TE Bvwg Erkenntnis 2020/3/16 W221 2199414-1

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Veröffentlicht am 16.03.2020
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Entscheidungsdatum

16.03.2020

Norm

B-VG Art133 Abs4
GehG §15 Abs1
GehG §15 Abs2
GehG §15 Abs5 Z3

Spruch

W221 2199414-1/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Daniela URBAN, LL.M. als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX gegen den Bescheid des Vorstandes des Zollamtes XXXX vom 08.05.2018, Zl. BMF-00119711/048-PA-MI/2018, betreffend Auszahlung ruhender Nebengebühren aufgrund einer Dienstverhinderung gemäß § 15 GehG 1956, zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Mit Schreiben vom 17.02.2017 legte der Beschwerdeführer dem Vorstand des Zollamtes XXXX (belangte Behörde) eine "Unfallmeldung" vor, in der als Unfalltag der "09.11.2016", als Unfallzeit "09:00 Uhr", als verletzter Körperteil bzw. Verletzungsart "Depression" und als genaue Schilderung des Unfallherganges "Mobbing - Diskriminierung" eingetragen ist.

Die belangte Behörde legte diese Unfallmeldung mit Schreiben vom 01.03.2017 der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter (BVA) "zur weiteren Veranlassung" vor. Dazu führte die belangte Behörde aus, dass der Beschwerdeführer zwar im Feld zur Schilderung des genauen Unfallherganges "Mobbing und Diskriminierung" angeführt habe, der belangten Behörde seien aber keine Handlungen gemeldet oder sonst bekannt geworden, die Mobbing oder Diskriminierung darstellen könnten.

Mit Schreiben vom 10.07.2017 führte der Beschwerdeführer aus, dass die Zeiträume einer Dienstverhinderung aufgrund einer akuten psychischen Belastungsreaktion im Zusammenhang mit einem außergewöhnlichen Ereignis im Zuge der Dienstausübung gemäß § 15 Abs. 5 Z 3 GehG 1956 zu keinem Ruhen der Nebengebühren führen würden und beantragte die Aus- bzw. Nachzahlung dieser Gebühren.

Die BVA teilte der belangten Behörde mit Schreiben vom 19.02.2018 mit, dass der Vorfall vom 09.11.2016 nicht als Dienstunfall anerkannt worden sei.

Mit Schreiben vom 07.03.2018 führte die belangte Behörde unter anderem aus, dass hinsichtlich des § 15 Abs. 5 Z 3 GehG 1956 die Erläuterungen des Bundeskanzleramtes zur Dienstrechtsnovelle 2016 besagen würden, dass auf gewissermaßen einzigartige Ereignisse im dienstlichen Kontext abzustellen sei, nicht jedoch auf Situationen, die beispielsweise der Beruf mit sich bringe. Die Belastungsreaktion sei aus medizinischer Sicht die Folge einer extremen psychischen Belastung, für welche die oder der Betroffene keine geeignete Bewältigungsstrategie besitze. Häufige Auslöser einer akuten Belastungsreaktion seien unter anderem das Erleben von Unfällen oder das Erfahren von Gewalt. Der vom Beschwerdeführer verwendete Begriff der "Mobbing-Diskriminierung" oder "akute psychische Belastungsreaktion" für sich allein, ohne Präzisierung erfülle diese vom Gesetzgeber intendierten Voraussetzungen für ein Vorliegen einer akuten psychischen Belastungsreaktion im Zusammenhang mit einem außergewöhnlichen Ereignis nicht. Außerdem habe der Beschwerdeführer bislang keine den Tatbestand des Mobbings oder der Diskriminierung erfüllenden Handlungen seinem Dienstgeber geschildert habe bzw. sich solche erheben lassen hätten. Der Beschwerdeführer werde daher aufgefordert, binnen 14 Tagen seine Behauptungen zu präzisieren und zum behaupteten Dienstunfall die Beurteilung durch die BVA vorzulegen.

Der Beschwerdeführer führte in Beantwortung des Schreibens der Behörde vom 07.03.2018 mit Schreiben vom 21.03.2017 (richtig wohl: 21.03.2018) aus, dass die von ihm verwendeten Begriffe "Mobbing-Diskriminierung" oder "akute psychische Belastungsreaktion" ihre Ursache in den Geschehnissen der vergangenen Jahre finden würden. Dazu werde ein als "Sachverhalt" bezeichnetes Gedächtnisprotokoll vorgelegt. Durch die darin beschriebenen Handlungen und den besonderen Belastungssituationen sowie Fortsetzungshandlungen sei er psychisch erkrankt und deshalb dienstunfähig. Zur Feststellung, dass der Beschwerdeführer bislang keine den Tatbestand des Mobbings oder der Diskriminierung erfüllenden Handlungen seinem Dienstgeber geschildert habe bzw. sich solche erheben lassen hätten, werde entgegengehalten, dass die die Krankheit verursachenden Handlungen der belangten Behörde sehr wohl bekannt gewesen seien. Weiters hätten gemäß § 52 BDG 1979 erforderliche ärztliche Untersuchungen aufgrund einer Vorladung beim Amtsarzt am 18.01.2017 und im Zuge des amtswegigen Ruhestandversetzungsverfahrens gemäß § 14 BDG 1979 stattgefunden. Diese Gutachten lägen der belangten Behörde vor. Aus diesen sei zu erkennen, dass die Dienstunfähigkeit des Beschwerdeführers auf eine bewusst herbeigeführte Belastungssituation zurückzuführen sei und eine akute von außen einwirkende psychische Belastungsstörung zur Folge gehabt habe.

Dem Schreiben beigefügt war ein als "Sachverhalt" bezeichnetes Gedächtnisprotokoll angeschlossen. Darin wird unter anderem festgehalten, dass der Beschwerdeführer im November 2016 von einer E-Mail der Vorständin des Finanzamtes XXXX Kenntnis erlangt habe, nach der er "für die Bewertung noch keine Sekunde gearbeitet" habe. Diese E-Mail sei an insgesamt ca. 200 Kollegen weitergeleitet worden. Beim Beantworten dieser E-Mail habe der Beschwerdeführer massive Herzrhythmusstörungen und zudem einen extrem hohen Blutdruck verspürt. Aufgrund des aufkommenden Angstgefühls habe er schließlich gegen Mittag den Dienst verlassen und sei zu einem Arzt gegangen, der ihn krankgeschrieben und ihm geraten habe, psychiatrische Hilfe in Anspruch zu nehmen.

Mit Bescheid des Vorstandes des Zollamtes XXXX vom 08.05.2018, Zl. BMF-00119711/048-PA-MI/2018, zugestellt am 16.05.2018, wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 17.07.2017 im Sinne des § 15 Abs. 5 Z 3 GehG 1956 auf Auszahlung der ruhenden Nebengebühren aufgrund einer Dienstverhinderung wegen einer akuten psychischen Belastungsreaktion im Zusammenhang mit einem außergewöhnlichen Ereignis im Zuge der Dienstausübung abgewiesen. Begründend wurden im Wesentlichen die bereits im Schreiben vom 07.03.2018 gemachten Ausführungen wiederholt, wonach sich aus den Erläuterungen zu § 15 Abs. 5 Z 3 GehG 1956 ergeben würde, dass auf gewissermaßen einzigartige Ereignissee im dienstlichen Kontext abzustellen sei, nicht jedoch auf Situationen, die beispielsweise der Beruf mit sich bringe. Die Belastungsreaktion sei aus medizinischer Sicht die Folge einer extremen psychischen Belastung, für welche die oder der Betroffene keine geeignete Bewältigungsstrategie besitze. Gemessen an diesen Erläuterungen und Begriffsauslegungen stelle das Lesen eines eventuell "kränkenden" E-Mails samt Verfassen eines Antwort- und Beschwerdeschreibens nach Ansicht der belangten Behörde keine akute psychische Belastungsreaktion im Zusammenhang mit einem außergewöhnlichen Ereignis dar.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde, in welcher unter anderem vorgebrach wurde, dass er die erfolgte Dienstzuteilung keineswegs als schikanös erachte. Jedoch seien die vorgelegten Gutachten insofern von der belangten Behörde falsch interpretiert worden, als er mit seiner Grunderkrankung seit mittlerweile über 22 Jahren gut lebe. Der die Dienstunfähigkeit verursachende reaktive Zustand bzw. Krankheit sei nämlich nicht durch ein edogenes, anlagebedingtes Leiden oder die Grunderkrankung ausgelöst worden, sondern durch die geschilderten beruflichen Ereignisse, besonders durch das zuvor im Verfahren erwähnte E-Mail der Vorständin des Finanzamtes XXXX . Somit würden insgesamt externe Auslöser (psychische Belastungsreaktion mit Dienstbeschädigung) vorliegen, die sich auf die Grunderkrankung auswirken könnten. Daher liege eine dauernde Dienstunfähigkeit vor. Weiter würden die im angefochtenen Bescheid angeführten Erläuterungen keine taxative Aufzählung beinhalten.

Die gegenständliche Beschwerde und die Bezug habenden Verwaltungsakten wurden von der belangten Behörde vorgelegt und sind am 26.06.2018 beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt.

Mit Schreiben vom 09.07.2018 teilte die belangte Behörde dem Bundesverwaltungsgericht mit, dass bei der ursprünglichen postalischen Abfertigung des angefochtenen Bescheides die zuständige Mitarbeiterin des Zollamtes die fehlende Amtssignatur bemerkt habe. Der Bescheid sei daher im Sinne des § 18 Abs. 4 dritter Satz AVG unterschrieben und dem Beschwerdeführer zugestellt worden. Beigefügt war der angefochtene Bescheid samt Zustellnachweis in Kopie.

Mit Parteiengehör vom 12.07.2018 wurde der Beschwerdeführer aufgefordert zum Schreiben der belangten Behörde vom 09.07.2018 innerhalb einer Frist von zwei Wochen Stellung zu nehmen und bekannt zu geben, ob der ihm übermittelte Bescheid tatsächlich eine Unterschrift aufweise. Sollte dies nicht der Fall sein, ersuche das Bundesverwaltungsgericht den gegenständlichen Bescheid zu übermitteln.

Mit Schreiben vom 24.07.2018 führte der Beschwerdeführer unter anderem aus, dass der angefochtene Bescheid eine Unterschrift aufweise. Weiters führte er aus, dass seine schriftlichen Ausführungen im als "Sachverhalt" bezeichneten Gedächtnisprotokoll von der belangten Behörde falsch interpretiert worden seien. Die Dienstzuteilungen zu den Finanzämtern habe er nämlich zu keiner Zeit als schikanös empfunden, es sei die Vorgangsweise in den Finanzämtern gewesen. Die Dienstzuteilung zum Zollamt XXXX im Jänner 2017 habe er jedoch aufgrund des hohen Aktenrückstandes und seines Alters als reine Schikane empfunden.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat über die zulässige Beschwerde erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer stand als Beamter bis zu seiner - mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 07.12.2018, W122 2194406-1/6E, in Rechtskraft erwachsenen - Ruhestandsversetzung aufgrund von Dienstunfähigkeit in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund.

Er litt jedenfalls im Jahr 2017 an verschiedenen Erkrankungen/Beschwerden (u.a. chronische Depression/chronische depressive Verstimmungen; Einengung der Herzkrankgefäße; Teilverschluss rechte Herzkranzschlagader; Wirbelsäulen- und Bandscheibenveränderungen; arterielle Verschlusskrankheit, Zwerchfellbruch), weshalb er in ständiger medizinischer Behandlung stand. Es kann nicht festgestellt werden, dass die psychischen Erkrankungen/Beschwerden des Beschwerdeführers auf die von ihm dargelegten Ereignisse zurückzuführen sind.

Der Beschwerdeführer war im Oktober/November 2016 drei Wochen auf Kur und trat am 08.11.2016 seinen Dienst wieder an. Dabei erfuhr er vom Inhalt einer E-Mail der Leiterin des Finanzamtes XXXX , das er am kommenden Tag auch in ausgedruckter Form von einem Kollegen bekam. Darin war unter anderem festgehalten, dass der Beschwerdeführer "für die Bewertung noch keine Sekunde gearbeitet" habe. Der Beschwerdeführer verfasste am 09.11.2016 eine Antwortmail, das ihn in Ärger versetzte. Er kontaktierte daraufhin seinen Arzt, einen Internisten, vereinbarte einen Termin für den selben Tag, nahm diesen Arzttermin in der Folge auch wahr und wurde krankgeschrieben.

Mit Bescheid der BVA vom 04.07.2017 wurden Leistungen aus Anlass der Depression des Beschwerdeführers gemäß §§ 88 B-KUVG ff mangels Vorliegen eines Versicherungsfalles gemäß § 90 und 92 leg.cit. nicht gewährt, weil kein Dienstunfall vorliegen würde.

Die in der Folge vom Beschwerdeführer erhobene Klage wies das Landesgericht XXXX als Arbeits- und Sozialgericht mit Urteil vom 22.08.2017 ab. Dazu führte das Landesgericht im Wesentlichen aus, dass in dem Erhalt der E-Mail und in der Beantwortung dieser E-Mail durch den Beschwerdeführer kein plötzliches, von außen einwirkendes Ereignis iSd Judikatur gesehen werden könne.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus dem Akt in Verbindung mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers.

Die getroffenen Feststellungen zur Ruhestandsversetzung des Beschwerdeführers folgen aus dem Beschwerdeakt im vor dem Bundesverwaltungsgericht zu W122 2194406-1 geführten Verfahren.

Die Feststellungen zu den beim Beschwerdeführer vorliegenden Erkrankungen ergeben sich aus den im erstinstanzlichen Verwaltungsakt aufliegenden medizinischen Unterlagen (s. Aktenseiten [AS 138 ff]). Dass nicht festgestellt werden kann, dass die psychischen Erkrankungen/Beschwerden des Beschwerdeführers auf die von ihm dargelegten Ereignisse im November 2016 zurückzuführen sind, folgt ebenso aus den im erstinstanzlichen Verwaltungsakt aufliegenden medizinischen Unterlagen (AS 138 ff) und insbesondere aus den Ausführungen des Beschwerdeführers im Verfahren vor dem Landesgericht XXXX als Arbeits- und Sozialgericht, wo er selbst anführte, dass nicht nur die konkret dargelegten Ereignisse im November 2016, sondern auch sonstige Umstände für seine gesundheitlichen Beschwerden verantwortlich seien (s. Seite 5 des Protokolls vom 22.08.2017).

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Eine derartige Regelung wird in den einschlägigen Materiengesetzen nicht getroffen und es liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Eine derartige Regelung wird in den einschlägigen Materiengesetzen (GehG, BDG) nicht getroffen und es liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 GRC entgegenstehen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits wiederholt ausgesprochen, dass dienstrechtliche Streitigkeiten öffentlich Bediensteter unter den Begriff der "civil rights" im Verständnis des Art. 6 Abs. 1 EMRK fallen, insoweit derartige Streitigkeiten durch die innerstaatliche Rechtsordnung geregelte, subjektive Rechte oder Pflichten des jeweils betroffenen Bediensteten zum Gegenstand haben (vgl. VwGH 13.09.2017, Ro 2016/12/0024 mwN).

Demnach kann eine Verhandlungspflicht gemäß Art. 6 Abs. 1 EMRK nur dann entfallen, wenn die Ausnahmen für nicht übermäßig komplexe Rechtsfragen oder hochtechnische Fragen Platz greifen (vgl. VwGH 21.12.2016, Ra 2016/12/0067).

Da sich im vorliegenden Fall der Sachverhalt aus den Akten ergibt und es sich auch um keine übermäßig komplexe Rechtsfrage handelt, kann von einer mündlichen Verhandlung, abgesehen werden.

Zu A)

1. §15 des Gehaltsgesetzes 1956 (GehG 1956) lautet - auszugsweise - wie folgt:

"Nebengebühren

§ 15. (1) Nebengebühren sind

1. die Überstundenvergütung (§ 16),

2. die Pauschalvergütung für verlängerten Dienstplan (§ 16a),

3. die Sonn- und Feiertagsvergütung (Sonn- und Feiertagszulage) (§ 17),

4. die Journaldienstzulage (§ 17a),

5. die Bereitschaftsentschädigung (§ 17b),

6. die Mehrleistungszulage (§ 18),

7. die Belohnung (§ 19),

8. die Erschwerniszulage (§ 19a),

9. die Gefahrenzulage (§ 19b),

10. die Aufwandsentschädigung (§ 20),

11. die Fehlgeldentschädigung (§ 20a),

14. die Vergütung nach § 23 des Volksgruppengesetzes, BGBl. Nr. 396/1976 (§ 20d).

Anspruch auf eine Nebengebühr kann immer nur für Zeiträume bestehen, für die auch ein Anspruch auf Gehalt besteht.

(2) Die unter Abs. 1 Z 1, 4 bis 6 und 8 bis 11 angeführten Nebengebühren sowie die im Abs. 1 Z 3 angeführte Sonn- und Feiertagsvergütung können pauschaliert werden, wenn die Dienstleistungen, die einen Anspruch auf eine solche Nebengebühr begründen, dauernd oder so regelmäßig erbracht werden, dass die Ermittlung monatlicher Durchschnittswerte möglich ist (Einzelpauschale). Die Pauschalierung bedarf in den Fällen des Abs. 1 Z 1, 3 bis 6 und 10 der Zustimmung der Bundesministerin oder des Bundesministers für öffentlichen Dienst und Sport. Die Festsetzung einheitlicher Pauschale für im Wesentlichen gleichartige Dienste ist zulässig (Gruppenpauschale). Bei pauschalierten Nebengebühren für zeitliche Mehrleistungen ist zu bestimmen, welcher Teil der Vergütung den Überstundenzuschlag darstellt.

(2a) - (4) [...]

(5) Ist die Beamtin oder der Beamte länger als einen Monat vom Dienst abwesend, ruht die pauschalierte Nebengebühr vom Beginn des letzten Tages dieser Frist an bis zum Ablauf des letzten Tages der Abwesenheit vom Dienst. Zeiträume

Z 1 - 2 [...]

3. einer Dienstverhinderung auf Grund einer akuten psychischen Belastungsreaktion im Zusammenhang mit einem außergewöhnlichen Ereignis im Zuge der Dienstausübung

einschließlich unmittelbar daran anschließender dienstfreier Tage bleiben außer Betracht. Fallen Zeiträume nach Z 1, 2 oder 3 in eine Abwesenheit im Sinne des ersten Satzes, verlängert sich die Monatsfrist oder verkürzt sich der Ruhenszeitraum im entsprechenden Ausmaß.

(5a) - (8) [...]"

2. Gemäß § 15 Abs. 5 Z 1 GehG 1956 ruht die pauschalierte Nebengebühr, wenn ein Beamte länger als einen Monat vom Dienst abwesend ist, wobei Zeiträume einer Dienstverhinderung aufgrund einer akuten psychischen Belastungsreaktion im Zusammenhang mit einem außergewöhnlichen Ereignis im Zuge der Dienstausübung außer Betracht bleiben.

Fraglich ist im vorliegenden Fall, ob die Situation des Beschwerdeführers am 09.11.2016, als er vom E-Mail der Leiterin des Finanzamtes XXXX erfuhr, in dem sie ausführte, dass er "für die Bewertung noch keine Sekunde gearbeitet" habe und er eine Antwortmail verfasste, das ihn in Ärger versetzte, unter den Begriff des "außergewöhnlichen Ereignisses im Zuge der Dienstausübung" fällt.

Wie sich aus den Erläuterungen zu § 15 Abs. 5 Z 3 GehG 1956 (ErläutRV 1188 BlgNR 25. GP, 8) ergibt, soll mit dieser für alle Bundesbediensteten geltenden Regelung der Tatsache Rechnung getragen werden, dass auch ganz außergewöhnliche Ereignisse im dienstlichen Zusammenhang zu psychischen Belastungsstörungen führen können, die das Versehen des Dienstes vorübergehend nicht gestatten. Hier wird auf gewissermaßen einzigartige Ereignisse im dienstlichen Kontext abgestellt, nicht jedoch auf jene Situationen, die beispielsweise der Beruf des Exekutivbediensteten grundsätzlich mit sich bringt, wie etwa das Aufnehmen von Todesfällen. Die akute Belastungsreaktion ist aus medizinischer Sicht die Folge einer extremen psychischen Belastung, für die der oder die Betroffene keine geeignete Bewältigungsstrategie besitzt. Häufige Auslöser einer akuten Belastungsreaktion sind u.a. das Erleben von Unfällen oder das Erfahren von Gewalt (wie z.B. das Öffnen eines Kühllastkraftwagens, in dem über 70 verwesende Flüchtlingsleichen, darunter auch Säuglingsleichen, aufgefunden werden; Seilbahnunglück Kaprun; Mord an Rechtspflegerin durch Partei in Hollabrunn in der gerichtlichen Einlaufstelle). Der Beginn einer akuten Belastungsreaktion setzt üblicherweise mit dem Erleben der belastenden Situation ein. Die Reaktion dauert Stunden bis Tage, in seltenen Fällen Wochen. In der nachfolgenden Verarbeitungsphase verändern sich die Beschwerden, nehmen normalerweise im Verlauf der Verarbeitung ab und verschwinden üblicherweise völlig.

Vor diesem Hintergrund ist nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes den von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid getroffenen Ausführungen nicht entgegenzutreten, wonach das vom Beschwerdeführer dargelegte "Ereignis" (08.11.2016: Mitteilung durch einen Kollegen von einer den Beschwerdeführer betreffenden E-Mail mit eventuell kränkendem Inhalt; 09.11.2016: Übergabe dieser E-Mail in ausgedruckter Form durch einen Kollegen an den Beschwerdeführer und Verfassen einer Antwortmail durch den Beschwerdeführer) jedenfalls kein außergewöhnliches Ereignis im Zuge der Dienstausübung im Sinne des § 15 Abs. 5 Z 3 GehG 1956 darstellt, das eine (vorübergehende) Dienstverhinderung hervorrufende akute psychische Belastungsreaktion auslöste. Das bloße Lesen allenfalls kränkender E-Mails bzw. das Verfassen einer Antwortmail ist keinesfalls mit den in den Erläuterungen enthaltenen Beispielen für Auslöser extremer psychischer Belastungen zu vergleichen.

Da somit das Ruhen der pauschalierten Nebengebühren nicht auf eine Dienstverhinderung aufgrund eines außergewöhnlichen Ereignis im Zuge der Dienstausübung im Sinne des § 15 Abs. 5 Z 3 GehG 1956 zurückzuführen ist, hat die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers vom 10.07.2017 mit dem angefochtenen Bescheid zu Recht abgewiesen.

Dass die beim Beschwerdeführer vorliegenden psychischen Erkrankungen/Beschwerden allein oder zumindest überwiegend auf das vom Beschwerdeführer dargelegte "Ereignis" zurückzuführen wären, ist im Verfahren überdies nicht hervorgekommen.

Die Beschwerde ist daher als unbegründet abzuweisen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

außergewöhnliches Ereignis Depression Dienstunfähigkeit Dienstunfall Diskriminierung E - Mail Ereignis Finanzbeamter Mobbing Mobbingvorwurf Nebengebühr Ruhen des Anspruchs Ruhestandsbeamter

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W221.2199414.1.00

Im RIS seit

29.09.2020

Zuletzt aktualisiert am

29.09.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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