TE Bvwg Erkenntnis 2020/2/28 I407 2151063-3

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 28.02.2020
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

28.02.2020

Norm

B-VG Art133 Abs4
FPG §46 Abs1
FPG §46 Abs2
FPG §46 Abs2a
FPG §46a
FPG §46a Abs1 Z3
FPG §46a Abs3
FPG §46a Abs4
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I407 2151063-3/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch

den Richter

Mag. Dr. Stefan MUMELTER als

Einzelrichter

über

die Beschwerde

des XXXX (alias XXXX ) XXXX , geb. am XXXX , StA. Irak, vertreten durch den MigrantInnenverein St. Marx

gegen

den Bescheid

des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , Zl.

XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 16.12.2019, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer reiste im Jahr 2014 illegal in das Bundesgebiet ein und stellte am 16.10.2014 seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz.

Mit Bescheid der belangten Behörde vom XXXX wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG wurde der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Irak abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57 AsylG wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung in den Irak gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.). Dieser Bescheid erwuchs unangefochten in Rechtskraft.

Nach Überstellung aus Island im Rahmen der Dublin III-VO stellte der Beschwerdeführer einen (zweiten) Antrag auf internationalen Schutz in Österreich. Dieser Folgeantrag wurde mit Bescheid vom XXXX wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 30.03.2017 als unbegründet abgewiesen, die Entscheidung erwuchs am XXXX in Rechtskraft.

Am 19.02.2018 stellte der Beschwerdeführer einen (dritten) Antrag auf internationalen Schutz.

Am 10.09.2018 wurde der Beschwerdeführer zur Sicherstellung der Ausreise festgenommen und befand sich bis zum 18.09.2018 in Schubhaft.

Der verfahrensgegenständliche Antrag auf Ausstellung einer Karte für Geduldete wurde vom Beschwerdeführer am 07.11.2018 eingebracht und von der belangten Behörde mit Bescheid vom XXXX "gemäß § 46a Absatz 4 in Verbindung mit Absatz 1 Ziffer 3 Fremdenpolizeigesetz, BGBl. I Nr. 100/2005 idgF" als unbegründet abgewiesen.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer die gegenständliche Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.

Am 16.12.2019 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung statt, in welcher der Beschwerdeführer ausführte, dass er nicht in den Irak zurückgehen könne und sich deshalb auch in der Schubhaft geweigert habe, die notwendigen Formulare zur Erlangung eines Heimreisezertifikates auszufüllen.

Im Anschluss an die Verhandlung wurde das gegenständliche Erkenntnis mündlich verkündet.

Mit Schreiben vom 19.12.2019 wurde vom Beschwerdeführer die schriftliche Ausfertigung des gegenständlichen Erkenntnisses beantragt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Zu A) Entscheidung über die Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid:

1. Feststellungen

Der volljährige, gesunde und arbeitsfähige Beschwerdeführer ist irakischer Staatsangehöriger. Seine Identität steht nicht fest.

Der Beschwerdeführer reiste unrechtmäßig in das Bundesgebiet ein und stellte erstmalig am 16.10.2014 einen Antrag auf internationalen Schutz, der mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 06.09.2016 negativ entschieden wurde und unangefochten in Rechtskraft erwuchs. Ebenso wurde der Folgeantrag vom 06.12.2016 rechtskräftig negativ entschieden und besteht seit ebendiesem Zeitpunkt eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung.

Nach Aufenthalten in verschiedenen Betreuungseinrichtungen verfügt der Beschwerdeführer jedenfalls seit 02.10.2018 über keinen ordentlichen Wohnsitz in Österreich.

Aus dem Stande der Schubhaft verweigerte der Beschwerdeführer das Ausfüllen der notwendigen Formulare zur Erlangung eines Heimreisezertifikates woraufhin er am 18.09.2018 aus der Haft entlassen wurde.

2. Beweiswürdigung

Die Feststellungen zur Identität des Beschwerdeführers ergeben sich aus Angaben des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung, welche mit den bisherigen Erledigungen in dieser Hinsicht übereinstimmen, sowie der Einsicht in das Zentrale Melderegister am 04.10.2019.

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde, in den bekämpften Bescheid sowie in den Beschwerdeschriftsatz sowie im Rahmen der mündlichen Verhandlung durch die Angaben des Beschwerdeführers Beweis erhoben.

Die Feststellungen zur strafrechtlichen Unbescholtenheit ergeben sich aus der eingeholten Strafregisterauskunft.

Dass der Beschwerdeführer in Österreich über keinen Wohnsitz verfügt, ergibt sich zweifelsfrei aus der Einsicht in das Zentrale Melderegister.

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer seiner Verpflichtung zur Mitwirkung an der Erlangung eines Heimreisezertifikates nicht nachgekommen ist, beruht auf seinen diesbezüglich glaubhaften Angaben in der mündlichen Verhandlung am 16.12.2019:

„RI: Haben Sie in der Schubhaft das Ausfüllen des Heimreisezertifikates verweigert?

BF: Ich bekam ein Papier zum Unterschreiben. Ich wusste nicht was das ist, ich habe meinen Reisepass verloren. Ich habe nichts unterschrieben.

RI: Warum wollten Sie nicht unterschreiben?

BF: Das war ein Zettel, wo stand, dass ich in den Irak zurückgehen sollte und ich kann nicht dorthin zurück. Eine Verwandte und mein Onkel hatten auch dieselben Probleme, sie haben unterschrieben und wurden zurückgeschickt, jetzt sind sie tot. Ich habe im Irak keinen Kontakt, ich habe das auf Facebook gesehen. Das war auch im Fernsehen.“

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Anzuwendende Rechtslage

§ 46 Abs. 1 bis 2a sowie § 46a Abs. 1 und 3 Fremdenpolizeigesetz 2005 BGBl. I Nr. 100/2005, in der Fassung BGBl. I Nr. 56/2018, lauten:

„Abschiebung

§ 46. (1) Fremde, gegen die eine Rückkehrentscheidung, eine Anordnung zur Außerlandesbringung, eine Ausweisung oder ein Aufenthaltsverbot durchsetzbar ist, sind von den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes im Auftrag des Bundesamtes zur Ausreise zu verhalten (Abschiebung), wenn

1. die Überwachung ihrer Ausreise aus Gründen der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit notwendig scheint,

2. sie ihrer Verpflichtung zur Ausreise nicht zeitgerecht nachgekommen sind,

3. auf Grund bestimmter Tatsachen zu befürchten ist, sie würden ihrer Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen, oder

4. sie einem Einreiseverbot oder Aufenthaltsverbot zuwider in das Bundesgebiet zurückgekehrt sind.

(2) Ein zur Ausreise verpflichteter Fremder, der über kein Reisedokument verfügt und ohne ein solches seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen kann, hat – vorbehaltlich des Abs. 2a – bei der für ihn zuständigen ausländischen Behörde aus Eigenem ein Reisedokument einzuholen und gegenüber dieser Behörde sämtliche zu diesem Zweck erforderlichen Handlungen, insbesondere die Beantragung des Dokumentes, die wahrheitsgemäße Angabe seiner Identität (§ 36 Abs. 2 BFA-VG) und seiner Herkunft sowie die Abgabe allfälliger erkennungsdienstlicher Daten, zu setzen; es sei denn, dies wäre aus Gründen, die der Fremde nicht zu vertreten hat, nachweislich nicht möglich. Die Erfüllung dieser Verpflichtung hat der Fremde dem Bundesamt gegenüber nachzuweisen. Satz 1 und 2 gilt nicht, wenn der Aufenthalt des Fremden gemäß § 46a geduldet ist.

(2a) Das Bundesamt ist jederzeit ermächtigt, bei der für den Fremden zuständigen ausländischen Behörde die für die Abschiebung notwendigen Bewilligungen (insbesondere Heimreisezertifikat oder Ersatzreisedokument) einzuholen oder ein Reisedokument für die Rückführung von Drittstaatsangehörigen (§ 97 Abs. 1) auszustellen. Macht es davon Gebrauch, hat der Fremde an den Amtshandlungen des Bundesamtes, die der Erlangung der für die Abschiebung notwendigen Bewilligung oder der Ausstellung des Reisedokumentes gemäß § 97 Abs. 1 dienen, insbesondere an der Feststellung seiner Identität (§ 36 Abs. 2 BFA-VG) und seiner Herkunft, im erforderlichen Umfang mitzuwirken und vom Bundesamt zu diesem Zweck angekündigte Termine wahrzunehmen.“

„Duldung

§ 46a. (1) Der Aufenthalt von Fremden im Bundesgebiet ist zu dulden, solange

1. deren Abschiebung gemäß §§ 50, 51 oder 52 Abs. 9 Satz 1 unzulässig ist, vorausgesetzt die Abschiebung ist nicht in einen anderen Staat zulässig;

2. deren Abschiebung gemäß §§ 8 Abs. 3a und 9 Abs. 2 AsylG 2005 unzulässig ist;

3. deren Abschiebung aus tatsächlichen, vom Fremden nicht zu vertretenen Gründen unmöglich erscheint oder

4. die Rückkehrentscheidung im Sinne des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG vorübergehend unzulässig ist;

es sei denn, es besteht nach einer Entscheidung gemäß § 61 weiterhin die Zuständigkeit eines anderen Staates oder dieser erkennt sie weiterhin oder neuerlich an. Die Ausreiseverpflichtung eines Fremden, dessen Aufenthalt im Bundesgebiet gemäß Satz 1 geduldet ist, bleibt unberührt.

(3) Vom Fremden zu vertretende Gründe (Abschiebungshindernisse) liegen jedenfalls vor, wenn er

1. seine Identität verschleiert,

2. einen Ladungstermin zur Klärung seiner Identität oder zur Einholung eines Ersatzreisedokumentes nicht befolgt oder

3. an den zur Erlangung eines Ersatzreisedokumentes notwendigen Schritten nicht mitwirkt oder diese vereitelt.“

3.2. Zur Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids

In Anwendung der obigen Bestimmungen ist festzuhalten, dass es nach dem Ergehen einer Rückkehrentscheidung allein an dem betroffenen Fremden gelegen ist, seiner Ausreiseverpflichtung nachzukommen und von sich aus alle dazu notwendigen, vorbereitenden Maßnahmen zu setzen. Daraus folgt, dass der Fremde, sofern er nicht über ein gültiges Reisedokument verfügt, verpflichtet ist, sich rechtzeitig um die Ausstellung eines solchen zu bemühen.

Wird gegen einen Fremden eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung erlassen und seine Abschiebung für zulässig erklärt, liegen die Voraussetzungen für eine Duldung des Aufenthaltes dieses Fremden jedenfalls dann nicht vor, wenn dieser Fremde seiner Verpflichtung zur freiwilligen Ausreise aus dem Bundesgebiet schuldhaft nicht nachgekommen ist (vgl. dazu das Erkenntnis vom 9. Dezember 2014, G 160/2014 ua, G 171/2014 ua, in dem der Verfassungsgerichtshof im Zusammenhang mit der Duldung nach § 46a Fremdenpolizeigesetz, BGBl. I Nr. 100/2005, in der Fassung BGBl. I Nr. 38/2011, auf die Unmöglichkeit einer [freiwilligen] Ausreise Bezug nimmt). Der Aufenthalt eines ausreisepflichtigen Fremden im Bundesgebiet ist überdies dann nicht zu dulden, wenn dieser seine Mitwirkungspflicht nach § 46 Abs. 2 Fremdenpolizeigesetz 2005 verletzt hat, weil er an den notwendigen Handlungen zur Erlangung eines Ersatzreisedokuments nicht im erforderlichen Umfang mitgewirkt hat.

Für den vorliegenden Beschwerdefall bedeutet dies, dass dem Beschwerdeführer eine schuldhafte Verletzung seiner Ausreiseverpflichtung zur Last zu legen ist. Für die Beurteilung des gegenständlichen Sachverhaltes ist es unerheblich, ob die irakische Vertretung auch tatsächlich die benötigten Heimreisezertifikate ausgestellt hätte, der Beschwerdeführer hat durch seine Weigerung die dafür benötigten Formulare auszufüllen jedenfalls seine Mitwirkungspflicht verletzt.

Entschuldigungsgründe für die Nichtmitwirkung sind aus dem Sachverhalt nicht ersichtlich und wurden in der Beschwerde auch nicht vorgebracht. Die Voraussetzung des § 46a Abs. 1 Z 3 Fremdenpolizeigesetz 2005 für eine Duldung des Aufenthaltes des Beschwerdeführers im Bundesgebiet, nämlich, dass seine Abschiebung „aus tatsächlichen, vom Fremden nicht zu vertretenen Gründen unmöglich erscheint", ist daher nicht erfüllt.

Da die Voraussetzungen für eine Duldung des Beschwerdeführers im Bundesgebiet nicht vorlagen, war die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

aufrechte Rückkehrentscheidung Ausreiseverpflichtung Duldung freiwillige Ausreise Heimreise Karte für Geduldete Mitwirkungspflicht mündliche Verhandlung Nachweismangel Reisedokument Verschulden

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:I407.2151063.3.00

Im RIS seit

28.09.2020

Zuletzt aktualisiert am

28.09.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten