TE Lvwg Erkenntnis 2020/7/8 LVwG-VG-5/002-2020

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Veröffentlicht am 08.07.2020
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Entscheidungsdatum

08.07.2020

Norm

LVergabenachprüfungsG NÖ 2003 §6
LVergabenachprüfungsG NÖ 2003 §10
LVergabenachprüfungsG NÖ 2003 §12 Abs1
LVergabenachprüfungsG NÖ 2003 §16 Abs1
BVergG 2018 §20 Abs1
BVergG 2018 §125
BVergG 2018 §137

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat durch den Vergabesenat 2 unter dem Senatsvorsitz der Richterin HR Dr. Grassinger, mit den weiteren Richtern

Mag. Allraun (Berichter) und HR Mag. Marihart (Beisitzerin) sowie mit den Laienrichtern Dipl.-Ing. Katharina Fröch und Dipl.-Ing. Andreas Fischer, betreffend den Antrag der A Gesellschaft m.b.H., ***, ***, vertreten durch B, Rechtsanwalt, ***, ***, vom 22.05.2020, das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich möge im Vergabeverfahren "ABA und WVA *** – Erweiterung „***" - Sanierungen ABA und WVA - Straßenbau ,,***" - Erd-, Baumeister- und Installationsarbeiten" (öffentliche Auftraggeberin: Stadtgemeinde ***) die Ausscheidensentscheidung in Bezug auf das Angebot der Antragstellerin vom 12.05.2020 sowie die Zuschlagsentscheidung vom 12.05.2020, für nichtig erklären, nach durchgeführter öffentlicher mündlicher Verhandlung am 17.06.2020, zu Recht erkannt:

Der Antrag der A Gesellschaft m.b.H., ***, ***, vom 22.05.2020, das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich möge im Vergabeverfahren "ABA und WVA *** – Erweiterung „***" - Sanierungen ABA und WVA - Straßenbau ,,***" - Erd-, Baumeister- und Installationsarbeiten" (öffentliche Auftraggeberin: Stadtgemeinde ***), die Entscheidung auf Ausscheiden des Angebotes der Antragstellerin vom 12.05.2020 für nichtig erklären, wird abgewiesen.

Weiters hat das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich durch den

Vergabesenat 2 unter dem Senatsvorsitz der Richterin HR Dr. Grassinger, mit den weiteren Richtern Mag. Allraun (Berichter) und HR Mag. Marihart (Beisitzerin) sowie mit den Laienrichtern Dipl.-Ing. Katharina Fröch und Dipl.-Ing. Andreas Fischer, betreffend den Antrag der A Gesellschaft m.b.H., ***, ***, vertreten durch B, Rechtsanwalt, ***, ***, vom 22.05.2020, das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich möge im Vergabeverfahren "ABA und WVA *** – Erweiterung „***" - Sanierungen ABA und WVA - Straßenbau ,,***" - Erd-, Baumeister- und Installationsarbeiten" (öffentliche Auftraggeberin: Stadtgemeinde ***) die Zuschlagsentscheidung vom 12.05.2020 für nichtig erklären, den

B E S C H L U SS

gefasst:

Der Antrag der A Gesellschaft m.b.H., ***, ***, vom 22.05.2020, das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich möge im Vergabeverfahren "ABA und WVA *** – Erweiterung „***" - Sanierungen ABA und WVA - Straßenbau ,,***" - Erd-, Baumeister- und Installationsarbeiten" (öffentliche Auftraggeberin: Stadtgemeinde ***) die ergangene Zuschlagsentscheidung vom 12.05.2020 für nichtig erklären, wird zurückgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis und diesen Beschluss ist eine ordentliche Revision nicht zulässig.

Rechtsgrundlagen:

§ 28 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG)

§ 1 Abs. 1 und 3 Z 1, § 4 Abs. 1, 2, 8, 9 und 15, § 6 Abs. 1 und 2, § 10 Abs. 1 und 2, § 12 Abs. 1 und § 16 Abs. 1 NÖ Vergabe-Nachprüfungsgesetz (NÖ VNG), LGBl. 7200-0 idF LGBl Nr. 54/2019

§ 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 – VwGG iVm

Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz - B-VG

HINWEIS: Die Entscheidung über den Gebührenersatz ergeht gesondert

(§ 4 Abs. 8 NÖ VNG).

Entscheidungsgründe:

Die Stadtgemeinde *** (im Folgenden: AG) ist öffentliche Auftraggeberin im Vergabeverfahren "ABA und WVA *** – Erweiterung „***" - Sanierungen ABA und WVA - Straßenbau ,,***" - Erd-, Baumeister- und Installationsarbeiten".

Dieser Bauauftrag soll in einem offenen Verfahren im Unterschwellenbereich nach dem Bestbieterprinzip vergeben werden.

Die C-GmbH, ***, ***, vergebende Stelle, hat mit einem, der Antragstellerin, der A Gesellschaft m.b.H. (im Folgenden: AST), per Fax am 12.05.2020, 13:53 Uhr, im Namen und Auftrag der AG übermittelten Schriftsatz mitgeteilt, dass die AST im gegenständlichen Vergabeverfahren ausgeschieden werde, dies

„1.      Auf Grundlage von § 141 Abs. 1 Z 3:

?    Vorliegen eines Angebotes, bei dem im Zuge der vertieften Angebotsprüfung festgestellt wurde, dass angebotene Positionspreise betriebswirtschaftlich nicht erklär- und nachvollziehbar sind;

?    Vorliegen eines Angebotes, dass eine nicht plausible Zusammensetzung des Gesamtpreises aufweist;

2.       Auf Grundlage von § 141 Abs. 1 Z 7:

?    Vorliegen eines den Ausschreibungsbedingungen wiedersprechenden Angebotes hinsichtlich der teilweisen Nichterfüllung des Punktes B 18 des Angebotes (Überprüfung der Preisangemessenheit);

?    Vorliegen eines den Ausschreibungsbedingungen wiedersprechenden Angebotes hinsichtlich der Kalkulation gemäß ÖNORM B2061;

1.      Vorliegen eines unbehebbaren Mangels hinsichtlich „Preisermittlung für Bauleistungen“ (K3-Blatt) bei den einzelnen Leistungspositionen.“

Weiters hat die vergebende Stelle mit einem der AST per Fax am 12.05.2020,

13:50 Uhr, im Namen und Auftrag der AG übermittelten Schriftsatz mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, der D AG, ***, als Bestbieterin den Zuschlag zur erteilen.

Der angebotene Gesamtpreis (Vergabesumme) betrage € *** zzgl. 20% USt. Die Stillhaltefrist betrage 15 Tage.

Die AST behauptet, in ihrem Recht auf

„1. rechtskonforme Durchführung eines Vergabeverfahrens;

2. Nicht-Ausscheiden unseres Angebots

3. Ausschreibungs- und gesetzeskonforme Angebotsprüfung samt Durchführung einer rechtskonformen vertieften Preisprüfung (§§ 134 ff BVergG 2018)

4. Durchführung einer gesetzes- und ausschreibungskonformen, transparenten und nachvollziehbaren Angebotsbewertung unter Zugrundelegung unseres Angebots;

5. freien und lauteren Wettbewerb und Gleichbehandlung aller Bieter (§ 20 BVergG 2018);

6. Zuschlagsentscheidung und Zuschlagserteilung zugunsten unseres Angebots;

7. Gesetzeskonforme Mitteilung der Zuschlagsentscheidung sowie des

Ausscheidens;

8. Gleichbehandlung aller Bieter“

beschwert zu sein.

Die AST habe sich an diesem Verfahren beteiligt, rechtzeitig ein ausschreibungskonformes Angebot abgegeben und so ihr Interesse am gegenständlichen Vergabeverfahren bekundet.

Das Angebot der AST enthalte den billigsten Preis und die nach dem vorgegebenen Bestangebotsprinzip maximale Gesamtgewährleistungsdauer von 6 Jahren, hätte somit die maximal zu erreichende Punkteanzahl erhalten und wäre somit das beste Angebot im Verfahren gewesen.

Hätte die AG das Angebot rechtsrichtig nicht ausgeschieden und der Angebotsbewertung zugrunde gelegt, so wäre das Angebot an erster Stelle und somit für den Zuschlag in Aussicht zu nehmen gewesen. Die hier geltend gemachten Rechtswidrigkeiten seien somit von wesentlichem Einfluss.

Die AST verwies darauf, dass ihr umfangreiche Schäden entstehen würden, würde dem Antrag auf Nichtigerklärung der Ausscheidens- und Zuschlagsentscheidung nicht stattgegeben werden, nämlich in Höhe von mindestens € 5.000,- exkl. USt für die Angebotslegung, zusätzlich der Kosten des gegenständlichen Nachprüfungsverfahrens einschließlich der Vertretungskosten. Darüber hinaus käme noch das Erfüllungsinteresse der AST hinzu.

Daneben drohe der AST durch die rechtswidrige Ausscheidens- und Zuschlagsentscheidung auch der Verlust der Möglichkeit, die eigenen Kapazitäten auszulasten und der Verlust eines wichtigen Referenzprojektes. Nach der Spruchpraxis der Vergabekontrollbehörden erfasse der Begriff des Schadens eben nicht nur bloße Vermögensschäden im Sinne des Zivilrechts, sondern ganz allgemein jene Nachteile, die in der Beeinträchtigung der Möglichkeiten, an einem Vergabeverfahren teilzunehmen, lägen (BVA 26.4.2004, 12N-2/04-55).

Die AST stellte in weiterer Folge das Angebotsprüfungsverfahren durch die AG dar, in welchem mehrere Nachforderungen von Unterlagen (unter anderem K3-, K4- und K7-Blätter) und Aufforderungen zur Aufklärung (Angaben zu Regiepreisen und zu bestimmten Leistungspositionen) zur Prüfung der Preisangemessenheit ergangen seien und ein kommissionelles Aufklärungsgespräch durchgeführt worden sei.

Als Gründe für die aus Sicht der AST vorliegende Rechtswidrigkeit des Vergabeverfahrens wurde von der AST vorgebracht, dass die Mitteilung über das Ausscheiden des Angebotes nicht hinreichend begründet worden sei.

Die Verständigung über das Ausscheiden habe den Ausscheidensgrund inklusive der Darlegung der Begründung für dessen Heranziehung zu beinhalten (ErlRV 69 BlgNR XXVI. GP, 156). In der angefochtenen Verständigung über das Ausscheiden gebe die AG lediglich die gesetzlich normierten Gründe für das Ausscheiden an, ohne auch nur im Ansatz zu erläutern, weshalb diese Gründe auf das Angebot der AST zuträfen. Darüber hinaus sei die Rechtsprechung zur Begründungstiefe von Zuschlagsentscheidungen analog auf die Begründungserfordernisse von Mitteilungen über das Ausscheiden anzuwenden (Merl, RPA 2010, 323).

Für den Fall, dass das Landesverwaltungsgericht davon ausgehe, die Begründung des Ausscheidens sei aufgrund der Übermittlung der Niederschrift über die Prüfung des Angebotes der AST zulässig, werde mit Blick auf diese Niederschrift vorgebracht, dass die AG als Grund für das gegenständlich angefochtene Ausscheiden anführe, es läge ein unbehebbarer Mangel hinsichtlich „Preisermittlung für Bauleistungen“ („K3-Blatt“) bei den einzelnen Leistungspositionen vor. Diese Begründung sei rechtlich unzutreffend.

Die AST habe zwar mit dem Angebot nicht alle K3-Blätter abgegeben.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei aber „bei der Abgrenzung zwischen behebbaren und unbehebbaren Mängeln darauf abzustellen, ob durch eine Mängelbebebung die Wettbewerbsstellung des Bieters gegenüber seinen Mitbietern materiell verbessert würde“ (VwGH 12.5.2011, 2008/04/0087; VwGH 25.3.2010, 2005/04/0144; VwGH 3.9.2008, 2007/04/0017; VwGH 24.2.2006, 2004/04/0078; VwGH 25.2.2004, 2003/04/0186). Führe eine Mängelbehebung zu keiner Besserstellung des Angebotes bzw. (gemäß der noch strengeren Rechtsansicht), ändere sie weder Wert noch Preis der angebotenen Leistung, so sei die Mängelbehebung vergaberechtlich zulässig (Fink/Hofer in Heid/Preslmayr (Hrsg), Handbuch Vergaberecht4 (2015) Angebotsmängel Rz 1601).

Das Nachreichen eines Kalkulationsformblattes bei gleichbleibender Kalkulation - und daher ohne Veränderung der Wettbewerbsstellung - sei somit ein behebbarer Mangel.

Auch eine Neukalkulation des Angebotspreises liege gegenständlich nicht vor, sondern habe die AST lediglich ein dem Angebotspreis ohnehin zugrundeliegendes K3-Blatt für eine von der AG spezifisch angeforderte Beschäftigungsgruppe nachgereicht. Die Kalkulation für den Mittellohn „Straßenbau" und „Leitungsbau“ sei durchgehend unverändert geblieben, ebenso wie die Kalkulation der übrigen Beschäftigungsgruppen in der Leistungsposition „zeitgebundene Kosten“.

Die AG habe in dem Angebotsschreiben nicht ausdrücklich festgelegt, dass

K3-Blätter für alle unterschiedlichen Beschäftigungsgruppen zwingend bei sonstigem Ausscheiden mit dem Angebot abzugeben seien. Vielmehr habe sie lediglich undifferenziert das Kalkulationsformblatt K3 gefordert (Punkt B2 des Angebotsschreibens). Auch könne die Festlegung unter Punkt B2 denkunmöglich so verstanden werden, dass das „Kalkulationsformblatt K3“ zwingend mit dem Angebot abzugeben sei: Die AG fordere „jedenfalls“ den gefertigten Teil E des Angebotsschreibens und das ausgepreiste Leistungsverzeichnis. Differenziert dazu fordere die AG zusätzlich den Datenträger und das Kalkulationsformblatt K3. Diese Festlegung sei daher bei gebotener objektiver Auslegung so zu verstehen, dass die Vorlage des Kalkulationsformblatts K3 gerade nicht „jedenfalls“ und somit keinesfalls zwingend gefordert worden sei. Sollte der AST nunmehr vorgehalten werden, sie hätte mit dem Angebot auch das K3-Blatt hinsichtlich Mittellohn „Straßenbau'“ und „Leitungsbau“ vorzulegen gehabt, so sei hier entgegenzuhalten, dass die Nichtvorlage eines spezifischen K3-Blattes gemäß bestandfesten Festlegungen nicht mit dem Ausscheiden sanktioniert sei und somit jedenfalls einen behebbaren Mangel darstelle.

Es bestehe auch kein Widerspruch zu den Anforderungen an die Überprüfung der Preisangemessenheit im gegenständlichen Verfahren. Mangels Festlegung in den Ausschreibungsunterlagen habe die AST nicht damit rechnen können, dass die AG Lieferanten- oder Subunternehmerangebote „umgehend“ nachfordern werde. Die Preise der AST seien durch die Lieferantenbestätigungen nachgewiesen und nachvollziehbar. Eine darüber hinausgehende Forderung zur Vorlage von Unterlagen sei nicht zulässig.

Es liege auch kein Verstoß gegen die Ausschreibungsbedingungen durch die Angebotskalkulation hinsichtlich ÖNORM B 2061 vor. Die Ausführungen der AG in der Niederschrift zur Angebotsprüfung würden verkennen, dass gemäß Punkt 7.1. der ÖNORM B 2061 nur bei Bedarf ein oder mehrere Mittellöhne zu bilden seien, aber kein Zwang zur Bildung solcher Mittellöhne bestehe. Alle erforderlichen Arbeiter seien in der Kalkulation berücksichtigt.

Sämtliche Preise des Angebotes der AST seien betriebswirtschaftlich erklär- und nachvollziehbar, und setze sich der Gesamtpreis plausibel zusammen.

Die AG habe durch das Ausscheiden des Angebotes der AST das Gleichbehandlungsgebot verletzt. Hätte die AG bei der Prüfung des Angebotes der AST denselben Maßstab angelegt, wie bei der „präsumtiven Zuschlagsempfängerin“, hätte die AG die Ausscheidensentscheidung nicht getroffen. Es liege außerhalb der Lebenserfahrung, dass das Angebot der „präsumtiven Zuschlagsempfängerin“ bei einer vertieften Preisprüfung nach demselben Maßstab keinen Ausscheidensgrund erfüllt hätte.

Die Zuschlagsentscheidung erweise sich als rechtswidrig und sei für nichtig zu erklären, da das Angebot der AST für den Zuschlag in Aussicht zu nehmen gewesen wäre, da aufgrund des Angebotsöffnungsprotokolles dieses 100 Punkte nach den vorgegebenen Zuschlagskriterien erhalten hätte müssen.

Weiters sei die Zuschlagsentscheidung nicht hinreichend begründet im Sinne des

§ 143 Abs. 1 BVergG 2018 und der Judikatur des VwGH 9.4.2013, 2011/04/0224 mit Bezug auf den inhaltsgleichen § 131 Abs 1 BVergG 2006.

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat den zulässigen und fristgerecht eingebrachten Nachprüfungsantrag, für welchen seitens der AST die nach der NÖ Pauschalgebühren-Verordnung vorgesehenen Pauschalgebühren entrichtet wurden, am 22.05.2020 gemäß § 13 Abs. 3 NÖ Vergabe-Nachprüfungsgesetz im Internet kundgemacht. Gleichzeitig wurde der Schriftsatz (Nachprüfungsantrag samt Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung) der AG und der (vormals) präsumtiven Zuschlagsempfängerin (in der durch die AST geschwärzten Version zur Wahrung von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen) übermittelt.

Der AG wurde die allfällige Abgabe einer Stellungnahme bis 26.05.2020, 15:30 Uhr, zum Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung gewährt. Gleichzeitig wurde die AG vom erkennenden Gericht aufgefordert, binnen zwei Wochen die Vergabeakten vorzulegen, wie ihr und der (vormals) präsumtiven Zuschlagsempfängerin auch Gelegenheit gegeben wurde, innerhalb dieser Frist eine Stellungnahme zum Antrag auf Nichtigerklärung abzugeben.

Mit Beschluss des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 28.05.2020, LVwG-VG-5/001-2020, wurde dem Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung Folge gegeben und der AG untersagt, bis zur Entscheidung über den Antrag auf Nichtigerklärung den Zuschlag zu erteilen.

Die (vormals) präsumtive Zuschlagsempfängerin hat mit Schriftsatz vom 02.06.2020 Stellung genommen und darin im Wesentlichen ausgeführt, dass gemäß den Ausschreibungsunterlagen die Bieter bei der Kalkulation ihrer Angebote die ÖNORM B 2061 einzuhalten und dementsprechend auch die K3-Blätter ausschreibungskonform vorzulegen gehabt hätten. Die AST habe diese Vorgaben nicht eingehalten und somit kein ausschreibungskonformes Angebot gelegt. Mangels Aktenkenntnis und aufgrund der geschwärzten Fassung des Nachprüfungsantrages könne die (vormalige) präsumtive Zuschlagsempfängerin nicht näher Stellung nehmen.

Weder die Ausscheidens- noch die Zuschlagsentscheidung seien mit Rechtswidrigkeit belastet. Beantragt wurde, die Anträge auf Nichtigerklärung abzuweisen und alle Dokumente, die sich auf das Angebot der (vormals) präsumtiven Zuschlagsempfängerin beziehen würden, von der Akteneinsicht durch die AST und allfällig mitbeteiligter Personen zur Wahrung von Geschäftsgeheimnissen auszunehmen.

Mit Schriftsatz vom 05.06.2020 hat die AG zu den Nachprüfungsanträgen Stellung genommen und darin im Wesentlichen ausgeführt, dass die AG die Zuschlagsentscheidung vom 12.05.2020 zurückgenommen habe, sodass der Nachprüfungsantrag, soweit er die Zuschlagsentscheidung anfechte, gegenstandslos geworden sei.

Beigelegt wurde ein Schreiben der AG vom 04.06.2020 an alle Bieter des gegenständlichen Vergabeverfahrens, womit diese informiert wurden, dass die Zuschlagsentscheidung vom 12.05.2020 zurückgenommen werde. Das Schreiben an die AST enthält weiters den Zusatz, dass die Ausscheidensentscheidung vom selben Tag betreffend das Angebot der AST hingegen aufrecht bleibe.

Weiters führte die AG aus, dass sie ein offenes Verfahren für das Bauvorhaben „ABA und WVA *** Erweiterung „***", Sanierungen ABA und WVA Straßenbau „***“ - Erd-, Baumeister- und Installationsarbeiten“ im Unterschwellenbereich durchführe und die Vergabe nach dem Bestbieterprinzip erfolge. In der vorliegenden Ausschreibung sei die ÖNORM B 2061 „Preisermittlung von Bauleistungen - Verfahrensnorm“ Vertragsbestandteil. Gemäß Punkt C1 der Ausschreibungsunterlage („Angebotsschreiben für Bauleistungen (Angebotshauptteil für einstufige Verfahren gemäß BVergG)“) gelte die ÖNORM B 2110 in der Fassung 15.03.2013 inkl. der normativen Verweise als Vertragsbestandteil. In der ÖNORM B 2110, Punkt 2 (Normative Verweisungen) sei die ÖNORM B 2061 „Preisermittlung für Bauleistungen - Verfahrensnorm“ angeführt, wodurch sie Vertragsbestandteil für das Angebot sei. Weiters sei in der ÖNORM B 2110 (Ausgabe: 2013-03-15) unter Punkt 4 Verfahrensbestimmung, Punkt 4.1 Allgemeines, Folgendes festgehalten: „Bei Ausschreibungen und bei der Erstellung von Angeboten sind die Bestimmungen der ÖNORM A 2050 oder des BVerG 2006 einzuhalten. Weiters sind die ÖNORMEN A 2063, B 2061, B 2111 und alle einschlägigen Werkvertragsnormen der ÖNORMEN-Serien B 22xx und H 22xx zu beachten“.

Daher habe die Preisermittlung für die in der gegenständlichen Ausschreibung ausgeschriebenen Positionen nach den Vorgaben der ÖNORM B 2061 „Preisermittlung von Bauleistungen - Verfahrensnorm“ zu erfolgen. Der vorliegenden Ausschreibung liege weiters die standardisierte Leistungsbeschreibung für Verkehr und Infrastruktur (LB-VI) in der Version 05, 2018-09 zu Grunde. In den ständigen Vorbemerkungen der Leistungsgruppe 98 „Regiearbeiten“ der LB-VI sei unter Punkt 2 „Preisbildung“ ausdrücklich festgehalten, dass mit den Regiepreisen für Regieleistungen der Regielohnpreis gemäß ÖNORM B 2061 abgegolten werde.

Gemäß Punkt B2 und Punkt E der Ausschreibungsunterlage („Angebotsschreiben für

Bauleistungen (Angebotshauptteil für einstufige Verfahren gemäß BVergG)“) sei mit dem Angebot ein Kalkulationsformblatt K3 vorzulegen gewesen.

Die AST habe am 05.03.2020 fristgerecht ein Angebot abgegeben. Per E-MaiI vom 06.03.2020 sei dieser mitgeteilt worden, dass ihr Angebot einer vertieften Angebotsprüfung unterzogen werde und seien folgende Unterlagen nachgefordert worden („1.Aufforderung“):

-    Nachweise über das Zustandekommen der Einheitspreise durch Vorlage der

Kalkulationsblätter K7 für im Anhang zu diesem Schreiben festgelegte Positionen

-    zugehörige Erläuterungen

-    zugehörige Nachweise ausgabenwirksamer Einzelkosten (z.B. Lieferkosten

Fremdmaterialien, Angebote für Subunternehmerleistungen. etc.)

-    etwaige Stoffkosten (K4-Blatt).

Die Nachreichungen seien durch die AST am 13.03.2020 („1. Antwort“) erfolgt, wobei die AST nicht alle Fragen beantwortet bzw. nicht alle Unterlagen nachgereicht habe, weshalb am 13.03.2020 eine neuerliche Aufforderung zur Nachreichung von Unterlagen („2. Aufforderung“) erfolgt sei. In diesem Schreiben sei die AST darauf hingewiesen worden, dass das vorgelegte K4-Blatt nicht alle anzugebenden Materialpreise aufweise und die angesetzten Lohnkosten in einer bestimmten Position dem mit dem Angebot vorgelegten K3-Blatt widersprechen würden. Überdies sei die AST nochmals darauf hingewiesen worden, dass eine bloße Vorlage des Kalkulationsblattes K7 ohne Erläuterungen nicht ausreichend sei.

Die AST habe am 25.03.2020 Unterlagen („2. Antwort“) nachgereicht.

Per Mail vom 26.03.2020 („3. Aufforderung“) sei die AST erneut zur Aufklärung von nicht nachvollziehbar kalkulierten Positionen aufgefordert worden. Die AST habe mit Schreiben vom 08.04.2020 („3. Antwort“) geantwortet. Im Rahmen dieser Nachreichung sei auch ein neues K3-Blatt, mit einem anderen Bruttomittellohn als im ursprünglich übermittelten K3-Blatt ausgewiesen, vorgelegt worden.

Am 17.04.2020 sei darüber hinaus ein Aufklärungsgespräch zwischen der vergebenden Stelle und der AST durchgeführt worden. Der AST sei am 12.5.2020, 13:49 Uhr, die Zuschlagsentscheidung zugunsten der D AG und am 12.5.2020, um 13:52 Uhr, die Ausscheidensentscheidung übermittelt worden. Am 12.5.2020, um 15:52 Uhr, sei der AST der ihre Angebotsprüfung betreffende Auszug aus dem Prüfbericht übermittelt worden.

Die AST behaupte in ihrem Nachprüfungsantrag, die Ausscheidensentscheidung sei nicht hinreichend begründet, die Nichtvorlage des K3-Blattes sei ein verbesserungsfähiger Mangel und es liege kein Widerspruch zu den Anforderungen an die Überprüfung der Preisangemessenheit bzw. kein Verstoß gegen die Ausschreibungsbedingungen durch die Angebotskalkulation hinsichtlich ÖNORM B 2061 vor. Darüber hinaus seien sämtliche Positionspreise betriebswirtschaftlich erklär- und nachvollziehbar und setze sich der Gesamtpreis plausibel zusammen. Die AST vermeine überdies, dass bei der Prüfung ihres Angebotes - im Vergleich zu anderen Angeboten - ein strengerer Prüfmaßstab angelegt worden sei und dass sie damit im Gleichbehandlungsgrundsatz verletzt sei. Diese Behauptungen der AST seien allesamt unrichtig. Die AG habe das Angebot der AST zu Recht ausgeschieden.

Die Behauptung, die Ausscheidensentscheidung sei nicht ausreichend begründet, sei unrichtig.

Die Ausscheidensentscheidung sei wie folgt begründet worden:

„1. Auf Grundlage § 141 Abs. 1 Z 3:

?    Vorliegen eines Angebotes, bei dem im Zuge der vertieften Angebotsprüfung

Festgestellt wurde, dass angebotene Positionspreise betriebswirtschaftlich nicht erklär- und nachvollziehbar sind;

?    Vorliegen eines Angebotes, dass eine nicht plausible Zusammensetzung des

Gesamtpreises aufweist;

2. Auf Grundlage § 141 Abs. 1 Z 7:

?    Vorliegen eines den Ausschreibungsbedingungen wiedersprechenden Angebotes hinsichtlich der teilweisen Nichterfüllung des Punktes B 18 des Angebotes (Überprüfung der Preisangemessenheit);

?    Vorliegen eines den Ausschreibungsbedingungen wiedersprechenden Angebotes hinsichtlich der Kalkulation gemäß ÖNORM B 2061;

3. Vorliegen eines unbehebbaren Mangels hinsichtlich „Preisermittlung für Bauleistungen" (K3-Blatt) bei den einzelnen Leistungspositionen."

Schon daraus sei ersichtlich, dass die Ausscheidensentscheidung ausreichend begründet worden sei. Dies gelte insbesondere hinsichtlich des Hinweises auf die der ÖNORM B 2061 widersprechende Kalkulation sowie hinsichtlich des unbehebbaren Mangels der „Preisermittlung für Bauleistungen“ (K3-Blatt).

Darüber hinaus habe die AG noch am 12.05.2020, um 15:52 Uhr, und damit exakt

3 Stunden nach der Ausscheidensentscheidung, den die AST betreffenden Teil des Prüfberichtes (vgl. Beilage ./12) der AST übermittelt. Im Prüfbericht sei ausführlich die vertiefte Angebotsprüfung dargelegt und auch im Detail auf die zahlreichen unplausiblen Kalkulationen und Ausscheidensgründe eingegangen und auch die Ausscheidensentscheidung selbst nochmals wiedergegeben worden. Selbst wenn man daher davon ausginge, wie die AST behaupte, dass eine Ausscheidensentscheidung dieselbe Begründungstiefe benötige wie eine Zuschlagsentscheidung, gehe der Einwand der AST ins Leere, weil es nach der Rechtsprechung des VwGH entscheidend sei, „ob es dem Bieter auch ohne Kenntnis zusätzlicher, detaillierterer Begründungselemente unschwer möglich sei, gegen die Zuschlagsentscheidung einen begründeten Nachprüfungsantrag einzubringen“. (VwGH 12.9.2013, 2010/04/0066; 9.4.2013, 2011/04/0224; 21.1.2014, 2011/04/0133) Dass es der AST gegenständlich möglich gewesen sei, einen Nachprüfungsantrag gegen die Ausscheidensentscheidung einzubringen, liege auf der Hand.

Damit habe die AG die Ausscheidensentscheidung nachvollziehbar und ausreichend begründet. Doch selbst wenn man davon ausginge, dass die Ausscheidensentscheidung nicht ausreichend detailliert sei, sei dann, wenn objektiv ein Ausscheidensgrund vorliege und dies aus dem Vergabeakt hervorgehe, die AG zum Ausscheiden des Angebotes verpflichtet und sei einem dagegen gerichteten

Nachprüfungsantrag der Erfolg zu versagen (BVA 02.05.2011, N/0021-BVA/10/2011-33).

Nach § 141 Abs 1 Z 3 BVergG seien Angebote, die eine - durch eine vertiefte Angebotsprüfung festgestellte - nicht plausible Zusammensetzung des Gesamtpreises (zB. spekulative Preisgestaltung) aufwiesen, auszuscheiden.

Entsprechend der Rechtsprechung des VwGH sei der Tatbestand der nicht plausiblen Zusammensetzung des Gesamtpreises gemäß § 141 Abs 1 Z 3 BVergG auch dann erfüllt, wenn Teilpreise (somit Einheitspreise in wesentlichen Positionen) nicht plausibel seien, da diese zu einer nicht plausiblen Zusammensetzung des Gesamtpreises führten.

Mit dem Angebot vom 5.3.2020 sei ein K3-Blatt vorgelegt worden, in dem der Bruttomittellohn mit einem bestimmten Betrag beziffert worden sei, welcher zwar kalkulatorisch nachvollziehbar gewesen sei, dieser sich allerdings nicht in den einzelnen Positionen wiederfinde. Vielmehr sei in den mit der 1. Antwort vorgelegten K7-Blättern durchgehend ein niedrigerer Lohn angesetzt worden. Da bei der Berechnung der Einheitspreise der Bruttomittellohn des vorgelegten K3-Blattes heranzuziehen gewesen wäre, hätten sämtliche derart kalkulierten Einheitspreise als nicht kostendeckend bewertet werden müssen. Bereits aufgrund dieses Widerspruches des K3-Blattes des Angebotes mit den K7-Blättern sei das Angebot wegen unplausibler Zusammensetzung des Gesamtpreises gemäß § 141 Abs 1 Z 3 BVergG auszuscheiden gewesen.

Die AST sei in der 2. Aufforderung um Aufklärung zu den einzelnen Positionen ersucht worden. Mit der 3. Antwort habe die AST daraufhin ein neu kalkuliertes

K3-Blatt vorgelegt, das einen anderen Bruttomittellohn ausgewiesen habe. Die Vorlage eines neuen K3-Blattes sei jedoch nach der Rechtsprechung des VwGH unzulässig, weil es sich hierbei um eine Neukalkulation handle. Der VwGH begründe dies damit, dass die vertiefte Angebotsprüfung der Überprüfung der Preise des Angebotes und nicht deren Neukalkulation diene. Die Vorlage eines neuen

K3-Blattes würde dem Bieter die Möglichkeit eröffnen, einen ursprünglich unplausiblen Preis zu einem plausiblen zu machen, was dem Grundsatz der Gleichbehandlung der Bieter und der Transparenz des Verfahrens widerspräche. (VwGH 28.02.2012, 2007/04/0218)

Doch selbst wenn man dieses neue K3-Blatt zuließe, sei dieses aufgrund der darin einbezogenen Beschäftigungsgruppen in Bezug auf die durchzuführenden Arbeiten unplausibel bzw. unterpreisig.

Die dazu im Aufklärungsgespräch vom 17.04.2020 von der AST abgegebene Erklärung sei ebenfalls in Bezug auf die Bestimmung des Punktes 5.2.2, letzter Absatz, der ÖNORM B 2061 unplausibel bzw. vergaberechtswidrig, da die AST mit ihrem Angebot nur ein K3-Blatt vorgelegt habe. Ein vergleichbarer Fall sei auch dem Urteil des BVwG vom 25.04.2016, W123 2122272-1, zu Grunde gelegen.

Nach dieser Entscheidung sei eindeutig, dass die AST, weil sie eben nur einen Mittellohn erklärt habe, diesen Mittellohn bei der Berechnung jedes Einheitspreises und auch im K7-Blatt hätte heranziehen müssen. Da sie aber bei der Berechnung jedes Einheitspreises bzw. im K7-Blatt einen gänzlich anderen Mittellohn herangezogen habe, widerspreche ihr Angebot den Vorgaben der ÖNORM B 2061 und damit den Ausschreibungsunterlagen und erfülle damit (neben dem Tatbestand des § 141 Abs. 1 Z 3 BVergG) auch den Tatbestand des § 141 Abs. 1 Z 7 BVergG.

Die Behauptung der AST, sie habe für jede Beschäftigungsgruppe die jeweiligen Kosten gesondert berechnet, nur kein eigenes K3-Blatt vorgelegt, sei im Hinblick auf die Detailkalkulation nicht nachvollziehbar.

Auf die erstmals im Nachprüfungsverfahren abgegebenen Erklärungen der AST zur Plausibilität der Preise sei nicht Bedacht zu nehmen, weil die vertiefte Angebotsprüfung auf Basis der der AG zur Verfügung gestandenen Unterlagen zu erfolgen habe (VwGH 28.9.2011, 2007/04/0102). Die AG habe die AST drei Mal zum Nachweis der Plausibilität aufgefordert und auch ein kommissionelles Aufklärungsgespräch durchgeführt. Die erstmals im Nachprüfungsantrag aufgestellte Behauptung zu dem mit dem Angebot vorgelegten K3-Blatt sei daher schon aus diesem Grund unbeachtlich.

Darüber hinaus sei diese Argumentation auch aus folgenden Gründen absurd:

Zunächst sei festzuhalten, dass aus der Festlegung in der Ausschreibungsunterlage

((„Angebotsschreiben für Bauleistungen (Angebotshauptteil für einstufige Verfahren gemäß BVergG)“), keinesfalls abgeleitet werden könne, dass nur (irgend-) ein

K3-Blatt (von mehreren K3-Blättern) mit dem Angebot abzugeben sei. Auch wenn Punkt B2 der Ausschreibungsunterlagen hier die Einzahl („Kalkulationsformblatt K3“) vorsehe, seien Ausschreibungsunterlagen nach der Rechtsprechung des VwGH nicht isoliert anhand eines einzelnen Satzes, sondern nach ihrem objektiven Erklärungswert in ihrer Gesamtheit zu interpretieren. Laut der gegenständlichen Ausschreibung sei die ÖNORM B 2061 anzuwenden. Gemäß Punkt 5.2.2, letzter

Absatz, der ÖNORM B 2061 sei, falls in der Detailkalkulation mit unterschiedlichen

Personalkosten kalkuliert werde, für jeden Personalkostensatz eine gesonderte Ermittlung in Form eines K3-Blattes erforderlich. Da die AST aber mit ihrem Angebot nur ein K3-Blatt abgegeben habe, habe sie damit nur einen Mittellohn erklärt (BVwG vom25.4.2016, W123 2122272-1) und sei die spätere Vorlage eines weiteren

K3-Blattes als unzulässige Neukalkulation anzusehen.

Die im Nachprüfungsverfahren von der AST abgegebene Erklärung finde sich weder in den drei Antworten noch im kommissionellen Aufklärungsgespräch, in dem die AST lediglich mitgeteilt habe, dass für jede andere Beschäftigungsgruppe die jeweiligen Kosten genauso aufgrund des jeweiligen Kollektivlohns errechnet worden seien. Wenn der von der AST im Nachprüfungsantrag dargestellte Sachverhalt sich tatsächlich so zugetragen habe, warum erkenne die AST dies erst im Nachprüfungsantrag und nicht in den zuvor erfolgten drei Antworten und dem kommissionellen Aufklärungsgespräch im Rahmen der vertieften Angebotsprüfung? Bei der nunmehr im Nachprüfungsantrag nachgereichten „Begründung“ handle es sich daher um eine reine Schutzbehauptung, die zudem verspätet sei.

Weiters sei die im Nachprüfungsantrag nachgereichte Begründung unzulässig, da sie eine unzulässige Kostenumlagerung darstelle.

In Bezug auf die Positionen „98-0101 Bauarbeiter Mischpreis“ und „98.0137 Facharbeiter Kanalsanierung“ liege eine unzulässige Einrechnung von Preisen einzelner Positionen in andere Positionen vor, sodass weder der eingerechnete Positionspreis noch jener Positionspreis, in den die anderen Positionen eingerechnet worden seien, ersichtlich und aus dem Angebot erschließbar seien (Gast (Hrsg.), BVergG-Leitsatzkommentar, E347 zu § 141 BVergG; BVwG 20.02.2014, W138 2000166-1). Gegenständlich handle es sich daher klar um eine spekulative Angebotserstellung, da die Kosten nicht in jenen Positionen berücksichtigt würden, in denen sie anfielen.

Die vertiefte Angebotsprüfung solle gerade eine derartig für den Auftraggeber nachteilige spekulative Preisgestaltung vermeiden. Dementsprechend sei auch in den ständigen Vorbemerkungen der Leistungsgruppe 98 „Regiearbeiten“ der LB-Vl unter Punkt 2 „Preisbildung“ ausdrücklich festgehalten, dass mit den

Regiepreisen für Regieleistungen der Regielohnpreis gemäß ÖNORM B 2061 abgegolten werde. Nach der Rechtsprechung verwirkliche ein Bieter die Ausscheidensgründe des § 141 Abs. 1 Z 3 und Z 7 BVergG, wenn er entgegen den Kalkulationsvorschriften Kosten umlagere (z.B. Positionen der Wartung mit 0,0 EURO auspreise und in anderen Positionen einrechne). (BVwG 23.01.2018, W123 21792592; BVwG 16.05.2017, W123 2151680-2 zu dem insoweit gleichlautenden §129 Abs. 1 Z 3 und Z 7 BVergG 2006).

Das Angebot der AST sei daher zu Recht wegen spekulativer Angebotserstellung gem. § 141 Abs. 1 Z 3 BVergG ausgeschieden worden, und sei weiters der Tatbestand des §141 Abs. 1 Z 7 BVergG erfüllt.

Weiters sei die AST hinsichtlich bestimmter Positionen um Übermittlung von Angeboten der Lieferanten bzw. Subunternehmer ersucht worden, da in diesen Positionen keine Materialkosten angegeben worden seien. Die AST habe lediglich Bestätigungen vorgelegt, wonach „die Leistungen zu den im Angebot enthaltenen Einheitspreisen, welche dem Unternehmen bekannt sind, erbracht werden.“

Dies, obwohl die AST in Punkt 2. der Niederschrift des Aufklärungsgespräches vom 17.04.2020 bestätigt habe, dass ihr Subunternehmer-Angebote vorliegen würden.

Für die AG sei daher die Angemessenheit des Preises schon deshalb nicht

nachvollziehbar, weil unklar gewesen sei, auf welches Angebot sich der Subunternehmer beziehe (die Einheitspreise des Subunternehmers oder die Einheitspreise der AST). Sollte es sich um die Einheitspreise der AST handeln, wäre damit wiederum keinerlei Nachvollziehbarkeit gegeben, weil die Einheitspreise der AST eben nicht nur die Materialkosten beinhalten würden. Sollten die Einheitspreise des Subunternehmers gemeint worden sein, wäre (mangels Übermittlung der Einheitspreise des Subunternehmers) ebenfalls keine

Nachvollziehbarkeit gegeben.

Damit die Kalkulation der Position nachvollziehbar und plausibel wäre, müssten die tatsächlichen Materialkosten bekannt gegeben werden. Die Vorlage der Subunternehmer- bzw. Lieferantenangebote wäre insofern erforderlich gewesen, um eine nicht kostendeckende Kalkulation durch den Subunternehmer bzw. Lieferanten ausschließen zu können. Anhand einer vollständigen Kalkulation wäre es der AG möglich gewesen, nachzuprüfen, ob das Material den geforderten Anforderungen entspreche. Da dies jedoch nicht erfolgt sei, erfülle die AST mit dem Nichtvorlegen der Subunternehmer- bzw. Lieferantenangebote neben dem Tatbestand des § 141 Abs. 1 Z 3 auch den Ausscheidenstatbestand des § 141 Abs. 2 BVergG, wonach die AG Angebote von Bietern ausscheiden könne, die es unterlassen hätten, innerhalb der ihnen gestellten Frist die verlangten Aufklärungen zu geben oder deren Aufklärungen einer nachvollziehbaren Begründung entbehrten. Dass die AG sich diesbezüglich auf B18 des Angebotsschreibens beziehe, wonach „sich der Auftraggeber zur Überprüfung der Preisangemessenheit das Recht

vorbehalte, Kalkulationsgrundlagen zum Angebot nachzufordern bzw. in die Kalkulation einzusehen“ und sich der Bieter mit der Abgabe des Angebotes verpflichte, derartigen Aufforderungen umgehend nachzukommen, schade insofern nicht, weil inhaltlich derselbe Ausscheidungsgrund (keine oder nicht nachvollziehbare Aufklärung) vorliege. Mangels Nachreichung der der AST vorliegenden Subunternehmer- und Lieferantenangebote und aufgrund des Fehlens der Materialkosten sei es der AG nicht möglich gewesen, die Angemessenheit der Kalkulation zu prüfen. Demzufolge sei die Kalkulation zu Recht als nicht nachvollziehbar bzw. nicht kostendeckend qualifiziert worden, und sei das Angebot der AST gemäß § 141 Abs. 1 Z 3 und § 141 Abs. 2 BVergG auszuscheiden gewesen.

Zu einer weiteren Position sei nicht nachvollziehbar kalkuliert worden, da die im

K4-Blatt angeführten Preise von jenen im K7-Blatt abwichen und der Lieferant mit Schreiben vom 20.03.2020 erklärt habe, dass sämtliche Schottermaterialien zu

den im Angebot enthaltenen Einheitspreisen, welche dem Unternehmen bekannt seien, geliefert würden.

Die AST sei daher mit Schreiben vom 26.03.2020 um Aufklärung ersucht worden. Mit Schreiben vom 8.4.2020 habe die AST erklärt, dass mit einer anderen Materialsorte kalkuliert worden sei und es sich um eine Sonderpreisvereinbarung im gegenständlichen Bauvorhaben handle. Damit lägen zwei Ausscheidensgründe vor. Einerseits sei das angebotene Material nicht das in der Ausschreibung verlangte, sodass die AST hier ausschreibungswidrig kalkuliert habe und insofern der Tatbestand des § 141 Abs. 1 Z 7 BVergG erfüllt sei. Andererseits habe die Auftraggeberin mangels Vorliegens eines Subunternehmerangebotes nicht die Preisangemessenheit der Position prüfen können, sodass die Tatbestände des

§ 141 Abs. 1 Z 3 und Abs. 2 BVergG erfüllt seien.

In weiterer Folge hat die AG in diesem Schriftsatz noch weitere neun Positionen aufgelistet, in denen nicht kostendeckend bzw. nicht nachvollziehbar kalkuliert worden sei.

Die AG beantragte, aus den vorgelegten Unterlagen gemäß § 17 AVG sämtliche Unterlagen des Vergabeverfahrens von der Akteneinsicht auszunehmen, die nicht die AST selbst betreffen, da diese Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse der AG oder der anderen Bieter enthielten, deren Offenlegung an die AST zu einem ungerechtfertigten Wettbewerbsvorteil für diese führen würden sowie die Zurück-, in eventu Abweisung der Anträge der AST.

Mit Schriftsatz vom 12.06.2020 hat die AST auf die Stellungnahmen der AG und der (vormals) präsumtiven Zuschlagsempfängerin repliziert und darin im Wesentlichen ausgeführt, dass die Zurückziehung der Zuschlagsentscheidung die Nichtigerklärung des Ausscheidens des Angebotes vom 12.5.2020 zur Folge habe.

Die AG versuche mit der am 4.6.2020 erfolgten Zurückziehung der Zuschlagsentscheidung vom 12.05.2020 zugunsten der D AG, die Miteinbeziehung des Angebotes der D AG und die Überprüfung der Gleichbehandlung aller Bieter bei der Angebotsprüfung zu umgehen. Dieses Vorgehen widerspreche dem Gleichbehandlungsgrundsatz, dem Transparenzgrundsatz und dem Gebot des effektiven Rechtsschutzes. Die Anfechtung der Zuschlagsentscheidung sei somit nicht gänzlich gegenstandslos, was sich aus folgenden Überlegungen ergebe: das Ausscheiden des Angebotes vom 12.05.2020 sei bereits aufgrund der Zurückziehung der Zuschlagsentscheidung vom 12.05.2020 für nichtig zu erklären, weil neben der nicht ausreichenden Begründung das Transparenzgebot massiv verletzt werde und hierdurch von der AG versucht werde, eine vergabewidrige - weil nicht gleichbehandelnde - Angebotsprüfung der vergaberechtlichen Überprüfung zu entziehen. Die AG sei aufgrund des Nachprüfungsverfahrens offensichtlich zum Ergebnis gelangt, dass

dem Angebot der D AG dieselbe Kalkulationsmethodik zugrunde liege und nach der Auslegung der Ausscheidensgründe durch die vergebende Stelle ebenso ausgeschieden hätte werden müssen. Den unzulässigen Maßstab der Angebotsprüfung in Bezug auf das Angebot der AST wolle die vergebende Stelle offensichtlich nicht für das Angebot der D AG heranziehen. Das Gleichbehandlungsgebot erfordere, dass alle Angebote denselben Prüfungsmaßstäben unterworfen würden. Bereits aus diesem Grund sei das Ausscheiden des Angebotes für nichtig zu erklären und der AG aufzutragen, dies mit Blick auf das Gleichbehandlungsgebot für alle Angebote, eine zu erfolgen habende Angebotsprüfung nochmals einheitlich durchzuführen und dabei dieselben Maßstäbe für alle Angebote anzulegen. Es sei aufgrund der Zurückziehung der Zuschlagsentscheidung mehr als realistisch, dass gegenständlich das Gleichbehandlungsgebot bei der bisherigen Angebotsprüfung verletzt worden sei und die zweitgereihte und ehemals präsumtive Zuschlagsempfängerin D AG günstiger behandelt worden sei, als die AST. Diese Ungleichbehandlung solle nunmehr mithilfe der Zurückziehung der Zuschlagsentscheidung verdeckt bleiben, in der Hoffnung, der drittplatzierte Bieter bekämpfe eine Zuschlagsentscheidung der D AG nach Beendigung des gegenständlichen Vergabenachprüfungsverfahrens nicht. Das Gleichbehandlungsgebot und das Transparenzgebot erforderten in einem offenen Verfahren nach Angebotsöffnung, dass alle Bieter gleichzeitig demselben Maßstab der Angebotsprüfung unterzogen würden und somit auch diesbezügliche Entscheidungen über das Ausscheiden gleichzeitig zu erfolgen hätten. Da die AG nunmehr ein Aufdecken der Ungleichbehandlung verhindern wolle und vorgebe, das Angebot der D AG nochmals zu überprüfen, ändere sich im gegenständlichen Verfahren maßgeblich die Ausgangslage für das gegenständlich angefochtene Ausscheiden, zumal der AST die Möglichkeit der Überprüfung des Maßstabes, der an die Angebotsprüfung der D AG angelegt werde, genommen werden solle. Bereits vor diesem Hintergrund sei das Ausscheiden des Angebotes der AST vom 12.05.2020 für nichtig zu erklären. Selbst wenn die Zurückziehung der Zuschlagsentscheidung keine Nichtigerklärung der Ausscheidensentscheidung zur Folge hätte, so gelte: die Zurückziehung der Zuschlagsentscheidung habe keine Auswirkungen auf die Pflicht zur Überprüfung durch das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich des an die Angebotsprüfung angelegten Maßstabes. Nach wie vor sei das Angebot der D AG nicht ausgeschieden worden, weshalb deren Verbleib im Vergabeverfahren zur Prüfung der Gleichbehandlung der AST und der D AG bei der Preisprüfung nach wie vor zu erfolgen habe. Dabei sei davon

auszugehen, dass die D AG nicht ausgeschieden werde, selbst wenn die AG nunmehr behaupten sollte, dass das Angebot der D AG doch nochmals geprüft werden sollte. Es würde den Rechtsschutz der AST vollkommen aushöhlen, wenn nunmehr die Angebotsprüfung der D AG und der dort angelegte Maßstab nicht mehr Gegenstand des Nachprüfungsverfahrens seien. Somit sei für Zwecke der Entscheidung über die Anträge der AST auf Nichtigerklärung auf die Sachlage zum Zeitpunkt der Antragstellung (22.05.2020) abzustellen. Sollte sich herausstellen, dass die Gleichbehandlung nicht gewahrt worden sei, so führe dies ungeachtet der Zurückziehung der Zuschlagsentscheidung zu einer Nichtigerklärung des Ausscheidens des Angebotes der AST vom 12.5.2020.

Die Begründung der Mitteilung über das Ausscheiden müsse sich auf einen konkreten Mangel im Angebot beziehen, nicht bloß die gesetzlichen Gründe anführen. Das Nachschicken eines Wochen zuvor angefragten Prüfberichtes ohne Angabe, dass dieser die Mitteilung über das Ausscheiden des Angebotes ergänze, könne nicht als Teil der Begründung des Ausscheidens gewertet werden. Die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 2010/04/0066, 2011/04/0224 und 2011/04/0133) beziehe sich auf die Begründung des Ausscheidens,

nicht auf allfällige sonstige Dokumente, die nachgeschickt worden seien. Würden diese ohne Kommentar nachgeschickt, könnten sie nicht als Ausscheidensbegründung gelten. Die Informationen, die zur Bekämpfung des Ausscheidens erforderlich seien, müssten sich aus der Mitteilung des Ausscheidens

selbst ergeben. Weder verweise die Mitteilung des Ausscheidens auf den Prüfbericht, noch der Prüfbericht auf die Mitteilung des Ausscheidens vom 12.5.2020. Es liege somit ein formaler Begründungsmangel vor, der eine inhaltliche Prüfung des Vorliegens von Ausscheidensgründen entbehrlich mache. Dass die Begründung des Ausscheidens nicht ausreichend erfolgt sei, ergebe sich bereits aus dem Umstand,

dass die AG nunmehr weitergehende Begründungen anführe, die nicht einmal im (ohnedies nicht zu berücksichtigenden) Prüfbericht enthalten seien. Gerade die von der AG ins Treffen geführte Entscheidung des Bundesvergabeamtes vom 02.05.2011 (N/0021-BVA/10/2011-33) betone die Wichtigkeit der Vollständigkeit von Auftraggeberentscheidungen, wenn darin festgehalten werde, dass Zweck der Mitteilung der Gründe für eine Entscheidung des Auftraggebers sei, dass der Bieter die Entscheidung des Auftraggebers überprüfen und entscheiden könne, ob er einen Nachprüfungsantrag einbringe. Wegen der kurzen Fristen für Nachprüfungsanträge müsse diese Zeit zur Gänze zur Verfügung stehen.

Im Übrigen sei aber die Entscheidung des Bundesvergabeamtes vom 02.05.2011 (N/0021-BVA/10/2011-33) längst überholt und dürfe die dieser zugrunde liegende Rechtsansicht dem gegenständlichen Verfahren nicht zugrunde gelegt werden. Das Vorbringen der AG, wonach selbst dann, wenn die Ausscheidensentscheidung nicht ausreichend detailliert sei, die AG zum Ausscheiden des Angebotes verpflichtet sei, wenn objektiv ein Ausscheidensgrund vorliege und dies aus dem Vergabeakt hervorgehe, könne nicht nachvollzogen werden. Ein Nachschieben eines weiteren Ausscheidensgrundes sei unzulässig. Es sei auf die Sachlage im Zeitpunkt der Stellung der gegenständlichen Nichtigkeitsanträge abzustellen. Im Übrigen betreffe diese Entscheidung des Bundesvergabeamtes vom 02.05.2011

(N/0021-BVA/10/2011-33) die Antragslegitimation, die der AST im Gegenständlichen keinesfalls aberkannt werden könne, gehe es doch gegenständlich gerade um das Ausscheiden des erstgereihten Angebotes der AST und die Gleichbehandlung aller Bieter. In diesem Zusammenhang sei auf die Rechtsprechung des

Verwaltungsgerichtshofes (Ra 2016/04/0115) zu verweisen, wonach die Antragslegitimation wegen fehlender Eignung nicht bloß deshalb aberkannt werden könne, wenn es um einen Antrag auf Nichtigerklärung einer Ausschreibung u.a. auf Grund behaupteter Maßen rechtswidriger Eignungsanforderungen gehe (mwN auf EuGH 12.2.2004, Grossmann Air Service, C-230/02, Rn. 28 ff; VwGH 30.4.2008, 2007/04/0060). Selbiges habe im gegenständlichen Fall betreffend Angebotsmängel zu gelten. Gemäß dem Vorbringen der AST sei das Ausscheiden des Angebotes nicht begründet, weil die AG ungleiche Maßstäbe an die Angebotsprüfung der unterschiedlichen Angebote anlege. Es müsse entsprechend der Gleichbehandlung der an das Angebot der D AG angelegte (richtige und weniger strenge) Maßstab auch an das Angebot der AST angelegt werden. Diese Überprüfung beider Angebotsprüfungen könne im Sinne des zwingend einzuhaltenden effektiven Rechtsschutzes nur in einem einzigen Nachprüfungsverfahren erfolgen. Im Übrigen sei die Antragslegitimation nicht bereits bloß deshalb zu verneinen, weil ein Ausscheidensgrund vorliege (EuGH, Rs C-100/12 „fastweb"). Die Entscheidung des

Bundesvergabeamtes vom 02.05.2011 (N/0021-BVA/10/2011-33) sei mit Blick auf die Antragslegitimation somit bereits überholt.

Insgesamt sei nach wie vor, selbst nach der Stellungnahme durch die AG, nicht ersichtlich, zu welchen Positionen des Leistungsverzeichnisses welches Begründungselement des Ausscheidens herangezogen hätte werden sollen.

Es bestehe kein Widerspruch zwischen dem mit dem Angebot vorgelegten K3-Blatt und den ausgewiesenen Löhnen im K7-Blatt, und liege durch die Neuvorlage eines K3-Blattes auch keine Neukalkulation vor, da die betroffenen Löhne durchgehend unverändert geblieben seien.

Die Nichtvorlage eines K3-Blattes stelle einen behebbaren Mangel dar, da aufgrund der Bestimmung Punkt B2 des bestandsfesten Angebotsschreibens das Kalkulationsformblatt K3 mit dem Angebot abzugeben gewesen sei, die AG in selbiger Bestimmung die Vorlage des gefertigten Teils E des Angebotsschreibens sowie das ausgepreiste Leistungsverzeichnis (Teil D) für die Abgabe des Angebotes in Papierform „jedenfalls“ gefordert habe.

Die Entscheidung des BVwG vom 25.04.2016, GZ W123 2122272-1, sei nicht einschlägig, weil dieser Entscheidung der Fall zugrunde gelegen sei, dass die

K3-Blätter für wesentliche Positionen zwingend mit den mit dem Angebot abzugebenden Unterlagen (Ausscheidenssanktion) abzugeben gewesen seien.

Zu den Kalkulationen betreffend die Gemeinkosten und die gewählten Beschäftigungsgruppen sowie die Regiepreise und das angebotene Material wurde zusammengefasst und sinngemäß vorgebracht, dass die angewendete Methode nachvollziehbar und rechtlich zulässig sei und die Preise plausibel seien.

Die AST hat weiters vorgebracht, die AG zähle im Übrigen in Punkt 2.2.10 ihrer Stellungnahme zum Nachprüfungsantrag weitere Positionen im Leistungsverzeichnis des Angebotes der AST auf, die angeblich nicht kostendeckend kalkuliert worden bzw. nicht nachvollziehbar seien. Diese Positionen könnten nicht mehr nachträglich für die Begründung des Ausscheidens herangezogen werden mangels ausdrücklichen Verweises in der Mitteilung des Ausscheidens auf die Niederschrift

zur Angebotsprüfung sowie mangels ausdrücklichen Hinweises im E-Mail der vergebenden Stelle, wonach die Niederschrift der Prüfung des Angebotes der AST (Beilage ./12) als Begründung für das Ausscheiden des Angebotes herangezogen werde: diese Positionen seien nicht Teil des gegenständlichen Nachprüfungsverfahrens, wie die weiteren konkret genannten Positionen.

Schließlich sei festzuhalten, dass das diesbezügliche Vorbringen für eine Replik unklar sei. Da das Angebot der D AG trotz Vorliegens derselben Kalkulationsmethoden wie im Angebot der AST, die nach dem Vorbringen der AG angeblich zu nicht kostendeckenden bzw. nicht nachvollziehbaren Preisen führten, nicht ausgeschieden worden sei, sei die Einhaltung der Gleichbehandlung der Bieter zu überprüfen und seien insbesondere die im Schriftsatz konkret angeführten Überprüfungsschritte zu setzen.

Die AG habe am 04.06.2020 die von der AST angefochtene Zuschlagsentscheidung zugunsten der D AG vom 12.05.2020 zurückgezogen und die AST damit klaglos in diesem Spruchpunkt gestellt. Da bereits jetzt feststehe, dass die Anträge der AST nunmehr zumindest teilweise durchdringen würden bzw. die AST klaglos gestellt worden sei, stehe ihr - wie beantragt - zumindest der volle Ersatz der entrichteten Pauschalgebühr gemäß § 21 Abs. 8 NÖ VNG zu.

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat diese Replik den Verfahrensparteien zum Parteiengehör übermittelt.

Am 17.06.2020 hat das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich eine mündliche Verhandlung durchgeführt, in der Beweis erhoben wurde durch Parteienvorbringen, Befragen der Vertreter der Parteien sowie der vergebenden Stelle und durch Einsichtnahme in die von der AG vorgelegten Akten des gegenständlichen Vergabeverfahrens.

Der AGV brachte zum Schriftsatz der AST vom 12.06.2020 nachstehende ergänzende Replik vor:

„Zu Punkt 1. der Stellungnahme der AST wird erklärt, dass eine Rücknahme der Zuschlagsentscheidung deshalb erfolgt ist, weil bei der Zuschlagsentscheidung keine Angaben über die gemäß Zuschlagsschema von der als Bestbieterin ehemalig qualifizierten Punkte gemacht wurden.

Damit ist Gegenstand des Nachprüfungsverfahrens ausschließlich die Ausscheidensentscheidung.

Zu Punkt 2. der Stellungnahme der AST wird vorgebracht, dass der VwGH eine Ausscheidensentscheidung dann als rechtskonform ansieht, wenn zwar die Gründe nicht im Einzelnen dargelegt sind, aber die Gründe dem jeweiligen Bieter durch eine persönliche Aufklärung des Bieters bekannt gegeben wurden (siehe Moick/Gföhler

BvergG 2018 Leitsatzkommentar E137 zu § 141).

Dasselbe muss umso mehr für den gegenständlichen Fall gelten, in dem der Prüfbericht exakt drei Stunden nach der Ausscheidensentscheidung der AST übermittelt wurde.

Im Prüfbericht wird auch die Ausscheidensentscheidung nochmals wiedergegeben, sodass ein eindeutiger Konnex zwischen Ausscheidensentscheidung und Prüfbericht besteht.

Darüber hinaus können Ausscheidensgründe auch dann geltend gemacht werden, wenn sie in der Ausscheidensentscheidung selbst nicht genannt sind.

Nach der Rechtsprechung des VwGH hat die Vergabekontrollbehörde Anträge von Bietern auf Grund eines entsprechenden Vorbringens des Auftraggebers, der den Bieter selbst nicht ausgeschieden hat, dann als unzulässig zurückzuweisen, wenn sich aus der der Vergabekontrollbehörde vorliegenden Aktenlage ergibt, dass der Bieter auszuscheiden war. Verwiesen wird dazu auf VwGH 2007/04/0095.

Dasselbe muss natürlich auch dann gelten, wenn zwar eine Ausscheidensentscheidung getroffen wurde, aber sich zusätzliche Ausscheidensgründe aus dem Vergabeakt ergeben.

Zu Punkt 3 der Stellungnahme der AST, zum K3-Blatt:

Dass in der mit der Bundesverwaltungsgerichtsentscheidung von 2016 zu Grunde gelegten Judikatur ursprünglich zwingend das Vorlegen des K3-Blattes durch den dortigen Auftraggeber vorgesehen wurde, ist verfahrensgegenständlich bzw. überhaupt rechtsunerheblich.

Einerseits wurde diese Festlegung von der Ausschreibungsunterlage vom BVwG gerade nicht als tragender Grund herangezogen, sondern ausschließlich darauf abgestellt, dass mit der Vorlage eines einzigen K3-Blattes eben nur ein einziger Mittellohnpreis erklärt wurde.

Andererseits kann dieser in der Bundesverwaltungsgerichtsentscheidung von 2016 zitierte Festlegung auch deshalb keine tragende Bedeutung beigemessen werden, weil Ausschreibungsunterlagen BVergG konform auszulegen sind und nach dem

VwGH-Erkenntnis 2008/04/0087 auch die Festlegung, dass das Angebot ausgeschlossen wird, wenn der verlangte Prüfbericht dem Angebot nicht beiliegt, dahingehend auszulegen ist, dass eine Nachrechnung möglich ist, sofern die sonstigen Voraussetzungen für eine Mängelbehebung vorliegen.

Zentral ist daher gegenständlich, dass die AST, wie auch im BVwG-Urteil aus 2016, nur ein einziges K3-Blatt vorgelegt hat und damit nur einen einzigen Mittellohnpreis erklärt hat.“

Der ASTV erklärt dazu, dass er auf das bisherige Vorbringen der AST und auch darauf verweise, dass eine Zurückweisung des Antrages auf Nichtigerklärung der Ausscheidensentscheidung keinesfalls erfolgen werde können.

Betreffend die Nichtvorlage eines K3-Blattes verwies er darauf, dass es sich dabei um einen verbesserungsfähigen Mangel handle.

Folgender entscheidungsrelevanter Sachverhalt wird als erwiesen festgestellt:

Die AG führt ein Verfahren zur Vergabe von Bauleistungen zum Bauvorhaben "ABA und WVA *** – Erweiterung „***" - Sanierungen ABA und WVA - Straßenbau ,,***" - Erd-, Baumeister- und Installationsarbeiten" durch.

Dieser Bauauftrag soll in einem offenen Verfahren im Unterschwellenbereich nach dem Bestbieterprinzip vergeben werden.

Die Bekanntmachung zu diesem Vergabeverfahren erfolgte via *** zur Stammzahl *** und den Geschäftszahlen ,,***" bzw. „***" am 12.02.2020.

Für die Angebotsabgabe war die Papierform, als Ablauf der Angebotsfrist der 05.03.2020, 14.00 Uhr, bestimmt.

Dem Vergabeverfahren liegt als Ausschreibungsunterlage das „ANGEBOTSSCHREIBEN FÜR BAULEISTUNGEN (Angebotshauptteil für einstufige Verfahren gemäß BVergG)“ zugrunde.

Die für die Entscheidung über den Nachprüfungsantrag wesentlichen Bestimmungen daraus lauten:

B1       Ausschreibungsunterlagen

Die dem Bieter zur Verfügung gestellten Ausschreibungsunterlagen bestehen aus folgenden Unterlagen:

?   Eine allfällige Fragenbeantwortung zu den Ausschreibungsunterlagen;

?   das Deckblatt des Angebotsschreibens für Bauleistungen (Teil A);

?   die Angebotsbestimmungen des Angebotsschreibens für Bauleistungen (Teil B);

?   die Allgemeinen Vertragsbestimmungen des Angebotsschreibens für Bauleistungen (Teil C);

die Besonderen Bestimmungen (Gegenstand der Ausschreibung, Umfang der Vertragsleistungen, Plangrundlagen Terminplan

Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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