TE Lvwg Beschluss 2020/7/16 LVwG-AV-728/001-2020

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Veröffentlicht am 16.07.2020
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Entscheidungsdatum

16.07.2020

Norm

WRG 1959 §77 Abs5
WRG 1959 §85
WRG 1959 §102

Text

BESCHLUSS

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat durch Hofrat Mag. Franz Kramer über die Beschwerde von 1. A sowie 2. B, beide vertreten durch C, Rechtsanwalt in ***, ***, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Zwettl vom 05. Juni 2020, ***, betreffend Genehmigung der Änderung einer Satzung nach dem Wasserrechtsgesetz 1959, beschlossen:

I.   Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Gegen diese Entscheidung ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig.

Rechtsgrundlagen:

§§ 77 Abs. 1, 3 und 5; 85 Abs. 1 und 102 Abs. 1 WRG 1959 (Wasserrechtsgesetz 1959, BGBl. Nr. 215/1959 i.d.g.F.)

§§ 24 Abs. 1 und 2, 27, 28 Abs. 1 und 31 Abs. 1 VwGVG (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 i.d.g.F.)

§ 25a Abs. 1 VwGG (Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, BGBl. Nr. 10/1985 i.d.g.F.)

Art. 133 Abs. 4 B-VG (Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 i.d.g.F.)

Begründung

1.   Sachverhalt

1.1. Mit Bescheid vom 05. Juni 2020, ***, genehmigte die Bezirkshauptmannschaft Zwettl (in der Folge: die belangte Behörde) eine Änderung der Satzung der Abwassergenossenschaft *** hinsichtlich der Änderung des Maßes für die Aufteilung der Kosten im Sinne des § 15 der Satzung, wobei ausgesprochen wurde, dass im Übrigen die mit Bescheid vom 27. Oktober 2000, *** genehmigte Satzung unverändert aufrecht bliebe.

Als Rechtsgrundlagen sind die §§ 77 Abs. 5 iVm 78 und 98 WRG 1959 angeführt.

Begründend führt die belangte Behörde zusammenfassend aus, dass im gegenständlichen Fall ein entsprechender Umlaufbeschluss gemäß § 77 Abs. 5 WRG 1959 vorläge und inhaltlich gegen die Satzungsänderung keine Bedenken bestünden, weshalb die Genehmigung spruchgemäß zu erfolgen gehabt hätte.

Dieser Bescheid erging der Aktenlage zufolge lediglich an die Abwassergenossenschaft ***, z.H. des Geschäftsführers.

1.2. Mit Schreiben vom 09. Juni 2020 wandte sich der nunmehrige Beschwerde-führervertreter namens des nunmehrigen Erstbeschwerdeführers A an die belangte Behörde, legte Bedenken in Bezug auf den „Umlaufbeschluss“ der Abwassergenossenschaft dar und regte ein Gespräch über die weitere Vorgangsweise an. Daraufhin übermittelte die belangte Behörde mit Schreiben vom 19. Juni 2020 dem Erstbeschwerdeführer den oben näher bezeichneten Bescheid vom 05. Juni 2020 „zu Ihrer Kenntnis“ und bemerkte, dass „daher“ die Eingabe vom 09. Juni 2020 nicht mehr berücksichtigt hätte werden können.

1.3. Daraufhin erhoben die anwaltlich vertretenen A und B (in der Folge: die Beschwerdeführer) Beschwerde gegen diesen Bescheid, in der sie zusammenfassend geltend machen, dass die Satzungen der Abwasser-genossenschaft *** die Beschlussfassung im Umlaufweg nicht vorsähen und überdies ein gültiger Umlaufbeschluss gar nicht vorliege. Außerdem sei der angebliche Umlaufbeschluss auch inhaltlich unklar und enthalte eine nicht gerechtfertigte Begünstigung eines Genossenschaftsmitgliedes.

Die Beschwerdeführer beantragen daher, in Abänderung des angefochtenen Bescheides dem Umlaufbeschluss vom 06. Mai 2020 die Genehmigung nach § 77 Abs. 5 WRG 1959 zu versagen.

Die belangte Behörde legte die Beschwerde samt Verwaltungsakt dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich mit der Bemerkung vor, dass von der Möglichkeit einer Beschwerdevorentscheidung kein Gebrauch gemacht würde, und beantragte gleichzeitig die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung.

2.   Erwägungen des Gerichts

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat sich bei seiner Entscheidung

von folgenden Erwägungen leiten lassen:

2.1. Anzuwendende Rechtsvorschriften

WRG 1959

§ 77. (1) Die Satzungen haben die Tätigkeit der Wassergenossenschaft zu regeln; sie sind von den Mitgliedern einer freiwilligen Genossenschaft zugleich mit der freien Vereinbarung von den Mitgliedern einer Genossenschaft mit Beitrittszwang vor dem Antrag auf Beiziehung der widerstrebenden Minderheit zu beschließen.

(…)

(3) Die Satzungen haben Bestimmungen zu enthalten über

a)

den Namen, Sitz, Zweck und Umfang der Genossenschaft,

b)

Kriterien für die Mitgliedschaft und Grundsätze für die Ermittlung der auf die einzelnen Mitglieder entfallenden Stimmen,

c)

die Rechte und Pflichten der Mitglieder und die Art der Ausübung des Stimmrechtes,

d)

die Ermittlung des Maßstabes für die Aufteilung der Kosten, über die Festsetzung der Mitgliedsbeiträge und ihre Einhebung,

e)

die Zusammensetzung, die Wahl, die Beschlußfassung, die Funktionsdauer und den Wirkungskreis der Genossenschaftsorgane,

f)

die Vertretung der Genossenschaft nach außen und die Fertigung von Urkunden, durch die rechtliche Verpflichtungen der Genossenschaft begründet werden,

g)

jene Angelegenheiten einschließlich Änderungen der Satzung, hinsichtlich derer eine Beschlußfassung nur mit besonderer Mehrheit erfolgen kann,

h)

den Voranschlag und die Rechnungsprüfung,

i)

die Schlichtung der zwischen den Mitgliedern oder zwischen ihnen und der Genossenschaft aus dem Genossenschafsverhältnis entstandenen Streitigkeiten,

k)

die Auflösung der Genossenschaft, die Regelung ihrer Forderungen und Verbindlichkeiten sowie die Liquidierung ihres Vermögens,

l)

sonstige für die Genossenschaft bedeutsame Fragen.

(…)

(5) Änderungen der Satzungen nach Abs. 3 lit. g oder des Maßstabes für die Aufteilung der Kosten (§ 78) bedürfen wenigstens der Zweidrittelmehrheit der Stimmen der bei einer hierüber einberufenen Mitgliederversammlung anwesenden Mitglieder, im Falle eines Umlaufbeschlusses der Zweidrittelmehrheit der Stimmen aller Mitglieder. Sie werden erst nach Genehmigung durch die Wasserrechtsbehörde wirksam. Bei Zwangsgenossenschaften findet Abs. 2 sinngemäß Anwendung.

(…)

§ 85. (1) Die Aufsicht über die Wassergenossenschaften obliegt der zuständigen Wasserrechtsbehörde, die auch über alle aus dem Genossenschaftsverhältnis und den wasserrechtlichen Verpflichtungen der Genossenschaft entspringenden Streitfälle zu entscheiden hat, die nicht im Sinne des § 77 Abs. 3 lit. i beigelegt werden. Die Wasserrechtsbehörde ist in Wahrnehmung der Aufsicht berechtigt, die Tätigkeit der Genossenschaft zu überwachen, Einsicht in deren Unterlagen sowie entsprechende Auskünfte zu verlangen und an Versammlungen der Genossenschaftsmitglieder teilzunehmen. Sie hat dabei die Einhaltung dieses Bundesgesetzes durch die Genossenschaft zu überwachen, die Zweckmäßigkeit der Tätigkeit der Genossenschaft sowie deren finanzielle Gebarung nur insoweit, als hiedurch öffentliche Interessen (§§ 50 Abs. 7 sowie 105) berührt werden. Sie kann sich zur Aufsicht über die Genossenschaften geeigneter Personen oder Einrichtungen bedienen; § 120 findet sinngemäß Anwendung.

(…)

§ 102. (1) Parteien sind:

a)

der Antragsteller;

b)

diejenigen, die zu einer Leistung, Duldung oder Unterlassung verpflichtet werden sollen oder deren Rechte (§ 12 Abs. 2) sonst berührt werden, sowie die Fischereiberechtigten (§ 15 Abs. 1) und die Nutzungsberechtigten im Sinne des Grundsatzgesetzes 1951 über die Behandlung der Wald- und Weidenutzungsrechte sowie besonderer Felddienstbarkeiten, BGBl. Nr. 103, sowie diejenigen, die einen Widerstreit (§§ 17, 109) geltend machen;

ferner

c)

im Verfahren über die Auflassung von Wasseranlagen oder über das Erlöschen von Wasserrechten die im § 29 Abs. 1 und 3 genannten Personen;

d)

Gemeinden im Verfahren nach § 111a, sonst nur zur Wahrung des ihnen nach § 13 Abs. 3 und § 31c Abs. 3 zustehenden Anspruches;

e)

diejenigen, die als Mitglieder einer Wassergenossenschaft oder eines Wasserverbandes herangezogen werden sollen;

f)

im Verfahren über die Auflösung von Wassergenossenschaften oder Wasserverbänden die im § 83 Abs. 3 genannten Personen und Stellen;

g)

diejenigen, deren wasserwirtschaftliche Interessen durch ein Regionalprogramm (§ 55g Abs. 1 Z 1) als rechtliche Interessen anerkannt wurden;

h)

das wasserwirtschaftliche Planungsorgan in Wahrnehmung der in § 55 Abs. 2 lit. a bis g genannten Aufgaben, nach Maßgabe des § 55 Abs. 5.

(…)

VwGVG

§ 24. (1) Das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

(2) Die Verhandlung kann entfallen, wenn

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

1.

der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben oder die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig zu erklären ist oder

2.

die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist;

3.

wenn die Rechtssache durch einen Rechtspfleger erledigt wird.

(…)

§ 27. Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

(…)

§ 31. (1) Soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist, erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss.

(…)

VwGG

§ 25a. (1) Das Verwaltungsgericht hat im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

(…)

B-VG

Art. 133. (…)

(4) Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Hat das Erkenntnis nur eine geringe Geldstrafe zum Gegenstand, kann durch Bundesgesetz vorgesehen werden, dass die Revision unzulässig ist.

(…)

2.2. Feststellungen und Beweiswürdigung

Der unter Punkt 1. beschriebene Sachverhalt ergibt sich aus den unbedenklichen Akten der Bezirkshauptmannschaft Zwettl und ist unstrittig. Das Gericht kann ihn daher seiner Entscheidung zugrunde legen. Weiterer Sachverhaltsfeststellungen bedarf es, wie sich aus den nachfolgenden rechtlichen Erwägungen ergeben wird, nicht.

2.3. Rechtliche Beurteilung

Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid hat die belangte Behörde eine Satzungsänderung gemäß § 77 Abs. 5 WRG 1959 genehmigt.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes können durch die Genehmigung einer Satzungsänderung die einzelnen Mitglieder einer Wassergenossenschaft in gesetzlich geschützten Rechten nicht betroffen werden (zB VwGH 16.01.1970, 840/69; 16.12.2010, 2008/07/0191).

Im Verfahren zur Genehmigung einer Satzungsänderung und des Maßstabes zur Aufteilung von Kosten nach § 78 WRG 1959 hat nur die Wassergenossenschaft selbst Parteistellung, weil der Rechtsakt der Genehmigung oder Nichtgenehmigung der Satzungen nur gegenüber der Wassergenossenschaft ergeht, die den zugrundeliegenden Beschluss gefasst hat und diesen zur Genehmigung vorgelegt hat (VwGH 18.01.2001, 98/07/0180; 16.12.2010, 2008/07/0191).

Ein derartiger Fall liegt konkret vor. Die beiden Beschwerdeführer waren daher mangels Parteistellung im Satzungsgenehmigungsverfahren nicht befugt, den in Rede stehenden Genehmigungsbescheid anzufechten. Daran ändert es auch nichts, dass die belangte Behörde dem Erstbeschwerdeführer den Bescheid schließlich zugestellt hat. Abgesehen davon, dass die Zustellung ausdrücklich bloß „zur Kenntnis“ erfolgt war, begründet nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Zustellung eines Bescheides an eine Nichtpartei nicht deren Parteistellung (zB VwGH 29.07.2015, 2013/07/0183).

Die vorliegende Beschwerde war daher gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG mit Beschluss als unzulässig zurückzuweisen.

Es sei angemerkt, dass die Mitglieder einer Wassergenossenschaft nicht gehindert sind, gegen den Beschluss über die Satzungsänderung gemäß der nach § 77 Abs. 3 lit. i WRG 1959 in jeder Satzung vorzusehenden Streitschlichtungsmöglichkeit und allenfalls gemäß § 85 Abs. 1 WRG 1959 durch Anrufung der Aufsichtsbehörde vorzugehen; im Falle, dass zufolge eines derartigen Überprüfungsverfahrens ein bereits genehmigter Beschluss auf Satzungsänderung als unwirksam festgestellt wird, verliert auch der zwischenzeitig ergangene Genehmigungsbescheid seine Wirksamkeit (vgl. wiederum VwGH 16.12.2010, 2008/07/0191).

Der Durchführung einer mündlichen Verhandlung bedurfte es aus dem Grunde des § 24 Abs. 2 zweiter Fall VwGVG nicht.

Die im vorliegenden Fall zu lösende Rechtsfrage ist durch eine einheitliche Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hinreichend geklärt. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG liegt somit nicht vor, sodass die Revision gegen dieses Erkenntnis nicht zuzulassen ist.

Schlagworte

Umweltrecht; Wasserrecht; Wassergenossenschaft; Satzungsänderung; Parteistellung;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2020:LVwG.AV.728.001.2020

Zuletzt aktualisiert am

02.10.2020
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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