TE Bvwg Erkenntnis 2020/6/17 W127 2229620-1

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Veröffentlicht am 17.06.2020
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Entscheidungsdatum

17.06.2020

Norm

B-VG Art133 Abs4
UVP-G 2000 Anh1 Z43 lita
UVP-G 2000 §19 Abs7
UVP-G 2000 §3 Abs1
UVP-G 2000 §3 Abs5
UVP-G 2000 §3 Abs7
UVP-G 2000 §3a
UVP-G 2000 §40 Abs1
VwGVG §24 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W127 2229620-1/9E

Im Namen der Republik!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin MMag. Dr. Fischer-Szilagyi über die Beschwerde des XXXX Steiermark gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 05.02.2020, GZ: ABT13-11.10-543/2019-23, mit dem festgestellt wurde, dass für das Vorhaben der XXXX betreffend die „Erweiterung des landwirtschaftlichen Betriebes um 25.780 Legehennenplätze" keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist, zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist nicht zulässig.

Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE

I. Verfahrensgang:

1.       Mit Schreiben vom 29.03.2019 beantragte der Bürgermeister der Gemeinde XXXX bei der Steiermärkischen Landesregierung (im Folgenden belangte Behörde) die Feststellung, ob für das Vorhaben „Erweiterung des landwirtschaftlichen Betriebes um 25.780 Legehennenplätze“ der XXXX (im Folgenden Projektwerberin) eine UVP-Pflicht gegeben ist.

2.       Mit nunmehr angefochtenem Bescheid wurde festgestellt, dass für das Vorhaben der Projektwerberin keine UVP-Pflicht bestünde. Nach Wiedergabe der Stellungnahmen des wasserwirtschaftlichen Planungsorganes und eines Amtssachverständigen für örtliche Raumplanung sowie eines Gutachtens des luftreinhaltetechnischen Amtssachverständigen stellte die belangte Behörde begründend fest, dass mit keinen erheblichen schädlichen, belästigenden oder belastenden Auswirkungen auf das Schutzgut Mensch (Geruch) zu rechnen sei.

3.       Dagegen erhob der XXXX Steiermark (im Folgenden Beschwerdeführer) fristgerecht Beschwerde.

4.       Mit Schreiben vom 13.03.2020 legte die belangte Behörde dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde sowie eine Stellungnahme hiezu vor.

5.       Mit Schreiben vom 20.03.2020 legte die Umweltanwaltschaft ihre Stellungnahme vor, in welcher sie ausführte, dass „die geplante Erweiterung entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin keine UVP-Pflicht auslöst“.

6.       Mit Schreiben vom 01.04.2020 gab die Projektwerberin eine Stellungnahme ab.

7.       Mit Schreiben vom 20.04.2020 nahm der Beschwerdeführer zum Vorbringen der belangten Behörde sowie der Umweltanwaltschaft Stellung. Zu der am 27.05.2020 übermittelten Stellungnahme der Projektwerberin gab der Beschwerdeführer keine Stellungnahme ab.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1.       Feststellungen:

1.1. Der Beschwerdeführer ist eine anerkannte Umweltorganisation und sohin beschwerdelegitimiert.

1.2. Die Projektwerberin betreibt einen landwirtschaftlichen Betrieb mit Legehennen- und Mastschweinehaltung in XXXX , Bezirk XXXX . Der Tierbestand beträgt 39.000 Legehennen und 453 Mastschweine.

Die Projektwerberin beabsichtigt mit gegenständlich geplantem Vorhaben die Erweiterung des Betriebes um 25.780 Legehennenplätze, sodass der Gesamtbestand dann 64.780 Legehennen und 453 Mastschweine beträgt.

Es handelt sich aufgrund der geplanten Erweiterung eines bestehenden Betriebes um ein Änderungsvorhaben.

Das geplante Vorhaben liegt in keinem schutzwürdigen Gebiet der Kategorie C im Sinne des Anhanges 2 UVP-G 2000. In einer Entfernung von bis zu 300 m befindet sich kein schutzwürdiges Gebiet der Kategorie E im Sinne des Anhanges 2 UVP-G 2000.

Gemäß dem Gutachten des amtlichen Sachverständigen für Luftreinhaltung sind – nach erfolgter (baulicher) Änderungen – „erheblich belästigende Wirkungen durch die Veränderung (hier: Verbesserung) der Geruchsbelastung durch das Einreichprojekt […] aus immissiontechnischer Sicht nicht zu erwarten“.

2.       Beweiswürdigung

2.1. Die Feststellung betreffend den Beschwerdeführer ergibt sich aus § 3 Abs. 9 in Verbindung mit § 19 Abs. 7 UVP-G 2000 sowie dessen Anerkennung als Umweltorganisation durch Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft vom 20.04.2005, Zl. BMLFUW-UW.1.4.2/0008-V/1/2005.

2.2. Die Feststellungen zum Betrieb der Projektwerberin ergeben sich aus dem vorliegenden Verwaltungsakt und wurden als solche auch nicht vom Beschwerdeführer bestritten.

Die Feststellung, dass der Betrieb der Projektwerberin in keinem schutzwürdigen Gebiet der Kategorie C im Sinne des Anhanges 2 UVP-G 2000 und - in einer Entfernung von bis zu 300 m – in keinem schutzwürdigen Gebiet der Kategorie E im Sinne des Anhanges 2 UVP-G 2000 liegt, ergibt sich aus dem vorliegenden Verwaltungsakt, insbesondere dem Schreiben des wasserwirtschaftlichen Planungsorganes vom 09.10.2019 und dem Schreiben des Amtssachverständigen für örtliche Raumplanung vom 09.10.2019; dies wurde vom Beschwerdeführer auch nicht bestritten.

2.3. Die Feststellung, dass keine erheblich belästigenden Wirkungen aus immissionstechnischer Sicht zu erwarten sind, ergibt sich aus dem Gutachten des amtlichen Sachverständigen für Luftreinhaltung vom 07.01.2020.

In seinem Gutachten vom 14.11.2019 ist der Amtssachverständige „aus immissionstechnischer Sicht von erheblich belästigenden Wirkungen (Richtwerte sind überschritten)“ ausgegangen. Daraufhin hat die Projektwerberin eine Projektänderung - Umbau und Nutzungsänderung Legehennenstall (Einbau einer Volliere), Änderung der Lüftungsanlagen für Legehennenstall und Schweinestall (Unterdruckzwangsentlüftung, Verlängerung der Abluftkamine) und Änderung der Fütterung im Legehennenstall (leistungsangepasste Fütterung/Multiphasenfütterung, Einsatz von emissionsmindernde Futterzusatzstoffe) – eingereicht.

In dem daraufhin eingeholten zweiten Gutachten des Amtssachverständigen für Luftreinhaltetechnik vom 07.01.2020 hielt dieser Folgendes fest: „Die Berechnungen zeigen, dass bereits durch den genehmigten Bestand Überschreitungen von Richtwerten für die Widmung Freiland bei drei Anrainern gegeben sind. Durch das geplante Vorhaben wird es jedoch zu einer geringen Verbesserung der Geruchsbelastung kommen. Erheblich belästigende Wirkungen durch die Veränderung (hier: Verbesserung) der Geruchsbelastung durch das Einreichprojekt sind aus immissionstechnischer Sicht nicht zu erwarten.“

Die gutachterlichen Stellungnahmen erweisen sich als schlüssig und nachvollziehbar. Der Beschwerdeführer ist den Gutachten nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten. Es haben sich keine Hinweise oder Anhaltspunkte ergeben, die geeignet wären, die Richtigkeit der Gutachten in Zweifel zu ziehen.

3.       Rechtliche Beurteilung

Gemäß Artikel 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß Artikel 131 Abs. 4 Z 2 lit. a B-VG in Verbindung mit § 40 Abs. 1 Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 (in der Folge UVP-G 2000), BGBl. Nr. 1993/697 in der geltenden Fassung, entscheidet über Beschwerden gegen Entscheidungen nach dem UVP-G 2000 das Bundesverwaltungsgericht.

Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013 idgF, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt gemäß § 40 Abs. 2 Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz, BGBl. Nr. 697/1993 idgF (UVP-G 2000), Senatszuständigkeit vor.

Zu Spruchpunkt A)

Wie bereits festgestellt ist der Beschwerdeführer eine anerkannte Umweltorganisation und sohin beschwerdelegitimiert im Sinne des § 3 Abs. 9 in Verbindung mit § 19 Abs. 7 UVP-G 2000.

Die rechtzeitig eingebrachte Beschwerde ist zulässig, jedoch nicht begründet.

Nach § 3 Abs. 1 UVP-G 2000 sind Vorhaben, die in Anhang 1 angeführt sind, sowie Änderungen dieser Vorhaben nach Maßgabe der Bestimmungen des UVP-G 2000 einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu unterziehen.

Gemäß § 3 Abs. 7 UVP-G 2000 hat die Behörde auf Antrag des Projektwerbers/der Projektwerberin, einer mitwirkenden Behörde oder des Umweltanwaltes festzustellen, ob für ein Vorhaben eine Umweltverträglichkeitsprüfung nach diesem Bundesgesetz durchzuführen ist und welcher Tatbestand des Anhanges 1 oder des § 3a Abs. 1 bis 3 durch das Vorhaben verwirklicht wird. Diese Feststellung kann auch von Amts wegen erfolgen. Der Projektwerber/die Projektwerberin hat der Behörde Unterlagen vorzulegen, die zur Identifikation des Vorhabens und zur Abschätzung seiner Umweltauswirkungen ausreichen. Hat die Behörde eine Einzelfallprüfung nach diesem Bundesgesetz durchzuführen, so hat sie sich dabei hinsichtlich Prüftiefe und Prüfumfang auf eine Grobprüfung zu beschränken.

§ 3a UVP-G 2000 lautet:

„(1) Änderungen von Vorhaben,

1.       die eine Kapazitätsausweitung von mindestens 100% des in Spalte 1 oder 2 des Anhanges 1 festgelegten Schwellenwertes, sofern ein solcher festgelegt wurde, erreichen, sind einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu unterziehen; dies gilt nicht für Schwellenwerte in spezifischen Änderungstatbeständen;

2.       für die in Anhang 1 ein Änderungstatbestand festgelegt ist, sind einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu unterziehen, wenn dieser Tatbestand erfüllt ist und die Behörde im Einzelfall feststellt, dass durch die Änderung mit erheblichen schädlichen, belästigenden oder belastenden Auswirkungen auf die Umwelt im Sinn des § 1 Abs. 1 Z 1 zu rechnen ist.

[…]

(3) Für Änderungen sonstiger in Spalte 2 oder 3 des Anhanges 1 angeführten Vorhaben ist eine Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem vereinfachten Verfahren durchzuführen, wenn

1.       der in Spalte 2 oder 3 festgelegte Schwellenwert durch die bestehende Anlage bereits erreicht ist oder durch die Änderung erreicht wird und durch die Änderung eine Kapazitätsausweitung von mindestens 50% dieses Schwellenwertes erfolgt oder

2.       eine Kapazitätsausweitung von mindestens 50% der bisher genehmigten Kapazität des Vorhabens erfolgt, falls in Spalte 2 oder 3 kein Schwellenwert festgelegt ist,

und die Behörde im Einzelfall feststellt, dass durch die Änderung mit erheblichen schädlichen, belästigenden oder belastenden Auswirkungen auf die Umwelt im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 1 zu rechnen ist.

(4) Bei der Feststellung im Einzelfall hat die Behörde die in § 3 Abs. 5 Z 1 bis 3 angeführten Kriterien zu berücksichtigen. § 3 Abs. 7 und 8 sind anzuwenden. Die Einzelfallprüfung gemäß Abs. 1 Z 2, Abs. 2, 3 und 6 entfällt, wenn der Projektwerber/die Projektwerberin die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung beantragt.

(5) Soweit nicht eine abweichende Regelung in Anhang 1 getroffen wurde, ist für die Beurteilung der UVP-Pflicht eines Änderungsprojektes gemäß Abs. 1 Z 2 sowie Abs. 2 und 3 die Summe der Kapazitäten, die innerhalb der letzten fünf Jahre genehmigt wurden einschließlich der beantragten Kapazitätsausweitung heranzuziehen, wobei die beantragte Änderung eine Kapazitätsausweitung von mindestens 25% des Schwellenwertes oder, wenn kein Schwellenwert festgelegt ist, der bisher genehmigten Kapazität erreichen muss.

(6) Bei Änderungen von Vorhaben des Anhanges 1, die die in Abs. 1 bis 5 angeführten Schwellenwerte nicht erreichen oder Kriterien nicht erfüllen, die aber mit anderen Vorhaben gemeinsam den jeweiligen Schwellenwert oder das Kriterium des Anhanges 1 erreichen oder erfüllen, hat die Behörde im Einzelfall festzustellen, ob auf Grund einer Kumulierung der Auswirkungen mit erheblichen schädlichen, belästigenden oder belastenden Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen und daher eine Umweltverträglichkeitsprüfung für die geplante Änderung durchzuführen ist. Für die Kumulierung zu berücksichtigen sind andere gleichartige und in einem räumlichen Zusammenhang stehende Vorhaben, die bestehen oder genehmigt sind, oder Vorhaben, die mit vollständigem Antrag auf Genehmigung bei einer Behörde früher eingereicht oder nach §§ 4 oder 5 früher beantragt wurden. Eine Einzelfallprüfung ist nicht durchzuführen, wenn das geplante Änderungsvorhaben eine Kapazität von weniger als 25 % des Schwellenwertes aufweist. Bei der Entscheidung im Einzelfall sind die Kriterien des § 3 Abs. 5 Z 1 bis 3 zu berücksichtigen, § 3 Abs. 7 ist anzuwenden. Die Umweltverträglichkeitsprüfung ist im vereinfachten Verfahren durchzuführen.

(7) Die Genehmigung der Änderung hat auch das bereits genehmigte Vorhaben soweit zu umfassen, als es wegen der Änderung zur Wahrung der in § 17 Abs. 1 bis 5 angeführten Interessen erforderlich ist.“

Das Vorhaben liegt nicht in einem schutzwürdigen Gebiet der Kategorie C oder E; es kommt daher die Spalte 2 der Z 43 des Anhang 1 des UVP-G 2000 zur Anwendung.

Z 43 Spalte 2 des Anhang 1 UVP-G 2000 lautet:

„a) Anlagen zum Halten oder zur Aufzucht von Tieren ab folgender Größe:

48 000 Legehennen-, Junghennen-, Mastelterntier- oder Truthühnerplätze

65 000 Mastgeflügelplätze

2 500 Mastschweineplätze

700 Sauenplätze“.

Durch die gegenständlich geplante Änderung beträgt der Tierbestand 64.780 Legehennen und 453 Mastschweine. Der Schwellenwert der Z 43 Spalte 2 lit. a) des Anhang 1 UVP-G 2000 wird sohin überschritten und erfolgt eine Kapazitätsausweitung von mehr als 50% des Schwellenwertes, sodass zu prüfen ist, ob durch die Änderung mit erheblichen schädlichen, belästigenden oder belastenden Auswirkungen auf die Umwelt im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 1 zu rechnen ist. Diese Prüfung wurde von der belangten Behörde vorgenommen.

Eine vom Beschwerdeführer vermutete Umgehung der UVP-Pflicht – welche auch auf der irrigen Annahme beruht, dass der Schwellenwert von 65.000 Hühner lediglich um 220 Hühner unterschritten werde; gegenständlich handelt es sich aber um Legehennen und nicht um Mastgeflügel, sodass der Schwellenwert schon bei 48.000 erreicht wird – liegt sohin nicht vor.

Das UVP-G 2000 normiert in § 3 Abs. 5 einen spezifischen Prüfmaßstab für die Einzelfallprüfung, den die Behörde ihrer Beurteilung zugrunde zu legen hat. Nach der expliziten Anordnung des § 3 Abs. 7 vierter Satz UVP-G 2000 hat sich die Behörde bei der Feststellung, ob eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist, hinsichtlich Prüftiefe und Prüfumfang auf eine Grobprüfung hinsichtlich der Wahrscheinlichkeit und Plausibilität negativer Umweltauswirkungen unter Berücksichtigung der konkreten Situation zu beschränken (VwGH 25.09.2018, Ra 2018/05/0061). Bei einer Grobprüfung im Rahmen der Einzelfallprüfung handelt sich nicht um eine abschließende Beurteilung aller Umweltauswirkungen (vgl. hiezu auch ErlRV 1809 BlgNR 24. GP 5), sondern vorzugsweise um eine Fokussierung auf mögliche problematische Bereiche, das sind bei Intensivtierhaltung typischer Weise Geruchsbelästigungen (siehe auch BVwG 04.11.2014, W155 2000191-1/14E).

Die Behörde hat im Rahmen dieser Grobprüfung ein Gutachten des Amtssachverständigen für Luftreinhaltetechnik eingeholt, aus welchem (Gutachten vom 07.01.2020) hervorgeht, dass erheblich belästigende Wirkungen hinsichtlich der Geruchsbelastung durch das Einreichprojekt aus immissionstechnischer Sicht nicht zu erwarten sind.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann ein von einem tauglichen Sachverständigen erstelltes, mit den Erfahrungen des Lebens und den Denkgesetzen nicht im Widerspruch stehendes Gutachten nur auf gleicher fachlicher Ebene durch ein gleichwertiges Gutachten oder durch fachlich fundierte Argumente tauglich bekämpft werden. Einwendungen gegen die Schlüssigkeit eines Gutachtens einschließlich der Behauptung, die Befundaufnahme sei unzureichend bzw. der Sachverständige gehe von unrichtigen Voraussetzungen aus, haben ebenso wie Einwendungen gegen die Vollständigkeit des Gutachtens nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs auch dann Gewicht, wenn sie nicht auf gleicher fachlicher Ebene angesiedelt sind, also insbesondere auch ohne Gegengutachten erhoben werden (VwGH 25.04.2019, Ra 2017/07/0214, mwN). Verfahrensgegenständlich wurde weder ein Gegengutachten vorgelegt noch wurden derartige Mängel in der Beschwerde aufgezeigt; weder die immissionstechnisch relevanten Sachverhalte noch die Untersuchungsmethoden noch die Beurteilungskriterien wurden bestritten.

In der Beschwerde wurde jedoch beanstandet, dass die Richtwerte für Geruchsbelastung bereits gegenwärtig überschritten seien, woran auch die geplante bauliche Änderung im Zuge der Erweiterung nichts ändere. Dem ist entgegen zu halten, dass das Vorhaben der Projektwerberin – wie festgestellt – zu keiner Verschlechterung, sondern zu einer geringfügigen Verbesserung der Geruchsbelastung führt. Damit ist auch dem Ziel der Steiermärkischen Luftreinhalteverordnung 2011, LGBl. Nr. 2/2012, (§ 1 „die durch den Menschen beeinflusste Emissionen, die zu einer Immissionsgrenzwertüberschreitung geführt haben oder beitragen, zu verringern und somit die Luftqualität zu verbessern“) – darauf nimmt der Beschwerdeführer offensichtlich durch seinen Hinweis darauf, dass das Vorhaben im Feinstaubsanierungsgebiet liegt, Bezug – entsprochen.

Zu dem nach Ansicht des Beschwerdeführers fehlenden umweltmedizinischen Gutachten ist auszuführen, dass sich keine Hinweise auf medizinische Auswirkungen finden, die die Beiziehung eines Umweltmediziners erfordern, und der Beschwerdeführer diesbezüglich auch kein konkretes Vorbringen erstattet hat.

Auch das ebenfalls nicht weiter konkretisierte Vorbringen betreffend eine bereits über dem Richtwert liegende „Geruchsfracht“ ist nicht erfolgreich, hat doch der Amtssachverständige für Luftreinhaltetechnik diesbezüglich eindeutig ausgeführt, dass es – wenngleich der immissionsseitige Richtwert nicht bei allen Anrainern eingehalten werden kann – aufgrund der technischen Verbesserungen zu einer Reduktion der Geruchsbelastung kommen wird und dadurch erhebliche belästigende Wirkungen durch das Projekt zu verneinen sind. Sowohl die baulichen Veränderungen (insbesondere die Kaminerhöhung) – einschließlich deren technischer Realisierbarkeit – als auch die Umstellung auf eine Mehrphasenfütterung sind Projektbestandteile, deren Einhaltung nach dem Steiermärkischen Baugesetz und dem Steiermärkischen IPPC-Anlagen-Gesetz zu prüfen ist. Dem – erst in der Stellungnahme vom 20.04.2020 gestellten – Antrag des Beschwerdeführers, das Bundesverwaltungsgericht möge im Fall der Abweisung der Beschwerde „die Notwendigkeit der Durchführung eines Verfahrens nach dem [steiermärkischen] IPPC-Anlagen Gesetz im Spruch des Erkenntnisses aufscheinen“ lassen, ist nicht zu folgen, hat doch das Bundesverwaltungsgericht im vorliegenden Fall lediglich festzustellen, ob ein UVP-Verfahren durchzuführen ist oder nicht. Ob bzw. dass ein Bewilligungs- oder Genehmigungsverfahren nach einem anderen Gesetz durchzuführen ist, obliegt nicht der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes.

Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG abgesehen, weil der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde als geklärt anzusehen ist. Die mündliche Erörterung lässt eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten und wurde darüber hinaus auch von keiner Partei beantragt.

Zu Spruchpunkt B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Artikel 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Artikel 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es an Rechtsprechung (siehe die oben zitierte Judikatur); weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Amtssachverständiger Belästigung Einzelfallprüfung Erweiterung Feststellungsantrag Feststellungsverfahren Gutachten Immissionen landwirtschaftlicher Betrieb Sachverständigengutachten Schwellenwert Umweltauswirkung Umweltverträglichkeitsprüfung UVP-Pflicht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W127.2229620.1.00

Im RIS seit

28.09.2020

Zuletzt aktualisiert am

28.09.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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