TE Vwgh Beschluss 2020/9/2 Ra 2020/01/0101

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Veröffentlicht am 02.09.2020
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof

Norm

B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs3
VwGG §33 Abs1
VwGG §34 Abs1

Beachte


Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):
Ra 2020/01/0102
Ra 2020/01/0103
Ra 2020/01/0104
Ra 2020/01/0105
Ra 2020/01/0106
Ra 2020/01/0107

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Blaschek sowie die Hofräte Dr. Kleiser und Dr. Fasching als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Kienesberger, über die Revision 1. des M W, 2. der N W, 3. des D W, 4. der B W, 5. des J W, 6. der S W und 7. des M W, alle in M, alle vertreten durch Mag. Dr. Helmut Blum, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Mozartstraße 11/6, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 5. Februar 2020, Zlen. 1. W153 2181507-2/17E, 2. W153 2181508-2/13E, 3. W153 2181501-2/12E, 4. W153 2181496-2/12E, 5. W153 2181504-2/12E, 6. W153 2181509-2/12E und 7. W153 2181506-2/12E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

I. Die Revision wird hinsichtlich der Frage der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten zurückgewiesen.

II. Im Übrigen wird die Revision als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren eingestellt.

Der Bund hat den Revisionswerbern Aufwendungen in der Höhe von je € 1.106,40, sohin insgesamt € 7.744,80, binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1        Der Erstrevisionswerber und die Zweitrevisionswerberin sind Eheleute und die Eltern der minderjährigen Dritt- bis Siebtrevisionswerber. Alle Revisionswerber sind afghanische Staatsangehörige.

2        Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung in der Sache die Anträge der Revisionswerber auf internationalen Schutz sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten als auch hinsichtlich des Status der subsidiär Schutzberechtigten ab, sprach aus, dass den Revisionswerbern keine Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt werden, erließ gegen sie Rückkehrentscheidungen und stellte fest, dass ihre Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei. Weiters legte die Behörde jeweils eine Frist für die freiwillige Ausreise von zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidungen fest.

3        Gegen dieses Erkenntnis erhoben die Revisionswerber Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof sowie eine außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof.

4        Der Verfassungsgerichtshof hob die angefochtene Entscheidung mit Erkenntnis vom 26. Juni 2020, E 810-816/2020-13, soweit sie die Nichtzuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten, die Nichterteilung eines Aufenthaltstitels sowie die erlassene Rückkehrentscheidung und den Ausspruch der Zulässigkeit der Abschiebung in den Herkunftsstaat Afghanistan unter Setzung einer vierzehntägigen Frist für die freiwillige Ausreise betraf, wegen Verletzung in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf.

5        Im Übrigen - sohin hinsichtlich der Nichtzuerkennung des Status der Asylberechtigten - lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der Beschwerde ab.

Zu I:

6        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

7        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

8        Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

9        Werden (im allein maßgeblichen Zulässigkeitsvorbringen) Verfahrensmängel - wie hier Ermittlungsmängel - ins Treffen geführt, muss auch schon in der gesonderten Zulässigkeitsbegründung die Relevanz dieser Verfahrensmängel dargetan werden, weshalb bei Vermeidung des Verfahrensmangels in der Sache ein anderes, für die Revisionswerber günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können. Die Relevanz der geltend gemachten Verfahrensfehler ist in konkreter Weise, also fallbezogen, darzulegen (vgl. etwa VwGH 23.4.2020, Ra 2020/01/0020, mwN). Diesen Anforderungen wird die Revision mit ihren pauschalen Ausführungen zu unterlassenen Erhebungen im Herkunftsstaat nicht gerecht.

10       Dasselbe gilt fallbezogen für das Vorbringen, das BVwG habe seiner Entscheidung keine aktuellen Länderberichte zu Grunde gelegt (vgl. etwa VwGH 27.4.2020, Ra 2019/19/0429, mwN).

11       In der Revision werden somit insoweit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.

12       Sie war daher hinsichtlich der Frage der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.

Zu II:

13       Gemäß § 33 Abs. 1 erster Satz VwGG ist, wenn in irgendeiner Lage des Verfahrens offenbar wird, dass der Revisionswerber klaglos gestellt wurde, nach seiner Anhörung die Revision in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen.

14       Ein solcher Fall der formellen Klaglosstellung liegt u.a. dann vor, wenn die angefochtene Entscheidung - wie hier - durch den Verfassungsgerichtshof aus dem Rechtsbestand beseitigt wurde (vgl. etwa VwGH 26.9.2019, 2019/19/0390, mwN). Dem traten die Revisionswerber auf Anfrage des Verwaltungsgerichtshofes in ihrer Stellungnahme vom 6. August 2020 auch nicht entgegen.

15       Die Revision war daher im übrigen Umfang als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen.

16       Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf §§ 47 ff, insbesondere auf § 55 erster Satz VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 2. September 2020

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020010101.L01

Im RIS seit

20.10.2020

Zuletzt aktualisiert am

20.10.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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