TE Bvwg Erkenntnis 2020/6/22 W120 2223376-1

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Veröffentlicht am 22.06.2020
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Entscheidungsdatum

22.06.2020

Norm

ASVG §293
BSVG §141
B-VG Art133 Abs4
EStG 1988 §34
EStG 1988 §35
FMGebO §47 Abs1
FMGebO §48 Abs1
FMGebO §48 Abs5 Z1
FMGebO §48 Abs5 Z2
FMGebO §49
FMGebO §50 Abs1 Z1
FMGebO §50 Abs4
FMGebO §51 Abs1
FMGebO §51 Abs3
FMGebO §51 Abs4
GSVG §150
ORF-G §31 Abs10
RGG §2
RGG §3 Abs1
RGG §3 Abs5
RGG §4 Abs1
RGG §6 Abs1
RGG §6 Abs2
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §24 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W120 2223376-1/13E

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Christian Eisner über die Beschwerde der XXXX gegen den Bescheid der GIS Gebühren Info Service GmbH vom 5. Juni 2019, GZ XXXX , Teilnehmernummer: XXXX , zu Recht:

A)

Der Beschwerde wird mit der Maßgabe stattgegeben, dass es im angefochtenen Bescheid zu lauten hat:

„die Ihnen mit Bescheid vom 16.04.2018 zuerkannte

?        Befreiung von der Entrichtung der Rundfunkgebühr für Fernsehempfangseinrichtungen

?        Befreiung von der Entrichtung der Rundfunkgebühr für Radioempfangseinrichtungen

wird Ihnen mit Ausnahme der Monate Jänner, März, April, Mai und Juni 2019 zum 31.07.2018 entzogen.“

B)

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.


Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I.       Verfahrensgang und Sachverhalt:

1.       Mit am 27. März 2019 bei der belangten Behörde eingelangtem Schreiben beantragte die Beschwerdeführerin die Befreiung von der Entrichtung der Rundfunkgebühren für Fernseh- und Radioempfangseinrichtungen sowie eine Zuschussleistung zum Fernsprechentgelt.

Auf dem Antragsformular kreuzte die Beschwerdeführerin unter der Rubrik „wenn Sie eine der nachstehenden Anspruchsvoraussetzungen erfüllen, kreuzen Sie bitte das entsprechende Feld an“ die Auswahlmöglichkeiten „Bezieher von Pflegegeld oder einer vergleichbaren Leistung“ und „Bezieher von Leistungen nach pensionsrechtlichen Bestimmungen oder diesen Zuwendungen vergleichbaren sonstigen wiederkehrenden Leistungen versorgungsrechtlicher Art“ an und trug unter der Rubrik „Nachstehende Personen leben mit mir im gemeinsamen Haushalt (Wohnsitz)“ folgende Personen ein: XXXX und XXXX .

Dem Antrag wurden ua folgende Unterlagen beigeschlossen:

?        drei Meldebestätigungen,

?        ein an die Beschwerdeführerin adressiertes Schreiben der Steiermärkischen Gebietskrankenkasse über den Bezug von Rehabilitationsgeld seit dem 1. März 2019,

?        eine Krankenstandsbescheinigung hinsichtlich der Beschwerdeführerin,

?        eine Auszahlungsbestätigung bezüglich Krankengeld betreffend die Beschwerdeführerin,

?        ein Berechnungsblatt zur Einkommensteuer 2018 bezüglich der Beschwerdeführerin und ihres Ehemannes,

?        ein Bescheid der PVA hinsichtlich der Beschwerdeführerin über den Bezug von Pflegegeld,

?        eine die Beschwerdeführerin betreffende Betreuungsvereinbarung sowie

?        Dauerauftrags-Kundenbestätigungen bezüglich Alimentationszahlungen.

2.       Mit Schreiben vom 9. April 2019 hielt die belangte Behörde fest, dass die Voraussetzungen für die der Beschwerdeführerin mit Bescheid vom 16. April 2018 zuerkannte Begünstigung weggefallen seien. Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass eine Änderung des Haushaltseinkommens und damit eine Überschreitung der für eine Rundfunkgebührenbefreiung maßgeblichen Betragsgrenze festgestellt worden seien. Konkret wurde festgehalten: „Sie wohnen seit 02.07.2018 im gemeinsamen Haushalt mit Herrn XXXX über eine Änderung der Haushalts- und Einkommensverhältnisse hätten Sie und informieren müssen (vgl. §§ 51 Abs. 3 und 4 FGO). Die GIS hat die Befreiung zu entziehen, bei Wegfall auch nur einer notwendigen Voraussetzung.“

Die belangte Behörde ging in diesem Schreiben zudem von einer Richtsatzüberschreitung in monatlicher Höhe von EUR 698,06 aus und räumte der Beschwerdeführerin diesbezüglich die Möglichkeit der Abgabe einer Stellungnahme ein.

Das Schreiben der belangten Behörde erhielt zudem folgenden Hinweis: „Sollten Sie der Ansicht sein, dass die Voraussetzungen für die Begünstigung noch vorliegen, so bitten wir Sie, zur dargestellten Sachlage Stellung zu nehmen – schriftlich und innerhalb von 14 Tagen nach Erhalt dieser Ankündigung. Sollten uns nach Versteichen dieser Frist keine neuen Erkenntnisse vorliegen, die unsere Feststellungen widerlegen, ist Ihnen die mit Bescheid vom 16.04.2018 zuerkannte Begünstigung [...] mit Wirksamkeit zum 31.07.2018 zu entziehen."

3.       Bei der belangten Behörde konnte hierauf der Eingang der von der Beschwerdeführerin übermittelten weiteren Unterlagen nicht festgestellt werden.

4.       Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführerin die ihr mit Bescheid vom 16. April 2018 zuerkannte Rundfunkgebührenbefreiung zum 31. Juli 2018 entzogen. Begründend führte die belangte Behörde insbesondere aus, dass sich das Haushaltseinkommen geändert habe und die Betragsgrenze für die Zuerkennung einer Befreiung überschritten werde. Einen aktuellen Nachweis, dass diese Betragsgrenze doch nicht überschritten werde, habe die Beschwerdeführerin nicht erbracht. Zur herangezogenen „Berechnungsgrundlage“ enthielt der angefochtene Bescheid folgende Ausführungen:

„BERECHNUNGSGRUNDLAGE […]

 

 

 

ANTRAGSTELLER/IN

 

 

 

XXXX

 

 

 

Einkünfte

 

 

 

Rehabilitationsgeld

937,59

monatl.

 

 

 

 

Abzüge

 

 

 

Sonstige außergewöhnl. Belastungen

607,48

monatl.

 

 

 

 

HAUSHALTSMITGLIED(ER)

 

 

 

XXXX

 

 

 

 

 

 

 

XXXX

 

 

 

Einkünfte

 

 

.

Lohn/Gehalt

2.236,05

monatl.

 

 

 

 

Summe der Einkünfte

3.173,64

monatl.

Sonstige Abzüge

 

 

 

Wohnungsaufwand (Pauschalbetrag)

-140,00

monatl.

Summe der Abzüge

-747,48

monatl.

Maßgebliches Haushaltseinkommen

2.426,16

monatl.

Richtsatz für 3 Haushaltsmitglieder

-1.728,10

monatl.

RICHTSATZÜBERSCHREITUNG

698,06

monatl.“

5.       Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher im Wesentlichen ausgeführt wurde, dass die Beschwerdeführerin im Juni 2018 der belangten Behörde telefonisch bekanntgegeben habe, dass sich ihre Familien- und Wohnverhältnisse geändert hätten und sie ihre Anträge immer nach bestem Gewissen erledigt habe. Am 24. April 2019 sei der Brief der Beschwerdeführerin, welcher den entsprechenden Mietvertrag der Beschwerdeführerin enthalten habe, bei der belangten Behörde eingelangt. Sie ersuche daher um die nochmalige Prüfung ihres Antrags.

6.       Mit Beschwerdeergänzung vom 3. und 5. September 2019 übermittelte die Beschwerdeführerin ua folgende weitere Unterlagen:

?        einen Mietvertrag,

?        die Kopie ihres Behindertenpasses,

?        jeweils einen die Beschwerdeführerin und ihren Ehemann betreffenden Einkommensteuerbescheid aus dem Jahr 2018,

?        ein Berechnungsblatt zur Einkommensteuer aus dem Jahr 2018 hinsichtlich der Beschwerdeführerin sowie

?        Lohn- und Gehaltsabrechnungen bezüglich des Ehemannes der Beschwerdeführerin aus August bis Dezember 2018 sowie Jänner bis August 2019.

7.       Mit Schreiben vom 6. September 2019 teilte die belangte Behörde der Beschwerdeführerin mit, dass gemäß der beigelegten Übersicht das Haushalts-Nettoeinkommen der Beschwerdeführerin durchgehend den für eine Befreiung von der Entrichtung der Rundfunkgebühren maßgeblichen Richtsatz überschreite.

8.       Mit Schreiben vom selben Tag ersuchte die Beschwerdeführerin um Vorlage des Verwaltungsaktes an ein „unabhängiges Gericht“.

9.       Die belangte Behörde legte die Akten betreffend das vorliegende Verfahren mit Schriftsatz vom 9. September 2019 dem Bundesverwaltungsgericht vor.

10.      Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom 20. Februar 2020 wurde die Beschwerdeführerin aufgefordert, dem Bundesverwaltungsgericht den Einkommensteuerbescheid 2017 vorzulegen. Zudem wurde in diesem Schreiben der belangten Behörde und der Beschwerdeführerin mitgeteilt, dass das Bundesverwaltungsgericht vorläufig davon ausgehe, dass von 2018 bis Juni 2019 eine Richtsatzüberschreitung vorliege und der Beschwerdeführerin daher die mit Bescheid vom 16. April 2018 zuerkannte Befreiung von der Entrichtung der Rundfunkgebühren mit Ablauf des 31. Juli 2018 zu entziehen sei. Dazu wurde der Beschwerdeführerin und der belangten Behörde vom Bundesverwaltungsgericht die Möglichkeit der Abgabe einer Stellungnahme eingeräumt.

11.      Im hg. am 3. März 2020 eingelangten Schreiben teilte die belangte Behörde dem Bundesverwaltungsgericht mit, dass von der Abgabe einer Stellungnahme Abstand genommen werde.

12.      Mit Schreiben vom 9. März 2020 übermittelte die Beschwerdeführerin eine Stellungnahme an das Bundesverwaltungsgericht, in welcher im Wesentlichen ausgeführt wurde, dass die Beschwerdeführerin im Jahr 2017 weder verheiratet gewesen noch ihre Krankheit bekannt gewesen sei. Der Umzug zu ihrem Ehemann habe im Jahre 2018 stattgefunden. Der Pauschalbetrag für den Wohnaufwand in der Höhe von EUR 140,-- sei zudem nicht zeitgemäß. Überdies seien die für die Kinder des Ehemannes der Beschwerdeführerin zu begleichenden Unterhaltszahlungen nicht als Abzugsposten berücksichtigt worden. Aufgrund ihrer Krankheit habe die Beschwerdeführerin sehr hohe Kosten zu begleichen. Ferner habe die Beschwerdeführerin seit dem Jahr 2018 keine ORF-Karte mehr und könne dadurch auch keine Programme des ORF empfangen. Die Beschwerdeführerin ersuche daher um eine komplette Neuberechnung für den verfahrensgegenständlichen Zeitraum.

13.      Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom 26. Mai 2020 wurde der belangten Behörde und der Beschwerdeführerin vor dem Hintergrund des von der Beschwerdeführerin vorgelegten Einkommensteuerbescheides 2019 mitgeteilt, dass das Bundesverwaltungsgericht vorläufig davon ausgehe, dass im Jänner 2019 und von März bis Juni 2019 eine
Richtsatzunterschreitung sowie von August bis Dezember 2018 und im Februar 2019 eine Richtsatzüberschreitung vorliege und der Beschwerdeführerin daher die mit Bescheid vom 16. April 2018 zuerkannte Befreiung von der Entrichtung der Rundfunkgebühren von August 2018 bis Dezember 2018 sowie im Februar 2019 zu entziehen sei. Dazu wurde der Beschwerdeführerin und der belangten Behörde vom Bundesverwaltungsgericht die Möglichkeit der Abgabe einer Stellungnahme eingeräumt.

14.      In ihrer Stellungnahme vom 9. Juni 2020 führte die Beschwerdeführerin aus, dass sie die Monate, bezüglich welcher eine Richtsatzüberschreitung vorliege, „akzeptiere[n]“ werde. Sie ersuche jedoch die belangte Behörde aufzufordern, „die von mir bereits entrichteten Gebühren für die Monate an denen eine Richtsatzunterschreitung vorliegt“ an die Beschwerdeführerin zurückzuerstatten. Zudem habe die Beschwerdeführerin keine Berücksichtigung der Pauschalsumme der Alimentationszahlungen ihres Ehemannes der Berechnung entnehmen können.

15.      Mit Schreiben vom 16. Juni 2020 teilte die belangte Behörde mit, dass von der Abgabe einer Stellungnahme nicht gebraucht gemacht werde.

II.      Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1.       Feststellungen (Sachverhalt):

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 16. April 2018, 0001779708, wurde der Beschwerdeführerin bis zum 30. Juni 2019 eine Befreiung von der Entrichtung der Rundfunkgebühren gewährt.

Mit bei der belangten Behörde am 27. März 2019 eingelangtem Schreiben beantragte die Beschwerdeführerin bei der belangten Behörde ua die Befreiung von der Entrichtung der Rundfunkgebühren für Fernseh- und Radioempfangseinrichtungen.

Mit dem vorliegend angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführerin die ihr zuerkannte Rundfunkgebührenbefreiung zum 31. Juli 2018 entzogen, weil sich das Haushaltseinkommen geändert habe und die Betragsgrenze für eine Befreiung überschritten werde.

Im vorliegenden Verfahren kamen keine Hinweise hervor, dass die Beschwerdeführerin von anderen Personen zur Erlangung der Gebührenbefreiung vorgeschoben worden wäre.

Die im Jahr XXXX geborene Beschwerdeführerin hat am verfahrensgegenständlichen Standort in XXXX beginnend mit dem XXXX ihren Hauptwohnsitz.

An der antragsgegenständlichen Adresse lebten im verfahrensgegenständlichen Zeitraum die Beschwerdeführerin und zwei weitere Haushaltsmitglieder.

Hinsichtlich der Beschwerdeführerin und der ihr am verfahrensgegenständlichen Standort aufhältigen Haushaltsmitglieder bestand von August 2018 bis Juni 2019 folgendes monatliches Haushalts-Nettoeinkommen:

August 2018

Beschwerdeführerin:

Ehemann der Beschwerdeführerin:

Tochter der Beschwerdeführerin:

EUR 834,63

EUR 1.872,67

kein Einkommen

insgesamt (Haushalts-Nettoeinkommen):

EUR 2.707,30

September 2018

Beschwerdeführerin:

Ehemann der Beschwerdeführerin:

Tochter der Beschwerdeführerin:

EUR 834,63

EUR 2.315,37

kein Einkommen

insgesamt (Haushalts-Nettoeinkommen):

EUR 3.150,--

Oktober 2018

Beschwerdeführerin:

Ehemann der Beschwerdeführerin:

Tochter der Beschwerdeführerin:

EUR 834,63

EUR 2.464,93

kein Einkommen

insgesamt (Haushalts-Nettoeinkommen):

EUR 3.299,56

November 2018

Beschwerdeführerin:

Ehemann der Beschwerdeführerin:

Tochter der Beschwerdeführerin:

EUR 834,63

EUR 2.183,03

kein Einkommen

insgesamt (Haushalts-Nettoeinkommen):

EUR 3.017,66

Dezember 2018

Beschwerdeführerin:

Ehemann der Beschwerdeführerin:

Tochter der Beschwerdeführerin:

EUR 834,63

EUR 2.157,31

kein Einkommen

insgesamt (Haushalts-Nettoeinkommen):

EUR 2.991,94

Jänner 2019

Beschwerdeführerin:

Ehemann der Beschwerdeführerin:

Tochter der Beschwerdeführerin:

EUR 834,63

EUR 2.096,41

kein Einkommen

insgesamt (Haushalts-Nettoeinkommen):

EUR 2.931,04

Februar 2019

Beschwerdeführerin:

Ehemann der Beschwerdeführerin:

Tochter der Beschwerdeführerin:

EUR 834,63

EUR 2.658,08

kein Einkommen

insgesamt (Haushalts-Nettoeinkommen):

EUR 3.492,71

März 2019

Beschwerdeführerin:

Ehemann der Beschwerdeführerin:

Tochter der Beschwerdeführerin:

EUR 937,44

EUR 2.074,15

kein Einkommen

insgesamt (Haushalts-Nettoeinkommen):

EUR 3.011,59

April 2019

Beschwerdeführerin:

Ehemann der Beschwerdeführerin:

Tochter der Beschwerdeführerin:

EUR 937,44

EUR 2.174,18

kein Einkommen

insgesamt (Haushalts-Nettoeinkommen):

EUR 3.111,62

Mai 2019

Beschwerdeführerin:

Ehemann der Beschwerdeführerin:

Tochter der Beschwerdeführerin:

EUR 937,44

EUR 2.098,24

kein Einkommen

insgesamt (Haushalts-Nettoeinkommen):

EUR 3.035,68

Juni 2019

Beschwerdeführerin:

Ehemann der Beschwerdeführerin:

Tochter der Beschwerdeführerin:

EUR 937,44

EUR 2.151,65

kein Einkommen

insgesamt (Haushalts-Nettoeinkommen):

EUR 3.089,09

Der von der Beschwerdeführerin monatlich zu tragende Wohnaufwand am verfahrensgegenständlichen Standort betrug von August 2018 bis Juni 2019 EUR 650,--.

Im an die Beschwerdeführerin adressierten Einkommensteuerbescheid betreffend das Jahr 2017 wird Folgendes festgehalten:

„Außergewöhnliche Belastungen:

Aufwendungen vor Abzug des Selbstbehaltes (§ 34 (4) EStG 1988): -662,80 €

Selbstbehalt: 277,93 €“

Im vorgelegten Einkommensteuerbescheiden betreffend das Jahr 2017 in Bezug auf den Ehemann der Beschwerdeführerin erfolgte keine Anerkennung von außergewöhnlichen Belastungen.

Im an die Beschwerdeführerin adressierten Einkommensteuerbescheid betreffend das Jahr 2018 wird Folgendes festgehalten:

„Außergewöhnliche Belastungen:

Aufwendungen vor Abzug des Selbstbehaltes (§ 34 (4) EStG 1988): -314,00 €

Selbstbehalt: 314,00 €

Freibetrag wegen eigener Behinderung (§ 35 (3) EStG 1988): -294,00 €

Pauschbeträge nach der Verordnung über außergewöhnliche Belastungen wegen eigener Behinderung:
-2.280,00 €“

Im an den Ehemann der Beschwerdeführerin adressierten Einkommensteuerbescheid betreffend das Jahr 2018 wird Folgendes festgehalten:

„Außergewöhnliche Belastungen:

Aufwendungen vor Abzug des Selbstbehaltes (§ 34 (4) EStG 1988): -577,00 €

Selbstbehalt: 577,00 €“

Im an die Beschwerdeführerin adressierten Einkommensteuerbescheid betreffend das Jahr 2019 wird Folgendes festgehalten:

„Außergewöhnliche Belastungen:

Aufwendungen vor Abzug des Selbstbehaltes (§34 (4) EStG 1988): - 3.851,88 €

Selbstbehalt: 69,35 €

Pauschbeträge nach der Verordnung über außergewöhnliche Belastungen wegen eigener Behinderung:
-2.280,00 €

Nachgewiesene Kosten aus der eigenen Behinderung nach der Verordnung über außergewöhnliche Belastungen: -7.096,00 €“

Im an den Ehemann der Beschwerdeführerin adressierten Einkommensteuerbescheid betreffend das Jahr 2019 wird Folgendes festgehalten:

„Außergewöhnliche Belastungen:

Aufwendungen vor Abzug des Selbstbehaltes (§ 34 (4) EStG 1988): -577,00 €

Selbstbehalt: 577,00 €“

2.       Beweiswürdigung:

Diese Ausführungen gründen sich auf die jeweils erwähnten Entscheidungen, Unterlagen und Schriftsätze, welche Teil der dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden Verfahrensakten sind.

Die Feststellungen zur Einkommenshöhe im Haushalt der Beschwerdeführerin, welchen von Seiten der Beschwerdeführerin trotz konkreter durch die belangte Behörde und das Bundesverwaltungsgericht eingeräumten Möglichkeit der Stellungnahme nicht entgegengetreten wurden, ergeben sich aus den von der Beschwerdeführerin im Verfahren vor der belangten Behörde vorgelegten Unterlagen.

3.       Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchpunkt A)

3.1.    Zu den für den Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen:

3.1.1.  Das Bundesgesetz betreffend die Einhebung von Rundfunkgebühren (Rundfunkgebührengesetz – RGG), BGBl. I Nr. 159/1999, lautet idF BGBl. I Nr. 70/2016 auszugsweise:

„Rundfunkgebühren

§ 3. (1) Die Gebühren sind für jeden Standort (§ 2 Abs. 2) zu entrichten und betragen für

Radio-Empfangseinrichtungen ..................................0,36 Euro

Fernseh-Empfangseinrichtungen ...............................1,16 Euro

monatlich

[…]

(5) Von den Gebühren nach Abs. 1 sind auf Antrag jene Rundfunkteilnehmer zu befreien, bei denen die in §§ 47 bis 49 der Anlage zum Fernmeldegebührengesetz (Fernmeldegebührenordnung), BGBl. Nr. 170/1970, genannten Voraussetzungen für eine Befreiung von der Rundfunkgebühr vorliegen.

[…]

Verfahren

§ 6. (1) Die Wahrnehmung der behördlichen Aufgaben nach § 4 Abs. 1 obliegt der Gesellschaft; gegen von der Gesellschaft erlassene Bescheide ist Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht zulässig. Das AVG ist anzuwenden.

(2) Im Verfahren über Befreiungen sind die §§ 50, 51 und 53 der Anlage zum Fernmeldegebührengesetz (Fernmeldegebührenordnung), BGBl. Nr. 170/1970,, anzuwenden.

[…]“

3.1.2.  Die §§ 47-51 der Anlage zum Fernmeldegebührengesetz (Fernmeldegebührenordnung), BGBl. Nr. 170/1970, in der Folge: FGO, lauten idF BGBl. I Nr. 70/2016:

„§ 47. (1) Über Antrag sind von der Entrichtung der Rundfunkgebühr für Radio-Empfangseinrichtungen (§ 3 Abs. 1 1. Untersatz RGG), der Rundfunkgebühr für Fernseh-Empfangseinrichtungen (§ 3 Abs. 1 2. Untersatz RGG) zu befreien:

1. Bezieher von Pflegegeld oder einer vergleichbaren Leistung;

2. Bezieher von Beihilfen nach dem Arbeitsmarktservicegesetz, BGBl. Nr. 313/1994;

3. Bezieher von Leistungen nach pensionsrechtlichen Bestimmungen oder diesen Zuwendungen vergleichbare sonstige wiederkehrende Leistungen versorgungsrechtlicher Art der öffentlichen Hand,

4. Bezieher von Leistungen nach dem Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977,

5. Bezieher von Beihilfen nach dem Arbeitsmarktförderungsgesetz,

6. Bezieher von Beihilfen nach dem Studienförderungsgesetz 1992,

7. Bezieher von Leistungen und Unterstützungen aus der Sozialhilfe oder der freien Wohlfahrtspflege oder aus sonstigen öffentlichen Mitteln wegen sozialer Hilfsbedürftigkeit.

(2) Über Antrag sind ferner zu befreien:

1. Von der Rundfunkgebühr für Radio- und Fernseh-Empfangseinrichtungen

a) Blindenheime, Blindenvereine,

b) Pflegeheime für hilflose Personen,

wenn der Rundfunk- oder Fernsehempfang diesen Personen zugute kommt.

2. Von der Rundfunkgebühr für Fernseh-Empfangseinrichtungen

a) Gehörlose und schwer hörbehinderte Personen;

b) Heime für solche Personen,

wenn der Fernsehempfang diesen Personen zugute kommt.

(Anm.: Z 3 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 71/2003)

§ 48. (1) Die Zuerkennung einer Gebührenbefreiung an Personen nach § 47 ist jedoch dann unzulässig, wenn das Haushalts-Nettoeinkommen den für die Gewährung einer Ausgleichszulage für einen Ein- oder Mehrpersonenhaushalt festgesetzten Richtsatz um mehr als 12% übersteigt.

(2) Die Bestimmungen des Abs. 1 finden auf die nach § 47 Abs. 2 Z 1 und Z 2 lit. b anspruchsberechtigte Personengruppe keine Anwendung.

(3) Nettoeinkommen im Sinne des Abs. 1 ist die Summe sämtlicher Einkünfte in Geld oder Geldeswert nach Ausgleich mit Verlusten und vermindert um die gesetzlich geregelten Abzüge.

(4) Bei Ermittlung des Nettoeinkommens sind Leistungen auf Grund des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, Kriegsopferrenten, Heeresversorgungsrenten, Opferfürsorgerenten, Verbrechensopferrenten sowie Unfallrenten und das Pflegegeld nicht anzurechnen. Nicht anzurechnen sind außerdem die Einkünfte der am Standort einer zu pflegenden Person lebenden Pflegeperson, die aus den Einkünften anderer im Haushalt lebender Personen bestritten werden.

(5) Übersteigt das Nettoeinkommen die für eine Gebührenbefreiung maßgebliche Betragsgrenze nach Abs. 1, kann der Befreiungswerber als abzugsfähige Ausgaben geltend machen:

1. den Hauptmietzins einschließlich der Betriebskosten im Sinne des Mietrechtsgesetzes, des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes und anderer vergleichbarer mieterschützender Gesetze, wobei eine gewährte Mietzinsbeihilfe anzurechnen ist; besteht kein Rechtsverhältnis nach dem Mietrechtsgesetz, dem Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz oder anderen vergleichbaren mieterschützenden Gesetzen, so ist ein monatlicher Pauschalbetrag in der Höhe von 140,00 Euro als Wohnaufwand anzurechnen,

2. anerkannte außergewöhnliche Belastungen im Sinne der §§ 34 und 35 des Einkommensteuergesetzes 1988, Ausgaben im Zusammenhang mit einer 24-Stunden-Betreuung können auch geltend gemacht werden, wenn der Bezug eines Zuschusses des Sozialministeriumservice zur Unterstützung der 24-Stunden Betreuung nachgewiesen wird.

§ 49. Eine Gebührenbefreiung setzt ferner voraus:

1.       Der Antragsteller muss an dem Standort, für welchen er die Befreiung von der Rundfunkgebühr beantragt, seinen Hauptwohnsitz haben,

2.       der Antragsteller muss volljährig sein,

3.       der Antragsteller darf nicht von anderen Personen zur Erlangung der Gebührenbefreiung vorgeschoben sein,

4.       eine Befreiung darf nur für die Wohnung des Antragstellers ausgesprochen werden. In Heimen oder Vereinen gemäß § 47 Abs. 2 eingerichtete Gemeinschaftsräume gelten für Zwecke der Befreiung als Wohnung.

§ 50. (1) Das Vorliegen des Befreiungsgrundes ist vom Antragsteller nachzuweisen, und zwar:

1.       in den Fällen des § 47 Abs. 1 durch den Bezug einer der dort genannten Leistungen,

2.       im Falle der Gehörlosigkeit oder schweren Hörbehinderung durch eine ärztliche Bescheinigung oder durch einen vergleichbaren Nachweis über den Verlust des Gehörvermögens.

(2) Der Antragsteller hat anlässlich seines Antrages Angaben zum Namen, Vornamen und Geburtsdatum aller in seinem Haushalt lebenden Personen zu machen. Die GIS Gebühren Info Service GmbH ist, sofern der Antragsteller und alle in seinem Haushalt lebenden Personen dem schriftlich zugestimmt haben, berechtigt, diese Angaben im Wege des ZMR auf Richtigkeit und Vollständigkeit zu überprüfen, wobei die Anschrift als Auswahlkriterium vorgesehen werden kann.

(3) Die Finanzbehörden haben der GIS Gebühren Info Service GmbH bei Vorliegen der Zustimmung der Betroffenen über Anfrage die Einkommensverhältnisse des Antragstellers und aller mit ihm im gemeinsamen Haushalt lebenden Personen mitzuteilen; der Nachweis hat die Summe sämtlicher Einkünfte im Sinne von § 48 Abs. 3 zu umfassen. Unbeschadet des Vorliegens einer Zustimmung der Betroffenen dürfen Auskünfte über die Einkommensverhältnisse nur insoweit eingeholt und gegeben werden, als im Einzelfall berechtigte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit von Angaben des Antragstellers entstanden sind, die durch Befragung der Betroffenen voraussichtlich nicht ausgeräumt werden können.

(4) Die GIS Gebühren Info Service GmbH ist berechtigt, den Antragsteller zur Vorlage sämtlicher für die Berechnung des Haushalts-Nettoeinkommens erforderlichen Urkunden aufzufordern.

(5) Die GIS Gebühren Info Service GmbH kann die in Betracht kommenden Träger der Sozialversicherung um Auskunft über das Bestehen der für die Befreiung maßgeblichen Voraussetzungen ersuchen, wenn berechtigte Zweifel an der Richtigkeit der Angaben des Antragstellers bestehen; diese sind ihrerseits zur kostenfreien Auskunft verpflichtet.

(6) Die Gesellschaft darf die ermittelten Daten ausschließlich zum Zweck der Vollziehung dieses Bundesgesetzes verwenden; sie hat dafür Sorge zu tragen, dass die Daten nur im zulässigen Umfang verwendet werden und hat Vorkehrungen gegen Missbrauch zu treffen.

§ 51. (1) Befreiungsanträge sind unter Verwendung des hiefür aufgelegten Formulars bei der GIS Gebühren Info Service GmbH einzubringen. Dem Antrag sind die gemäß § 50 erforderlichen Nachweise anzuschließen.

(2) Die Gebührenbefreiung ist mit höchstens fünf Jahren zu befristen. Bei Festsetzen der Befristung ist insbesondere Bedacht auf die Art, die Dauer und den Überprüfungszeitraum der in § 47 genannten Anspruchsberechtigung zu nehmen.

(3) Der Wegfall der Voraussetzung für die Gebührenbefreiung ist der GIS Gebühren Info Service GmbH anzuzeigen. Die von den Rundfunkgebühren befreite Person oder Institution hat der GIS Gebühren Info Service GmbH jederzeit auf Verlangen Auskünfte zu den Umständen der Anspruchsberechtigung zu geben.

(4) Im Falle des Wegfalles auch nur einer der Voraussetzungen für eine Gebührenbefreiung hat die GIS Gebühren Info Service GmbH mittels Bescheid die Entziehung der Gebührenbefreiung rückwirkend mit jenem Zeitpunkt auszusprechen, an dem die Voraussetzung für die Gebührenbefreiung weggefallen ist. Im Falle der Verletzung der Auskunfts-, Vorlage- bzw. Meldepflichten des Abs. 3 hat die GIS Gebühren Info Service GmbH mittels Bescheid die Gebührenbefreiung zu entziehen.“

[…]

§ 53. Die Gebührenbefreiung erlischt durch:

- Verzicht oder Tod des Inhabers der Gebührenbefreiung,

- die Meldung der Beendigung des Betriebes von Rundfunkempfangseinrichtungen,

- Ablauf des Befreiungszeitraumes,

- Entziehung nach § 51 Abs. 4.“

3.1.3.  Die „für eine Gebührenbefreiung maßgebliche Betragsgrenze“ des Haushalts-Nettoeinkommens (§ 48 Abs. 5 iVm Abs. 1 FGO) ergibt sich aus dem Ausgleichszulagen-Richtsatz für einen Ein- oder Mehrpersonenhaushalt (vgl. § 293 ASVG, § 150 GSVG und § 141 BSVG) sowie dessen Erhöhung um 12 % und beträgt:

 

Ausgleichszulagen-Richtsätze
(monatlich)

Betragsgrenze für Gebührenbefreiung (monatlich)

 

2018

2019

2018

2019

1 Person

€ 909,42

€ 933,06

€ 1.018,55

€ 1.045,03

2 Personen

€ 1.363,52

€ 1.398,97

€ 1.527,14

€ 1.566,85

jede weitere

€ 140,32

€ 143,97

€ 157,16

€ 161,25

3.2.    Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführerin die ihr mit Bescheid der belangten Behörde vom 16. April 2018 zuerkannte Rundfunkgebührenbefreiung zum 31. Juli 2018 entzogen, da sich das Haushaltseinkommen geändert habe und die Betragsgrenze für eine Befreiung überschritten werde. Einen aktuellen Nachweis, dass diese Betragsgrenze doch nicht überschritten werde, habe die Beschwerdeführerin nicht erbracht.

3.3.    In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde sowie in den Stellungnahmen der Beschwerdeführerin vom 9. März 2020 und vom 26. Mai 2020 vor dem Bundesverwaltungsgericht wurde zusammengefasst ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin im Juni 2018 der belangten Behörde telefonisch bekanntgegeben habe, dass sich ihre Familien- und Wohnverhältnisse geändert hätten und sie ihre Anträge immer nach bestem Gewissen erledigt habe. Ferner habe die Beschwerdeführerin seit dem Jahr 2018 keine ORF-Karte mehr und könne dadurch auch keine Programme des ORF empfangen. Aufgrund ihrer Krankheit habe die Beschwerdeführerin überdies sehr hohe Kosten zu begleichen. Im Jahr 2017 sei die Beschwerdeführerin weder verheiratet gewesen noch sei ihre Krankheit bekannt gewesen. Der Umzug zu ihrem Ehemann habe im Jahre 2018 stattgefunden. Zudem seien die für die Kinder des Ehemannes der Beschwerdeführerin zu begleichenden Unterhaltszahlungen nicht als Abzugsposten berücksichtigt worden. Ferner „akzeptiere“ die Beschwerdeführerin die Monate, bezüglich welcher eine Richtsatzüberschreitung vorliege. Sie ersuche jedoch die belangte Behörde aufzufordern, „die von mir bereits entrichteten Gebühren für die Monate an denen eine Richtsatzunterschreitung vorliegt“ zurückzuerstatten.

3.4.    Hinsichtlich des Vorbringens der Beschwerdeführerin, dass sie über keine ORF-Karte verfüge und sie bereits deshalb „diese Gebühren nicht akzeptieren kann“, ist ihr mit Blick auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, wonach die Frage der Gebührenpflicht vor Beantwortung der Frage, ob ein Anspruch auf Gebührenbefreiung besteht, zu klären sei (vgl. VwGH 29.05.2006, 2005/17/0242), Folgendes zu entgegnen:

§ 2 Abs. 1 RGG lautet: „Wer eine Rundfunkempfangseinrichtung im Sinne des § 1 Abs. 1 in Gebäuden betreibt (Rundfunkteilnehmer), hat Gebühren nach § 3 zu entrichten. Dem Betrieb einer Rundfunkempfangseinrichtung ist deren Betriebsbereitschaft gleichzuhalten.“

Entscheidend für die Entrichtung der Gebühr ist somit, ob eine Rundfunkempfangseinrichtung am Standort des Rundfunkteilnehmers betrieben wird oder doch zumindest betriebsbereit gehalten wird (vgl. VwGH 0

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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