrecken. Ist mit Grund anzunehmen, dass der Bestrafte zur Zahlung nicht bereit ist oder die Unrechtsfolge uneinbringlich ist, hat keine Mahnung zu erfolgen und ist sofort zu vollstrecken oder nach Abs. 2 vorzugehen.

(1a) bis (1b) […]

(2) Soweit eine Geldstrafe uneinbringlich ist oder dies mit Grund anzunehmen ist, ist die dem ausstehenden Betrag entsprechende Ersatzfreiheitsstrafe zu vollziehen. Der Vollzug der Ersatzfreiheitsstrafe hat zu unterbleiben, soweit die ausstehende Geldstrafe erlegt wird. Darauf ist in der Aufforderung zum Strafantritt hinzuweisen.

(3) Einem Bestraften, dem aus wirtschaftlichen Gründen die unverzügliche Zahlung nicht zuzumuten ist, hat die Behörde auf Antrag einen angemessenen Aufschub oder Teilzahlung zu bewilligen, wodurch die Strafvollstreckung aufgeschoben wird. Die Entrichtung der Geldstrafe in Teilbeträgen darf nur mit der Maßgabe gestattet werden, dass alle noch aushaftenden Teilbeträge sofort fällig werden, wenn der Bestrafte mit mindestens zwei Ratenzahlungen in Verzug ist."

Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen der Exekutionsordnung – EO, RGBl. 79/1896 idF BGBl. I 100/2016, lauten auszugsweise wie folgt:

"Beschränkt pfändbare Forderungen

§ 290a. (1) Forderungen auf folgende Leistungen dürfen nur nach Maßgabe des § 291a oder des § 291b gepfändet werden:

[…]

8. Beihilfen des Arbeitsmarktservice, die zur Deckung des Lebensunterhalts gewährt werden;

[…]

Sonderzahlungen

§ 290b. Auch vom 14. Monatsbezug (Urlaubszuschuss, Urlaubsbeihilfe, Renten- oder Pensionssonderzahlung, die zu den im April oder Mai bezogenen Renten bzw. Pensionen gebührt, und dergleichen) und vom 13. Monatsbezug (Weihnachtszuwendung, Weihnachtsremuneration, Renten- oder Pensionssonderzahlung, die zu den im September oder Oktober bezogenen Renten bzw. Pensionen gebührt, und dergleichen) hat dem Verpflichteten ein unpfändbarer Freibetrag nach § 291a zu verbleiben. Wird die Sonderzahlung in Teilzahlungen geleistet, so ist der unpfändbare Freibetrag auf die Teilzahlungen entsprechend deren Höhe aufzuteilen.

[…]

Ermittlung der Berechnungsgrundlage

§ 291. (1) Bei der Ermittlung der Berechnungsgrundlage für den unpfändbaren Freibetrag (§ 291a) sind vom Gesamtbezug abzuziehen:

         1. Beträge, die unmittelbar auf Grund steuer- oder sozialrechtlicher Vorschriften zur Erfüllung gesetzlicher Verpflichtungen des Verpflichteten abzuführen sind;

         1a. Beiträge nach dem Betrieblichen Mitarbeitervorsorgegesetz;

         2. die der Pfändung entzogenen Forderungen und Forderungsteile;

         3. Beiträge, die der Verpflichtete an seine betrieblichen und überbetrieblichen Interessenvertretungen zu entrichten hat und auch entrichtet;

         4. Beiträge, die der Verpflichtete zu einer Versicherung, deren Leistungen nach Art und Umfang jenen der gesetzlichen Sozialversicherung entsprechen, für sich oder seine unterhaltsberechtigten Angehörigen leistet, sofern kein Schutz aus der gesetzlichen Pflichtversicherung besteht.

(2) Der sich nach Abs. 1 ergebende Betrag ist abzurunden, und zwar bei Auszahlung für Monate auf einen durch 20, bei Auszahlung für Wochen auf einen durch fünf teilbaren Betrag und bei Auszahlung für Tage auf einen ganzen Betrag.

Unpfändbarer Freibetrag

('Existenzminimum')

§ 291a. (1) Beschränkt pfändbare Forderungen, bei denen der sich nach § 291 ergebende Betrag (Berechnungsgrundlage) bei monatlicher Leistung den Ausgleichszulagenrichtsatz für alleinstehende Personen (§ 293 Abs. 1 lit. a ASVG) nicht übersteigt, haben dem Verpflichteten zur Gänze zu verbleiben (allgemeiner Grundbetrag).

(2) Der Betrag nach Abs. 1 erhöht sich

         1. um ein Sechstel, wenn der Verpflichtete keine Leistungen nach § 290b erhält (erhöhter allgemeiner Grundbetrag),

         2. um 20% für jede Person, der der Verpflichtete gesetzlichen Unterhalt gewährt (Unterhaltsgrundbetrag); höchstens jedoch für fünf Personen.

(3) Übersteigt die Berechnungsgrundlage den sich aus Abs. 1 und 2 ergebenden Betrag, so verbleiben dem Verpflichteten neben diesem Betrag

         1. 30% des Mehrbetrags (allgemeiner Steigerungsbetrag) und

         2. 10% des Mehrbetrags für jede Person, der der Verpflichtete gesetzlichen Unterhalt gewährt; höchstens jedoch für fünf Personen (Unterhaltssteigerungsbetrag).

Der Teil der Berechnungsgrundlage, der das Vierfache des Ausgleichszulagenrichtsatzes (Höchstberechnungsgrundlage) übersteigt, ist jedenfalls zur Gänze pfändbar.

(4) Bei täglicher Leistung ist für die Ermittlung des unpfändbaren Freibetrags nach den vorhergehenden Absätzen der 30. Teil des Ausgleichszulagenrichtsatzes, bei wöchentlicher Leistung das Siebenfache des täglichen Betrags heranzuziehen.

(5) Die Grundbeträge sind auf volle Euro abzurunden; der Betrag nach Abs. 3 letzter Satz ist nach § 291 Abs. 2 zu runden."

§ 293 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz – ASVG, BGBl. 189/1955, lautet in seiner hier anzuwendenden Fassung BGBl. I 98/2019, angepasst durch die Verordnung BGBl. II 948/2019, auszugsweise wie folgt:

"Richtsätze

§ 293. (1) Der Richtsatz beträgt unbeschadet des Abs. 2

a)   für Pensionsberechtigte aus eigener Pensionsversicherung,

         aa) wenn sie mit dem Ehegatten (der Ehegattin) oder dem/der eingetragenen PartnerIn im gemeinsamen Haushalt leben           1 398,97 €,

         bb) wenn die Voraussetzungen nach sublit. aa nicht zutreffen und sublit. cc nicht anzuwenden ist           966,65 €,

         […]

(2) An die Stelle der Richtsätze und der Richtsatzerhöhung gemäß Abs. 1 treten ab 1. Jänner eines jeden Jahres, erstmals ab 1. Jänner 2001, die unter Bedachtnahme auf § 108 Abs. 6 mit dem Anpassungsfaktor (§ 108f) vervielfachten Beträge.

[…]"

2.       Gemäß § 54b Abs. 1 VStG sind rechtskräftig verhängte Geldstrafen oder sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen binnen zwei Wochen nach Eintritt der Rechtskraft zu bezahlen. Einem Bestraften, dem aus wirtschaftlichen Gründen die unverzügliche Zahlung nicht zuzumuten ist, hat die Behörde gemäß § 54b Abs. 3 VStG auf Antrag einen angemessenen Aufschub oder Teilzahlung zu bewilligen, wodurch die Strafvollstreckung aufgeschoben wird. Soweit eine Geldstrafe uneinbringlich ist oder dies mit Grund anzunehmen ist, ist gemäß § 54b Abs. 2 VStG die dem ausstehenden Betrag entsprechende Ersatzfreiheitsstrafe zu vollziehen.

Nach § 54b Abs. 3 VStG hat die (gemäß § 1 VVG für die Vollstreckung zuständige) Behörde einem Bestraften auf Antrag betreffend offener Geldstrafen Zahlungserleichterungen zu bewilligen, wenn (kumulativ) ihm aus wirtschaftlichen Gründen die unverzügliche Zahlung nicht zuzumuten ist und die verhängte Geldstrafe nicht uneinbringlich ist, sich der Bestrafte also bloß vorübergehend in wirtschaftlichen Schwierigkeiten befindet. Bei erwiesener Uneinbringlichkeit dürfen Zahlungserleichterungen demnach nicht bewilligt werden. Alleine das Interesse des Bestraften daran, dass – wenn auch im Interesse seiner Familie gelegen – eine Ersatzfreiheitsstrafe nicht vollzogen wird, genügt demgemäß für die Gewährung von Zahlungserleichterungen nicht (vgl. die bei Raschauer/Wessely, VStG § 54b Rz. 12, umfangreich zitierte Judikatur).

Für die Beurteilung der Einbringlichkeit der Geldstrafe ist auf die Sachlage im Zeitpunkt der Entscheidung abzustellen. Die belangte Behörde – bzw. nunmehr das Verwaltungsgericht – ist daher gehalten, vorab auch die Frage der Einbringlichkeit der über den Beschwerdeführer verhängten Geldstrafe zu prüfen, wobei der Beschwerdeführer bei der Beurteilung des aktuellen Einkommens eine entsprechende Mitwirkungspflicht insbesondere dort trifft, wo der belangten Behörde – bzw. dem Verwaltungsgericht – faktische Grenzen bei der amtswegigen Ermittlung gesetzt sind (vgl. VwGH 22.2.2013, 2011/02/0232).

Uneinbringlich ist eine Geldstrafe jedenfalls dann, wenn eine Zwangsvollstreckung bereits erfolglos versucht wurde. Wurde eine Zwangsvollstreckung noch nicht versucht, darf die Uneinbringlichkeit nur aufgrund der Offenkundigkeit (zB infolge der Insolvenz des Bestraften) oder aufgrund eines entsprechenden Ermittlungsverfahrens angenommen werden, dessen Ergebnis die Annahme rechtfertigen muss, dass die verhängte Geldstrafe mit hoher Wahrscheinlichkeit uneinbringlich ist (vgl. VfGH 30.11.1979, 8679/1979, mwN). In diesem Ermittlungsverfahren ist daher insbesondere zu prüfen, ob der Bestrafte einer regelmäßigen Beschäftigung nachgeht oder ob er über sonstige Einkünfte oder Vermögen verfügt (vgl. Fister in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG2 § 54b Rz 7 [Stand 1.5.2017, rdb.at]).

3.       Nach den im Beschwerdeverfahren getroffenen Feststellungen scheint für den Beschwerdeführer ein Zahlungsrückstand an offenen Geldstrafen und Strafkosten in der Höhe von insgesamt € 465,— auf.

Mit Eingabe vom 31. Jänner 2020 wurde vom Beschwerdeführer ein Antrag auf Zahlungserleichterung in Form von Teilzahlung gestellt. Im Beschwerdeverfahren ist zunächst zu prüfen, ob Uneinbringlichkeit iSd § 54b Abs. 2 VStG vorliegt. Sind die Voraussetzungen des § 54b Abs. 2 VStG gegeben, so ist nämlich für eine Anwendung des Abs. 3 dieser Gesetzesstelle kein Raum. Im Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe bzw. für den Fall, dass die Uneinbringlichkeit mit Grund anzunehmen ist, ist einem Antrag auf Zahlungsaufschub nicht stattzugeben. Dies gilt auch hinsichtlich eines Antrags auf Zahlungserleichterungen in Form von Ratenzahlungen (VwGH 19.5.2014, 2013/09/0126).

Uneinbringlichkeit liegt dann vor, wenn der Bestrafte wirtschaftlich außerstande ist, die Geldstrafe zu bezahlen (VfSlg. 12.255/1990), also durch ihre Begleichung der notwendige Unterhalt des Bestraften oder derjenigen Personen, zu deren Unterhalt ihn das Gesetz verpflichtet oder die Erfüllung der Pflicht, einen verursachten Schaden wieder gut zu machen, gefährdet würde. Dabei ist ein strenger Maßstab anzulegen, wobei als Orientierungshilfe jeweils das Existenzminimum herangezogen werden kann. Liegt das Einkommen unter diesem und verfügt der Bestrafte über kein Vermögen, so steht dieser Umstand einer Zwangsvollstreckung der Geldstrafe entgegen – die Geldstrafe ist uneinbringlich (Raschauer/Wessely, VStG § 54b Rz 7; mwN).

4.       Ein Vollstreckungsverfahren im Sinne des § 3 VVG wurde nach den Feststellungen nicht durchgeführt, auch wurde über den Beschwerdeführer kein Insolvenzverfahren eröffnet oder ist die Uneinbringlichkeit aus sonstigen Gründen offenkundig. Folglich sind die konkreten Einkommens- und Vermögensumstände des Beschwerdeführers einer näheren Betrachtung zu unterziehen:

4.1.    Der Beschwerdeführer bezieht Notstandshilfe in Höhe eines Tagsatzes von € 38,13, sohin ein monatliches Einkommen von durchschnittlich € 1.159,79 (Tagsatz x 365/12). Des Weiteren hat der Beschwerdeführer monatliche Einkünfte aus einer geringfügigen Beschäftigung in Höhe von € 460,66; dies 14 Mal jährlich. Abgesehen davon hat er kein weiteres Einkommen oder Vermögen.

4.2.    Gemäß § 290a  Abs. 1 Z 8 EO dürfen Forderungen auf die Notstandshilfe, einer Beihilfe des Arbeitsmarktservice, die zur Deckung des Lebensunterhalts gewährt wird, nur nach Maßgabe des § 291a ASVG (Unpfändbarer Freibetrag bzw. "Existenzminimum") gepfändet werden. Gemäß § 291a Abs. 1 ASVG haben beschränkt pfändbare Forderungen, bei denen die Berechnungsgrundlage § 291 ASVG bei monatlicher Leistung den Ausgleichszulagenrichtsatz für alleinstehende Personen nicht übersteigt, dem Verpflichteten zur Gänze zu verbleiben.

Gemäß § 290b EO gilt § 291a Abs. 1 EO auch für Sonderzahlungen, das heißt, auch vom 13. und 14. Monatsbezug aus seiner geringfügigen Beschäftigung hat dem Beschwerdeführer der unpfändbare Teil zu verbleiben. Nach der jüngsten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sind Pensionssonderzahlungen (§ 105 ASVG) in Bezug auf deren Pfändbarkeit weder mit dem gleichzeitig im April und Oktober fällig werdenden Pensionsbezug zusammenzurechnen, noch gleichteilig über das Jahr verteilt den monatlichen Pensionsbezügen hinzuzurechnen. Vielmehr hat gemäß § 290b EO auch von den Pensionssonderzahlungen dem Verpflichteten ein unpfändbarer Freibetrag nach § 291a EO zu verbleiben (VwGH 5.6.2019, Ro 2019/04/0228). Diese Rechtsprechung lässt sich auf den 13. und 14. Monatsbezug aus einer geringfügigen Beschäftigung übertragen.

4.3.    Für die Beurteilung der Zahlungsfähigkeit ist also das Existenzminimum als Orientierungshilfe heranzuziehen.

Gemäß § 291 EO beläuft sich die Berechnungsgrundlage für das Existenzminimum im Hinblick auf die Einkommenssituation des Beschwerdeführers auf monatlich € 1.620,45. Gemäß § 291a Abs. 1 EO hat dem Beschwerdeführer davon ein unpfändbarer Freibetrag zu verbleiben, also jener Betrag, der den Ausgleichszulagenrichtsatz für allein stehende Personen gemäß § 293 Abs. 1 lit. a ASVG nicht übersteigt. Für das Jahr 2020 sieht § 293 Abs. 1 lit. a ASVG einen Ausgleichszulagenrichtsatz für alleinstehende Personen – der Beschwerdeführer ist nicht verheiratet oder verpartnert – in der Höhe von € 966,65 vor.

Gemäß § 291a Abs. 2 EO erhöht sich dieser Betrag um 20% für jede Person, der der Verpflichtete gesetzlichen Unterhalt gewährt (Unterhaltsgrundbetrag). Da der Beschwerdeführer unterhaltspflichtig für seinen minderjährigen Sohn ist, ergibt sich im gegenständlichen Fall ein Existenzminimum in Höhe von € 1.159,98.

Die Sonderzahlungen des Beschwerdeführers übersteigen das Existenzminimum nicht, sie haben dem Beschwerdeführer daher zur Gänze zu verbleiben. Die sonstigen Einkünfte des Beschwerdeführers übersteigen diesen Betrag um € 460,45. Übersteigt die Berechnungsgrundlage das Existenzminimum, so verbleiben dem Verpflichteten gemäß § 291a Abs. 3 EO neben diesem Betrag außerdem 30% des Mehrbetrags (allgemeiner Steigerungsbetrag) und 10% des Mehrbetrags für jede Person, der der Verpflichtete gesetzlichen Unterhalt gewährt. Daraus folgt, dass dem Beschwerdeführer weitere € 184,18 verbleiben; folglich ergibt sich ein monatlich pfändbarer Betrag in Höhe von € 276,27.

Aus Sicht des Verwaltungsgerichts Wien kann bei Einkünften über dem Existenzminimum Uneinbringlichkeit nicht automatisch iSd § 54b Abs. 2 VStG ausgeschlossen werden. Vielmehr müssen die zu erwartenden Einkünfte und die zu entrichtenden offenen Strafbeträge in einem solchen Verhältnis stehen, dass eine Entrichtung in einer angemessenen Zeitspanne möglich und realistisch erscheint. Was unter einer angemessenen Zeitspanne zu verstehen ist, muss im Einzelfall beurteilt werden. Im vorliegenden Fall ist die Entrichtung eines Strafbetrages von € 465,— in angemessener Zeit angesichts der das Existenzminimum übersteigenden Einkünfte des Beschwerdeführers jedenfalls möglich und realistisch.

5.       Da die verhängte Geldstrafe somit nicht uneinbringlich ist, ist § 54b Abs. 3 VStG anzuwenden: Demzufolge ist einem Bestraften, dem aus wirtschaftlichen Gründen die unverzügliche Zahlung nicht zuzumuten ist, auf Antrag ein angemessener Aufschub oder Teilzahlung zu bewilligen. Liegen die Voraussetzungen nach dieser Gesetzesstelle vor, ist also einem Bestraften die unverzügliche Zahlung aus wirtschaftlichen Gründen nicht zuzumuten, dann hat der Bestrafte einen Rechtsanspruch auf angemessenen Aufschub oder Teilzahlung (VwGH 20.05.1994, 94/02/0165 mwN).

6.       In Anbetracht der Höhe der Strafe, des Einkommens und der Sorgepflichten des Beschwerdeführers ist diesem eine unverzügliche Zahlung nach Ansicht des Verwaltungsgerichtes Wien nicht zuzumuten, weshalb der Beschwerdeführer gemäß § 54b Abs. 3 VStG einen Rechtsanspruch auf Teilzahlung hat. In Anbetracht des dem Beschwerdeführer monatlich verbleibenden pfändbaren Betrags von € 276,27 ist ihm aus Sicht des Verwaltungsgerichts Wien eine Begleichung des offenen Betrags in drei Raten zu je € 155,— zuzumuten. Dem Teilzahlungsbegehren ist daher in diesem Ausmaß stattzugeben. Eine Gewährung der Teilzahlung in dem vom Beschwerdeführer vorgeschlagenen Ausmaß in elf bzw. zehn Monatsraten erschiene angesichts der Einkünfte des Beschwerdeführers als unangemessen lang.

7.       Da die Durchführung einer mündlichen Verhandlung von keiner der Parteien beantragt worden war, konnte von der Durchführung einer Verhandlung in Hinblick auf § 44 Abs. 3 Z 4 VwGVG abgesehen werden (vgl. VwGH 22.2.2013, 2011/02/0232, wonach es sich bei der vorliegenden Angelegenheit um einen verfahrensrechtlichen Bescheid handelt).

8.       Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, insbesondere zur Frage, wann von einer Uneinbringlichkeit iSd § 54b Abs. 2 VStG auszugehen ist, ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Vollstreckung; Teilzahlung; Ratenzahlung; Zahlungserleichterung; Uneinbringlichkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2020:VGW.031.V.032.7380.2020

Zuletzt aktualisiert am

28.09.2020
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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