TE Vwgh Erkenntnis 1997/11/14 97/02/0076

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Veröffentlicht am 14.11.1997
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Index

23/04 Exekutionsordnung;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §73 Abs2;
EO §39;
EO §42;
VStG §24;
VVG §10 Abs1;
VVG §3 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Stoll, Dr. Riedinger, Dr. Holeschofsky und Dr. Beck als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schwarzgruber, über die Beschwerde des Mag. S in W, Schaumburgergasse 13/24, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 15. Dezember 1995, Zl. UVS-03/V/31/00285/95, betreffend Zurückweisung eines Devolutionsantrages in Angelegenheit Aufhebung einer Vollstreckbarkeitsbestätigung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt (Land) Wien Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Datum 14. Dezember 1992 ergingen an den Beschwerdeführer zwei Strafverfügungen jeweils wegen Übertretung der StVO. Da der Beschwerdeführer trotz Mahnung die in diesen Strafverfügungen festgesetzten Geldstrafen nicht entrichtete, begehrte die Bundespolizeidirektion Wien beim Exekutionsgericht Wien diesbezüglich Exekution, welche mit Beschluß vom 8. Juni 1993 auch bewilligt wurde.

Mit Schriftsatz vom 21. Oktober 1993 richtete der Beschwerdeführer an die Bundespolizeidirektion Wien einen Antrag auf Aufhebung der Vollstreckbarkeitsbestätigung sowie auf Einstellung der Exekution, wobei er ausführte, die genannten Strafverfügungen seien ihm nicht zugestellt worden, weshalb auch keine Rechtskraft eintreten hätte können. Weiters erhob der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 9. Dezember 1993 gegen die erwähnten Strafverfügungen Einspruch.

Mit Bescheid vom 1. September 1994 entschied die Wiener Landesregierung über einen Antrag des Beschwerdeführers auf Übergang der Entscheidungspflicht in Hinsicht auf den zitierten Antrag vom 21. Oktober 1993 (auf Aufhebung der Vollstreckbarkeitsbestätigung) dahin, daß dieser Antrag abgewiesen wurde. Dieser Bescheid wurde mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 7. April 1995, Zl. 94/02/0539, wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben, da der Antrag auf Aufhebung der Vollstreckbarkeitsbestätigung Bescheide betroffen habe, die im Zuge von Verwaltungsstrafverfahren ergangen seien; in solchen Verfahren sei jedoch - nach § 24 zweiter Satz VStG - § 73 AVG nicht anwendbar, woraus folge, daß die belangte Behörde für die von ihr getroffene Sachentscheidung (funktionell) nicht zuständig gewesen sei.

Mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 16. Dezember 1994, Zl. A 1/94, gab dieser der Klage des Beschwerdeführers gegen das Land Wien auf Rückzahlung der im exekutiven Wege eingehobenen, durch die zitierten Strafverfügungen verhängten Geldstrafen Folge, da diese Strafverfügungen mangels ordnungsgemäßer Zustellung nicht in Rechtskraft erwachsen seien, sodaß die durch die Einhebung der verhängten Geldstrafen im Exekutionswege eingetretene Vermögensverschiebung zufolge Fehlens eines Titels ohne Rechtsgrund erfolgt sei.

Am 5. April 1995 erging an den Beschwerdeführer ein Straferkenntnis, mit welchem er neuerlich der den Gegenstand der zitierten beiden Strafverfügungen bildenden Verwaltungsübertretungen für schuldig befunden und hiefür bestraft wurde.

Mit Bescheid vom 19. Oktober 1995 gab der Unabhängige Verwaltungssenat Wien einer Berufung des Beschwerdeführers gegen das zitierte Straferkenntnis vom 5. April 1995 Folge, hob dieses auf und stellte das Strafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z. 2 VStG ein.

Mit Schriftsatz vom 8. Mai 1995 richtete der Beschwerdeführer an den Unabhängigen Verwaltungssenat Wien eine "Säumnisbeschwerde gemäß Art. 129a Abs. 1 Z. 4 B-VG (Devolutionsantrag)", weil die Bundespolizeidirektion Wien über den von ihm am 21. Oktober 1993 dort eingebrachten Antrag auf Aufhebung der Vollstreckbarkeitsbestätigung in Hinsicht auf die beiden Strafverfügungen vom 14. Dezember 1992 nicht entschieden habe. Mit Bescheid vom 15. Dezember 1995 wurde dieser Antrag durch die erwähnte Behörde als unzulässig zurückgewiesen. Dies im wesentlichen mit der Begründung, das VVG sei nach den Bestimmungen des EGVG für das behördliche Verfahren der unabhängigen Verwaltungssenate in den Ländern nicht anzuwenden, sodaß dieser Behörde keine Entscheidungsbefugnis zukomme.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher die Behandlung derselben mit Beschluß vom 10. Juni 1996, Zl. B 693/96, ablehnte und sie in der Folge gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof abtrat. Dieser hat in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Der Verwaltungsgerichtshof hat im obzitierten Erkenntnis vom 7. April 1995, Zl. 94/02/0539, - wie oben dargelegt - zum Ausdruck gebracht, daß die Vorschrift des § 73 AVG in einem Fall wie dem vorliegenden nicht anwendbar ist. Von dieser Rechtsprechung abzugehen, sieht sich der Verwaltungsgerichtshof auch durch die weitwendigen Ausführungen des Beschwerdeführers nicht veranlaßt. Insbesondere ist mit dem Hinweis des Beschwerdeführers auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 15. Dezember 1994, Slg. Nr. 13987, für ihn nichts gewonnen, weil dieser Gerichtshof dort (lediglich) ausgesprochen hat, es bestehe gemäß Art. 129a Abs. 1 B-VG die Zuständigkeit der unabhängigen Verwaltungssenate zur Entscheidung von "Säumnisbeschwerden" gegen die Nichtentscheidung über Wiedereinsetzungsanträge in Verwaltungsstrafsachen, diese Entscheidungspflicht bestünde trotz Ausschlusses der Anwendbarkeit des § 73 AVG in Verwaltungsstrafverfahren. Dies mit dem zustimmenden Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 25. September 1979, Slg. Nr. 9935/A, in welchem zum Ausdruck gebracht wurde, im Verwaltungsstrafverfahren seien auch die Vorschriften der §§ 71 und 72 AVG über die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand anzuwenden; dies könne nur bedeuten, daß das von einer Partei anläßlich der Versäumung einer Frist oder einer mündlichen Verhandlung im Verwaltungsstrafverfahren in Anspruch genommene Rechtsinstitut der Wiedereinsetzung als ganzes, also auch mit der - entsprechend dem Regelungszusammenhang innerhalb des AVG bestehenden - Entscheidungspflicht der Behörde im Sinne der Bestimmungen des § 73 AVG gelte.

Diese Überlegungen des Verfassungsgerichtshofes (und des Verwaltungsgerichtshofes) auf den vorliegenden Beschwerdefall zu übertragen ist im Hinblick auf die anders geartete Rechtslage nicht geboten. Auch der Verfassungsgerichtshof, an den der Beschwerdeführer in dem an diesen gerichteten Beschwerdeschriftsatz diese Frage herangetragen hat, sah sich nicht veranlaßt, der Rechtsanschauung des Beschwerdeführers zu folgen, wie sich aus dem zitierten Ablehnungsbeschluß vom 10. Juni 1996 ergibt. Vielmehr wurde in diesem Beschluß zum Ausdruck gebracht, die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsschutzlücke bestehe infolge der Anwendbarkeit der Bestimmungen der Exekutionsordnung (insbesondere der §§ 39 und 42) nämlich nicht.

Zusammenfassend ist somit festzustellen, daß die belangte Behörde den an sie gerichteten Devolutionsantrag im Ergebnis zu Recht zurückgewiesen hat.

Die vorliegende Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG - unter Abstandnahme von der beantragten mündlichen Verhandlung gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG - als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1997020076.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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