TE Vwgh Erkenntnis 1997/11/13 96/18/0228

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Veröffentlicht am 13.11.1997
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

FrG 1993 §37 Abs1;
FrG 1993 §37 Abs2;
FrG 1993 §54 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Rigler, Dr. Handstanger und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Keller, über die Beschwerde des N, vertreten durch DDr. Wolfgang Schulter, Rechtsanwalt Wien I, Fleischmarkt 28, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 15. März 1996, Zl. SD 18/95, betreffend Feststellung gemäß § 54 Abs. 1 Fremdengesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 15. März 1996 wurde aufgrund des Antrages des Beschwerdeführers gemäß § 54 Fremdengesetz - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, festgestellt, daß keine stichhältigen Gründe für die Annahme bestünden, daß er in Bangladesh gemäß § 37 Abs. 1 oder Abs. 2 FrG bedroht sei.

Der Beschwerdeführer habe in seinem Asylverfahren im wesentlichen behauptet, Mitglied der "Bangladesh Jatiya Party (BJP)" zu sein und für diese Partei Versammlungen und Demonstrationen organisiert sowie Mitglieder geworben zu haben. Am 22. Dezember 1993 wäre eine Jugendversammlung dieser Partei durch Mitglieder der "Bangladesh National Party (BNP)" gestört worden. Es wäre zu Handgreiflichkeiten zwischen den rivalisierenden Parteien gekommen. Die Veranstaltung wäre von der Polizei aufgelöst worden. Am 24. Dezember 1993 wäre der Beschwerdeführer von der Polizei als mutmaßlicher Organisator der Versammlung verhaftet worden. Am nächsten Tag wäre er bereits aus der Haft entlassen worden. In der folgenden Zeit hätte er bis zur seiner Ausreise (im Juni 1994) im Untergrund gelebt. Seine Heimat hätte er verlassen, weil er von der Polizei, dem Militär und Mitgliedern der "BNP" gesucht würde; es bestünde sogar ein Haftbefehl gegen ihn. Weiters hätte es verschiedene falsche Anzeigen gegen ihn gegeben.

Die bloße Behauptung des Beschwerdeführers, es würde gegen ihn ein Haftbefehl existieren, sei nicht geeignet, eine persönliche Bedrohung darzutun, zumal der Beschwerdeführer keine konrekten Umstände habe angeben können, warum es zur Erlassung des Haftbefehls gekommen sei und wer diesen erlassen habe. Zudem erscheine es sehr unglaubwürdig, daß gegen den Beschwerdeführer kurz nach seiner Entlassung ein Haftbefehl erlassen worden sei. Genauswenig sei die Behauptung, der Beschwerdeführer werde von Anhängern der "BNP" gesucht, geeignet, eine persönliche Bedrohung im Sinne des § 37 FrG glaubhaft zu machen. Bei einer Gefährdung oder Bestrafung, die lediglich von Privatpersonen ausgehe, handle es sich nicht um eine staatliche Verfolgung. Es ergäben sich somit keine Anhaltspunkte für eine konkrekte Verfolgung des Beschwerdeführers. Auch eine systematische Verfolgung von Mitgliedern der "Jatiya Party" finde in Bangladesh nicht statt.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde abzuweisen.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Fremde im Rahmen eines Feststellungsverfahren nach § 54 FrG das Bestehen einer aktuellen, also im Falle der Abschiebung des Fremden in den von seinem Antrag erfaßten Staat dort gegebenen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten Bedrohung im Sinne des § 37 Abs. 1 und/oder Abs. 2 FrG glaubhaft zu machen, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerter Angaben darzutun ist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 26. Juni 1997, Zl. 95/18/1291).

2.1. Der Beschwerdeführer hat in seinem Feststellungsantrag vorgebracht, in Bangladesh politisch verfolgt zu werden und im Fall seiner Rückkehr in seiner körperlichen Integrität und sogar in seinem Leben bedroht zu sein. Er habe die Gründe für seine Verfolgung "bereits im Zuge des Asylverfahrens dargelegt". Im weiteren Verfahren hat er keine darüber hinausgehenden Gründe für seine angeblich zu erwartende Verfolgung geltend gemacht. Für die belangte Behörde bestand daher keine Veranlassung, - durch persönliche Vernehmung des Beschwerdeführers - zu ermitteln, ob weitere - im Asylverfahren nicht vorgebrachte - Gründe für die behauptete Verfolgung des Beschwerdeführers in seiner Heimat vorlägen. Im übrigen gilt entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers der Unmittelbarkeitsgrundsatz im vorliegenden Verwaltungsverfahren nicht (vgl. die bei Walter-Mayer, Grundriß des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts6, RZ 330, zitierte hg. Judikatur).

2.2. Die Angaben des Beschwerdeführers im Asylverfahren sind bereits im erstinstanzlichen Bescheid im wesentlichen gleichlautend wie im angefochtenen Bescheid wiedergegeben. Der Beschwerdeführer hat in der Berufung nicht bestritten, im Asylverfahren diese bzw. keine weiteren Aussagen gemacht zu haben. Das Beschwerdevorbringen, der Beschwerdeführer habe bereits im Asylverfahren darauf hingewiesen, sich anläßlich seiner Enthaftung als "Polizeispitzel" zur Verfügung gestellt zu haben und gesucht zu werden, weil er diese Zusage nicht eingehalten habe, stellt sich daher als im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unzulässige Neuerung (vgl. § 41 Abs. 1 VwGG) dar.

3. Auf Grundlage des im angefochtenen Bescheid wiedergegebenen Vorbringens des Beschwerdeführers im Asylverfahren kann die Ansicht der belangten Behörde, es bestünden keine stichhältigen Gründe für die Annahme einer Gefährdung und/oder Bedrohung des Beschwerdeführers in Bangladesh im Sinne des § 37 Abs. 1 oder Abs. 2 FrG, nicht als rechtswidrig erkannt werden.

3.1. Die bloße Zugehörigkeit des Beschwerdeführers zur "Jatiya Party" ist nicht geeignet, eine den Beschwerdeführer individuell betreffende, aktuelle Verfolgungssituation darzutun, zumal der Beschwerdeführer die Feststellung unbestritten läßt, daß eine systematische Verfolgung von Mitgliedern dieser Partei nicht stattfinde.

3.2. Die Verhaftung des Beschwerdeführers nach einer Demonstration, bei der es zu Handgreiflichkeiten zwischen den Angehörigen von rivalisierenden Parteien gekommen ist, ist ebenfalls nicht geeignet, eine Gefährdung und/oder Bedrohung darzutun, zumal der Beschwerdeführer bereits nach einem Tag wieder enthaftet wurde.

3.3. Die Beweiswürdigung der belangten Behörde, wonach nicht festgestellt werden könne, daß der Beschwerdeführer gesucht werde und gegen ihn ein Haftbefehl existiere, weil es unglaubwürdig sei, daß kurz nach der Enthaftung ein Haftbefehl erlassen werde, widerspricht keinesfalls der Lebenserfahrung und begegnet daher im Rahmen der dem Verwaltungsgerichtshof zukommenden Überprüfungsbefugnis (vgl. insbesondere das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053) keinen Bedenken.

3.4. Auch die Ansicht der belangten Behörde, eine allenfalls von Mitgliedern der "BNP" ausgehende Verfolgung, sei nicht dem Staat zuzurechnen, kann nicht als rechtswidrig erkannt werden, weil der Beschwerdeführer nicht vorgebracht hat, die behauptete, von diesen Personen ausgehende Gefährdung und/oder Bedrohung werde vom Staat zumindest gebilligt.

4. Da dem angefochtenen Bescheid somit die behauptete Rechtswidrigkeit nicht anhaftet, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

5. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1996180228.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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