TE Vwgh Erkenntnis 1997/11/14 97/02/0304

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Veröffentlicht am 14.11.1997
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;

Norm

VwGG §47;
VwGG §48;
VwGG §51;
VwGG §53 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Stoll und Dr. Riedinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schwarzgruber, über die Beschwerde 1. der X Versicherung Aktiengesellschaft und 2. des D, beide in W, beide vertreten durch Dr. T, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 12. Mai 1997, Zl. RU6-St-I-971, betreffend Gebührenvorschreibung gemäß § 4 Abs. 5b StVO,

Spruch

1. den Beschluß gefaßt:

Die Beschwerde wird, soweit sie von der Erstbeschwerdeführerin erhoben wurde, zurückgewiesen.

2. zu Recht erkannt:

Der angefochtene Bescheid wird auf Grund der Beschwerde des Zweitbeschwerdeführers wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Die Erstbeschwerdeführerin hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen; das Land Niederösterreich hat dem Zweitbeschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.830,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen; das Mehrbegehren des Zweitbeschwerdeführers wird abgewiesen.

Begründung

Die Bezirkshauptmannschaft Mödling richtete am 6. Februar 1997 an die Erstbeschwerdeführerin einen auf § 57 Abs. 2 AVG gestützten Bescheid, mit welchem ihr unter Berufung auf § 4 Abs. 5b StVO eine Gebühr vorgeschrieben wurde.

Der dagegen von der Erstbeschwerdeführerin rechtzeitig erhobenen Vorstellung gab die Bezirkshauptmannschaft Mödling mit Bescheid vom 4. März 1997 keine Folge und bestätigte ihren Bescheid vom 6. Februar 1997.

Der gegen diesen Bescheid vom 4. März 1997 von der Erstbeschwerdeführerin erhobenen Berufung gab die belangte Behörde mit Bescheid vom 12. Mai 1997 keine Folge, änderte jedoch den Spruch dieses erstinstanzlichen Bescheides dahin, daß der Zweitbeschwerdeführer, vertreten durch die Erstbeschwerdeführerin, zum Kostenersatz verpflichtet wurde.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser hat in einem (hinsichtlich des Zweitbeschwerdeführers gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat) erwogen:

Die vorliegende Beschwerde ist, soweit sie von der Erstbeschwerdeführerin erhoben wurde, nicht zulässig, weil diese unabhängig von der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides durch ihn in ihren Rechten nicht verletzt sein kann. Eine Möglichkeit der Rechtsverletzung ist hinsichtlich der Erstbeschwerdeführerin nicht gegeben, erschöpft sich doch der Spruch des angefochtenen Bescheides dahin, daß der Zweitbeschwerdeführer zum Kostenersatz verpflichtet wird, die Erstbeschwerdeführerin jedoch lediglich als dessen Vertreterin bezeichnet wird.

Die Beschwerde war daher, soweit sie von der Erstbeschwerdeführerin erhoben wurde, zufolge des Mangels der Berechtigung zu ihrer Erhebung gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.

Die Beschwerde des Zweitbeschwerdeführers ist zulässig, sie ist auch begründet:

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. die bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, Seite 568 unter Z. 76b zitierte hg. Vorjudikatur) findet die umfassende reformatorische Befugnis der Berufungsbehörde ihre gesetzliche Begrenzung durch die Entscheidung "in der Sache" insofern, als es der Berufungsbehörde verwehrt ist, aus Anlaß der Berufung eine Frage zu entscheiden, die gar nicht Gegenstand des vorangegangenen Verfahrens war und nicht den Inhalt des Spruches des Bescheides der Unterinstanz gebildet hatte; da die Berufungsbehörde nicht mehr als das entscheiden darf, was Gegenstand der Entscheidung der unteren Instanz war, ist es ihr auch verwehrt, eine Entscheidung gegenüber Parteien zu treffen, die im Verfahren der unteren Instanz nicht beteiligt waren.

Im vorliegenden Fall hat die belangte Behörde diese Grenze überschritten, hatte doch der bei ihr bekämpfte Bescheid der Behörde erster Instanz eine Kostenvorschreibung gegenüber der Erstbeschwerdeführerin und nicht gegenüber dem Zweitbeschwerdeführer zum Gegenstand, sodaß es der belangten Behörde verwehrt war, den "Kostenersatzpflichtigen" insoweit auszuwechseln.

Mit dem Hinweis der belangten Behörde in der Gegenschrift, die Erstbeschwerdeführerin sei im Verwaltungsverfahren als Rechtsschutzversicherer des Zweitbeschwerdeführers aufgetreten, weshalb "von einem korrekten Vertretungsverhältnis ausgegangen werden mußte", ist für die belangte Behörde schon im Hinblick auf den eindeutigen spruchgemäßen Adressaten des vor ihr angefochtenen Bescheides, nämlich die Erstbeschwerdeführerin, nichts gewonnen.

Der angefochtene Bescheid war daher auf Grund der vom Zweitbeschwerdeführer erhobenen Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994, wobei hinsichtlich der Kostenersatzpflicht der Erstbeschwerdeführerin insbesondere auf den hg. Beschluß vom 10. November 1988, Zlen. 87/08/0110, AW 87/08/0016, verwiesen wird.

Das Mehrbegehren des Zweitbeschwerdeführers war abzuweisen. Ersatz von Umsatzsteuer neben dem pauschalierten Schriftsatzaufwand gebührt nicht, Stempelgebührenersatz war nur für die zweifach einzubringende Beschwerde sowie den in einfacher Ausfertigung anzuschließenden Bescheid (sohin insgesamt S 330,--) zuzuerkennen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1997020304.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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