TE Bvwg Erkenntnis 2020/3/17 I407 2173029-3

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Veröffentlicht am 17.03.2020
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Entscheidungsdatum

17.03.2020

Norm

AsylG 2005 §15b Abs1
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §8
AVG §68 Abs1
BFA-VG §21 Abs7
B-VG Art133 Abs4
FPG §55 Abs1a
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I407 2173029-3/13E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch

den Richter

Mag. Dr. Stefan MUMELTER als

Einzelrichter

über

die Beschwerde

von

XXXX , geb. am XXXX , StA. Irak, vertreten durch

XXXX gegen

den Bescheid

des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 22.08.2019, Zl.

XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 05.12.2019, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger des Irak, stellte am 13.03.2016 einen ersten Antrag auf internationalen Schutz im österreichischen Bundesgebiet.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 20.09.2017 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen. Gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG wurde der Antrag auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Irak abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß § 57 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 Fremdenpolizeigesetz erlassen. Es wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG in den Irak zulässig sei. Zuletzt wurde die Frist für die freiwillige Ausreise mit 2 Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung bestimmt.

Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 03.01.2018 zurückgewiesen. Diese Entscheidung erwuchs mit 03.01.2018 in Rechtskraft.

Am 31.07.2018 stellte der Beschwerdeführer seinen zweiten Antrag auf internationalen Schutz.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 13.09.2018 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen (Spruchpunkt I und II). Mit Spruchpunkt III wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z. 2 Fremdenpolizeigesetz erlassen (Spruchpunkt IV) und es wurde festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG in den Irak zulässig sei (Spruchpunkt V). Gemäß § 55 Abs. 1a FPG wurde festgelegt, dass keine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe. Zuletzt wurde gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 6 FPG, BGBl. Nr. 100/2005 idgF ein auf die Dauer von zwei Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VI).

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 19.11.2018 wurde die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Diese Entscheidung erwuchs in Rechtskraft.

Der gegenständliche Antrag auf internationalen Schutz wurde vom Beschwerdeführer am 08.08.2019 gestellt. Auf die Frage, was sich seit Rechtskraft der vorangegangenen Entscheidung geändert habe, antwortete der Beschwerdeführer in der Ersteinvernahme am 09.08.2019: „Ich habe große Probleme mit meiner Familie, vor allem mit meinem Vater, auch mit meiner Mutter. Die Probleme sind noch größer geworden wie sie erfahren haben dass ich jetzt Christ bin und nicht mehr Moslem. Darum kann ich nicht zurück.“ Sein Vater habe den Behörden gemeldet, dass der Beschwerdeführer jetzt Christ sei und daher werde er auch von diesen gesucht.

Am 20.08.2019 wurde der Beschwerdeführer niederschriftlich durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl einvernommen. Er gab dabei explizit an, den gegenständlichen Antrag ausschließlich aus den bereits im Vorverfahren vorgebrachten Gründen zu stellen. In Österreich habe er keine Personen zu denen ein besonders enges Verhältnis bestünde. In den Irak könne er keinesfalls zurückkehren

Am 21.08.2019 wurde der Beschwerdeführer in Anwesenheit einer Rechtsberaterin erneut niederschriftlich einvernommen. Er gab dabei ergänzend an, in Österreich selbständig arbeiten, für sich selbst sorgen und seine Steuern zahlen zu wollen. In Österreich gefalle es ihm und falls er im Irak keine Probleme hätte wäre er nicht hierhergekommen; im Irak wolle ihn seine Familie töten.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 22.08.2019 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen (Spruchpunkt I und II). Mit Spruchpunkt III wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 15b Abs. 1 AsylG 2005 aufgetragen, in einem genauer genannten Quartier Unterkunft zu nehmen.

Die belangte Behörde führte beweiswürdigend aus, dass im neuerlichen Asylverfahren keine weiteren asylrelevanten Gründe glaubhaft vorgebracht worden seien, welche nicht schon im ersten Verfahren vorgebracht worden wären. Eine besondere Integrationsverfestigung wurde verneint.

Gegen diesen Bescheid wurde mit Schriftsatz vom 04.09.2019 Beschwerde erhoben und vorgebracht, dass ob der Konvertierung zum Christentum, und der damit verbundenen ernstlichen Gefahr der körperlichen Unversehrtheit im Irak, entgegen der Ansicht der belangten Behörde sehr wohl eine entscheidungswesentliche Sachverhaltsänderung vorläge.

Beschwerde und Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 06.09.2019 vorgelegt.

Am 05.12.2019 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung statt, in welcher der Beschwerdeführer in Anwesenheit seiner Rechtsvertreterin angab, dass er gesund sei und derzeit bei einem Kollegen in XXXX schlafe. Eine Adresse habe er nicht mehr.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer ist volljährig, ledig, kinderlos, Staatsangehöriger des Irak und bekennt sich zum christlichen Glauben. Er gehört der Volksgruppe der Araber an und ist gesund und arbeitsfähig. Seine Identität steht nicht fest.

In Österreich verfügt der Beschwerdeführer über keine Verwandten und über keine maßgeblichen privaten und familiären Beziehungen.

Der Beschwerdeführer ist strafrechtlich unbescholten. Er ist unbeschränkt haftender Gesellschafter der XXXX . Gewerberechtliche Funktionen konnten nicht festgetellt werden.

Der Beschwerdeführer stellte am 13.03.2016 einen ersten Antrag auf internationalen Schutz. In diesem Verfahren hatte der Beschwerdeführer geltend gemacht, in Österreich einen Asylantrag gestellt zu haben, weil er aufgrund religiöser Differenzen im Irak von seinem Vater verfolgt werde. Der Beschwerdeführer sei christlichen Glaubens, während sein Vater strenggläubiger Moslem sei und ihn in der Freiheit seiner Religionsausübung beschränken würde. Dies seien alle seine Fluchtgründe.

In seinem Folgeantrag vom 31.07.2018 brachte der Beschwerdeführer zusammengefasst vor, dass er die gleichen Fluchtgründe wie im ersten Verfahren habe, sich am Sachverhalt nichts geändert habe und er nach wie vor nicht in den Irak zurückkönne oder dürfe.

Im verfahrensgegenständlichen Folgeantrag auf internationalen Schutz bringt der Beschwerdeführer keine neuen Fluchtgründe vor, sondern stützt seinen Antrag auf jene Fluchtgründe, die er bereits im Zuge der Verfahren betreffend seiner Asylanträge vom 13.03.2016 und vom 31.07.2018 vorgebracht hatte bzw. die zu den damaligen Zeitpunkten bekannt gewesen waren. Der Beschwerdeführer behauptet auch nicht, dass es nach dem rechtskräftigen Abschluss des Erst- bzw. Zweitverfahrens zu weiteren Vorfällen im Herkunftsstaat gekommen ist, die im Zusammenhang mit seinem Fluchtvorbringen stehen.

Zusammengefasst ist daher festzustellen, dass das Vorliegen eines neuen Sachverhaltes im Vergleich zum Abschluss des Verfahrens betreffend den Antrag auf internationalen Schutz vom 31.07.2018 nicht besteht und vom Beschwerdeführer auch nicht behauptet wird.

Weiters konnte auch im Vergleich zum oben angeführten Bescheid des Bundesasylamtes keine maßgebliche Änderung der den Beschwerdeführer betreffenden asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers und in sonstigen in der Person des Beschwerdeführers gelegenen Umständen festgestellt werden.

2. Beweiswürdigung:

Der erkennende Einzelrichter des Bundesverwaltungsgerichtes hat nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung über die Beschwerde folgende Erwägungen getroffen:

2.1. Zum Verfahrensgang:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des Bundesamtes und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes sowie der Akten zu den vorangegangenen Asylverfahren. Auskünfte aus dem Strafregister, dem Zentralen Melderegister (ZMR), dem Gewerbeinformationssystem Austria (GISA) und der Grundversorgung (GVS) wurden ergänzend zum vorliegenden Akt eingeholt.

2.2. Zur Person und zum Gesundheitszustand des Beschwerdeführers:

Die Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers ergeben sich – vorbehaltlich der Feststellungen zur Identität - aus seinen in diesem Punkt nicht widerlegten Angaben.

Aufgrund der im Verfahren unterlassenen Vorlage eines unbedenklichen nationalen Identitätsdokuments bzw. sonstigen Bescheinigungsmittels konnte die Identität des Beschwerdeführers nicht festgestellt werden. Soweit dieser namentlich genannt wird, legt das Gericht auf die Feststellung wert, dass dies lediglich der Identifizierung des Beschwerdeführers als Verfahrenspartei dient, nicht jedoch eine Feststellung der Identität im Sinne einer Vorfragebeurteilung iSd § 38 AVG bedeutet.

Grundsätzlich ist im gegenständlichen Fall anzuführen, dass das BFA ein mängelfreies und ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt hat.

Die in der Beschwerde vorgebrachte Darstellung der Fluchtgründe des Beschwerdeführers ist nicht dazu geeignet, eine wesentliche Änderung des Sachverhalts aufzuzeigen. Die in der Beschwerde genannten Umstände wurden vielmehr bereits in den Vorverfahren vorgebracht und den Bescheiden des BFA vom 13.03.2016 und vom 31.07.2018 zugrunde gelegt.

Vom Bundesverwaltungsgericht ist gerade nicht die Rechtmäßigkeit der Vorentscheidungen zu prüfen, sondern nur, ob eine entschiedene Sache vorgelegen hat oder ob zwischen der Rechtskraft des letzten abweisenden Bescheides und der Zurückweisung des gegenständlichen Antrages wegen entschiedener Sache mit Bescheid vom 22.08.2019 eine wesentliche Änderung der Sach- oder Rechtslage eingetreten ist. Eine solche ist nicht erkennbar; es wurden keine neuen Fluchtgründe vorgebracht.

Sowohl in den rechtskräftig abgeschlossenen ersten beiden Verfahren als auch im gegenständlichen Verfahren brachte der Beschwerdeführer denselben Fluchtgrund vor: er habe den Irak aus Furcht vor seinem Vater verlassen, da ihn dieser aufgrund seines christlichen Glaubens mit dem Tod bedrohen würde. Eine wesentliche Änderung der Sachlage ist somit nicht eingetreten.

Bei Folgeanträgen sind die Asylbehörden auch dafür zuständig, mögliche Sachverhaltsänderungen in Bezug auf den subsidiären Schutzstatus des Antragstellers einer Prüfung zu unterziehen (vgl. VwGH 15.05.2012, 2012/18/0041). Doch aus den Länderfeststellungen des angefochtenen Bescheides ergibt sich in Gegenüberstellung mit den Länderfeststellungen des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 31.07.2018, dass keine wesentliche Änderung der Situation im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers eingetreten ist. Eine solche ist dem Bundesverwaltungsgericht auch nicht bekannt bzw. wurde in der Beschwerde auch nicht behauptet. Es sind auch keine Umstände amtsbekannt, dass im ganzen Irak gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefahr im Sinn der Art. 2 oder 3 EMRK ausgesetzt ist, und es besteht auch nicht auf dem gesamten Staatsgebiet des Irak ein innerstaatlicher oder internationaler Konflikt, durch den mit einem Aufenthalt im Irak für eine Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt verbunden wäre. An dieser Einschätzung hat sich nach wie vor nichts geändert, wie auch aus der jüngsten Rechtsprechung des BVwG ersichtlich ist.

Es sind auch keine wesentlichen in der Person des Beschwerdeführers liegenden neuen Sachverhaltselemente bekannt geworden, etwa eine schwere Erkrankung oder ein sonstiger auf seine Person bezogener außergewöhnlicher Umstand, welcher eine neuerliche umfassende Refoulementprüfung notwendig erscheinen ließe.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

3.1. Zurückweisung des Antrages wegen entschiedener Sache:

Da das Bundesamt mit dem angefochtenen Bescheid den Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen hat, ist Prozessgegenstand der vorliegenden Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes nur die Beurteilung der Rechtmäßigkeit dieser Zurückweisung, nicht aber der zurückgewiesene Antrag selbst.

Entschiedene Sache liegt vor, wenn sich gegenüber dem früheren Bescheid weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert haben (VwGH 21. 3. 1985, 83/06/0023, u.a.). Aus § 68 AVG ergibt sich, dass Bescheide mit Eintritt ihrer Unanfechtbarkeit auch prinzipiell unwiderrufbar werden, sofern nicht anderes ausdrücklich normiert ist. Über die mit einem rechtswirksamen Bescheid erledigte Sache darf nicht neuerlich entschieden werden. Nur eine wesentliche Änderung des Sachverhaltes – nicht bloß von Nebenumständen – kann zu einer neuerlichen Entscheidung führen (vgl. z.B. VwGH 27. 9. 2000, 98/12/0057; siehe weiters die bei Walter/Thienel, Die Österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze, Bd. I, 2. Aufl. 1998, E 80 zu § 68 AVG wiedergegebene Judikatur).

Es ist Sache der Partei, die in einer rechtskräftig entschiedenen Angelegenheit eine neuerliche Sachentscheidung begehrt, dieses Begehren zu begründen (VwGH 8. 9. 1977, 2609/76).

Nach der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung zu dieser Bestimmung liegen verschiedene "Sachen" im Sinne des § 68 Abs. 1 AVG dann vor, wenn in der für den Vorbescheid maßgeblichen Rechtslage oder in den für die Beurteilung des Parteibegehrens im Vorbescheid als maßgeblich erachteten tatsächlichen Umständen eine Änderung eingetreten ist oder wenn das neue Parteibegehren von dem früheren abweicht. Eine Modifizierung, die nur für die rechtliche Beurteilung der Hauptsache unerhebliche Nebenumstände betrifft, kann an der Identität der Sache nichts ändern (vgl. VwGH 24. 2. 2005, 2004/20/0010 bis 0013; VwGH 4. 11. 2004, 2002/20/0391; VwGH 20. 3. 2003, 99/20/0480; VwGH 21. 11. 2002, 2002/20/0315).

Bei der Prüfung der Identität der Sache ist von dem rechtskräftigen Vorbescheid auszugehen, ohne die sachliche Richtigkeit desselben (nochmals) zu überprüfen; die Rechtskraftwirkung besteht gerade darin, dass die von der Behörde einmal untersuchte und entschiedene Sache nicht neuerlich untersucht und entschieden werden darf (vgl. VwGH 25. 4. 2002, 2000/07/0235; VwGH 15. 10. 1999, 96/21/0097). Nur eine solche Änderung des Sachverhaltes kann zu einer neuen Sachentscheidung führen, die für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen den Schluss zulässt, dass nunmehr bei Bedachtnahme auf die damals als maßgebend erachteten Erwägungen eine andere Beurteilung jener Umstände, die seinerzeit den Grund für die Abweisung des Parteibegehrens gebildet haben, nicht von vornherein als ausgeschlossen gelten kann (vgl. VwGH 9. 9. 1999, 97/21/0913; und die bei Walter/Thienel, Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze, Bd. I, 2. Aufl. 1998, E 90 zu § 68 AVG wiedergegebene Judikatur).

Ist Sache der Entscheidung der Rechtsmittelbehörde nur die Frage der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung, darf sie demnach nur über die Frage entscheiden, ob die Zurückweisung durch die Vorinstanz zu Recht erfolgt ist oder nicht, und hat dementsprechend – bei einer Zurückweisung wegen entschiedener Sache – entweder (im Falle des Vorliegens entschiedener Sache) das Rechtsmittel abzuweisen oder (im Falle der Unrichtigkeit dieser Auffassung) den bekämpften Bescheid ersatzlos mit der Konsequenz zu beheben, dass die erstinstanzliche Behörde in Bindung an die Auffassung der Rechtsmittelbehörde den Antrag jedenfalls nicht neuerlich wegen entschiedener Sache zurückweisen darf. Es ist der Rechtsmittelbehörde aber verwehrt, über den Antrag selbst meritorisch zu entscheiden (vgl. VwGH 30. 5. 1995, 93/08/0207).

Für das Bundesverwaltungsgericht ist daher Sache des gegenständlichen Verfahrens die Frage, ob das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers zu Recht gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückgewiesen hat.

Die Anwendbarkeit des § 68 AVG setzt gemäß Abs. 1 das Vorliegen eines der "Berufung" nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides, dh eines Bescheides, der mit ordentlichen Rechtsmitteln nicht (mehr) bekämpft werden kann, voraus. Diese Voraussetzung ist hier gegeben, der Bescheid zum vorangegangenen Asylverfahren ist am 20.11.2018 in Rechtskraft erwachsen.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat - wie in der Beweiswürdigung zusammengefasst - völlig zu Recht darauf hingewiesen, dass entschiedene Sache vorliegt. Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich der Auffassung des Bundesamtes an, dass die Angaben des Beschwerdeführers im gegenständlichen Verfahren nicht geeignet sind, eine neue inhaltliche Entscheidung zu bewirken und dass darin kein neuer entscheidungsrelevanter Sachverhalt festgestellt werden kann.

Da weder in der maßgeblichen Sachlage, und zwar im Hinblick auf jenen Sachverhalt, der in der Sphäre des Beschwerdeführers gelegen ist, noch auf jenen, welcher von Amts wegen aufzugreifen ist, noch in den anzuwendenden Rechtsnormen eine Änderung eingetreten ist, welche eine andere rechtliche Beurteilung des Anliegens nicht von vornherein als ausgeschlossen scheinen ließe, liegt entschiedene Sache vor, über welche nicht neuerlich meritorisch entschieden werden kann. Die angefochtenen Spruchpunkte I und II waren sohin vollinhaltlich zu bestätigen.

3.2. Zur Frist für die freiwillige Ausreise:

Gemäß § 55 Abs. 1a FPG besteht keine Frist für eine freiwillige Ausreise in Fällen einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 AVG.

Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

Schlagworte

Asylverfahren entschiedene Sache Folgeantrag freiwillige Ausreise Frist Identität der Sache Rechtskraft der Entscheidung Rechtskraftwirkung res iudicata subsidiärer Schutz Wohnsitzauflage Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:I407.2173029.3.00

Im RIS seit

28.09.2020

Zuletzt aktualisiert am

28.09.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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